Die Energie der leisen Töne: Glenn Worf im Interview
Bassist Glenn Worf hat mit Mark Knopfler, Sheryl Crow, Shania Twain, Kenny Rogers und Billy Ray Cyrus gearbeitet. Er erzählt von seinen Jahrzehnten der Session-Arbeit, der idealen Performance, und der Bedeutung von passendem Timing und Tempo.
Von Nicolay Ketterer (Titelbild: John Albani, Fotos: Guido Karp)
„Thank you for lowering your standards!” meint Glenn Worf lachend zur Begrüßung, weil man sich ausgerechnet ihn zum Interview ausgesucht hat. Der große, in Nashville beheimatete Session-Bassist hat dabei eher selbst Maßstäbe gesetzt: Zum Portfolio des 63-Jährigen zählen Aufnahmen oder Auftritte mit Mark Knopfler, Sheryl Crow, Bryan Adams, Shania Twain, Kenny Rogers, Billy Ray Cyrus und Bob Seger – um nur die bekanntesten Namen zu nennen. Knopfler begleitet er seit dem Beginn von dessen Solokarriere Mitte der 1990er auf sämtlichen Solo-Alben und -Tourneen. Worf ist seit den späten 1970ern im Musikgeschäft – Zeit für einen Blick auf das „große Ganze“.
Wie sich die Session-Arbeitsweise über die Jahrzehnte verändert hat? „Als junger Mann konnte ich mit vielen Leuten zusammenarbeiten, die aus meiner Sicht das Recording-Business in Nashville aufgebaut haben – Songwriter, Produzenten, Musiker und Tontechniker. Die Technologie war komplett anders, auch die Budgets waren andere: Alles musste live aufgenommen werden. Natürlich gab es auch Overdubs, aber generell waren alle Musiker zur gleichen Zeit in einem Raum. Bei einigen Sessions wurden sogar die Backing-Vocals gleich mit aufgenommen – alles, was am Ende auf der Platte war.“ Die aktuelle Szene in Nashville? Worfs Resümee unterscheidet sich kaum vom Zustand der restlichen Musikwelt: „Heute werden viele Platten gemacht,wo man sich nicht mal sieht! Ich bin kein wirklicher Fan davon, habe mich aber daran gewöhnt.“ Es seien schlicht Arbeitstechniken, eine andere Art, am gleichen Ziel anzukommen. Dennoch gelte für ihn: „Aufgrund der Art, wie ich in der Industrie groß geworden bin, glaube ich daran, dass unerwartete Dinge geschehen, wenn Leute zusammen spielen. Sie reagieren auf die Energie. Oder aber – und das ist oft passiert! – jemand macht einen Fehler, hat etwas falsch verstanden oder gespielt, und das war am Ende besser als die ursprüngliche Idee. Das kann bei Overdubs bis zu einem gewissen Grad zwar immer noch passieren, aber man muss am ganzen Prozess teilhaben, um wirklich etwas zu verändern.“
„Wir haben früher sogar Dance-Platten live eingespielt. Selbst, wenn wir zu einem Click gespielt haben, ergaben sich Veränderungen, die Spuren ‚wanderten‘ im Rhythmusbett.“
Am Ende sei die Arbeitsweise auch Genre-abhängig: „Wenn Du eine Dance-Platte machst, ergibt es wohl wenig Sinn, die live aufzunehmen! Ironischerweise haben wir das früher gemacht, dahinter stand allerdings eine andere Mentalität: Dadurch, dass Menschen die Instrumente eingespielt haben, veränderte sich das Tempo minimal. Selbst, wenn wir zu einem Click Track oder Metronom gespielt haben, ergaben sich kleine Veränderungen, die Spuren „wanderten“ im Rhythmusbett.
„Früher war jeder Musiker – sogar der Sänger – dafür verantwortlich, gutes Timing für den Song zu liefern. Das beeinflusste, wie die anderen Musiker das Tempo wahrnahmen.“
Stichwort Click und Timing: „‚Gutes Timing‘ liefern zu können in dem Sinne, ein konsistentes Tempo ohne Maschine auf dem Ohr zu spielen, die das Tempo für Dich vorhält, ist etwas ganz anderes, als zu einem Click spielen zu können. Das ist eines der Dinge, die ich vermisse: Früher war jeder dafür verantwortlich, gutes Timing für den Song zu liefern, nicht nur der Drummer und der Percussionist. Sogar der Sänger! Wie der Einzelne spielte oder sang, beeinflusste, wie die restlichen Musiker das Tempo fühlten.“
„Grob die Hälfte unserer Produktionen liegt auf dem Click-Raster. Das kann innerhalb eines Albums variieren – manche Songs wären mit Click sehr steril, bei solchen mit ‚strammer‘ Rhythmik passt es.“
Mittlerweile hat Worf nebenbei eine Produktionsfirma gemeinsam mit den Produzenten Frank Lidell und Chuck Ainlay. Sie haben etwa mit Miranda Lambert oder LeAnn Womack gearbeitet. „Wir haben festgestellt, dass grob die Hälfte unserer Produktionen auf dem Click-Raster liegt, die andere Hälfte nicht. Das kann innerhalb eines Albums variieren, auch abhängig vom Songstil und Genre. Manche funktionieren besser, wenn man sie etwas atmen lässt, ein bisschen Fahrt gewinnen lässt, wenn’s in den Refrain geht, und danach das Tempo wieder etwas lässiger wird. Bei manchen Genres wäre das Ergebnis sehr steril, wenn man diese Freiheit nicht lassen würde. Wenn der Song hingegen eine sehr ‚stramme‘, konsistente Rhythmik hat, dann: Zeit für den Click! Dann passt es vielleicht sogar, manche Elemente zu programmieren und dazu spielen.“
„Wenn es zum Song passt, ist es nicht unbedingt notwendig, im exakt gleichen Tempo durchzuspielen. Das erscheint mir, als würde man alles in der gleichen Lautstärke spielen oder singen.“
Die Entstehung des Clicks? „Mein erstes Click-Erlebnis fand bei Werbe-Jingles statt. Dort galt es, einen spezifischen Zeitraum zu füllen – zum Beispiel 15, 30 oder 60 Sekunden Musik. Alle Edits fanden im Arrangement statt, danach wurde das Tempo exakt berechnet, damit das Ergebnis genau 59,9 Sekunden lang war. Aber das waren die Ausnahmen: In den frühen Tagen hat niemand auf einen Click eingespielt, was ‚normale‘ Musikaufnahmen betraf.“ Wie jene Arbeitsweise schließlich Einzug hielt? „In Nashville geht das auf den brillanten Session-Schlagzeuger Larrie Londin zurück – eine Legende, einer der größten Musiker, mit denen ich je spielen durfte. Er hatte ein sehr feines Gespür für Timing, aber nach drei, dreieinhalb Minuten eines Songs war auch er gelegentlich einen Hauch schneller geworden. Er erzählte mir, dass es ihn ärgerte, weil manche Produzenten das als Problem empfanden. Dem stimme ich nicht unbedingt zu – wenn es zum Song passt, ist es meines Erachtens nicht unbedingt notwendig, alles im exakt gleichen Tempo durchzuspielen. Das erscheint mir, als würde man alles in der exakt gleichen Lautstärke spielen oder singen. Du würdest den Refrain auch nicht in der gleichen Lautstärke wie die zweite Strophe singen. Londin war jedenfalls genervt von den Produzenten, die sich daran störten und entschied, zu einem Click zu spielen, den er auf seinen Kopfhörern hörte. Viele jüngere Schlagzeuger, mit denen ich gearbeitet habe, kämpfen damit, weil sie das nicht gewohnt sind. Und wir, der Rest der Band, waren es auch nicht gewohnt. Die Drummer hörten also alleine den Click. Oftmals brachen sie einen Take ab und meinten zu uns: ‚Hey, ihr hetzt‘ oder ‚ihr schleppt‘. Wir meinten, ‚dann lass uns auch den Click hören!‘ Und da sind wir jetzt.“
Wie er das musikalische „Miteinander“ beim Live-Einspielen empfunden hat? „In der ‚alten Ära‘ kam ich morgens am Studio an, und aufgrund der Autos auf dem Parkplatz wusste ich bereits, wer Schlagzeuger, Pianist und Gitarristen waren. Jeder hatte einen unterschiedlichen Sinn für Timing und Tempo. Durch die Art, wie diese Leute zusammenspielten, wurde der Groove ein gemeinschaftliches Ereignis: Eine Gemeinschaft von Leuten versuchte, den gleichen Song zur gleichen Zeit aufzunehmen – im Gegensatz dazu, alle Spuren von einer Person anzuhäufen, die immer den gleichen kreativen Blickwinkel hat. Wie gesagt – ich will gar nicht sagen, dass das falsch wäre – es hängt von der Art der Musik ab, die man macht.“ Worf erinnert sich, wie er in den 1980er Jahren für einen jungen Jingle-Produzenten gearbeitet hat: „Er engagierte großartige Drummer, um sie einen Drum-Part programmieren zu lassen. Damals waren die Maschinen vergleichsweise primitiv, das Programmieren dauerte lange – besonders, wenn die Schlagzeuger sich nicht damit auskannten. Ich kann mich erinnern, wie ich dort saß und stundenlang wartete, während ein großartiger Schlagzeuger einen Part programmierte. Anschließend wäre ich dran, den Bass einzuspielen. Ich dachte nur: ‚Hätten sie ihm einfach einen Click gegeben und ihn aufgenommen. Ich hätte sogar live mit ihm einspielen können, alles wäre in 15 Minuten im Kasten, und das Ergebnis wäre klasse.‘ Stattdessen kam nach Stunden etwas heraus, das jetzt nicht wirklich so prall war.“
Drum-Programming heute, mit komplexen Libraries, die immerhin mehr Detailreichtum zulassen – und dafür „flächendeckender“ eingesetzt werden? „Für manche Stücke funktioniert das. Aber das Problem, das ich sehe: Die Leute gewöhnen sich daran. Vermutlich ist die meiste Musik im Radio programmiert – und das hören die Leute tagein, tagaus. Eine jüngere Generation wächst auf, und so lernen die das Aufnehmen. Sogar die ganz normalen Hörer gewöhnen sich an den Einheitsbrei. Eines der großartigen Dinge bei meiner Arbeit mit Mark [Knopfler]: Der größte Teil ist Musik, die nicht in moderne, zeitgemäße Radiostrukturen passt. Das einzige, was ihm wichtig ist: Den Songs gegenüber wahrhaftig zu sein, die er schreibt. Er weiß, dass die Leute darauf stoßen werden, ohne dass sie im Radio gespielt werden. Er macht sich also keine allzu großen Sorgen darum, ob das beim Radio gut ankommt oder nicht. Das gilt dann auch für uns Musiker: Es geht nur darum, sich den Songs unterzuordnen, und sie so gut wie möglich zu spielen. Die Songs selbst sind so gut, also werden sie das Publikum ansprechen. Und das Publikum spricht jedes Mal an, jeden Abend.“
Der Großteil des heutigen Musikbusiness arbeite nach dem gegenteiligen Modell: „Es gibt viele Leute, deren einzige Priorität darin besteht, berühmt zu werden. Unglücklicherweise scheint das die Art zu sein, wie viel Musik heute gemacht wird: Die Gewinner von Talentshows bekommen Plattenverträge und machen Karriere. Aber meiner Ansicht nach sind sie sehr selten wirklich Künstler, weil ihre Priorität darin bestand, populär zu werden und nicht, weil sie die Musik ausdrücken wollten, die sie geschrieben haben. Wenn Du als Sänger einen unmittelbaren Hit möchtest, etwas, das für diesen Moment vielleicht funktioniert, dann machst Du eben eine Platte, die sehr ‚trendy‘ klingt – nach dem, was jeder andere gerade macht, aber wie Mark oft sagt: ‚Ich versuche, Musik zu machen, die bleibt.‘ Das sind unterschiedliche Philosophien. Was mich angeht: Die beste Musik ist immer die, die aus den richtigen Gründen gemacht wird. Damit meine ich: Es muss nicht Kunst sein, es muss nur ehrlich sein; von jemandem geschrieben, der ein Gefühl vermitteln wollte. Das ist die Musik, die den Unterschied macht. Der Kram, der auf einen Markt hin gemacht wird, kann manchmal auch gut sein: Immer mal wieder ist ein brillanter Song dabei, der nur als kommerziellen Gründen geschrieben wurde, aber so gut ist, dass er die Zeit überdauert. Aber an das meiste erinnert man sich einen Monat später nicht mehr. Und auch früher war viel richtig schlechte Musik drunter!“ Da spiele mitunter auch das emotionale Gedächtnis eine Rolle, meint Worf: „Ein Song kann ein emotionaler Marker sein, eine Verbindung, die du an deine Jugend hast. Dein Leben geht weiter – wenn du dann 40, 50 oder 60 bist und den Song wieder hörst, gefällt er dir immer noch, wegen der Verbindung. Der Song, den du mit 17 mochtest, hätte dir später für sich genommen vielleicht nie gefallen.“
„Im Studio will ich wissen: Rockt das nun tatsächlich? Hat es auch leise noch Energie? Oder war die Lautstärke aufregend, aber unsere Performance weniger?“
Stichwort älter werden: Bei Mark Knopfler spielt Worf, wie auch der Rest der Band, mittlerweile leiser als in früheren Jahren. Der amerikanische „Roots“-Schlagzeuger Jay Bellerose hat erwähnt, dass bei vielen Musikern ein Missverständnis vorherrsche: Dass man hart rocke, wenn man selbst hart und mit lauter Energie spielt. „Oh, er hat so Recht! Das ist eines der Dinge, über die ich auch viel nachdenke. Wir leben in einer sehr lauten Welt – viele Platten werden darauf getrimmt, möglichst laut zu sein. Stadtmenschen sind eine laute Umgebung gewöhnt. Jemand, der dir im Fernsehen irgendwas verkaufen will, wird meist laut sprechen, unterlegt von lauter Musik. Nach einer Weile will man nicht mehr angeschrien werden. Das ist eines der Dinge, die wir mit unserer Produktionsfirma im Studio versuchen: Alle Ergebnisse irgendwann auch mal sehr leise abhören. Ich will den Eindruck durch Lautstärke aus der Gleichung herausnehmen, und mich selbst fragen: Rockt das nun tatsächlich? Hat es trotzdem noch Energie, klingt es immer noch stark? Manchmal ist das nicht der Fall, und dann erkennt man: Die Lautstärke war aufregend, aber unsere Performance war nicht so gut, wie sie sein sollte. Das passiert die ganze Zeit.“
Zum Thema des vermeintlich „harten“ Rockens? „Wenn du auf die toll klingenden Platten aus den 1960ern, 70ern, vielleicht sogar den 80ern zurückblickst – in jener Ära gab es viele tolle Schlagzeuger. Die hatten tatsächlich einen sehr leichten Anschlag und ließen das Mikrofon, nein, in erster Linie die Trommel ihren Job machen: Sie stellten sicher, dass sie genau die Lautstärke anschlugen, bei der die Trommel „singt“. Mikrofon und Tontechniker machten ihre Aufgabe, sodass ein großartiger Sound entstand. Besonders bei jüngeren Schlagzeugern, mit denen ich arbeite, fällt mir auf, dass die ihren Stick praktisch durch das Fell treiben! Die schlagen sehr hart an, und denken, dass es rockt! Aber tatsächlich überfordert es das Fell. Es überfährt die Trommel, sie kann sich nicht mehr entfalten. Der Engineer muss sich darauf einstellen, die ganze Signalkette muss sich ändern, um dem unglaublich lauten Ereignis Herr zu werden. Unglücklicherweise gilt für die etablierten Drummer: Wenn sie für jemanden arbeiten, müssen sie denjenigen zufriedenstellen, wer auch immer das sein mag. Viele Produzenten wissen nicht, dass ein guter Schlagzeuger mit einer Bewegung seines Handgelenks eine Snare Drum klanglich ‚explodieren‘ lassen kann. Sie erkennen scheinbare Kraft nur, wenn jemand den Stick bis hinter den Kopf schwingt und dann runterkrachen lässt. Das ist eine andere Mentalität.”
Wie er sich als Bassist einer Session, einem Song, einer Basslinie nähert? „Da gibt’s kein richtig oder falsch. Das erste Mal, wenn ich einen Song höre, den wir aufnehmen sollen, ist der kritischste Moment des ganzen Prozesses. Idealerweise höre ich den Song nur mit dem Sänger, entweder am Piano oder an der Gitarre – mit minimaler Begleitung. Ich möchte gerne hören können, was der Song erzählt, im Gegensatz dazu, was jemand anderes bereits aufgenommen hat. Ich glaube, dass der Song vermittelt, was gespielt werden muss, wenn du zuhörst. Oft genug sitze ich da, und mir fällt auf – das ist wirklich kein großartiger Song, er ist dazu gedacht, eine bestimmte Position im Markt zu besetzen. Dann denke ich darüber nach, was Produzent und Künstler oder das Label wohl gerne möchten. Um ganz ehrlich zu sein, diesen Prozess genieße ich nicht. Das habe ich viele Jahre lang gemacht und bin an einem Punkt meines Lebens angelangt, an dem ich lieber darauf verzichte und stattdessen Musik mache, die aus den für mich „richtigen Gründen“ gemacht wird. Dann fühle ich mich wirklich eingeladen – in dem Sinn, dass von mir gewünscht wird, alles einzubringen, was mir einfällt, und was ich beitragen kann.“
Die Orientierung als Bassist? „Ich höre zuerst auf den Sänger“
Seine Basslinie richtet Worf indes primär am Gesang aus. „Ich höre immer zuerst auf den Sänger, dann auf die anderen Instrumente. Was macht der Sänger, wie laut singt er? Singt er leicht vor dem Beat, oder etwas dahinter? Was ist seine Emotion? Was versucht er, rüberzubringen? Die großartigen Sänger werden Dich erreichen. Damit meine ich nicht technisch großartige Sänger, die müssen keine erstaunliche Stimme haben. Großartige Sänger sind die, die bei dir ein Gefühl auslösen. Im Ideal würdest Du als Musiker nur reagieren und ihnen helfen, zu diesem Moment zu kommen. Und da sind wir wieder bei dem Punkt: So viele Platten – auch manche, bei denen ich mitspiele – höre ich und denke mir: ‚Da höre ich nur Leute nachdenken! Ich höre, wie die Musiker Entscheidungen fällen, statt einfach nur zu spielen.“
Die eigene Bassfigur
Wie er seine Basslinien aufbaut? „Ich vermute, das gilt für alle Instrumente, aber ich glaube nicht wirklich daran, viele Noten zu spielen, nur um sie unterzubringen, sondern lasse lieber Platz, gebe jemand anderem Raum. Ich tendiere oft dazu, meinen Part zu minimalisieren, damit das, was ich spiele, wirklich relevant ist. Wann immer ich kleine Schnörkel einflechte, sollten die sich entfalten können.“ Ein eindrucksvolles, gleichsam minimalistisches Beispiel liefert die Aufnahme zum Mark-Knopfler-Song „Back To Tupelo“, auf der Glenn Worfs Kontrabass mit einem Leitton in den Refrain führt, hin zu einer Auflösung. „Wenn ich spiele, will ich nicht darüber nachdenken. Im Studio bist du hoffentlich in einer Stimmung, wo du fühlen und reagieren kannst, musst aber immer noch denken und Entscheidungen treffen. Was ich eigentlich sagen will: Manche Noten vermitteln mehr Emotion als andere, und es liegt an dir, die richtigen Noten zu finden. Ein Drummer würde sagen, ‚ich spiele ein Fill, um in den Refrain hineinzuführen‘. Es mag bescheuert klingen, aber: Ich sehe diese Momente und Übergänge eigentlich mehr als ‚Einladungen‘ [zieht den Arm her] – im dem Sinne: ‚Folge mir, lass uns zum Refrain gehen“ – anstatt einer großen Ankündigung. Wenn Du das richtig hinbekommst, kommst Du näher an die tatsächliche Emotion des Songs. Aber insgesamt stellt der Bass ein großes Mysterium dar, weil er die Verbindung zwischen Rhythmus und Harmonie ist, die Brücke zwischen Drums und der harmonischen Struktur des Songs. Richtig gemacht, kann das viel zum emotionalen Erlebnis des Songs beitragen.“
Erschienen in Professional audio 09/2017