TASCAMs kleine Wunderwaffe

Anfang 2019 verzückte TASCAM die Audiowelt mit einer neuen Mischpult-Serie und landete mit den Modellen 24 und 16 echte Treffer. Anfang dieses Jahres bekamen die beiden Geräte, die als Mischpult, Interface, Recorder und Controller vielseitig einsetzbar sind einen kleinen Bruder: das Model 12 erblickte das Licht der Welt.

Von Simon Kramer

Als TASCAM auf der NAMM Show 2020 seinen neuesten Mischpult-Sprössling Model 12 präsentierte, dürften sich besonders Betreiber von Projektstudios, Streamer, Potcaster und Musikern gefreut haben, bietet sich mit der neuen Variante der 2019 gestarteten Mischpult-Serie nun eine sehr kompakte und günstigere Alternative. Lag der Preis für das Flaggschiff-Modell „Model 24“ zur Zeit der Markteinführung bei rund 1000 Euro und für das mittlere „Model 16“ bei gut 800 Euro, so erhält man das „Model 12“ bereits für gut 600 Euro. Die verbaute Technik – als Preamps kommen TASCAMs bewährte Ultra-HDDA Vorverstärker zum Einsatz – ist identisch mit der der größeren Brüder und auch optisch zeigt das Model 12 seine Familienzugehörigkeit. Eingespart wurde vor allem bei der Kanalanzahl und kleineren Features wie einem graphischen EQ – dafür hält Model 12 aber einige Überraschungen parat.

Schickes Design, exzellente Verarbeitung
In Sachen Optik hat sich wenig verändert. So erstrahlt auch das Model 12 im gleichen elegant-edlen Design wie seine beiden größeren Brüder. Der schwarze Grundton der quadratischen Arbeitsfläche wird geschmackvoll von dezenten Farben – vorwiegend in Form von Potis und Fadern – unterbrochen. Ein echter Hingucker sind die in Holzoptik gehaltene Seitenpaneele aus Kunststoff. Mit einer Abmessung von 343 x 99 x 360 Millimetern und einem Gewicht von immerhin vier Kilogramm darf der TASCAM-Sprössling als kompaktes und mobiles Gesamtpaket bezeichnet werden, das im Home- oder Projektstudio sowie bei kleineren Live-Konzerten bestens aufgehoben ist. Die Verarbeitung des Gerätes ist exzellent, alle Potis, Fader und Druckknöpfe fühlen sich äußerst wertig an und scheinen gewappnet für einen stressigen Studio- oder Live-Alltag.

 


Ein echter Hingucker sind die in Holzoptik gehaltene Seitenpaneele aus Kunststoff.

 

Chanel Strips, Master-Sektion & Rückseite
Ein Blick auf die Chanel Strips verrät: Die acht Mono- sowie zwei Stereo-Kanäle sind identisch aufgebaut. Unter dem roten Gain-Regler liegt jeweils ein Taster für den bei 100 Hz ansetzenden Low-Cut-Filter sowie ein HiZ-Schalter für pegelschwache Signale wie E-Gitarre und ähnliches. Mit dem kleinen Mode-Wahlschalter darunter bestimmt man die Quelle des Eingangssignals: Live-Monitoring, Signal aus der DAW oder im internen Recorder aufgenommenes Signal. Besonders schön: Stereokanal 9/10 kann via Bluetooth-5.0 vom Smartphone oder Tablet mit Audiosignalen bespielt werden. Der sich darunter befindende grüne Kompressor-Regler ist ein echter Trumpf beim Aufnehmen und keineswegs Standard in dieser Klasse.

Unterhalb des Kompressors findet sich die EQ-Sektion mit einem dreibandigen Equalizer. Dieser besitzt einen zwischen 100 Hz und 8 Khz regelbaren Mittenbereich. Die Höhen- und Tiefenbänder liegen bei 15 Khz beziehungsweise 80 Hz. Die beiden Auxwege (orangefarbene Potis) oberhalb des weißen Panorama-Reglers und des 60 Millimeter Lautstärke-Faders dienen dem Einbinden von externen Geräten oder integrierten DSP-Effekten.

Im rechten Teil der Bedienoberfläche findet sich die Master-Sektion mit Sub-, Effekt- und Stereo-Fader. Die Effekt-Einheit besitzt 16 Presets, die sich allen Eingangskanälen über den FX-Send beimischen lassen. Im oberen Bereich der Mastersektion befindet sich neben einem Master-EQ, zwei separaten Kopfhörerwegen und einem SD-Kartenslot auch der Schalter für die +48V Phantom-Power, die leider nur global und nicht Kanalweise zuschaltbar ist.

Waren bis auf den On/Off-Schalter und den USB-Port beim Model 24 noch nahezu alle Bedienelemente auf der Oberseite des Gerätes zu finden, so sind – der kompakten Bauweise geschuldet – die Line- und XLR-Inputs nunmehr auf die Rückseite des Mischpultes gewandert. Alle Spuren werden über XLR/Kombibuchsen gespeist. Die Kanäle 7/8 und 9/10 verfügen zusätzlich über jeweils eine Klinkenbuchse, die ersten beiden Kanäle über einen Insert-Anschluss für Kompressor, Limiter oder Noise Gate. Neben einem Click- und Footswitch-Anschluss besitzt das Model 12 im Gegensatz zu seinen beiden größeren Brüdern einen MIDI-In und MIDI-Out für Drum Computer oder Synthesizer und kann somit als MIDI-Schaltzentrale fungieren. Main-, Sub- und Aux-Outputs offeriert das Gerät selbstverständlich auch. Ein „Music/Talk“-Input als Miniklinke für eine Mix-Minus-Schaltung sowie ein USB-C-Anschluss für die Verwendung als USB-Interface (Mehr dazu im Praxisteil) komplettieren die üppige Ausstattung. Lediglich für ein integriertes Netzteil hat es im kleinsten Vertreter der Serie aus Platzgründen nicht mehr gereicht. Dieses ist in einem externen Gehäuse untergebracht, das sich aber ans Mischpult-Gehäuse anschrauben lässt – eine clevere Lösung.

 

Waren bis auf den On/Off-Schalter und den USB-Port beim Model 24 noch nahezu alle Bedienelemente auf der Oberseite des Gerätes zu finden, so sind – der kompakten Bauweise geschuldet – die Line- und XLR-Inputs nunmehr auf die Rückseite des Mischpultes gewandert.

Waren bis auf den On/Off-Schalter und den USB-Port beim Model 24 noch nahezu alle Bedienelemente auf der Oberseite des Gerätes zu finden, so sind – der kompakten Bauweise geschuldet – die Line- und XLR-Inputs nunmehr auf die Rückseite des Mischpultes gewandert.

 

Voll auf die Zwölf – Das Mischpult in der Praxis
Um es vorweg zu nehmen: Die Arbeit mit dem Model 12 ist ein Vergnügen. Das große Plus sind der effiziente Workflow und die Vielseitigkeit, kann man das Gerät doch gleichermaßen als Mischpult, Recorder, USB-Interface und DAW-Controller nutzen. Auch die Vielzahl an durchdachten modernen Features ist lobenswert. In klanglicher Hinsicht glänzt das Model 12 mit einer geschmeidigen Schlichtheit und Transparenz. Die Sound-Färbungen sind fein und filigran, aber nie aufdringlich. Im Test behielten sowohl Großmembraner wie ein klassisches AKG 414 oder ein Brauner Phantom V, als auch dynamische Mikrofone wie ein Shure SM 7b ihren jeweils typischen Klangcharakter. Die verbauten Preamps arbeiten die oberen Mitten offen und transparent und ohne jegliche Überbetonung heraus. Um beispielsweise Stimmen etwas mehr in Szene zu setzen und einen sanften Schimmer zu verleihen, kann man behutsam und unproblematisch etwas Hall oder Delay aus der Effektsektion hinzufügen Der Klangcharakter bleibt dabei unverändert. Auch der integrierte Kompressor weiß zu überzeugen und färbt die Mikrofon- oder Line-Signale, beispielsweise von einem Keyboard, dezent und dickt den Sound etwas an.

Aufnahme, Wiedergabe, Export
Ein Feature, das sich im Praxistest ebenfalls sehr intuitiv bedienen ließ, war der integrierte 12-Spur-Recorder, der WAV-Dateien bis 48 kHz und 24 Bit direkt auf einer SD-Karte speichert. Bis zu Sage und Schreibe zehn Audiospuren sind hier parallel abspielbar und erleichtern die Arbeit mit der Workstation ungemein. Der interne Recorder besitzt eine gut funktionierende Metronomfunktion und unterstützt sowohl Overdubbing als auch Punch-In/Out. Außerdem können WAV-Dateien importiert werden.

USB-Interface
Das Model 12 als USB-Interface nutzen? Kein Problem. Via USB-C ist eine Verbindung zum PC oder – wie im Test – zu einem Macbook ein Kinderspiel. In der DAW-Software stehen dann alle einzelnen Eingänge zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung. Auch den treiberlosen USB-Modus (class compliant) unterstützt das Mischpult und lässt sich mit einem optionalen Adapter mit Apple iOS-Geräten verwenden. Mit dieser Funktion war es im Test mit dem Smartphone auf einfache Art und Weise möglich auf Social Media Plattformen in herausragender Klangqualität zu streamen.

DAW-Steuerung
Besonders hilfreich ist die verbaute Möglichkeit, das Mischpult als DAW-Steuerung zu nutzen. Eine integrierte HUI/MCU-Protokollemulation sorgt dafür, dass die Grundfunktionen der gängigsten DAWs steuerbar werden. Im Test mit Logic X konnten beispielsweise Lautstärke-Fader, Stummschaltung, Wiedergabe und Panorama ganz einfach via Mischpult/Controler gesteuert werden. Laut Hersteller steht dieser Modus unter anderem auch für Cubase, Pro Tools und Ableton Live zur Verfügung.

 

Mix-Minus-Funktion & Smartphone-Eingang
Streamer und Potcaster dürften sich über die sogenannte integrierte Mix-Minus-Funktion freuen. Ermöglicht sie doch beispielsweise das Einspielen von Interviews, die man mit dem Smartphone führt – im Test funktionierte das einwandfrei. Mit einem vierpoligen TRRS-Klinkenadapter (Achtung: stereo funktioniert nicht!) ist es dabei möglich über die auf der Rückseite untergebrachte „Music/Talk“-Buchse die Summe des Mischers an das Smartphone zu senden. Die integrierte Mix-Minus-Funktion des Model 12 sorgt beim Rückspielen der Summe ins Smartphone dafür, dass das vom Telefon via Stereokanal 9/10 eingespielte Signal automatisch subtrahiert wird – genial einfach, einfach genial!

Firmware-Update & „Vamp“-Wiedergabe
Kurz vor der Testphase ergänzte Tascam sein Model 12 per Firmwareupdate 1.10 mit einer sogenannten „Vamp“-Wiedergabefunktion, was besonders Musiker freuen dürfte. Unter „vamping“ versteht man die Wiederholung bestimmter Phrasen, beziehungsweise die Improvisation über eine wiederholte Phrase. Mit dem im Gerät eingebauten Recorder hat der Anwender nun die Option pro Song bis zu zehn solcher Phrasen zu markieren, die dann beispielsweise während der Wiedergabe von Backing Tracks wiederholt abgespielt werden. Auf diese Weise kann man als Instrumentalist oder Sänger schwierige Passagen einfacher üben oder Soli und Interaktionen mit dem Publikum bei einer Live-Performance nach Belieben ausdehnen. Die Wiederholung der einzelnen Intervalle startet entweder automatisch oder manuell und lässt sich per Tastendruck oder Fußschalter unterbrechen. Das Firmware-Update enthält darüber hinaus auch neue Funktionen für das Metronom. Auf der Menüseite für die Änderung des Tempos kann der Nutzer nunmehr zwecks leichterer Anpassung den Klick einschalten. Für die betonte Note des Klicks stehen zudem jetzt drei Lautstärkeoptionen zur Auswahl. Ebenfalls mit an Bord: Ein neuer viertaktiger Einzähler.

 

Fazit

Man darf Tascams neuesten Sprössling guten Gewissens als kleine Wunderwaffe bezeichnen, kombiniert das Model 12 doch das durchdachte Bedienkonzept und das elegant-edle Design seiner größeren Brüder Model 16 und 24 mit einer besonders kompakten Bauweise und einer Vielzahl an modernen Features sowie Einsatzmöglichkeiten als Mischpult, Interface, Recorder und Controller. Das Model 12 eignet sich mit seinem effizienten Workflow insbesondere für den Einsatz im Potcasting-, Streaming-, Homestudio-Bereich oder Live-Bereich, wird aber auch professionellen Ansprüchen mehr als gerecht.

Den kompletten Test inklusive aller Bilder und Tabellen lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Professional audio 09/2020.