Der Pinguin Tux ist das offizielle Linux-Maskottchen, entworfen von Larry Ewing (lewing@isc.tamu.edu).

 

IM ZEICHEN DES PINGUINS

Jedes Mal wenn es in Gesprächen um das Thema Linux geht, schwingt dabei unterschwellig die Angst vor einem komplexen, umständlich zu bedienenden Betriebssystem mit. Ich selbst nehme mich da auch nicht aus. Das erste und bislang letzte Mal, dass ich mit Linux zu tun hatte, liegt jetzt rund 15 Jahre zurück. Damals gab es schon verschiedene Ausgaben von Linux. Sie hörten auf die Namen Suse, Redhat oder Mandrake, um ein paar zu nennen. Meine ersten Gehversuche auf diesen Betriebssystemen waren zunächst sehr ernüchternd. Zwar besaßen sie alle schon eine graphische Oberfläche, ähnlich wie etwas Windows. Aber über kurz oder lang ging nichts ohne den Kommandozeilen-Editor, um darin irgendwelche kryptischen Befehle einzugeben, um dem Computer zu sagen, was er tun soll. Ach neh, da war mir dann mein Windows 98 Betriebssystem doch ungleich lieber, anwenderfreundlicher und vor allem nachvollziehbarer. Sollen sich meinetwegen pickelige Nerds in ihren abgedunkelten Zimmern damit rumplagen. Und damit war die Geschichte für mich zunächst erledigt.

Dennoch: Ob ich und auch Ihr wollt, wir haben jeden Tag mit Linux-Systemen zu tun, denn  schon seit langem ist der Großteil, wenn nicht mittlerweile sogar sämtliche Internet-Server mit einem Linux-System am Start. Wenn Ihr also mit Euren „Dosen“-Rechnern oder Apfel-Laptops ins Netz geht, dann kommuniziert Ihr unter Garantie mit Linux-Servern. Dreimal dürft Ihr raten, auf welchem Betriebssystem-Kern Android-Handys basieren und wenn man mal ehrlich ist: Selbst das Mac OS X Betriebssystem ist ein ganz entfernter Verwandter von Linux. Entfernt deshalb, weil beide Systeme sich auf das Unix-Betriebssystem quasi als Urvater beziehen. Und auch die immer populärer werdenden Ein-Platinen-Rechner à la Arduino oder Raspberry Pi nutzen Linux.

Also ganz so verkehrt scheint dieses Nerd-Betriebssystem wohl doch nicht zu sein. Wenn es um die Vorteile von Linux gegenüber den Big Playern geht, höre ich von eingeschworenen Linux-Fans immer folgende Argumente:

  • Linux ist ein stabiles Betriebssystem
  • Linux besitzt eine bessere Performance als Microsoft- und Apple-Systeme
  • Linux ist Open-Source und daher kostenfrei
  • Linux als solches, da es von keinem Unternehmen hergestellt wird, kann niemals eingestellt werden aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen oder durch Konkurs
  • Linux und Programme dafür werden von einer riesigen Gemeinde an Programmierern (weiter) entwickelt, gewartet und überwacht
  • Wer selbst Programmierer ist, kann bestehenden Programm-Code nach eigenem Gusto modifizieren, weiter entwickeln und anschließend zur Verfügung stellen

Das hört sich ja alles soweit recht verheißungsvoll an. Dennoch spielt Linux im Vergleich zu Microsoft und Apple beim Endanwender immer noch eine ganz kleine Rolle. Zugegeben, in meinem Job als Redakteur bei Professional audio habe ich es ebenfalls ausschließlich mit Software und Programmen für Windows- und Mac-Rechner zu tun. Trotzdem stolpere ich bei meinen Recherchen zu neuen Produkten und bei meinen Rezensionen immer mal wieder über Linux und seine Möglichkeiten, dieses System ebenfalls zum Produzieren von Audio zu nutzen.

So etwa bietet das noch sehr junge Unternehmen Bitwig seinen Sequenzer Bitwig Studio für alle drei Betriebssysteme an. Neulich bin ich über einen Eintrag im KVR Audio-Forum gestoßen, in dem verkündet wird, daß auch ein renommierter Hersteller wie u-he seine bislang für Windows und Mac herausgebrachten Plug-ins jetzt auch auf Linux portiert hat. Immer wieder habe ich in der Vergangenheit vom Ardour-Sequenzer gehört, der, so mein Eindruck, als die Speerspitze und sozusagen Industrie-Standard zur Audio-Produktion auf Linux-Systemen zählt.

All das hat mich letztlich dazu animiert, mich nach 15 Jahren noch einmal in diese wundersame Linux-Welt zu begeben und zu schauen, was sich seit meiner ersten Begegnung – 15 Jahre sind in Bezug auf Computer und Software eine riesige Spanne –  alles getan hat. Dabei möchte ich in erster Linie erfahren, wie sich Linux als Audio-Produktionssystem einsetzen lässt, was es für Programme gibt, wie sie sich einsetzen lassen, wo die Vorteile liegen und auch wo die Nachteile sind.

Ich denke, daß das eine ebenso interessante und auch informative Reise für Euch sein könnte, weshalb wir jetzt diesen Blog hier eingerichtet haben. Wenn Ihr ebenso wie ich, auch einmal über den Tellerrand schauen möchtet, die Mainstream-Pfade – und sei es nur aus sportlichem Ehrgeiz – verlassen möchtet, dann seid herzlich eingeladen, mir auf das Linux-Parkett zu folgen und mit mir Erfolge zu feiern, aber auch Hürden zu meistern und Niederschläge zu teilen.

Georg Berger