Universal Audio Manley Voxbox UAD-2 Plug-in

Universal Audio erweitert sein Plug-in-Sortiment um eine Emulation des beliebten Channelstrips Voxbox aus dem Hause Manley.

Von Sebastian Lesch

1997 kombinierte der kalifornische Hersteller Manley seinen bewährten Mono Röhren-Mikrofonvorverstärker mit einem optischen Kompressor, einem Pultec-inspirierten Equalizer, einem De-Esser und einem Limiter zu einem opulenten Channelstrip namens Voxbox. Das 19 Zoll-Gerät erfreut sich bis heute einer großen Fangemeinde, denn es eignet sich trotz des Namens bei weitem nicht nur für Vocals. Aufgrund ihrer puristischen und weitestgehend passiven Schaltung gilt die Voxbox als Geheimtipp zur Veredelung unterschiedlichster Signale. Universal Audio hat im August des vergangenen Jahres eine UAD Plug-in-Emulation des beliebten Channelstrips veröffentlicht – inklusive „Unison“-Unterstützung für die Echtzeit-Simulation mit den entsprechend ausgelegten Universal Audio Apollo Interfaces. Das Channelstrip-Plug-in ist für 299 Euro erhältlich und kann außerdem  im Manley Complete Bundle, zusammen mit dem Massive Passive EQ und Variable MU Limiter, für insgesamt 699 Euro erworben werden.

Die Bedienoberfläche gleicht zu großen Teilen der Frontseite des Hardwarevorbilds und beherbergt den Vorverstärker, Kompressor, EQ und De-Esser beziehungsweise Limiter in vier optisch abgegrenzten Bediengruppen. Alle Sektionen außer dem Preamp lassen sich bei Bedarf mittels Bypass-Schalter aus dem Signalfluss nehmen. Des Weiteren ermöglicht ein Drehschalter die Auswahl unterschiedlicher Quellen für das Metering. Die Reihenfolge der Schalterstellungen entspricht dem besonderen Signalfluss der Hardware-Einheit, doch dazu später mehr. Der EQ basiert auf dem passiven Pultec Mittenequalizer MEQ-5. Er bietet drei übergreifende Bänder mit jeweils elf Frequenzschritten: Zwei Peak-Bänder für  Anhebungen im Höhenbereich oberhalb 1,5 kHz  und im Bass- bis Mittenbereich unterhalb einem kHz und sowie ein Dip-Band für Absenkungen zwischen 200 Hz und sieben kHz. Im Vergleich zum Pultec-Vorbild besitzt die Voxbox erweiterte äußere Eckfrequenzen von 20 kHz in den Höhen und 20 Hz in den Bässen. Weitere Besonderheiten sind die feste Ratio des Optokompressors von 3:1 sowie ein Schalter für den Ausgangsübertrager des Channelstrips – das entspricht der Wahl zwischen dem unsymmetrischen und (mittels Übertrager) symmetrischen Ausgang der Hardware und hat eine leicht veränderte Klangtextur zur Folge. Laut Universal Audio sind einige Parameter wie Input-Dämpfung und Kompressions-Schwellenwert dafür konzipiert, nach Gehör bestimmt zu werden. Daher besitzen sie keine dB-Angaben und werden in der DAW mit relativen Werten zwischen null und zehn vertreten.r Signalfluss erscheint auf den ersten Blick ungewöhnlich, denn entgegen der Anordnung auf der Frontplatte beziehungsweise Plug-in-Oberfläche liegt der Kompressor im Signalfluss vor dem Preamp. Das heißt, dass das Rohsignal lediglich gedämpft wird, bevor es in den Kompressor gelangt. So können mit Hilfe des Kompressors Pegelspitzen vor dem Röhrenamp im Zaum gehalten werden, was eine saubere und vor allen Dingen kontrollierte Verstärkung ermöglicht. Der Gain-Schalter kontrolliert den Output des Röhrenvorverstärkers lediglich durch Gegenkopplung und hat neben der Anhebung des Pegels mitunter erhebliche Einwirkung auf die Transienten-Wiedergabe sowie das Clipping- und Obertonverhalten, sprich Röhrensättigung und gegebenenfalls Verzerrung, bei entsprechend geringer Input-Dämpfung. Niedrige Einstellungen bedeuten größere phasengedrehte Rückkopplung und ein dementsprechend leiseres, aber dafür saubereres Signal, während mittlere bis hohe Einstellungen das Signal verstärken und zunehmend Einfluss auf das Klangbild nehmen.

Im Test weiß die Vorverstärker-Sektion in Sound und Handhabung zu überzeugen und erinnert konsequent an den uns vertrauten Manley Mono Microphone Preamp, der als Blaupause für die Vorverstärkung im Voxbox Channelstrip dient. Besonders ab einer Gain-Schalterstellung von 55 dB setzt der Vorverstärker wie zu erwarten einen charaktervollen Klang mit deutlicher Zunahme an Obertönen frei. Aber auch absolut saubere Verstärkung ist mit niedrigeren Gain-Einstellungen möglich. Das feste Kompressionsverhältnis mag auf dem Papier zunächst einschränkend erscheinen, doch im Test bestätigt sich, dass der Parameter sehr musikalisch und angemessen gewählt ist. Bei unserer Probemischung mit Gesang spüren wir zu keinem Zeitpunkt das Bedürfnis, den Ratio-Wert verändern zu wollen. Mit den Attack- und Release-Drehschaltern lassen sich Dynamikanpassungen unterschiedlicher Art realisieren – vom subtilen Reiten der Stimme bis hin zu pumpenden Einstellungen für Effekt-Mics am Schlagzeug. Ein kurzer Exkurs zum hier emulierten Optokompressor: Die Regelung der Kompression geschieht beim Hardwarevorbild durch die Beleuchtung einer Fotozelle, moduliert in Abhängigkeit von der Quellsignalstärke. In der Regel ist die Reaktion des Kompressors dadurch tendenziell träge und nicht ganz linear in ihren Reaktions- und Abklingzeiten, was allerdings maßgeblich zur musikalischen Natur der Kompression beiträgt. Unter Verwendung des EQs offenbart sich die Ergänzung der Frequenzbänder im Vergleich zum MEQ-5 unverhofft deutlich. Es handelt sich eher um einen Full-Range-Equalizer als um einen reinen Mitten-EQ. Eine leichte Verstärkung der „Air“-Frequenzen ab 12 kHz erweist sich im Test als edle Bereicherung, ohne prätentiös oder gar scharf daherzukommen. Mit einem einzigen Senkungsband ist der EQ natürlich nicht dazu gedacht, klinische Feinabstimmungen am Signal durchzuführen. Vielmehr bietet die Sektion Werkzeuge für eine musikalische und, wenn gewünscht, sehr effektive Formung des Grundsounds.

Der De-Esser ermöglicht bei unserer Testaufnahme eine weiche Eindämmung der Problemlaute in den Höhen, auch hier sind die festen Frequenzschritte überaus treffend gewählt. Mit der untersten Stellung von 3 kHz lassen sich zum Beispiel auch schrille Gitarrenanschläge in den Griff kriegen. Der Output-Level-Drehregler dient im Einsatz als nützlicher Make-up-Gain, mit dem sich der Pegel nochmal an letzter Stelle anpassen lässt. Das ergibt bei einem Plug-in Sinn, denn einige Nutzer werden die Voxbox nicht nur mittels Universal Audios Unison-Technologie als Vorverstärker verwenden, sondern auch als DAW-Insert, wobei hier die Option, ohne große Pegelschwankungen vergleichen zu können, sehr erwünscht ist. Insgesamt bietet Universal Audios Manley Voxbox-Emulation eine Klangverarbeitung von ausgesprochen hoher Güte. Die Bedienung reduziert sich auf wenige präzise festgelegte Parameter und belohnt einen vor allen Dingen dann, wenn bereits viel Wert auf Mikrofon-, Raum- und Positionswahl gelegt wurde. Wir empfehlen den Channelstrip besonders für Gesang, Bass und Gitarren. Aber auch als Effekt lässt sich das Plug-in kreativ einsetzen, zum Beispiel für leichte, edle Röhrenverzerrung oder auffällige Kompression mit organischem Charakter.

Stellt sich nur noch die Frage, wie viel Rechenleistung die Plug-in-Emulation der Manley Voxbox benötigt. Der UAD-DSP-Verbrauch pro SHARC-Kern liegt bei einer Samplerate von 44,1 kHz in der Mono-Anwendung bei 46 Prozent. Im Stereo-Betrieb steigt der Verbrauch auf 56 Prozent, folglich kann in dem Fall nur eine Instanz pro Kern verwendet werden. Ein Apollo Twin Duo kann somit insgesamt vier Mono- und zwei Stereo Instanzen berechnen, die Octo-Variante kommt auf 16 Instanzen für Mono- und acht für Stereo-Processing. Echtzeitberechnungen bei der Aufnahme mit Unison-Interfaces im Vergleich zum herkömmlichen Einsatz als Insert erfordern dagegen größere Leistungsreserven, um die Latenzzeiten so gering wie möglich zu halten. Allerdings lässt sich der DSP-Anspruch durch individuelles Abschalten der einzelnen Glieder im Channel-Strip – und Deaktivierung der DSP-Sperre im UAD Meter & Control Panel – eingrenzen.

Fazit

Alle Komponenten der emulierten Voxbox wissen in der Umsetzung qualitativ zu überzeugen und rechtfertigen die hohe Leistungsanforderung und den nicht ganz unbeachtlichen Preis, insbesondere im Blick auf die Echtzeit-Einsatzmöglichkeiten durch die Unison-Unterstützung in Interaktion mit einem Universal Audio Apollo-Interface.