Kurztest: Korg Volca FM
Von Georg Berger
Die beliebte und preisgekrönte Volca-Serie von Korg hat seit Kurzem Zuwachs in Form des rund 200 Euro kostenden Modells Volca FM erhalten. Konzeptionell wandelt der Neuling auf dem gleichen Pfad wie seine Brüder und Schwestern der Serie. Das knapp DIN-A-5-Blatt große Kistchen enthält eine Klangerzeugung plus integriertem Sequenzer und bietet damit sowohl unterwegs – dank eingebautem Lautsprecher –, als natürlich auch auf der Bühne und im Studio eine kompakte Option zum Produzieren von Läufen und Melodien. Neu im Vergleich zu seinen Vorgängern: Zusätzlich steht jetzt auch ein Arpeggiator mit diversen wählbaren Laufrichtungen und Taktrastern zur Verfügung. Damit nicht genug, ist es jetzt auch erstmals möglich per Chain-Funktion mehrere Sequenzen zu verketten und en bloc abzuspielen. Bereits von Vorgängern wie dem Volca Keys bekannt erlaubt der sogenannte „Motion Sequencer“ das Aufzeichnen von Regler-Bewegungen in die Sequenzen, die beim Abspielen von Sequenzen, ganz so wie in einer Mischpultautomation, dynamisch wiedergegeben werden. Im Zentrum der Klangerzeugung – die Bezeichnung des Neulings ist eindeutig – steht dieses Mal die Frequenzmodulation, die seinerzeit mit dem Yamaha DX7 seine Marktreife feierte und bis heute, trotz komplexer Syntheseart, in keinem gut sortierten (elektronischen) Studio fehlt. Die Polyphonie ist zwar nur maximal dreistimmig, aber in Kombination mit dem integrierten Sequenzer reicht das allemal. Genialer Clou und eins der Highlights: Originale Yamaha DX7-Patches, die sich zu Milliarden im Netz tummeln, können via MIDI-Sysex-Transfer über die Fünf-Pol-MIDI-In-Buchse in den Volca FM transferiert werden, denn im Inneren werkelt die gleiche Engine wie im Urvater der FM-Synthesizer. Will heißen, es stehen sechs Operatoren zur Verfügung, die in die gleichen 32 Algorithmen wie der DX7 verschaltet sind. Im Test geschieht der Transfer kinderleicht und mit einem Mal haben wir einen waschechten, original klingenden Mini-DX7 zur Verfügung. Vorteil, Satz und Sieg Volca FM: Die Sound-Patches können sogar per Drehregler dynamisch im Klang geändert werden. Dazu verfügt das Korg-Kistchen über je zwei Attack- und Decay-Regler, die einmal Einfluss auf die Hüllkurven der klangerzeugenden sogenannten „Carrier“-Oszillatoren, zum anderen auf die modulierenden „Modulator“-Oszillatoren nehmen. Ein in Geschwindigkeit und Modulations-Tiefe einstellbarer LFO nimmt zumeist Einfluss auf die Tonhöhe. Durch Drehen des Algorithm-Reglers wechseln wir im Test blitzschnell die Verschaltung der sechs Operatoren und erhalten teils drastische Klangänderungen. Je nach gewähltem Sound führt das Drehen an den Hüllkurven-Reglern hingegen zu eher subtilen, homöopathischen, teils aber ebenfalls zu drastischen Soundwechseln. Wem das in Sachen Sounddesign nicht reichen sollte, kann aber auch in die Tiefen der Klangerzeugung hinabsteigen und gezielt an jedem Operator Einstellungen vornehmen. Das Editieren von Sounds am Gerät mit Hilfe der Edit-Taste, des Velocity/Value-Faders, den Operator-Tasten und dem Program-Regler in Verbindung mit dem LED-Display ist zwar recht schnell verstanden. Doch die Arbeit als solches – Menüpunkt auswählen, Parameter auswählen, Wert ändern, nächsten Menüpunkt auswählen, und so weiter – erinnert uns sogleich an die Horror-Szenarien beim Editieren von Digital-Synthies der 80er- und 90er-Jahre, was nie richtig praktikabel war und weshalb diese Geräte auch entsprechend verhasst waren, respektive nur als Preset-Schleudern eingesetzt wurden. Da drängt sich in Konsequenz der Wunsch nach einem Software-Editor auf, der seitens Korg jedoch nicht angeboten wird. Das macht aber nichts, denn nach kurzer Recherche im Netz sind wir auf die Freeware „DeXed“ gestoßen, die nicht nur eine virtuelle Emulation des DX7, sondern auch ein Sysex-Library-Verwaltungs-Programm in Einem ist. Wer also seine Sounds selbst programmieren möchte, kann dies bequem über diesen Weg realisieren. Wenns aber darum geht, vorausgesetzt man weiß was man tut, rasch und gezielt einen bestimmten Parameter zu ändern, muss Hand an die Hardware legen. Und trotz oder gerade aufgrund der sehr kompakten Dimensionen des Volca FM sind wir sehr beeindruckt von den sich bietenden Einstell-Möglichkeiten. Es bleibt eben nicht aus, via Tastenkombinationen ins Eingemachte einzugreifen.
Das gilt auch für grundlegende Funktionen wie etwa den Stromspar-Modus, das Umschalten des Transpose-Faders von Oktaven auf Halbtöne, das Einstellen des Batterie-Typs und des MIDI-Kanals sowie vieler Optionen für die Synchronisation mit anderen Volcas oder der DAW. Mit Hilfe der Function-Taste in Kombination mit den Folien-Tasten des Keyboards sind rasch weitere Features aktiviert, etwa ein Chorus-Effekt, das An- und Abschalten des Arpeggiators, das Halbieren oder Verdoppeln des Sequenzer-Tempos, das Umschalten des Abspiel-Modus von polyphon auf monophon oder unisono. Hinzu kommen weitere Funktionen, die auf das Programmieren und Abspielen des Sequenzers Einfluss nehmen.
Im Praxistest haben wir den Großteil der sich bietenden Möglichkeiten noch ohne Studium des Handbuchs rasch verinnerlicht. Die vielen Feinheiten im Zusammenhang mit dem Aufzeichnen und Abspielen von Sequenzen werden schließlich nach und nach verinnerlicht. Die Bedienung ist letztlich wirklich kinderleicht. Über den Program-Regler suchen wir uns einen der 32 im Speicher enthaltenen Sounds aus und können ihn auf der Folientastatur nach Herzenslust abspielen. Allerdings sind die Klaviatur-Tasten höchst empfindlich. Es braucht nur ein ganz leichtes Antippen und schon ist der Sound da. In Konsequenz gilt es gerade auch beim akkordischen Spiel mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl zielsicher die richtigen Tasten zu erwischen. Aber so ist uns das immer noch ungleich lieber als völlig unsensible Tasten, die erst nach mehrmaligem, kräftigem Druck reagieren. Der Arpeggiator liefert die üblichen Melodie-Muster, doch meckern müssen wir bei den verfügbaren Taktrastern/Tempi. Zwar ist der Arpeggiator auf das per Regler einstellbare Tempo synchronisiert. Doch irgendwie sind uns die verfügbaren Tempi zu grob ausgefallen. Mal ist uns das Arpeggio zu schnell, mal zu langsam und trotz moderatem Tempo (96 BPM) führt das Einstellen kurzer Taktraster dazu, dass die Melodie einfach viel zu schnell abläuft. In Extremstellungen kommen dabei zwar äußerst reizvoll klingende Soundtexturen heraus, aber so richtig Freude kommt bei uns nicht auf. Bemerkenswert: Der Arpeggiator wird beim Erzeugen von Sequenzen übrigens mit aufgenommen. Das Aufnehmen und Ablegen der maximal 16 Sequenzen ist nach kurzer Einarbeitungszeit ebenfalls ein Klacks. Via Tastenkombination löschen wir zunächst die Sequenz auf dem Speicherplatz, den wir mit einer neuen Sequenz belegen wollen. Anschließend reicht bereits ein Druck auf den Record-Button und das anschließende Spielen auf der Tastatur startet die Aufnahme automatisch. Im Test ist uns das aktivierbare Metronom dabei ein willkommener Helfer. Highlights sind, wie eingangs schon erwähnt, der Motion-Sequenzer, der bis auf wenige Ausnahmen sämtliche Regler-Bewegungen in die Sequenz mit aufzeichnet und dynamisch wiedergibt und die sogenannte Warp active Step-Funktion. Erstgenanntes Feature ist dabei gerade in Verbindung mit dem Velocity-Fader schlichtweg genial, denn viele DX7/Volca-Sounds ändern die Klangfarbe in Abhängigkeit zur Anschlagsdynamik. Da dies über die integrierte Tastatur nicht möglich ist, haben die Entwickler dies über diesen Fader realisiert. Das ist anfangs zwar ungewohnt, aber je öfter wir damit arbeiten, desto mehr gewöhnen wir uns daran und schätzen diese Bedien-Option, mit der wir lebendig klingendes Sounddesign in die Sequenzen bringen. Sehr schön ist auch die Warping-Funktion, die Sequenzen, die nicht bis zum Ende der maximal 16 Steps aufgenommen werden, einfach auf diese Länge dehnen. Dadurch entstehen mitunter reizvolle, um nicht zu sagen überraschende Ergebnisse, die beim Einspielen so nicht beabsichtigt waren. Einzig das eingangs erwähnte Chaining von Sequenzen ist etwas enttäuschend. Die Bedienungsanleitung lässt den Eindruck entstehen, dass es möglich ist, Sequenzen beliebig miteinander zu verknüpfen. Im Test wollen wir daher eine Abfolge der Sequenzen 8, 4, 2, 3, 1 einstellen. Doch davon ist nichts zu hören. Der Volca FM spielt beharrlich nur Sequenz 1 ab. Durch Trial and Error – das Handbuch ist an dem Punkt nicht präzise – finden wir heraus, dass das Chaining nur mit benachbarten Sequenzen möglich ist, also beispielsweise nur Sequenz 2, 3 und 4 oder 6, 7, 8, 9, 10 und so weiter. Wer also mit dieser Funktion arbeiten will, sollte dies beim Aufzeichnen von Sequenzen im Hinterkopf behalten.
Doch insgesamt schmälert das den Spaß beim Testen des Volca FM nur unwesentlich. In Sachen Sound ist nicht viel zu sagen beziehungsweise schon genug gesagt worden, siehe Yamaha DX 7. Glockige E-Pianos, stahlharte Sequenzer-Bässe, metallische Percussion, eigentümlich angezerrte Lead-Sounds und eigenwillige Klangtexturen aus den Anfängen der klassischen elektronischen Musik sind möglich. Im Verbund mit dem Sequenzer kommen alle diese Sounds zu neuen Ehren und sorgen für erfrischende Abwechslung jenseits analoger Sounds. Als Lieferant für Percussion- und Bass-Linien oder als Akkordarbeiter zum Abfeuern grooviger Chord-Progressions sorgt der Korg Volca FM für klangliche Würze, die irgendwie vertraut, aber nach langer Zeit wieder erfrischend neu und lebendig klingen. Dabei hat es Korg einmal mehr drauf, niedlich aussehende Kistchen mit Spielzeug-Flair zu entwickeln, die es aber faustdick hinter den Ohren haben und sich rasch als beinharte Produktions-Tools ohne Wenn und Aber plus hohem Spaß-Faktor entpuppen. Innerhalb der Volca-Serie steht das FM-Modell eher in der Exoten-Ecke. Aber gerade deswegen dürfte er künftig für entsprechendes Aufsehen und Interessenten sorgen.
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