Hot Tools

In seiner allmonatlichen Kolumne stellt Autor Heiner Kruse in kurzer, knapper Form bekannte und nicht so bekannte Soft- und Hardware vor, bei denen ein genauerer Blick in jedem Fall lohnenswert ist. Alle Hot Tools →

Hot Tools mit Heiner Kruse

Diesen Monat stelle ich zwei Tools vor, die ausschließlich in bestimmten DAW’s funktionieren, nämlich Ableton Live und FL Studio. Den Schritt in eine andere, ungewohnte DAW zu wagen mag anfangs mühsam sein. Doch gerade in Ableton Live und FL Studio können die Belohnungen hierfür besonders erfreulich ausfallen, denn es gibt viele spezielle, gute und durchdachte Tools zu entdecken, von denen ich hier zwei sehr aktuelle vorstelle.

 

Fors Opal 1.2

Opal vom schwedischen Entwickler Fors ist zwar nur für Ableton Live erschaffen worden, es muss allerdings separat erworben werden. Es handelt sich zumindest inoffiziell um einen mit sehr vielen gelungenen Details realisierten Versuch, die Fähigkeiten einer Elektron Drummachine auf eine Softwarelösung zu übertragen.

Opal kommt im Max4Live Format. Die Installationsanleitung ist leider nicht ganz so präzise wie das restliche Manual, vor allem nicht für User, die sich kaum mit Max4Live auskennen. Wenn ihr die Installation geschafft habt, werdet ihr aber mit einer fünfspurigen Patternmaschine belohnt, welche die Mühen wert ist. Zwar besteht eine Fokussierung auf Beats, doch könnt ihr damit auch Melodien, Harmonien oder Klangwolken realisieren. Die fünf integrierten Engines haben jeweils eigene Charakteristika und klingen sehr unterschiedlich, sie stehen zudem auch als einzeln aufrufbare Max for Live Devices und damit als chromatisch spielbare Instrumente bereit. Sowohl konzeptionell als auch von der Optik her ist stark spürbar, dass bei der Entwicklung jemand dabei war, der schon mit Elektron Machines zu tun hatte. Oder sollte man es „typisch schwedisch“ nennen? Ihr findet in Opal und bei Elektron das bekannte, herausragende Merkmal der „Parameter Locks“. Damit sind verschiedene Soundeinstellungen „per Step“ gemeint. Auch ein Wechsel eines gespielten Samples per Step ist möglich und Elektron-Style. Typische Goodies wie Ratchet, Probability, Microtiming und einfache Logik-Programmierungen per Step gibt es obendrauf. Kleine Symbole unterhalb des Patterns führen zu den verschiedenen Editbereichen per Step. Ihr selektiert dann einen Parameter, dieser wird unten links angezeigt, eingestellte Werte pro Step werden anhand eines justierbaren Balkens unter dem Step sichtbar.

Ich hatte mich schon Anfang des Jahres in diese Groovebox verliebt. Kürzlich ist aber noch das Update 1.2b erschienen, welches weitere Möglichkeiten hinzufügt, die von der User Community vorgeschlagen wurden. So können etwa die Patterns pro Spur statt bisher 16 nun bis zu 128 Steps lang sein. Das funktioniert, in dem acht Ansichtsseiten mit je 16 Steps verfügbar sind. Zudem könnt ihr jetzt auch die Per-Step-Settings vorhören, wenn ihr mit gehaltenen Modifier-Tasten (hier: CTRL+SHIFT+CMD einfach auf einzelne Steps klickt! Das klingt vielleicht unnötig kompliziert, ist es aber nur bedingt, denn es gibt noch weitere Shortcuts dieser Art. So könnt ihr etwa alle Einstellungen eines Steps durch Halten von Modifier-Tasten beim Anklicken kopieren (CTRL + CMD) oder einfügen (ALT). Warum ich das erzähle? Ich denke, dass diese Details schnell übersehen werden, aber entscheidend sind. Diese Shortcuts helfen in der Praxis enorm – und verstärken noch mehr den Eindruck, dass Opal ein sehr ernstzunehmendes, hochprofessionelles Produktionswerkzeug darstellt.

Klangerzeugungsmodelle

Doch das wäre natürlich alles nichts wert ohne guten Sound. Fors ist klanglich sehr flexibel. Nachfolgend erfahrt ihr nun etwas mehr darüber, was die fünf verschiedenen Engines leisten:

GEM ist ein flexibler FM-Synth mit zwei Operatoren, dessen Sound durchaus an Elektron’s Digitone erinnert. Hier und auch bei den anderen Engines werden die Freunde elektronischer Drumsounds bedient, es klingt oft avantgardistisch, ein wenig schräg und kunstvoll designt. Nur selten habe ich das Gefühl, diese Sounds schon oft gehört zu haben. Mass ist ein modaler Synth, ein Resonator im Stile von Rings, dabei lassen sich auch die Relationen der Obertöne zueinander verschieben. Ein Hauch von Akustiksound, gewürzt mit der typischen Physical Modeling Klangnote macht sich hier breit. Dust ist als „Pulsar Noise Generator“ eher für Dreck und Schmutz zuständig. Bleibt noch Slate, ein granularer Sampler der athmosphärisches, aber auch angezerrt crushig klingendes beherrscht. Besonders interessant wird es bei der letzten Spur: Void Reverb und Flux Sampler sind zwei Effekte in einem Track. Der Flux Sampler nimmt dabei automatisch alles auf, was in den anderen Spuren spielt, und ermöglicht Verfremdungsoptionen wie Delays, Stutters und Glitches mit 16 Slices, aber auch Granulate Stretch- und Pitch-Effekte. Der Void Hall aus Spur fünf steht übrigens ebenfalls als separates Gerät, wie man Plug-ins bei Ableton nennt, zur Verfügung. Es gibt auch noch eine Modulationsmatrix, die mehr kann als es zunächst scheint, denn es können etwas versteckt noch weitere Ziele in einem Submenü ausgewählt werden.

Alles in allem ist Opal Fors ein würdiges Hot Tool, das es in sich hat.

Bewertung: Elektron-Style Drummachine in the box
Wo: opal.fors.fm
Wieviel: 50 Euro


FL Studio Multiband Delay

Nach dem wegweisenden Tool Gross Beat schickt sich mit FL Studio’s Multiband Delay ein weiteres Plug-in an, Produzenten aus aller Welt zu beeindrucken und dem heimischen Stall der belgischen Firma Image Line Ehre zu machen. Mit Gross Beat lassen sich Loops auf derart musikalische Weise verformen, dass die Beatschraubergemeinde ein solches Tool lange händeringend anderswo gesucht und mittlerweile in Form der Shaperbox von Cableguys auch gefunden hat.

Auf der Suche nach außergewöhnlichen Echo-Effekten stieß ich nun auf ebenjenes, kürzlich erschienene Multiband Delay. In diesem könnt ihr das Signal in bis zu 16 Bänder splitten und individuell verzögern, einstellbare Delayzeiten sind allerdings eher kurz und maximal 100 Millisekunden lang. Es kann schnell ein „tonaler“ Klang entstehen, ähnlich wie bei der sogenannten Karplus-Strong Synthese. Oft klingt das hier etwas metallisch. Dass tonale Delays, die ihr musikalisch als Töne einsetzen könnt, hier durchaus das gewollte Ziel der Übung sind, erkennt ihr auch daran, dass es noch Skalenquantisierungsoptionen mit Hilfe des Scale-Reglers gibt.

Doch kann FL Studio’s Multiband Delay klanglich noch mehr. Ich finde es ein interessantes, neues Hot Tool in der Soundesignwerkzeugkiste. Manchmal hört es sich wie eine Art Flanging-Effekt an, dessen Länge sich skalieren lässt. Oder ihr könnt kurze, perkussive Sounds sehr subtil färben und erhaltet dabei zudem angenehme Variationen im Klangverlauf. Es kommen dabei Klänge heraus, die ich so bislang noch nicht oder eher selten gehört habe. Neben Delay und Volume könnt ihr auch Pan-Settings für einzelne Bänder vornehmen. Presets heißen passenderweise „Wavetablizer“ oder „Spectralay“.

Zudem ist es möglich, acht Bänke mit Settings abzuspeichern und zwischen ihnen zu morphen. Klassische Echos, nach denen ich ursprünglich auf der Suche war, lassen sich ebenfalls erzeugen in dem mit längeren eingestellten Delayzeiten der Feedbackregler hochgedreht wird. Doch die zuvor beschriebenen Klangerlebnisse bei kurzen, perkussiven Sounds stellen sich besonders dann ein, wenn kurze Delays und hohe Feedbackwerte eingestellt sind. Die Regelung eines Weight-Parameters ermöglicht es zudem, höheren Frequenzen mehr Feedback zu verpassen, um auszugleichen, dass diese in der Natur tendenziell schneller ausklingen. Ein Limiting am Ende gibt es ebenfalls, damit die Feedbackklänge in der Lautstärke nicht eskalieren. Dabei gibt es Optionen für neutrale Kompression einerseits und färbende Sättigung respektive Clipping am Ende andererseits.

Bewertung: Subtiles Sounddesigntool
Wo: image-line.com
Wieviel: nur als Teil von FL Studio erwerbbar, ab 200 Euro für die FL Studio Producer Edition inklusive Multiband Delay