In seiner allmonatlichen Kolumne stellt Autor Heiner Kruse in kurzer, knapper Form bekannte und nicht so bekannte Soft- und Hardware vor, bei denen ein genauerer Blick in jedem Fall lohnenswert ist. Alle Hot Tools →
G-Force Oberheim OB-X
Vor genau einem Jahr durfte ich in Heft 12/2022 Oberheim’s OB-X8 testen. Jetzt veröffentlicht die britische Softwareschmiede G-Force eine von Oberheim offiziell unterstützte OB-X-Software als Stand-alone- und Plug-in-Version. Tom Oberheim selbst bescheinigt den Engländern unerreichte Klangqualitäten und Detailrekonstruktionen seiner Originale.
Oberheim’s berühmter OB-X Synth war von 1979 bis 1981 erhältlich. Zusammen mit dem Prophet 5 und im Gegensatz zu den polyphonen Vorgängern „2-“, „4-“ und „8-Voice“ erlaubte der OB-X Synth erstmals, alle acht Polyphoniestimmen zentral anzusteuern. Wie das am besten geht, hat man sich damals ganz genau überlegt, dementsprechend sind die Oberheim Synths mit ihrer übersichtlichen Bedienoberfläche auch heute noch besonders gut geeignet, um Synthesizer verstehen zu lernen und Details bei der Klangerzeugung mit größtmöglicher Genauigkeit einzustellen. Nicht zuletzt Prince, Herbie Hancock, Depeche Mode, Queen, Van Halen, Simple Minds, Tangerine Dream oder auch David Sylvian setzten diesen Synth oder einen seiner ähnlich klingenden Nachfolger wie OB-Xa (1981-83), OB-8 (1983-85) oder OB-SX (1980-83) ein.
Ihr findet in G-Force’s Oberheim OB-X Software das Design, die Bedienung, den Sound und die Anmutung des Originals weitgehend wieder, doch gibt es natürlich leichte Abweichungen und viele zusätzliche Optionen. Grundsätzlich verfügen OB-X Hard- und Software über zwei Oszillatoren mit zuschaltbaren Optionen für Hard Sync und Cross Modulation („X-Mod“) sowie Noise. Einzelteile der Klangerzeugung könnt ihr in der Software per Drehregler stufenlos zumischen. Dahinter arbeitet ein 2-Pol Low Pass-Filter. Statt acht wie in der Hardware sind bei G-Force’s OB-X bis zu 16 Stimmen inklusive Unison Detune verfügbar. Über eine “Vintage” Sektion könnt ihr dort zusätzliche, analog anmutende Ungenauigkeiten einführen. Auch separates (und modulierbares) Panning der Voices ist möglich. Eine fette Chorus-Sektion mit vier Modi, sowie Stereo Delay und Stereo Reverb reichern den Sound an.
Oben links findet ihr G-Force’s schon aus anderen Plug-ins wie Oddity 3 bekannte X-Modulation-Sektion, um mit quasi unendlich vielen weiteren zusätzlichen LFO’s und Hüllkurven alle Arten von Modulationen zu programmieren. Wie macht man das? Einfach einen Parameter anklicken und oben Einstellungen vornehmen – fertig ist die Zuweisung. Wenn also ein OB-Xa die Möglichkeit einführte, via Hüllkurve das Tuning zu modulieren, geht das in der neuen Software natürlich auch. Über die verschiedenen Filtertypen der Nachfolgemodelle oder des neuen OB-X8 verfügt die App allerdings bislang (noch) nicht. Für den ersten LFO könnt ihr in den „Advanced Settings“ noch Verzögerung, Retriggering, Phasendrehung und Smoothing nutzen, um Sounddetails genau auszuarbeiten.
Über vier Macros lassen sich mehrere Parameter gleichzeitig ansteuern, um dem Spiel Ausdruck zu verleihen. Auch via Velocity und Aftertouch könnt ihr Klangveränderungen bewirken. Die OB-X Software erlaubt deutlich tiefergehendes Sounddesign als das Original. Der Arpeggiator und die Akkordspeicherfunktionen machen sie zusätzlich performancetauglich. Das gilt insbesondere dank der Möglichkeit, alle Parameter via MIDI-CC fernzusteuern.
Insgesamt vermittelt die OB-X Software eine gute Mischung aus authentischem Oberheim-Sound, Retro-Feeling und modernen Features. Die neuere und über 5.000 Euro teure OB-X8 Hardware wirkt im Vergleich reduziert, wartet aber mit Soundbänken der Vorgänger, Filter- und Microtonalitätsoptionen auf. Das G-Force-Produkt bietet dafür viele Zusatzoptionen und dadurch auch stärker ausproduzierte Sounds mit Effekten, die ihr in einem modernen Browser finden könnt. Der Browser erleichtert euch zudem die Soundsuche mit Tagging von Kategorien, Types und Timbres. Und auch bei G-Force ist man aktuell dabei, ältere Oberheim-Sounds nachzuprogrammieren, die bald verfügbar sein sollen.
Übrigens bietet GForce auch ein von Oberheim autorisiertes Bundle an, zu dem auch der hier schon getestete Oberheim OB-E und die kürzlich aktualisierte einfache Monosynthvariante Oberheim SEM gehören.
Bewertung: Oberheim Sounds in modernem Gewand!
Wo: https://gforcesoftware.com
Wieviel: OB-X 120 GBP, SEM 60 GBP, OB-E 180 GBP, Oberheim Bundle 300 GBP
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