Von Sylvie Frei

Mit dem Kontakt-Instrument Una Corda (italienisch für „eine Saite“) – einsetzbar sowohl mit dem kostenlosen Native Instruments Kontakt 5 Player, als auch der Kontakt 5-Vollversion – hat Native Instruments einmal mehr ein interessantes Tasteninstrument virtualisiert, das unterschiedlichste Musikproduktionen und Filmscores mit seinen wandelbaren Klangcharakteristika bereichern kann. Una Corda basiert auf einem speziellen von Klavierbauer David Klavins entwickeltes Pianoforte in einer offener Bauweise mit wenig resonierendem Korpus, das bewusst mit nur einer einzelnen Seite pro Taste ausgestattet ist (gewöhnliche Flügel und Klaviere arbeiten hingegen je nach Lage mit zwei- bis dreisaitigen sogenannten Saitenchören, die mit nur einer Taste angeschlagen werden). Für das Sampling wurde das innovative Instrument, das einen klaren, warmen und schwebenden Klang besitzt, in Zusammenarbeit mit Musiker, Komponist und Produzent Nils Frahm außerdem nach allen Regeln der Kunst präpariert. Zum Einsatz kamen unterschiedlichste Textilien und Stoffe, mit denen die Hämmer und Saiten versehen wurden. Ziel war hierbei nicht die Dämpfung, sondern das Erzeugen von perkussiven und geräuschhaften Texturen samt deren charakteristischen Obertönen. In dem von Uli Baronowsky und Galaxy Instruments erstellten Kontakt Instrument finden sich drei nki.-Instrumentenpresets: Una Corda Pure, Una Corda Felt und Una Corda Cotton. Wären „Pure“ den reinen, unpräparierten Klang des Una Corda wiedergibt, der sich als ein sehr reiner, weicher, schwebender und moderner Klavierklang beschreiben lässt, stellten „Felt“ und „Cotton“ die mit Filz und Baumwolle präparierten Sampling-Varianten dar. „Felt“ besitzt einen klaren, glockigen E-Piano-artigen Sound mit einem winzigen Schuss Cembalo-Ästhetik. „Cotton“ zeigt sich deutlich geräuschhafter und percussiver, erinnert indes ebenfalls an eine Eigentümliche Mischung aus E-Piano- und Cembalo-Sound. Ausgehend von diesen drei frisch und innovativ klingenden außergewöhnlichen Piano-Sounds kann nun der Nutzer nach Belieben unterschiedlichste Klangparameter, Geräuschkulissen und Effekte beeinflussen und dabei selbst zum Sounddesigner werden. Zur Auswahl stehen neben Klangfarbe, dynamischem Umfang und Räumlichkeit, der Anteil von Obertönen, das Rückwärts-Abspielen des angeschlagenen Tons, das Resonanzverhalten, die Art des Stoffes, der bei dem Präparieren der Seiten und Hämmer eingesetzt wird (zur Auswahl stehen, neben Filz und Baumwolle, Seide, Vorhangstoff, Leder und Kunstleder), die Art des Raumes und der Anteil des Raumklangs, wie viel Nebengeräusche vom Pianisten hörbar werden, wie viel mechanische Geräusche und wie viel Pedal-Geräusche zu hören sind. Außerdem lässt sich Einfluss auf die Anschlagdynamik, das Attack- und Release-Verhalten, die Stimmung und die Obertöne nehmen. Als Effekte stehen außerdem noch ein Drei-Band-Equalizer, ein Transienten-Shaper, ein Panning-Tool, ein Kompressor, der unter anderem auch mit Tape-Kompression arbeiten kann, unterschiedlichste Vintage-Effektgeräte (Delay, Reverb, etc.) und Bandsimulationen bereit, die sich für eine noch vielfältige Soundgestaltung nutzen lassen. So kann der Nutzer nach Lust und Laune verfremden, Wärme oder Patina hinzufügen, einen Vintage-Sound kreieren, bewusst Noise erzeugen und vieles mehr, um sich einen immer wieder neuen und interessanten Piano-Sound zu kreieren. Besonders die perkussiven, geräuschhaften und mechanischen Klangelemente (Quietschen, Knarren, Poltern, Pochen, Reiben, Wischen, Knarzen), machen das grundsätzlich weiche und angenehme Piano zu einem vielseitigen präparierten Instrument, das sowohl im Soloeinsatz für Ambient- und Filmmusikkulissen, als auch als charakterlich prägendes Instrument im Band oder Orchesterkontext, oder beispielsweise auch als Alternative zum E-Piano mit historischem Touch glänzen kann. Die zahlreichen Einflussmöglichkeiten auf den Sound ermöglichen es außerdem das expressiv spielbare Instrument ganz nach Gusto bereits innerhalb von Kontakt zu bearbeiten, sodass in der DAW lediglich in die gewünschte Instrumentenspur eingefügt werden muss. Una Corda ist für einen UVP von 149 Euro im Webshop von Native Instruments als Download erhältlich und benötigt auf der Festplatte etwa zehn Gigabyte Speicherplatz.

Erschienen in Ausgabe 02/16

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 237
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut