Nicht nur für Cineasten

Der zweite Teil der Evolve Mutations Library von Native Instruments setzt konzeptionell nahtlos am Vorgänger an und trumpft mit zusätzlichen Features auf, die den ohnehin eindrucksvollen Sounds und Loops zu noch mehr Lebendigkeit verhelfen.

Von Georg Berger

Vor knapp einem halben Jahr wartete Native Instruments mit Evolve Mutations auf, einer Library für den Kontakt-Sampler, die in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Soundschmiede Heavyocity entstanden ist, sich primär an Tonschaffende im Film- und Spielebereich wendet und mit bombastischen Sounds und Loops erfolgreich dem Larger-than-Life-Ideal frönt. Offensichtlich hat man damals noch nicht das gesamte Pulver verschossen, denn seit Anfang März ist eine Fortsetzung erhältlich. Das Soundrepertoire des zweiten Teils ist ebenso wie im Vorgänger in vier Hauptkategorien unterteilt und enthält sowohl Drum- und Melodie-/Harmonie-Loops, als auch Flächen- und Effektsounds sowie Instrumenten-Multisamples zum Einspielen eigener Rhythmen und Melodien. Ebenfalls vom Vorgänger übernommen, ist die Effekt-Sektion im Instrumenten-Slot von Kontakt mit fünf wählbaren Algorithmen plus Hoch- und Tiefpassfilter sowie ADSR-Hüllkurve zum Verfeinern der Sounds. Außer einer neu designten Oberfläche der Slots zeigt sich als Highlight im zweiten Teil eine neu hinzugefügte Trigger FX-Page, die wahlweise per Key-Switch oder Klick mit der Maus zusätzlich zwölf weitere musikalisch sehr gut einsetzbare Effekte additiv auf die Sounds zaubert. Außer Filter-Sweeps und Delays finden sich dort unter anderem auch Verzerrer- und Kompressionseffekte zum nachhaltigen Anrauen der Sounds, was einen gehörigen Schub an Dramatik auf die ohnehin eindrucksvoll klingenden Sounds zaubert. Das Klang-Repertoire von Evolve Mutations 2 setzt dabei nahtlos am Vorgänger an und erweitert die Palette um neues frisches Material. Der Grundsound ist hier wie dort eigentümlich frequenzbeschnitten beziehungsweise -korrigiert, bei einer gleichzeitigen Dominanz im Höhenbereich, so dass den Sounds immer etwas Luftiges, bisweilen Zartes anhaftet. Beim Solo-Hören der Sounds entsteht der Eindruck, dass etwas fehlt, was gleichzeitig die Aufmerksamkeit erhöht.

Doch das hat seinen Grund, denn in Arrangements eingesetzt fügen sie sich wie von Zauberhand an die richtigen Stellen im Mix ein, was für das Know-how der Sounddesigner spricht. Selbst deutlich bassbetonte Bombast-Sounds bügeln das Arrangement nicht platt, sie finden ihre Lücken in denen sie ordentlich glänzen. Die Samples selbst bestehen aus teils opulenten Mischungen akustischer und elektronischer Sounds, die noch einmal sehr stark mit Effekten prozessiert und regelrecht verfremdet wurden und bei denen man oftmals nur noch erahnen kann, um welchen Ausgangsklang es sich handelt. Die Sounddesigner scheuen sich dabei auch nicht vor teils exzessivem Einsatz harsch und bissig klingender Effekte, die sämtliche negativen Merkmale digitalen Klangs besitzen, die aber auf ihre Art ästhetisch gefallen. Der Untertitel der Library „Cinematic Sound Design“ gibt zwar die Marschrichtung des Einsatzgebietes vor. Doch gerade die vielen perkussiven Loops und melodisch spielbaren Single-Sounds bieten sich für sämtliche Spielarten von Crossover-Musik härterer Gangart an, sei es Industrial, Nu Metal oder ähnliche Musik, die mit verzerrten Gitarren und teils prominentem Einsatz von Elektronik aufwarten. Beim Hören entdecken wir oftmals Parallelen zur Musik der Nine Inch Nails oder von Gary Numan. Auffällig: Die atmosphärischen Flächen- und Effektsounds warten oftmals mit langem Attack auf, bei dem sich Rauschspektren einblenden, ähnlich wie Windegeräusche und anschließend einen mitunter dramatischen Klangverlauf nehmen. Ganz gleich ob es sich dabei um eher zart und zerbrechlich klingende Soundscapes oder um vordergründigen Bombast handelt, sämtlichen Sounds wohnt immer etwas Beunruhigendes inne, perfekt zur Untermalung filmischer Szenen, bei denen die Dramatik akustisch gesteigert werden soll. Evolve Mutations 2 trumpft dank der Trigger-FX gegenüber seinem Vorgänger noch einmal auf und bietet nicht nur für Filmschaffende eindrucksvoll klingendes Material, um Produktionen mit akustischen Aha-Effekten anzureichern.

Erschienen in Ausgabe 05/2010

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 99 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut