Digitale Veröffentlichungen auf YouTube & Co. optimieren
Wie gestalte ich meinen YouTube-Auftritt? Wie kann ich damit Geld verdienen? Wie viele Videos sollte ich posten? Und überhaupt: Welche Zielgruppe möchte ansprechen, und wie mache ich das? Sara-Lena Probst von BlackbirdPunk Consulting in Berlin will Künstlern dabei helfen.
Von Nicolay Ketterer. Fotos: Marten Berger
Sara-Lena Probst unterstützt Künstler sowie Plattenfirmen bei der „digitalen Transformation“, wie sie sagt. Das beinhaltet etwa passende Social-Media-Betreuung, Meta-Daten-Management, dazu YouTube- und Streaming-Bestückung von Veröffentlichungen. Ihre in Berlin ansässige Firma BlackbirdPunk Consulting eröffnete sie 2019, zu den Künstlern zählen beispielsweise Adam Wendler oder Nosoyo. Sie selbst sei „überraschend analog“, wie sie gesteht: „Ich liebe Vinyl!“. Ein Gespräch und der Versuch, mit Unklarheiten aufzuräumen – über das vermeintliche digitale „Wirrwarr“ und Künstler, die sich angesichts der Mammutaufgabe digitaler Veröffentlichungen überfordert fühlen. Was gar nicht der Fall sein muss, wie Probst erklärt.
? – Wie bist du darauf gekommen, die „digitale“ Betreuung von Künstlern zu übernehmen?
! – Ich habe in einer Indie-Plattenfirma angefangen. Da machte jeder alles! Ich kam in die digitale Ecke, habe das aufgebaut, mich um den YouTube-Channel gekümmert, Webseite und Webshop re-launcht, dazu die Webseiten der Künstler und Künstlerinnen. Im digitalen Tagesgeschäft der Plattenfirma war ich sozusagen „dicht dran“, hatte irgendwann Lust, meine eigene Firma aufzumachen und das digitale Paket für Künstler, Plattenfirmen, Verlage und Vertriebe aufzuziehen. Der Bereich in der Musikindustrie ist sehr fragmentiert. Für Social-Media-Betreuung braucht eine Plattenfirma jemanden, der sich mit Meta-Daten, Daten-Management, YouTube oder Streaming auskennt. Dazu Webseiten allgemein – wie funktionieren Workflow-Updates? Für eine Plattenfirma ist im Tagesablauf wichtig, dass das schlicht funktioniert. Das, was sie braucht, lässt sich punktgenau outsourcen: Beispielsweise das Komplettpaket zu übernehmen, nur YouTube – oder nur digitalen Content für eine einzelne Veröffentlichung zu betreuen.
? – Auf dem Blog auf deiner Webseite gibst du Tipps – beispielweise auch gerade dazu, wie sich Musiker ohne „Live-Geschäft“ durch Corona-Ausfälle sinnvoll mit ihren Fans verknüpfen können, etwa durch „virtuelle“ Konzerte …
! – Ich hoffe, dass die Tipps jemandem helfen. Den Blog mache ich, um schnell reagieren zu können und bereits etwas Wissen mitzugeben. Ich denke, in der digitalen Welt existiert kein Wissensmonopol mehr. Ich bin gerne bereit, Tipps zu geben und Inspiration zu vermitteln, was es gibt – und auch meine Arbeit in meinem Blog zu erklären. Fachbegriffe wie MCN [„Multi-Channel Networks“ – Firmen, die mit Videoplattformen zusammenarbeiten, um etwa parallele Veröffentlichungen und Werbung zu vereinfachen, d. Red.] oder YouTube-Partnerprogramme sind nicht jedem geläufig. Den Kunden möchte ich zeigen, dass ich einen Mehrwert schaffe. In der Musikindustrie sitzen Gelder naturgemäß knapp. Ich bin totaler Musik-Nerd, mir liegt am Herzen, das zu unterstützen. Wenn jemand nicht viel Geld hat und überlegt, in was er am besten investiert, und ich kann schon vorab Wissen vermitteln, kann er sein Geld in die Sparten investieren, wo er nicht mehr weiterkommt. Alles andere kann er selbst erledigen und Kosten sparen. Am Ende des Tages gibt es im digitalen – und gerade in Zeiten von Corona – so viel zu tun, da schneide ich mir nicht ins eigene Fleisch.
„In der digitalen Welt existiert kein Wissensmonopol mehr“
? – Wie könnte eine „klassische“ Gitarren-Indie-Band einen individuellen Mehrwert herausstellen?
! – Jeder hat einen Grund, warum er Musik macht. Warum wurde er sie Musiker oder Musikerin? Wo ist dein Nordstern, dein Kompass, was zieht dich morgens aus dem Bett? Das in der Musik oder den Texten rüberzubringen, ist wichtig. Auch handwerkliches – üben! So viel zu spielen, wie physisch irgendwie möglich ist. Klar, das geht im Moment nicht, aber trotzdem kann ich die Zeit im Proberaum oder zu Hause nutzen, viel schreiben und üben. So viele schlechte Songs schreiben, wie ich irgendwie schaffe… Man muss erst schlechte Songs schreiben, um überhaupt zu Guten zu kommen. Viele haben Angst davor: „Ich will einen Song schreiben, der muss perfekt sein!“ So ist es aber nicht. Aktuell ist die ideale Zeit, die schlechtesten Songs aller Zeiten zu schreiben. (lacht) Dazu Selbstreflexion üben – dann kommen auch die guten Songs. Was Marketing angeht: Da ist wichtig, sich als Band untereinander klar zu werden: Wo ist unser Ziel? Wo wollen wir hin? Wie kommunizieren wir das? Was sind unsere Werte? Falls wir ein Statement mit unserer Musik machen – wollen wir politisch sein oder nicht? Und dann gemeinsam daran arbeiten. Das sind Tätigkeiten, die früher ein Manager erfüllt hat. Viele Bands, die keinen Manager haben, müssen sich selbst damit auseinandersetzen. Das beinhaltet viele Elemente wie Kommunikation, Prozessmanagement und Strukturanalysen – das hat nicht primär mit dem Musikmachen, sondern hat mit Marketing zu tun.
„Man muss erst schlechte Songs schreiben, um überhaupt zu Guten zu kommen!“
? – Wenn ich als Künstler meine Videos bei YouTube einstelle: „Kannibalisiert“ die kostenlose Verfügbarkeit meine Verkäufe, oder wiegt sich das durch neugewonnene Fans auf, wie es etwa Christian Goebel von der Rent-A-Record-Company bewertet hat? [siehe Professional Audio Ausgabe 07/2018, d. Red.]
! – Das kommt darauf an, wie groß die Band ist und von welcher Karrierephase wir sprechen. Stehe ich erst am Anfang und möchte das Branding stärken, Menschen zu der Band bringen, habe ohnehin wenig Verkäufe und bewege mich in einem Genre, in dem keine CDs mehr verkauft werden, sondern höchstens ein paar Schallplatten, ergeben YouTube-Videos auf jeden Fall Sinn. Eine lokale Band, die ihren ersten Gig bei einem Frühlingsfest hatte und bei einer Albumveröffentlichung zwei Vinyls verkaufen würde, hätte kaum einen Kannibalisierungs-Effekt. In dem Fall wäre es zielführender, die Fans mit YouTube-Suchmaschinen-Optimierung überhaupt erst auf die Musik zu stoßen. Google- und YouTube-Suche liegen sehr nah beieinander. YouTube ist die zweitgrößte Suchmaschine, da sie Google gehört. Wie soll ich als Band, die gerade anfängt, überhaupt eine Vinyl-Produktion vorfinanzieren? Da würde ich den vorhandenen Content nutzen, um mich aufzubauen. Viele etablierte Bands hingegen machen es trotzdem und stellen erstmal Videos ein. Die monetarisieren das Angebot, indem sie unter anderem über YouTube Music die Streaming-Auszahlung nutzen, und vielleicht große Merch-Bundles oder Vinyl-Boxen mit Postern und anderem Zubehör verkaufen. Generell muss ich schauen: Wo befindet sich die Zielgruppe, welche Hobbys hat sie, wo klickt sie sich durch, wie klickt sie? Wo kann ich sie abholen? Was konsumiert sie ohnehin, und wie kann ich den Konsum-„Funnel“ reinkommen, um deren Aufmerksamkeitsspanne abzugreifen? Verbringen die Leute den Großteil ihrer Zeit auf YouTube und streamen Musik, muss ich dort hin. Spreche ich zwölfjährige Mädels als Zielgruppe an, ist vielleicht TikTok [chinesischer, aktuell größter wachsender Video-Sharing-Dienst, d. Autor] das geeignete Portal.
? – Stichwort Analyse: Du hilfst, die Zielgruppe genau „aufzuspüren“ …
! – Ja, das mache ich den ganzen Tag – zu schauen, wer die „Target Audience“ ist. Ich hatte auch Fälle, wo Musiker meinten: „Zu meinen Konzerten kommt eine bestimmte Personengruppe. Das ist schön – ich würde aber gerne noch eine andere Zielgruppe erreichen. Wie komme ich dahin?“ Das eine ist: Wer hört die Musik jetzt bereits, und wen möchte ich in Zukunft erreichen? Das ist zunächst zeitaufwendig, kann aber am Ende viele Kosten bei Werbung einsparen: Indem ich sie so schalte, dass sie die gewünschte Zielgruppe sieht und keine Streuverluste entstehen – durch zielgerichtete, attraktive Werbung, die die Menschen zu Handlungen bewegt: Zum Spotify-Click, zum YouTube-Anschauen, zum Webseiten-Click, zum Webshop, zum Merch-Kaufen. Dazu lohnt sich die erwähnte Analyse, wo sich die Fans befinden, welche Hobbys und welches Budget sie haben.
? – Du hattest Suchmaschinen-Optimierung erwähnt. Wie kann das, abseits von Keywords als „grundlegenden“ Anhaltspunkt, aussehen?
! – Jede Plattform hat andere Merkmale. Wer noch eine Webseite hat: Die sollte mit SSL-Zertifikat gesichert sein und schnell laden: Dazu sollen die Bilder schön komprimiert sein, der Code schlank, ohne zu viel Ballast. Im Falle von WordPress nicht noch das hundertste Plugin installieren. So viel manuell wie möglich programmieren, so wenig Plugins wie nötig, nur sehr zielgerichtet. Was YouTube-Suchmaschinen-Optimierung angeht: Die Titel am besten ansprechend formulieren, dass man weiß, worum es geht, das Keyword sollte auftauchen. Covere ich etwa „Blackbird“ von den Beatles, dann: „Blackbird, Beatles-Cover“ plus meinen Bandnamen. Der Channel sollte richtig getaggt sein, die Videos ebenfalls. Deren Beschreibung sollte attraktiv gestaltet sein. Aus dem Thumbnail, das als Übersicht bei YouTube angezeigt wird, sollte dem Fan sofort ersichtlich sein, um was es geht – am besten das Bild des Sängers oder der Sängerin, mit dem Hauptinstrument. Dazu: Den Kontrast hochziehen, damit die Farben knallig wirken und einen Impuls auslösen, dass jemand Lust darauf hat, ohne den Titel zu lesen. Keine langen Intros – das Video sollte gleich losgehen, sodass der Zuschauer weiß, worum es geht. Es geht darum, dass der Content „fesselt“ – so aufbereitet, dass eine Person, die den Channel sieht, möglichst lange dort verweilt. Eine Band hat vielleicht eine Playlist mit den eigenen Musikvideos, dazu eine mit Songs der Bands, von denen sie beeinflusst wurde, noch eine mit Cover-Songs von Fans, eine Playlist, die den Tour-Alltag dokumentiert, eine mit Proberaum-Szenen oder Tutorials zu den angesagtesten Songs der Band, wie man sie nachspielt. YouTube kann man sich vorstellen wie ein großes Netzwerk an TV-Sendern, wie früher im Kabelfernsehen. Der Algorithmus blickt darauf, wie viel Zeit ein Mensch auf einem Channel verbringt. Das Ziel von YouTube ist, die Menschen zu unterhalten. Sie möchten die Channels anzeigen, die am meisten unterhalten. Daher lohnt sich auch hier die Analyse der Zielgruppe: Was schauen die gerne als Content-Formate? Wie können wir das bedienen, sie auf unserem Channel halten? Wie können wir die Videos so aufbereiten, um sich leicht durchzuklicken? Dazu kann ich in die YouTube-Analytics gehen: Wie lange schauen sich Menschen das Video an, ab welchem Zeitpunkt brechen sie ab? Baue ich eine Info-Card mit dem schönsten Merch ein, bringt die mir am Ende des Videos natürlich wenig, wenn das keiner mehr sieht und klicken kann.
„YouTube kann man sich als großes Netzwerk an TV-Sendern vorstellen. Der Empfehlungs-Algorithmus schaut, welche Channel am meisten unterhalten. Daher ist es wichtig, Zuschauer möglichst lange auf dem eigenen Kanal zu halten“
? – Du hattest das YouTube-Partnerprogramm erwähnt …
! – Das Partnerprogramm ist eine „Belohnung“ für Content-Creator, die viel Zeit und Mühe in ihren Kanal investieren: Das kann ich nutzen, wenn ich 1.000 Subscriber auf dem Channel und in den letzten zwölf Monate 4.000 „Valid Watchhours“ generiert habe. Das heißt: Stunden, die jemand angeschaut hat, und zwar nur von Videos, die auch „public“ geschaltet sind. Für die Nutzung brauche ich ein Google-AdSense-Konto, um über den eigenen Videos Werbung zu schalten. Dann kann ich anfangen, Geld zu verdienen. Die Zahlen sind immer noch sehr übersichtlich. Beim YouTube-Partnerprogramm kommt es auf die Kennzahl CPM, „Click per Mill“, an, was ein Werbetreibender ausgeben muss, um 1.000 Menschen die Werbung anzuzeigen. Je nach Zahlen des Channels entstehen die Einnahmen, im Internet existieren Rechner dazu. Vor Weihnachten sind die Umsätze höher, weil jeder Werbung schalten will. Die CPM-Zahlen liegen dann zwischen zwei, drei bis hin zu 20 Euro. Dazu kommt: Bin ich an ein MCN angeschlossen, das meine Verbreitung verstärkt? Nur von YouTube zu leben, wird zu Beginn sehr schwierig. Aber: Die Einnahmen kann ich als Budget in eigene Werbung investieren und einen Kreislauf aufbauen. So ließen sich die Zahlen aufbauen, später kommen Kooperationen mit anderen YouTubern ins Spiel, oder man lässt sich von Firmen mit Equipment sponsern.

Als Beispiel für eine gelungene Videobeschreibung nennt Sara-Lena Probst Courtney Barnetts YouTube-Clip zum Song „Need a Little Time“. Die Beschreibung unterhalb des Videos – im Screenshot ist nur ein erster Ansatz sichtbar – fällt mit Texten und Infos tatsächlich ausufernd aus: https://www.youtube.com/watch?v=TISIPNpRuoY
? – Was ist für die Bestückung eines Kanals mit Videos wichtiger – Masse oder Klasse?
! – Qualität ist wichtig, aber man sollte sich nicht allein daran aufhängen. Ich habe einige Kunden, die für tausende Euro ein tolles Video geshootet haben. Das steht dann allein auf dem Channel – ein Baum macht noch keinen Wald. Am besten sind zwei Videos pro Woche. Falls das nicht geht, zur Not zwei Videos im Monat. Aber: Mehr ist mehr. Stehe ich am Anfang, würde ich mir überlegen: Was bräuchte ich, damit ein Fan auf dem Channel Zeit verbringen kann? Es geht darum, eine Art „Nest“ zu bauen. Habe ich nicht die Ressourcen oder Singles für viele Musikvideos, hilft alternativer Content – zu erklären, wer ich bin, welchen Background ich habe. Habe ich bereits einen Channel und fahre eine Kampagne für ein neues Album, kann ich mit Teaser-Videos arbeiten, „Behind-The-Scenes“- oder Tour-Videos machen. Klar, das sollte qualitativ schön sein, aber ein modernes Handy-Video reicht teilweise. Man sollte sich allerdings einen Plan machen, damit der Content kohärent ist, nicht „wild“, und eine Strategie dahintersteht: Zwei, drei Grundideen, die als Serie laufen. So sieht auch YouTube, dass die Playlisten Sinn ergeben und unterhaltsam sind. Die Persönlichkeiten der Musiker kommen dadurch auch besser heraus. Für den Content selbst: Ich sollte mich in die Fans hineinversetzen und keine Videos schießen, weil ich Lust darauf habe und sie selbst gut finde oder meine, sie wären schick. Es geht darum: Welche Videos schauen meine Fans gerade an? Viele machen oft Videos, weil sie meinen, das müssten sie machen oder es würde ihrem Ego guttun, um sich selbst zu produzieren – das ist nicht immer das, was den Fans gefällt. Da hilft der Blick auf ähnliche Kanäle. Was die Länge angeht: Hier hilft ein Blick in die Analytics. Man kann bei YouTube durchaus längere Videos einstellen – die aktuellen Zahlen zeigen, dass Videos mit zehn Minuten Länge am besten performen. Das ist lang, funktioniert aber mit einem sinnvollen Schnitt. Da hilft immer wieder der Blick auf die internen YouTube Analytics, und auch, das Erstellen von Videos als laufenden Prozess zu betrachten.
? – Was den Text unterhalb eines YouTube-Videos angeht: Was unterscheidet eine gute von einer schlechten Beschreibung?
! – Was ich oft sehe: Jemand stellt einmal eine Beschreibung ein, und die bleibt bestehen. Channel-Management ist ein aktiver Prozess – immer, wenn ich eine neue Info habe, kann ich die in alle Beschreibungen einbringen. Für mich ist das eine Art Pinnwand, die die neuesten Informationen bereithält. Dazu bieten sich schön aufbereitete Links zu den Social-Media-Seiten an – gerne auch ein Linkfire [sog. „Smart-Link-Plattform“, die Fans auf die gewünschten Seiten weiterleitet – www.linkfire.com, d. Red.] anlegen, wo alles gebündelt ist und auch Tracking möglich wird. Auch die Lyrics zum jeweiligen Song bieten sich an, die Credits der Mitwirkenden, aktuelle Tour-Dates und Links zu Ticketverkäufen. Die Beschreibung sollte man nicht zu „knapp“ denken – mache ich ein Tutorial-Video, sollte ich auch das passende Keyword unterbringen. Natürlich kein Keyword-Stuffing betreiben, aber: Wenn eine Musikerin ihre Lieblingsgitarre erklärt – vielleicht ein Gibson-Modell – kann sie einen kurzen Absatz zur Gibson-Geschichte schreiben, warum sie Gibson mag, und so weiter. Derart aufbereitet, sieht die Suchmaschine einen Mehrwert: Die Keywords sind in einem sinnvollen Satzaufbau und in einem Kontext untergebracht, das hilft beim internen Ranking.
? – Verschiedene Agenturen bieten Promotion-Pakete an, um Clips innerhalb von YouTube zu bewerben [siehe auch Interview mit Andreas Klein von Playlist-Promotion.com, Professional Audio Ausgabe 09/2019]. Kann sich das für kleinere Bands lohnen, zu einer Agentur zu gehen?
! – Das kommt auf die Größe der Band an. Metallica hätte bestimmt keine Zeit, das selbst zu machen – die haben aber auch eine Plattenfirma und ein Management, um das zu erledigen. Bei kleinen Firmen bin ich oft skeptisch, weil die natürlich Geld verdienen müssen. Wieviel bleibt dann für die Band übrig? Klar, als Musiker hat man viel im Kopf, übt und will auch noch ein Leben haben … Da sind wir wieder bei dem Punkt Kommunikation und Band-Strukturen; das können die Musiker untereinander aufteilen. YouTube und Google bieten viele E-Learning-Hilfen. Es ist nicht kompliziert, man muss sich nur einmal hinsetzen und das Thema verstehen, dann kann man das durchaus selbst machen. Kenne ich jemanden in einer Firma, der sich damit auskennt, und habe eine persönliche Beziehung zu demjenigen – warum nicht? Ansonsten – viele musikschaffenden Menschen scheuen sich, sich mit Themen auseinanderzusetzen, die kompliziert klingen, am Ende aber gar nicht wehtun. Gerade die Zielgruppenanalyse macht ein Musiker einmal und hat das Ergebnis für alle möglichen Kanäle. Das hilft als Band weiter, zu wissen: Wer kommt zu unseren Konzerten, und wer hört sich das bei Spotify an? Sind das die gleichen Menschen – und wenn nicht, warum? Das hilft auch in der Planung: Machen wir nochmal eine EP, oder gleich das Album? Wo sitzen unsere Fans – vielleicht in Mexico City, wow, warum das?

„Das bei YouTube in der Vorschau angezeigte Thumbnail sollte bereits aussagekräftig und kontrastreich sein“ – als Beispiel erwähnt Sara-Lena Probst das Thumbnail des Videos „Tyrants (Live from Manchester Arena)“ der Band Catfish And The Bottleman: https://www.youtube.com/watch?v=wtiKL9bUC8Y
? – Stichwort EP und LP – früher war ein Album ein klares „Statement“. Besteht immer noch ein Unterschied in der professionellen Außenwirkung, nachdem heute vieles Song-basiert läuft? Das erinnert wieder an die 1950er und 1960er Jahre, als zunächst primär Singles veröffentlicht wurden …
! – Im Zeitalter von Spotify und Co. versuchen viele, Alben in kleine EPs herunterzubrechen, und öfter mit Content herauszukommen, um aufzufallen, statt einmal in zwei Jahren mit einer großen LP. Andererseits ist es eine künstlerische Entscheidung: Steht eine Band auf Konzeptalben und hat ein passendes Album, die Fans lieben das ebenfalls, sollte sie das auch machen. Das hält sie nicht davon ab, eine neue Single im Sommer herauszubringen. Ich denke, Musiker und Musikerinnen müssen sich nicht mehr auf feste Glaubenssätze stürzen, sondern sollten auf die Fans schauen, um sich mit ihnen zu verbinden. Dazu: Was ist der eigene Anspruch, und was können wir überhaupt leisten? Wenn eine Band nur einen Songwriter hat und gerade anfängt, schaffen sie es vielleicht nicht, viel Content herauszuhauen. Umgekehrt gilt: Mehr ist mehr, allerdings sollte das Material zueinander passen. Ich habe ein paar Mal gesehen, dass ein Künstler zunächst mit zwei EPs herauskam und danach ein Album veröffentlichte, das beide EPs beinhaltete, dazu ein paar Extra-Songs. Die erste EP feierte ich total, die zweite hasste ich, und das Album habe ich nie angehört. Es sollte künstlerisch und musikalisch Sinn ergeben. Wenn man herausgefunden hat, wer man ist, fallen diese Entscheidungen leichter. Bin ich mir nicht sicher – mache ich Musik, weil ich lieber performe? Bin ich Konzeptkünstler, der Musik gerade als Vehikel gewählt hat? Bin ich Sänger oder Instrumentalist, der in der Materie aufgeht? Kann ich das gut kommunizieren, fällt es dritten Parteien wie mir viel leichter, damit zu arbeiten. Dann weiß ich, was die Zielgruppe und die Ziele für 2021 sind – los geht’s. Ich helfe jedem gerne, das herauszufinden – aber man muss auch bereit sein, sich den Fragen zu stellen, und das tut manchmal weh. Das ist bei allen Künsten der Fall, egal, ob Malerinnen, Bildhauerinnen, Autorinnen oder Journalistinnen.
? – Hast du viele Künstler erlebt, die damit Probleme hatten, weil es die eigene Identität hinterfragt?
Ja! Das kenne ich von mir selbst auch. Es ist immer schwierig, sich nackt vor den Spiegel zu stellen und zu fragen, wer man wirklich ist. Was möchte ich tatsächlich verkaufen, warum gehe ich raus? Als ich meine Firma gegründet habe, stellte sich die Frage auch – ich hätte das auch weiterhin innerhalb einer Plattenfirma machen können. Für mich war wichtig, den Mehrwert passgenau für meine Kunden zu entwickeln und herausgeben, und langfristig am Erfolg arbeiten. Das „zieht“ mich. Als Künstler oder Künstlerin muss ich mich damit auseinandersetzen: Ist es mein Ego? Meine ich, Musik machen zu wollen, will aber eigentlich etwas anderes? Kämpfe ich gegen Familienstrukturen an? Will ich Leute abschleppen? Stehe ich auf den Look? Denke ich, das Tourleben wäre erstrebenswert, weil ich eine Tourdokumentation gesehen habe? Oder habe ich das essenzielle Bedürfnis, Musik zu machen, weil ich sonst depressiv werde? Bin ich an dem Punkt und mir ist egal, ob ich in der Mongolei mit einer Jute toure oder als Vorband von Dave Grohl im Tourbus sitze, setzt das auch Kräfte frei. Das hilft, Dinge durchzuziehen, die vielleicht schmerzhaft sind.
„Musiker oder Musikerin zu sein ist in der Musikindustrie schlicht der beste Job: Wir alle außenherum arbeiten denjenigen zu!“
Die Ochsentour, wirklich drei, vier Jahre malochen, ist einfach nicht schön. Viele große Bands verkaufen eine Zauberwelt, als Fan sieht man das nicht von außen – auch die Medien vermitteln das nicht. Live spielen ist ein physischer Akt, den muss ich auch erstmal körperlich stemmen. Was Social Media betrifft: Kommentare von Trolls und Hatern sind auch nicht besonders schön. Wenn man weiß, warum man das macht, zieht man das durch! Man wächst mit der Aufgabe, verändert sich. Die Kraft, die man investiert, kommt auch wieder zurück. Bin ich einmal wirklich „drin“ und ziehe das professionell auf, wird es danach besser und schöner: Fange ich an, mir eine Live-Performance aufzubauen, eine Set-List, die Spaß macht und „knallt“, sehe, dass die Fans mitgehen, die Zahlen hochgehen, dazu, dass ich mich mit meiner Musik ausdrücken und mit dem Online-Auftritt die Musik darstellen kann, bietet das Raum für Wachstum und persönliche Weiterentwicklung. Musiker zu sein ist in der Musikindustrie schlicht der beste Job: Wir alle außenherum arbeiten demjenigen zu!

Der Screenshot des YouTube-Channels Vid IQ (wo Tipps zur sinnvollen Video-Erstellung gegeben werden) stellt laut Sara-Lena Probst eine gelungene Channel-Beschreibung dar: https://www.youtube.com/user/vidIQchannel/about
? – Zu guter Letzt: Was kostet deine Unterstützung bei der „digitalen Transformation“?
! – An sich arbeite ich auf Stundenbasis, die je nach Projekt kalkuliert wird. Bei einem langfristigen Projekt kann ich auch Paketpreise anbieten. Das beginnt mit einer kostenlosen Schnupperstunde, um sich kennenzulernen und schaut, ob es passt, dazu die langfristigen Ziele bespricht. Mir ist auch wichtig, das aufzuschreiben, um sich einen Plan zu machen und regelmäßig kommuniziert. Ich bin gerne an einer engmaschigen Zusammenarbeit interessiert.
Generell geht es darum, die Zielsetzung und Content-Strategie herauszuarbeiten – was sind unsere KPI’s [„Key Performance Indicator“, d. Autor], also: Welche Zahlen wollen wir erreichen, wann wollen wir sie erreichen, und wie wollen wir sie erreichen? Dazwischen immer wieder analysieren – wenn etwas nicht funktioniert, ändern wir etwas. Bei vielen steckt der Gedanke des Scheiterns im Kopf. Das gibt es im Internet nicht – dem ist das vollkommen egal. Das Internet denkt nicht in Kategorien wie Anfang, Ende und Scheitern. Wenn ein Video nicht performt hat, sollte man das nicht persönlich nehmen – sondern fragen: „Was können wir beim nächsten Mal besser machen?“
Betreiberin Sara Lena-Probst setzt auf Zielgruppenanalyse sowie die Analyse der eigenen Stärken als Musiker: „Welche Motivation holt dich morgens aus dem Bett?“ (Foto: Sputnik Eins Fotografie)
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