Sennheiser MK4 digital
Sennheiser hat in Zusammenarbeit mit den Wandlerspezialisten von Apogee sein erstes digitales USB/Lightning-Mikrofon geschaffen. Wir haben getestet, ob das MK4 digital klanglich neue Maßstäbe setzen kann.
Von Freda Ressel
Was kommt dabei heraus, wenn man die bewährte Qualität von Sennheisers MK4 Großmembran-Kondensatormikrofon (Test in Professional audio 7/2011) mit dem Know-how des Herstellers Apogee kombiniert, der vornehmlich für die Entwicklung von Wandlern, Interfaces und Preamps für Apple-Geräte verantwortlich ist? Die Antwort auf diese Frage ist das neue USB/Lightning-Mikrofon Sennheiser MK4 digital – seines Zeichens ein Großmembran-Kondensatormikrofon mit integriertem Preamp und Wandler, das mit einem USB-Kabel direkt per Plug&Play an einen Windows- oder Mac-Computer angeschlossen wird. Alternativ kann das Mic auch mittels Lightningkabel mit einem iOS-Gerät interagieren. Preislich liegt es mit einem UVP von 475 Euro etwas mehr als hundert Euro über der analogen Ausführung des MK4 mit normalem XLR-Anschluss. Doch da man sich bei dieser Variante Preamp und Wandler, respektive das Interface sparen kann, ist das ein echtes Schnäppchen. Das MK4 digital eignet sich für alle mobile Aufnahmesituationen, bei denen eine Mono-Nah-Abnahme mit Nierencharakteristik gefragt ist. Laut Hersteller eignet sich das MK4 digital für jeden Signaltyp, ganz egal, ob Sänger, akustische Instrumente oder etwa Gitarrenverstärker. Außerdem eignet es sich für Sprachaufnahmen wie Podcasts oder die Nachvertonung von Videos. Das Mikrofon-Interface kann mit einer Auflösung von bis zu 96 kHz bei 24 Bit arbeiten.
Das Äußere
Das MK4 digital gleicht seinem analogen Bruder wie ein Ei dem anderen. Seine aufrecht stehend verbaute, goldbeschichtete Membran misst 25 Millimetern im Durchmesser und operiert in Nierencharakteristik. Die Membran ist elastisch gelagert, um eventuellem Trittschall entgegenzuwirken. Das Nierensymbol und die geschwungene Aussparung am Gehäuse kennzeichnen die Einsprechrichtung. Das Metal-Gehäuse mit dem schwarzen Schutzkorb misst 160 Millimeter in der Länge und 57 Millimeter im Durchmesser, was exakt den Maßen des MK 4 entspricht. Mit 485 Gramm liegt es etwa im mittleren Durchschnitt seiner Gattung. Am unteren Ende des Gehäuses verfügt es über ein eingefrästes Metallgewinde, mit dem es fest mit der mitgelieferten Halterung verschraubt wird, welche sich problemlos an Tisch-oder Mikrofonstativen befestigen lässt. An der Unterseite des Mikrofons befindet sich der proprietäre, Apogee-typische 8-Pin-Hirose-Ausgang, an den wahlweise das mitgelieferte USB- oder Lightningkabel angeschlossen wird. Über dieses geht das gewandelte und vorverstärkte Signal in den angeschlossenen Computer beziehungsweise das iOS-Gerät. Gleichzeitig wird das Mikrofon so via Bus-Power mit Strom versorgt.
Aufnahmepraxis
Einstellmöglichkeiten am Mikrofon selbst gibt es nicht, es ist sehr spartanisch ausgestattet und lässt von sich aus keine Anpassung zu. Die Aussteuerung muss folglich über das Aufnahmeprogramm vorgenommen werden. An Mac und PC können alle gängigen DAWs problemlos verwendet werden. Für iOS-Geräte empfiehlt der Hersteller die Apogee-Apps Maestro für das Monitoring und MetaRecorder für die Aufnahme. Im Test zeigte sich jedoch, dass auch andere Aufnahmeapplikationen wie die Garage Band-App problemlos mit dem MK4 digital interagieren. In allen Fällen erkennt das Programm entweder direkt das Mikrofon als Input-Quelle, oder es kann in Einzelfällen ohne Aufwand manuell angewählt werden.
Direct-Monitoring ist nur über den Stereoausgang des Computers beziehungsweise Mobilgeräts möglich, was eine gewisse Latenz mit sich bringt, allerdings fiel diese in unserem Test so gering aus, dass sie für unsere Aufnahmen kein Problem darstellte. Selbst zweite und dritte Gesangsstimmen ließen sich passgenau und frustrationsfrei aufnehmen. Bei iOS-Geräten können zum Monitoring ausschließlich Kopfhörer angeschlossen werden, da es bei der Nutzung der Gerätelautsprecher zu Rückkopplungen kommen kann. Beim Anschluss an einen Computer empfiehlt Sennheiser als Alternative zum Kopfhörer-Monitoring den Einsatz von Monitoring-Lautsprechern, die im Bereich der geringsten Empfindlichkeit des Mikrofons – also dahinter – aufgestellt werden.
Für unseren Test befestigten wir das MK4 digital mit der mitgelieferten Klemme an unseren Mikroständer und machten zunächst einige Akustikgitarren-Aufnahmen über einen Mac mini und ein iPhone 5s. In beiden Fällen lief die Aufnahme absolut problemlos, da sowohl Mac mini als auch das Handy auf einem Tisch lagen. Als wir Gesangsaufnahmen im Stehen aufnehmen wollten, fiel der Nachteil der mitgelieferten Kabel auf: mit 100 Zentimetern (USB) und 95 Zentimetern (Lightning) sind diese schlicht zu kurz, um den Mikrofonständer für eine stehende Position auszurichten. Der angeschlossene Computer müsste auf einem Tisch direkt neben dem Mikrofonständer positioniert werden, was in unserem Falle nicht möglich ist. Für eine solche Anwendung muss ein längeres Kabel erworben werden, das Sennheiser leider nicht anbietet. Über den Apogee-Shop lassen sich jedoch längere Kabel bestellen, die allerdings mit etwa 37 Euro für die Lightning- und 23 Euro für die USB-Variante mit drei Metern Länge nicht sehr günstig sind.
Notgedrungen nahmen wir mehrere Gesangsspuren im Sitzen auf. Zusätzlich ergänzten wir unsere Aufnahme noch mit Akustikbass und Maracas, um die Eignung für Percussionaufnahmen zu testen. Zum Schluss fügten wir noch einige Sprachaufnahmen hinzu.
Die Klangqualität begeisterte uns sofort. Es ist absolut kein Rauschen wahrzunehmen, die Aufnahmen klingen, ähnlich wie beim MK4, sehr akkurat und organisch. Das Klangbild wird vor allem durch die feinen, seidigen Höhen und klaren, frischen Mitten dominiert, doch auch Bassaufnahmen klingen ordentlich, wenn auch vergleichsweise zurückhaltend. Akustikgitarren strahlen, sowohl nah am Mikrofon als auch in etwas größerer Entfernung gespielt. Auch die Percussionspur klingt klar und ohne jegliche Verwaschungen. Während bei etwas Entfernung vom Mikrofon Gesangsaufnahmen elegant und natürlich klingen, bekommen sie bei näherer Position durch den ausgeprägten Nahbesprechungseffekt einen ordentlichen Schub in den Tiefmitten und bilden selbst feinste Nuancen eines etwas kratzigen Timbres ab. Das hat eine sehr intime Wirkung, die uns gut gefällt. Bei den Sprachaufnahmen kommt der bewusst eingesetzte Nahbesprechungseffekt ebenfalls gut zur Geltung und beweist, dass er nicht zulasten der Verständlichkeit geht. Artikulationsgeräusche sind bei nahem Einsatz hörbar, aber nicht im irritierenden Ausmaß. Im Gegenteil: Sie verleihen der Stimme noch mehr Natürlichkeit und Charakter. Atemgeräusche sind hingegen kaum wahrzunehmen. Für den Außeneinsatz bei Wind ist ein Windschutz separat erhältlich und an einem stürmischen Tag definitiv zu empfehlen.
Fazit
Das Sennheiser MK4 digital vereint die Stärken des bewährten MK4 mit der Flexibilität einer Mobillösung und zeigt sich als optimales Werkzeug für Aufnahmen unterwegs oder am Computer ohne zusätzliches Interface. Egal ob Podcaster oder Musiker: Für schnelle Aufnahmen mit hervorragendem Klang ist dieses Mikrofon eine sehr unkomplizierte Lösung.
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