Technics EAH-T700
Der EAH-T700 ist der erste Kopfhörer aus dem Hause Technics seit dem großen Relaunch. Das geschlossene Hi-Fi-Modell hat es technisch wie klanglich in sich und setzt ein überdeutliches „Wir sind wieder da!“-Signal.
Von Freda Ressel
Technics arbeitet seit dem Relaunch im Jahr 2014, als Panasonic bei der IFA die triumphale Rückkehr seiner etwas vernachlässigten Tochter verkündete, hart daran, sich als Hi-Fi-Marke der Spitzenklasse auf dem Markt zu re-etablieren. Nach gleich zwei Hi-Fi-Serien (Reference Class R1 und Premium Class C700) und einem kompakten All-in-One System (Ottava SC C500) sowie der Jubiläums-Luxusauflage des legendären SL-1200 Plattenspielers legen sie nun ein neues Kopfhörer-Flaggschiff vor. Der EAH-T700 wurde vom Hersteller besonders für den Musikgenuss zu Hause, wie auch unterwegs mit dem Digital Audio Player oder Mobilgerät vorgesehen – aber wir wollen uns im Test natürlich von seiner Eignung für den professionellen Gebrauch überzeugen. Das gehobene Modell schlägt dafür mit einem UVP von 1.200 Euro zu Buche.
Innovatives Treibersystem
Als geschlossener ohrumschließender Kopfhörer besitzt der EAH-T700 ein unkonventionelles Zwei-Wege-System, das ein besonders breites Klangspektrum abdecken möchte: Dazu zählen ein dynamischer 50 mm-Breitbandtreiber, welcher den Großteil des Frequenzspektrums übernimmt, während ein zusätzlicher 14 mm Super-Hochtöner die höchsten Frequenzen bis auf eine schwindelerregende Höhe von 100 kHz übernehmen soll (Wo genau die Übernahmefrequenz für den Superhochtöner liegt, konnte uns der Support nicht beantworten. Gemeinhin sind etwa 10 kHz üblich.). Zwar befinden sich Frequenzen oberhalb 20 kHz nicht mehr im direkt hörbaren Bereich, doch begünstigt eine sehr hoch reichende Übertragung eine besonders differenzierte Darstellung der Transienten und damit indirekt eine verbesserte Wahrnehmung der Signalanteile im hörbaren Bereich. Werfen wir einen Blick in das Innere der Ohrmuschel, schillert dort, gut sichtbar durch das feinmaschige Nylon-Schutznetz, die leichte Mehrschichtfolienmembran des Breitband-Treibers, die eine saubere, resonanzfreie Wiedergabe verspricht. Auch der Super-Hochtöner mit seiner leichten Aluminiummembran ist gut zu erkennen. Er ist in einer angewinkelt Anordnung zum dynamischen Breitband-Treiber installiert, was laut Hersteller Interferenzen zwischen den beiden Kanälen verringern soll. Der im Messlabor ermittelte Wirkungsgrad des EAH-T700 zeigt sehr ordentliche 116 dB(A) – am Vorverstärker sollte also mit großer Vorsicht aufgedreht werden, sonst bläst sich der Hörer versehentlich die Ohren weg. Mit einer gemessenen Eingangsimpedanz von 30 Ohm, was mit einer Abweichung von 2 Ohm im Vergleich zum Herstellerwert in Ordnung geht, qualifiziert sich der EAH-T700 auch für den Mobileinsatz Smartphone oder Digital Audio Player.
Wertiges Äußeres
Auch die wertige Verarbeitung des Kopfhörers macht im Test sofort einen positiven Eindruck. Die aus einem Stück gefertigten Ohrmuscheln, der mit einem weichen Lederpolster überzogene Kopfbügel und der Verstell-Mechanismus sind aus Aluminium gefertigt. Zusätzlich ist der Kopfhörer teilweise mit einer Aluminiumknetlegierung beschichtet, wie sie unter anderem beim Flugzeugbau verwendet wird. Die Beschichtung soll für eine erhöhte Stabilität und Vibrationsarmut sorgen.
Hoher Tragekomfort
Der Kopfhörer ist nicht nur vertikal, sondern auch horizontal durch einen Schiebemechanismus einstellbar und kann so besonders gut an die Kopfform angepasst werden. Die Ohrmuscheln sind um 90 Grad schwenkbar, was das Aufsetzen und Abnehmen besonders angenehm gestaltet – für das Ein-Ohr-Monitoring ist der EAH-T700 indes nicht ausgelegt. Ohr- und Kopfpolster sind aus feinem Leder gefertigt und passen sich sehr angenehm an den Kopf an. Mit einem Gewicht von 470 Gramm (ohne Kabel) ist der Kopfhörer zwar ordentlich schwer, trägt sich aber dank der guten Polsterung auch bei langen Hörsessions angenehm, ohne Hitzestau und ohne zu drücken. Der Sitz ist absolut stabil, die Isolation gegenüber Außengeräuschen tadellos.
Lieferumfang
Im Lieferumfang enthalten sind zwei gerade Kabel, ein 3 m-Stereo-Miniklinkenkabel mit geradem Stecker und eines für den mobilen Gebrauch mit 1,2 m Länge und L-förmigem Stecker (jeweils vergoldet) enthalten. Hinzu kommen ein vergoldeter 6,3 mm-Steckeradapter sowie ein Aufbewahrungsbeutel aus Kunstleder. Die Kabel sind beidseitig geführt und abnehmbar. Für eine optimale Kabelverbindung sorgen die per Schraubverschluss verriegelbaren Stecker. Klein aufgedruckt an der Bügelinnenseite befindet sich die Kennzeichnung für die Kopfhörerseiten.
Charaktervoller Klang
Der Hörtest erfolgte mit dem Violectric- Kopfhörerverstärker HPAV2 81 (getestet in Professional audio 7/2015) und unterschiedliche Zuspieler über unseren Mytek 8X192 ADDA-Wandler. Tatsächlich bringt der Technics-Kopfhörer einiges an Power mit – der Preamp darf auf Ideallast arbeiten. Was wir hören, gefällt uns zunächst sehr gut: Der Grundklang des Kopfhörers ist vergleichsweise offen, präsent, klar und analytisch. Eine eindrucksvolle Räumlichkeit in der Breite, aber vor allem in der Tiefe, eine sehr feine Auflösung und ein bemerkenswert schnelles Impulsverhalten sorgen dafür, dass man selbst bei hundertfach gehörten Stücken neue Details und Aspekte enttarnt. Ob nun die Körperlichkeit gezupfter Gitarrensaiten oder zarteste Gesangs-Overdubs: Dieser Kopfhörer präsentiert die Details akribisch auf dem Silbertablett. Ein Beispiel: Der Steven Wilson-Titel „3 Years Older“ zeigt, dass gerade bei einer anspruchsvollen Aufnahme, bei der wir mit keinen Überraschungen mehr gerechnet haben, noch einiges zu Tage gefördert wird.
Allerdings ist der Frequenzgang des EAH-T700 alles andere als neutral. Je nach Produktion gewinnt oder verliert die Aufnahme, was vor allem aufgrund der nur wenig konsistenten Mittenwiedergabe des Kopfhörers geschieht. So büßt eine Aufnahme mit voluminös-tragenden Streicherpads in den Tiefmitten an Druck und Plastizität ein, wobei eine Aufnahme mit dominanten Signalen im Bass- und im Diskant-Bereich gefühlt mehr Volumen in den oberen Mitten und an Dimension gewinnt. Bei sehr ausgewogenen Aufnahmen klingen indes die höheren Mitten teilweise überpräsent, was bei höheren Lautstärken anstrengend werden kann. Während mittlere Gesangsstimmen dadurch angenehm klar klingen, rücken gerade Holzbläser wie Klarinetten und Saxophone etwas zu stark in den Vordergrund. Der Bass des EAH-T700 ist dezent, aber präzise, straff und trotz merklichem Abfall vergleichsweise tiefgängig. Die Höhen klingen angenehm klar, silbrig und sehr offen, ohne überrepräsentiert zu sein. Darüber hinaus versieht der EAH-T700 das Hörmaterial mit einem durchaus schmeichelhaften, aber auffälligen leicht metallischen Hauch, der selbst räumlich sehr trockenen Aufnahmen wie dem Getz/Gilberto-Titel „Girl from Ipanema“ einen minimal glänzenden Charakter verleiht. Im direkten Vergleich mit unserer Referenz, dem Magnetostaten Audeze LCD-X, klingt der EAH-T700 deutlich präsenter, aber auch weit weniger neutral und ausgewogen. Was die Auflösung und das Detailreichtum angeht, kann der Technics hingegen gegenüber dem Audeze punkten.
Einsatzempfehlung
Als Arbeitswerkzeug eignet sich der EAH-T700 am Ehesten für das Monitoring. Wer mit seinen charakterlichen Eigenheiten zurechtkommt, kann ihn auch für das Editing und Mixing, jedoch nicht für das Mastering einsetzen – dafür fehlt es ihm an Neutralität. Seine Stärke ist ganz klar das genussvolle Hören von Musik im heimischen Hörtempel oder unterwegs.
Fazit
Insgesamt zeigt sich der EAH-T700 im Test als deutlich färbendes, doch in vielen Eigenschaften exzellentes Hörinstrument. Damit beweist Hersteller Technics, dass er sich auch nach dem Relaunch wieder zu den Großen zählen darf.
Erschienen in der Ausgabe 09/2016
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