Die Produktion der Superlative
Ein 2.700-köpfiger Chor, 18 Solisten, über 100 Audiokanäle – das Pop-Oratorium „Luther“ sprengt die gängigen Dimensionen einer Liveproduktion. Wir haben uns die Tontechnik hinter den Kulissen angesehen und mit FoH-Toningenieur Carsten Kümmel gesprochen.
Von Igl Schönwitz
Das Pop-Oratorium „Luther“ wurde von dem musicalerprobten Erfolgsduo Dieter Falk und Michael Kunze geschrieben und im Oktober 2015 in der Dortmunder Westfalenhalle mit Symphonieorchester, einer Band und einem Chor aus 3000 Vokalisten uraufgeführt. Dieses Jahr findet eine ausgedehnte Tournee durch ganz Deutschland statt. Eine Besonderheit der Produktion ist, dass in jeder Spielstätte ein eigener Chor gebildet wird, an dem interessierte Sänger und Sängerinnen teilnehmen können. Die Chöre der einzelnen Städte werden in 6-monatigen Probephasen vorbereitet, bevor sie bei einer Generalprobe erstmals in die Produktion eingebunden werden.
Das technische Konzept
In der Mannheimer SAP-Arena konnten wir uns das aufwändige tontechnische Setup der Luther–Show genauer ansehen. Die Arena bietet etwa 15.000 Zuschauern Platz und war an diesem Abend restlos ausverkauft. Der Chor für diese Aufführung umfasste weitere 2.700 Personen.
Die Beschallung eines Events dieser Größenordnung erfordert selbstredend fundiertes Knowhow, für die einschlägigen Dienstleister der Branche ist dieser Aspekt aber tägliche Routine. Die wirkliche Herausforderung des Luther-Projektes liegt vielmehr in der sehr großen Zahl von mitwirkenden Künstlern, die nicht nur entsprechend viele Eingangskanäle, sondern auch sehr lange Kabelwege und komplexe Monitoring-Anforderungen für die Bühne mit sich bringt. Aus diesem Grund kommen bei dieser Produktion allein vier Mischpulte für Bühnenmonitor und Saalbeschallung zum Einsatz. Herzstück ist dabei ein Nexus-Audionetzwerk des Berliner Herstellers Stage Tec, das in Verbindung mit den hauseigenen Konsolen die komfortable Verwaltung großer Kanalzahlen erlaubt, auf die von mehreren Mischpulten gleichzeitig zugegriffen werden kann. Details zu dieser Technologie finden Sie im nebenstehenden Kasten.
Diplom-Tonmeister Carsten Kümmel hat das tontechnische Konzept erarbeitet und ist einer der beiden FoH-Techniker der Luther-Show. Er erläuterte uns die technischen Details.
Carsten, bitte erzähle uns doch zunächst ein wenig über das Beschallungskonzept für die Halle.
Carsten Kümmel: Wir setzen hier auf Systeme des amerikanischen Herstellers Meyer Sound. Wir benutzen ein Mica Line Array mit jeweils 16 Elementen für die Haupt-PA und weiteren 12 Elementen für die beiden Seitenflügel. Wichtig war uns eine absolut gleichmäßige Beschallung der Halle. Insbesondere wollten wir vermeiden, dass die vorderen Reihen vom Bass „erdrückt“ werden. Daher haben wir die Bässe als eine zentrale Einheit mittig oberhalb der Bühne als endfired Array geflogen. Zum Einsatz kommen hier acht Meyer Sound HP 700 Bässe, die hintereinander angeordnet sind. Die Bässe, wie auch die Hauptsysteme, wurden zeitkorrigiert, so dass sie phasenrichtig mit dem hintersten Bass spielen. Auf diese Weise erreichen wir eine druckvolle und sehr homogene Basswiedergabe im kompletten Zuschauerbereich. Grundsätzlich ging es uns mehr um Klangqualität als um Pegel. Da wir ein Publikum aller Altersgruppen haben, ist die Show im Schnitt nur ca. 86 dB(A) laut. Das System Design kommt von meinem Kollegen Thomas Mundorf, der auch das zweite FoH-Pult bedient.
Stichwort Mischpult: Ihr habt tatsächlich vier Konsolen im Einsatz…
Carsten Kümmel: Richtig. Ich habe am FoH eine Stage Tec Aurus Platinum-Konsole mit 32 Fadern für die Chor-Mikrofone, das Orchester und die Band. Zusätzlich kommen noch 16 Spuren mit hauptsächlich Effekten von einem Pro Tools-System, das die ganze Show mitläuft. Neben mir sitzt Thomas Mundorf mit einer weiteren Aurus Platinum mit 16 Fadern. Er kümmert sich ausschließlich um die Solisten. Das ist bei solch einer Produktion allein ein Job für sich. Neben der Bühne haben wir schließlich Thomas „Kelly“ Kellner. Er macht das In-Ear-Monitoring für die Künstler auf der Bühne. Seine Digico SD7-Konsole wird von dem Nexus-Netzwerk über MADI mit Inputsignalen versorgt. Thomas ist das Digico-Pult einfach vom Workflow her gewohnt – bei über 70 physikalischen Ausgängen und 48 Mixbussen ist das ein essentieller Faktor. Hinter dem Chor sitzt schließlich Christian „Kreini“ Kreinberg mit einer Stage Tec Auratus-Konsole, an die wir über das Nexus-Netzwerk vorgemischte Gruppen von den FoH-Pulten schicken. Er kümmert sich um das Monitoring für den Chor, das über insgesamt 12 Meyer Sound UPA 12 Fullrange-Boxen stattfindet, die über dem Chor geflogen werden.
Das sind also allein vier Operatoren an den Pulten. Wie groß ist das Team der Tontechnik insgesamt?
Carsten Kümmel: Insgesamt haben wir elf Tonleute. Neben der PA-Mannschaft gibt es zwei Mikrofonierer auf der Bühne und zwei Leute im Chor. Dann gibt es natürlich einen eigenen Engineer, der sich um die Funkstrecken kümmert. Bei 18 Solisten-Headsets und unzähligen In-Ear-Funkstrecken ist auch das eine verantwortungsvolle Aufgabe, denn schließlich müssen alle Funkstrecken zuverlässig funktionieren, ohne dass sich Frequenzen gegenseitig stören. Wir haben durchweg sehr hochkarätige Leute am Start, so sind Techniker aus Peter Maffays Team, der FoH-Mann von Mario Barth und viele andere dabei. Teilweise gibt es Ersatzleute, so dass einzelne Positionen auch mal durchwechseln können, wenn jemand keine Zeit hat. Die maßgeblichen Positionen an den Pulten sind aber schon immer gleich besetzt.
Wie viele Audiokanäle habt Ihr insgesamt?
Carsten Kümmel: Das ist in den einzelnen Spielorten immer etwas unterschiedlich – in der Regel sind es zwischen 120 und 150 Kanäle. Heute habe ich knapp 130 Audiokanäle zuzüglich Effektreturns. Dazu kommen Kommunikationskanäle, also Intercom zwischen den einzelnen Technikern, dem Bandleader, den Dirigenten und so weiter. Das läuft auch alles über die Nexus.
Das ist unser nächstes Stichwort: Euer ganzes Setup basiert auf einem Stage Tec Nexus-System. Wie sind Deine Erfahrungen damit?
Carsten Kümmel: Die Nexus ist ein hochflexibles und ausgereiftes Kreuzschienensystem, das darüber hinaus auch noch DSP-Kapazitäten bereitstellt. Bei einer Produktion wie dieser ist es natürlich traumhaft, ein solches System zur Verfügung zu haben. Analoge Kabelwege können sehr kurz gehalten werden, da wir alles über Glasfaserkabel vernetzen können. Dabei sind die Verbindungen zwischen den einzelnen Nexus-Geräten sowohl sternförmig wie auch als Daisy-Chain oder in jeder erdenklichen Mischform möglich. So können wir völlig flexibel auf die räumlichen Bedingungen an den unterschiedlichen Spielstätten reagieren und verlegen nur noch dünne Glasfaserstrippen – armdicke Multicores gehören der Vergangenheit an. Über die Wandlerqualität von Stage Tec brauchen wir selbstverständlich keine Worte verlieren, das ist schlicht State-of-the Art, und Latenzen sind innerhalb eines Nexus-Netzwerkes überhaupt kein Thema. Sowohl die Nexus wie auch die Stage Tec-Mischpulte sind extrem flexibel und unglaublich leistungsfähig. Als komplett offenes System haben sie naturgemäß eine etwas steilere Lernkurve als konventionellere Pulte wie Kellys Digico, die ein in sich geschlossenes Konzept haben. Man kann aber super damit arbeiten!
Wie sieht das Nexus-Setup denn im Einzelnen aus?
Carsten Kümmel: Wir haben zwei Star-Router. Einer steht am FoH und beinhaltet die Prozessorkarten für die beiden Pulte. Ein weiterer steht an der Bühne. An ihm werden die elf Nexus Base-Device-Geräte angeschlossen, die uns als Unterverteilung für die einzelnen Inputs dienen. So steht eine Base Device mit 24 analogen Inputs in der Band, eine weitere im Orchester, fünf weitere im Chor verteilt, und so weiter.
Ein Chor mit fast 3.000 Leuten – wie mikrofoniert man so etwas in einem Live-Kontext?
Carsten Kümmel: In dieser Halle habe ich 27 Chormikrofone. Als Hauptmikrofonie habe ich im Chor sechs MS-Arrays mit je einem AKG C414 in Achtercharakteristik als Seiten und einer Sennheiser MKH 416-Keule als Mittenmikrofon aufgebaut. Das ergibt ein sehr homogenes Klangbild bei einem so großen Chor. Zusätzlich habe ich im Chor noch Neumann KM 184 als Flächenmikrofone verteilt.
Die Mikrofonierung der Band bietet wenige Überraschungen, wie ich sehen konnte – das Orchester aber ist in einem so dichten Kontext sicher nicht immer einfach hörbar zu machen. Wie gehst Du vor?
Carsten Kümmel: Ja, tatsächlich habe ich hier ein wenig in die Trickkiste gegriffen. Zunächst habe ich die Instrumente klassisch mit Neumann KM 184 abgenommen, die mit einigem Abstand aufgebaut sind. Das ist ein bewährtes Setup, das einen homogenen Klang liefert, aber natürlich relativ viel Übersprechen von der Band, den Solisten und dem Chor aufweist, wenn es lauter wird. Daher habe ich alle Orchesterinstrumente zusätzlich mit DPA 4099 Clipmikrofonen ausgestattet, die ich in den Forte-Passagen hochziehe. Die Neumänner werden dann abgeschaltet, ich benutze die beiden Mikrofonierungen nicht gleichzeitig. Zusätzlich kommen noch einige Orchesterspuren von dem Pro Tools-System, die ich bei Bedarf dazumischen kann.
Wie mikrofoniert Ihr die Solisten?
Carsten Kümmel: Für die Solisten benutzen wir Sennheiser Funkstrecken mit DPA 4066 Headset-Mikrofonen in Kugelcharakteristik. Kugeln sind unkritischer was die Positionierung der Headsets am Kopf des Künstlers betrifft. Da wir in den sehr großen Hallen mit Line Arrays arbeiten und alle Künstler In-Ear-Monitore haben, gibt es auch keine Rückkopplungsprobleme.
Welchen klanglichen Eindruck hast Du von den Stage Tec-Pulten? Welche externen Prozessoren und Effekte verwendest Du? Stage Tec-Pulte haben ja keine Effekte an Bord…
Carsten Kümmel: Ja, das ist richtig. Das Pult hat natürlich Equalizer und Dynamikprozessoren wie Kompressoren und Gates. Die Sachen klingen wie das komplette Pult sehr analytisch und hochwertig. Im Prinzip bleiben da keine Wünsche offen. Nichtsdestotrotz möchte man manchmal doch auf die alten vertrauten Schätzchen zurückgreifen, die den Klang natürlich über Gebühr verfärben, aber ab und zu eben genau deshalb ihren Reiz haben. Ich habe mein Setup daher um ein Universal Audio Apollo System ergänzt, mit dem ich die entsprechenden Plug-ins in Realtime verwenden kann. Ich komme mit Interface und Plug-in-Berechnung insgesamt auf eine Latenz von 4,5 ms. Das kann ich in der Aurus Konsole über die Channel Delays der Kanäle ohne Plug-ins leicht ausgleichen. In so einer großen Halle ist das völlig problemlos.
In einigen Kanälen benutze ich die SSL E-Series Channelstrips, in anderen kommt auch mal ein API-Streifen zum Einsatz. Darüber hinaus benutze ich die EMT-Hallsimulationen und den SPL Transient Designer. Auf der Stereosumme habe ich die Emulation des Manley Massive Passive Equalizers. Das sind einfach liebgewonnene Schätzchen, auf die ich nicht verzichten möchte. Der Eventdienstleister PRG (für Production Resource Group), der die Beschallungsanlage stellt, hat uns zusätzlich noch ein Lexicon 960L Effektsystem installiert, dessen Engines ich mir mit Thomas Mundorf teile.
Wie verwendet Ihr die Automationsfunktionen der Pulte?
Carsten Kümmel: Die Stage Tec-Konsolen sind unter anderem für den Theater- und Musicalbetrieb designt und bieten äußerst ausgefuchste Automationsfeatures, die wir bei dieser Produktion aber leider nicht nutzen können. Das Schwierige und gleichzeitig Besondere an dieser Produktion ist der Zeitdruck. Bei einer Musicalproduktion gibt es in der Regel ausgiebige Probenphasen, in der man Mischpultszenen und Automationen programmieren und entwickeln kann. Das war hier nicht möglich. Normalerweise hat man eine Woche oder wenigstens ein paar Tage, in denen geprobt wird. Wir gehen morgens in eine Halle rein und abends ist Soundcheck. Am nächsten Tag kommt der Chor, nachmittags ist Generalprobe und dann gleich die Aufführung. Das alles in dieser kurzen Zeit überhaupt hinzubekommen, ist die eigentliche Herausforderung für unser Team.
Nehmt Ihr die Shows auf?
Carsten Kümmel: Ja. Bei jeder Show läuft eine Magix Sequoia-Workstation mit, die über drei MADI-Streams an die Nexus angebunden ist. Wir nehmen tatsächlich alle Einzelsignale auf separaten Spuren auf. Diese Aufnahmen nutzen wir dann auch für den sogenannten „Virtual Soundcheck“. Für die Einstellung des Grundsounds brauchen wir also keine Musiker mehr auf der Bühne!
Carsten, wir bedanken uns für das Gespräch und wünschen dem Luther-Pop-Oratorium weiterhin großen Erfolg!
Stage Tec Nexus Kreuzschiene und Platinum – Digitalmischpulte
Obschon die Berliner Firma Stage Tec unter Kennern als einer der innovativsten Hersteller im Bereich Digital Audio gilt, ist sie in Musikerkreisen bislang weniger bekannt. Dies liegt in der Auslegung der hauseigenen Produktpalette begründet, die bislang einen Focus auf den Broadcast- Theater- und Festinstallationsbereich hatte. Hier ist Stage Tec eine feste Größe: Die Systeme sind in allen großen deutschen Rundfunk- und Fernsehanstalten, im deutschen Bundestag, im Bolschoi Theater Moskau und in vielen weiteren Institutionen weltweit im Einsatz.
Das bislang einzige Produkt, das speziell auf den Recordingmarkt zugeschnitten wurde, ist der Stage Tec TrueMatch RMC, ein Analog-Digitalwandler, der aufgrund seiner 32-Bit-Auflösung und eines damit einhergehenden überragenden Dynamikumfangs von 158 dB erstmals den direkten Anschluss von Mikrofonen an einen D/A-Wandler ohne analoge Mikrofonvorstufen ermöglicht. Im Professional Audio-Test (Professional Audio 05/2011) lieferte dieses Gerät eine beeindruckende Vorstellung und wurde als der beste bis dato getestete Wandler bezeichnet. Dementsprechend ist der Stage Tec-Wandler bis heute das einzige Gerät in der Rubrik „Referenzklasse“ der Professional Audio-Bestenliste.
Herzstück des Stage Tec Produktportfolios jedoch ist die Nexus – ein äußerst flexibles modulares Kreuzschienensystem, mit dem sich die Audioverteilung für ganze Funkhäuser, Theater, Übertragungswagen und auch Tonstudios realisieren lässt. Da die Nexus für den Broadcast-Bereich designt wurde, liegen die Key Features nicht nur in einer großen Flexibilität und – selbstverständlich – allerbester Audioqualität, sondern vor allem auch in maximaler Betriebssicherheit und weitestgehender Redundanz. So sind Nexus-Geräte grundsätzlich mit zwei Netzteilen ausgestattet, und alle Baugruppen lassen sich im laufenden Betrieb auswechseln (Hot Swap).
Auch die Audioverkabelung des Luther-Musicals stützt sich auf Nexus. Wir nehmen das zum Anlass, unseren Lesern dieses System, das sich in seiner Auslegung deutlich von gängigen Recordinglösungen unterscheidet, einmal vorzustellen.
Nexus Base Devices und Karten
Ein Nexus System besteht grundsätzlich aus einem – oder meist mehreren – Basisgeräten, „Base Device“ genannt. Dies sind Einschubträger im 19“ 3 HE-Format, die immer ein Netzteil und eine CPU-Karte zur Steuerung besitzen, ansonsten aber frei mit Karten bestückt werden können. Die Auswahl an Einschubmodulen ist dabei schier unerschöpflich: Selbstverständlich gibt es analoge Ein- und Ausgänge, die über die patentierten TrueMatch-Wandler verfügen, darüber hinaus aber alle erdenklichen Digitalformate wie MADI, AES/EBU, Dante oder ADAT sowie eine hohe Zahl an Spezialkarten wie Video-Embedder, Dolby Encoder, Relaiskarten zur Rotlichtsteuerung und vieles mehr, was im Broadcast-Bereich benötigt wird. Eine zentrale Rolle spielen die XFOC bzw. RFOC getauften Baugruppen, denn mit ihnen werden die verschiedenen Nexus Basisgeräte per Glasfaserkabel miteinander vernetzt.
Ein Nexus-Netzwerk kann aus beliebig vielen Basisgeräten bestehen. In einer zentralen Bediensoftware sind stets alle digitalen und analogen Ein- und Ausgänge aller angeschlossenen Basisgeräte verfügbar und können völlig frei miteinander verschaltet werden. Dabei spielt es keine Rolle, in welchem Basisgerät sich der entsprechende physikalische Ein- bzw. Ausgang befindet. Einige Karten bieten optional eine Echtzeit-Sampleratenkonvertierung, so dass selbst unterschiedliche Abtastraten innerhalb eines Nexus-Netzwerkes kein Problem darstellen.
Selbstverständlich können alle relevanten Parameter der einzelnen Karten – im Falle der Mikrofonkarten also beispielsweise eine Aufholverstärkung (die hier aufgrund der 32 Bit-TrueMatch-Technologie bereits auf der digitalen Ebene stattfindet) oder Phantomspeisung – zentral über die Software oder ein eingebundenes Stagetec-Mischpult ferngesteuert werden. Interessantes Detail hierbei: Die Parameter einer Baugruppe werden immer auf der CPU des jeweiligen Basisgerätes dezentral gespeichert. Wechselt man etwa eine defekte Mikrofonkarte im laufenden Betrieb aus, so steht die neue Karte sofort mit identischen Parametereinstellungen zur Verfügung.
Kanalzahlen und Netzwerk
Jede Nexus Base Device kann 256 Kanäle verwalten. Das gleiche gilt für die Glasfaserverbindungen zwischen den Geräten. Wie auch Carsten Kümmel in unserem Interview erläutert, können die einzelnen Geräte dabei sowohl in Reihe (Daisy-Chain) wie auch sternförmig verbunden werden. Allerdings werden auch für die Durchleitung der Daten in einer Daisy-Chain-Verbindung Kanalresourcen der dazwischen liegenden Base Devices verbraucht. Dadurch kann man, auch wenn die pro Basisgerät verfügbaren 256 Kanäle zunächst nach viel klingen, in großen Netzwerken relativ schnell an Grenzen stoßen. Doch das Nexus-System ist hier noch lange nicht am Ende:
Der Star-Router
In jeder größeren Nexus-Installation kommen ein oder mehrere Star-Router zum Einsatz – auch die Luther-Musicalproduktion nutzt zwei solcher Geräte. Auch der Star-Router ist ein 19“-Baugruppenträger, der allerdings stattliche 9 HE im Rack einnimmt. Über RFOC-Baugruppen können Nexus Base-Devices sternförmig an den Star-Router angeschlossen werden, der seinerseits standardmäßig bis zu 4.096 (!) Audiokanäle verwalten kann. Darüber hinaus gibt es eine Matrix-Baugruppe, mit der sich diese Kapazität nochmals erweitern lässt. Bedenkt man, dass innerhalb eines Nexus-Netzwerkes auch mehrere Star-Router möglich sind, so wird klar, dass hier kaum eine Anwendungen vorstellbar ist, die sich nicht lösen ließe – sicherlich ein maßgeblicher Grund für den anhaltend hohen Erfolg des Systems im professionellen Installationsbereich.
Mischpultsysteme
Das Flaggschiff des Stage Tec Mischpultportfolios ist das Aurus Platinum, das auch beim Luther-Oratorium in zweifacher Ausführung zum Einsatz kommt. Der Monitorsound für den Chor wird über eine Auratus, dem kleinsten Pult im Stage Tec – Programm, gesteuert. Zwischen diesen beiden Losgrößen ist das Crescendo Platinum angesiedelt, das jedoch bei dieser Produktion nicht zum Einsatz kam. Die Besonderheit der Stage Tec – Mischpulte liegt unter anderem darin, dass die großen, sichtbaren Konsolen im Prinzip nur Fernbedienungen sind, die lediglich über ein einziges Glasfaserkabel mit dem System verbunden werden. Alle Ein- und Ausgänge werden über das Audionetzwerk bereitgestellt, und auch das Processing findet innerhalb der Nexus statt. Die Prozessoren von Aurus und Crescendo befinden sich auf speziellen Einschubkarten für den Star Router, der Auratus-Prozessor findet auf einer 3-HE-Einschubkarte für das Standard Basisgerät Platz.
Die Aurus Platinum Konsole bietet eine große zentrale Bedieneinheit mit einer Vielzahl von Knöpfen, die teilweise vom User selbst frei belegt werden können. Die Bedienoberfläche lässt sich von acht bis 96 physikalischen Kanalzügen frei definieren. Dabei kann das Pult je nach DSP-Konfiguration mehr als 800 Eingangskanäle und 128 Summenbusse verwalten.
Der durchgängige Systemgedanke macht es möglich, dass – wie beispielsweise beim Luther-Oratorium – mehrere Mischpulte gemeinsam auf die Ein- und Ausgangs-Ressourcen eines Nexus-Netzwerkes zugreifen und unabhängige Mischungen erstellen können. Diese können dann im System weiter verarbeitet werden. In das Nexus-System beim Luther-Oratorium waren drei Mischpulte integriert, in großen Installationen und Funkhäusern können das aber durchaus wesentlich mehr Pulte sein. Das System ist also von kleinsten Einheiten bis zur Mammutinstallation skalierbar.
Nicht zuletzt ist auch der von uns getestete TrueMatch Reference Master Converter ein Mitglied der Nexus-Familie. Technisch gesehen ist er nichts weiter als eine Standard Base-Device, die um eine direkte Frontbedienung der Mikrofoneingangsparameter ergänzt wurde.
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