Edelpolitur

Bislang war der Hersteller Miktek ausschließlich auf den Bau von Mikrofonen spezialisiert. Doch nun schlägt er neue Pfade ein und feiert mit dem Vintage-inspirierten MPA-201 seine Premiere im Preamp-Sektor. 

Von Sylvie Frei

Der aus Nashville stammende Mikrofon-Hersteller Miktek ist in der Professional audio-Redaktion kein Unbekannter. Schließlich steht sein Name für eine vielfältige Palette von unterschiedlichen Mikrofontypen. Zwei seiner klangvollen Schallwandler haben sich in der Vergangenheit bereits bei uns zum Test eingefunden – namentlich das Kleinmembran-Mikrofon C5P (Ausgabe 9/2011) und das Röhren-Großmembran-Mikrofon CV4 (Ausgabe 3/2012). In dieser Ausgabe haben wir anstatt eines weiteren Mikrofons eine echte Premiere bei uns zu Gast: Den MPA-201, seines Zeichens erster und bislang einziger Mikrofonvorverstärker von Miktek.

Anders als es der opulente Vintage-Look mit den zwei auffälligen VU-Metern auf der Frontplatte mutmaßen lässt, ist der MPA-201 allerdings kein Nachfahre eines historischen Röhrengeräts. Tatsächlich handelt es sich um einen modernen, zweikanaligen Transistor-Vorverstärker in diskretem Class-A-Schaltungsdesign. Der MPA-201 soll sich außerdem keinesfalls stark klangfärbend bemerkbar machen, sondern einem überaus transparenten Klangideal verpflichtet sein. Mit einem durchaus gehobenen Preis von rund 1.800 Euro bewegt sich der Preamp im gleichen Preissegment wie unsere Vorverstärker-Referenz, der Lakepeople F355.

Außer dem Anschluss von Mikrofonen, erlaubt der MPA-201 auch das Einspeisen von Line- und Instrumenten-Signalen, was ihn vielfältig einsetzbar macht. Eingangsseitig stehen pro Kanal eine XLR-Buchse für Mikrofon-Signale und ein umschaltbarer 6,3 mm-Klinken-Anschluss für Instrumenten- und Line-Signale bereit. Die Eingangssektion des MPA-201 ist mit Phantomspannung, variablem Hochpassfilter und Phasenumkehr standesgemäß ausgestattet. Auf eine Vordämpfung hat der Hersteller jedoch verzichtet. Ausgangsseitig steht pro Kanal je ein XLR-Anschluss zur Verfügung.

Besonderheit: Trotz insgesamt moderner Ausstattung verfügt der Preamp über zwei Optionen, die in Richtung Vintage schielen. So besitzt der MPA-201 zum einen eine verstellbare Eingangsimpedanz für unterschiedliche Mikrofontypen, die sich außerdem – falls der Klang einmal nicht ganz so transparent sein soll – zur kreativen Klangbeeinflussung eignen soll. Zum anderen soll die sogenannte „Smooth“-Taste weitere Klangveränderungen erlauben – doch zu beidem an späterer Stelle mehr.

Im Inneren des diskret aufgebauten Class-A-Transistor-Preamps werkeln laut Hersteller sechs maßgeschneiderte Miktek-Übertrager, die einen qualitativ hochwertigen Sound beisteuern sollen. Durch welche konkreten klanglichen Eigenschaften sich dieser auszeichnet, werden wir im Praxistest herausfinden.

 

Doch werfen wir zunächst einen Blick auf das Äußere unseres Testkandidaten.
Der MPA-201 besitzt ein solides Stahl-Gehäuse mit silberfarbener Aluminium-Frontplatte. Die geschmackvoll gestaltete Front wird von zwei schmucken, orange beleuchteten VU-Metern, metallenen Drehreglern und bunt leuchtenden Kunststoffschaltern bestimmt. Der Preamp ist ein 19 Zoll-Gerät, das in einem Studio-Rack zwei Höheneinheiten einnimmt, und rund sieben Kilogramm wiegt. Mithilfe der mitgelieferten Gummi-Füße kann der MPA-201 auch alternativ auf dem Desktop positioniert werden. Das edle Stück Technik muss sich also nicht zwangsweise im Rack verstecken.

Das Gehäuse des Preamps ist rundum gut verarbeitet. Die auf der Rückseite verorteten XLR-Ein- und Ausgänge sind separat mit dem Gehäuse verschraubt. Auch die Schalter fassen sich widerstandfähig und wertig an. Auf der Gerätefront sind für jeden der beiden Kanäle ein umschaltbarer Klinken-Eingang für Instrumenten- und Line-Signale vorgesehen. Hinzu kommen je zwei Drehschalter für die Eingangsverstärkung und die Eingangsimpedanz (300, 600 und 1.200 Ohm) sowie je zwei Drehregler zur stufenlosen Einstellen der Grenzfrequenz des Hochpassfilters (18 – 300 Hertz) und der Ausgangslautstärke. Außerdem finden sich dort jeweils fünf bunt beleuchtete Druckschalter, die sämtliche verfügbaren Eingangsfeatures zuschalten lassen. Ein sechster Schalter lässt das VU-Meter entweder die Eingangsverstärkung oder die Ausgangs-Lautstärke anzeigen.

Die VU-Meter selbst verfügen über eine feine Dezibel-Skala. Als zusätzliche Anzeige besitzt der Preamp je drei über den VU-Metern verbaute LEDs – eine grüne, eine orange und eine rote. Während die grüne eine Eingangsverstärkung von minus sechs Dezibel und die orange von minus drei Dezibel anzeigen soll, warnt die rote LED vor Übersteuerung.

Die Kombination aus VU-Meter und LEDs ist eigentlich eine sinnige Idee. Während das VU-Meter sich tendenziell eher träge verhält, können LEDs auch auf kurze, schnell wieder abebbende Pegelspitzen reagieren, die das VU-Meter nicht erfassen kann. In der Praxis gestaltet sich das Einstellen der Eingangsverstärkung allerdings nicht ganz so problemlos wie erhofft, da die LEDs deutlich zu früh aufleuchten. So zeigt die rote LED bereits eine Übersteuerung an, wenn noch lange keine vorliegt. Unsere Signale kommen trotzdem zu niedrig ausgesteuert in der DAW an. Das VU-Meter macht hingegen realistische Pegel-Angaben. Es ist allerdings tatsächlich so träge, dass nur wirklich lange Töne überhaupt dargestellt werden. Im Test fällt es schwer, die rote LED zu ignorieren, doch für eine optimale Aussteuerung müssen wir uns an das VU-Meter halten.

An dieser Stelle sollte der Hersteller unbedingt nachbessern und die LED-Anzeige genauer eichen. Vor versehentlicher Übersteuerung muss sich der Nutzer so allerdings nicht fürchten.

 

Doch kommen wir als nächstes zu den Besonderheiten des MPA-201.

Zuerst wäre da die in drei Stufen anpassbare Eingangsimpedanz. Um diese Funktion beurteilen zu können, sollten wir zunächst ein paar technische Grundlagen rekapitulieren: Laut Faustformel sollte die Eingangsimpedanz eines Preamps immer mindestens fünfmal so hoch wie die Ausgangsimpedanz des verwendeten Mikrofons sein. Letztere beträgt – je nach Modell – etwa 35 bis 200 Ohm. Eine für die meisten Mikrofone passende Eingangsimpedanz am Preamp sollte also mindestens 1.000 Ohm betragen. Das wäre mit der höchsten Stufe am MPA-201, 1.200 Ohm, gegeben. Die 300 und 600 Ohm stehen laut Hersteller für historische Mikrofone mit besonders niedriger Ausgangsimpedanz und passive Bändchen-Mikrofone zur Verfügung. Letztere besitzen eine von sich aus extrem niedrige, jedoch mit Hilfe ihres Ausgangsübertragers künstlich erhöhte Ausgangsimpedanz, die stark frequenzabhängig ist und sehr deutlich von der Eingangsimpedanz des Preamps beeinflusst wird. Um für derartige Mikrofone auch Impedanzen bereit zu stellen, die nur rund fünf- oder zehnmal und nicht gleich dreißigmal so hoch sind wie deren Ausgangsimpedanz, stehen die beiden niedrigeren Impedanz-Werte zur Auswahl.

Allgemein gilt: Höhere Eingangsimpedanzen am Preamp führen zu einem höheren Gesamtpegel, einem gleichmäßigeren Frequenzgang im Bass- und Mittenbereich und einer Betonung der hohen Frequenzen – niedrigere Eingangsimpedanzen reduzieren den Gesamtpegel und betonen die tiefen und mittleren Frequenzen sowie die Resonanzpunkte des Mikrofons. Daher lassen sich bewusst „falsche“ Eingangsimpedanz-Werte am Preamp mitunter auch zur Klangfärbung einsetzen.

Die zweite Besonderheit am MPA-201 ist der sogenannte Smooth-Schalter. Um diese Funktion zu erklären, führt der Hersteller im Handbuch frei übersetzt folgendes auf: „Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre haben Toningenieure damit angefangen, Module aus ihren großen Lieblingskonsolen zu entnehmen und separat zu verwenden. Viele Preamps wurden so aus ihrem ursprünglichen Rahmen entfernt. Ihr Abschlusswiderstand verblieb jedoch an der Patchbay der Konsole. Ohne diesen begannen die Übertrager der Preamps auf einmal zu schwingen oder den Klang zu sättigen, wenn sie mit Breitbandsignalen mit hohem Schalldruckpegel gefahren wurden. Dieser Effekt wurde für viele Signaltypen als klangliche Bereicherung empfunden.“

Aus diesem Grund soll der MPA-201 ohne aktiven Smooth-Schalter wie ein aus der Konsole entnommener Preamp klingen. Wird der Smooth-Schalter gedrückt, wird der Klang wieder von einem Abschlusswiderstand gezügelt. Inwiefern sich die unterschiedlichen Einstellungen klanglich bemerkbar machen, werden wir nachhören.

 

Doch zuvor entführen wir den MPA-201 ins Messlabor, wo er gegen die hervorragenden Werte unserer Lakepeople F355-Referenz antreten muss.

Mit einer Empfindlichkeit von rund -59 Dezibel am Mikrofon-Eingang ist der MPA-201 fast gleichauf mit der Referenz, die rund -61 Dezibel zu bieten hat. Die rund -28 Dezibel am Line-Eingang und die rund -35 Dezibel am Instrumenten-Eingang sind ebenfalls ordentliche Werte. Mit überragend guten 89 Dezibel an Verstärkungsleistung überrundet der MPA-201 sogar die Referenz, die sehr gute rund 85 Dezibel aufbringen kann.

Auch die Geräusch- und Fremdspannungswerte, die beim MPA-201 je nach Signal zwischen 81 (Instr.) und 85 (Mic) sowie zwischen 75 (Instr.) und 81 Dezibel (Mic) liegen, sind sehr gut – allerdings kann die Referenz am Mikrofoneingang mit einem jeweils rund fünf Dezibel niedrigeren Wert auftrumpfen. Die FFT-Spektren für alle drei Eingangstypen zeigen allesamt niedrige Noisefloors von -90 (Mic) und -100 (Instr./Line) Dezibel. Kleinere Überschreitungen finden sich bei allen Kurven auf einer Höhe von 50 Hertz und drei Kilohertz, am Line- und Instrumenten-Ausgang außerdem bei 150 und 250 Hertz, doch selbst die höchste von ihnen erreicht gerade einmal die -78-Dezibel-Marke und fällt damit klanglich nicht ins Gewicht.

Der Klirrfaktor liegt am Mic- und Line-Eingang zumeist unterhalb sehr guter 0,01 Prozent, er steigt jedoch unterhalb von 500 Hertz deutlich an und erreicht auf einer Höhe von 20 Hertz einen Wert von rund 0,5 beziehungsweise 0,2 Prozent. Der Klirrfaktor des Instrumentensignals bleibt oberhalb von 70 Hertz unter sehr guten rund 0,05 Prozent, unterhalb davon steigt er jedoch auch auf maximal 0,5 Prozent an. Werte von 0,5 Prozent sind vergleichsweise hoch, doch derart tief im Bassbereich noch lange nicht wahrnehmbar. Dennoch hätten wir bei einem vergleichsweise hochpreisigen Gerät wie den MPA-201 bessere Werte erwartet. Die Referenz kann schließlich mit durchgehend hervorragenden 0,005 Prozent aufwarten.

Ähnlich sieht es bei den Werten für die Gleichtaktunterdrückung aus. Die Kurve des Mic-Eingangs startet bei 20 Hertz mit sehr guten rund -90 Dezibel, sie steigt allerdings linear bis auf -37 Dezibel auf einer Höhe von 20 Kilohertz an. Auch in dieser Kategorie kann die Referenz mit durchgehend hervorragenden Werten um -90 Dezibel aufwarten. Das Übersprechverhalten des MPA-201 geht hingegen vollkommen in Ordnung. Die Werte liegen konstant unterhalb von sehr guten -85 Dezibel.

Die Frequenzgänge an den drei Eingängen zeigen sich zwischen 20 Hertz und 20 Kilohertz schnurgerade. Allerdings lässt sich eine Besonderheit im extremen Höhenbereich beobachten. Um 50 Kilohertz findet sich eine leichte Anhebung um rund zwei Dezibel mit anschließendem Abfallen der Kurve. Schalten wir die Smooth-Funktion hinzu, verschwinden die Abweichungen zugunsten eines linearen Fortverlaufs. Das Zuschalten des Abschlusswiderstands macht sich also im Frequenzgang tatsächlich bemerkbar – allerdings in einem Bereich, der bereits weit über der menschlichen Hörgrenze liegt.

Insgesamt hinterlässt der MPA-201 im Messtest einen sehr guten Eindruck – für die Ausreißer bei Klirrfaktor und Gleichtaktunterdrückung müssen wir jedoch einen halben Punkt abziehen.

 

Für unseren Praxis-Test haben wir einmal mehr unterschiedliche Gesangs- und Sprachaufnahmen über den MPA-201 und die Lakepeople-Referenz angefertigt.

In Interaktion mit unserem Schoeps MK2H/CMC 6U hat der MPA-201 einen tendenziell transparenten Klang, der nicht nur in den ersten Hörminuten dem des Lakepeople sehr stark ähnelt. Der helle, klare, offene und sanfte Klang des Schoeps-Mikrofons kommt über den Miktek-Preamp sehr gut und unverfälscht zur Geltung. Die Aufnahme hat einen edlen Anstrich und erscheint räumlich, die Stimme sanft konturiert und hell. Der edle und transparente Klang der Aufnahmen gefällt uns auf Anhieb sehr gut.

Erst nach längerem Vergleichshören mit den Referenz-Aufnahmen können wir ganz leichte, subtile Unterschiede zum Klang des Lakepeople-Preamps wahrnehmen. Der MPA-201 scheint noch eine winzige Nuance mehr an offenen Höhen beizusteuern – allerdings auf eine sanfte und schmückende Weise. Der Klang erscheint ganz subtil aufpoliert. Außerdem klingt die Stimme ein wenig präsenter. Ansonsten gibt sich der Miktek-Preamp erfolgreich alle Mühe, nicht klangbeeinflussend in Erscheinung zu treten und hält sich vornehm im Hintergrund.

Die unterschiedlichen Eingangs-Impedanzen wirken sich auf den Klang des Schoeps-Mikrofons nicht merklich aus, da es mit 35 Ohm eine sehr niedrige Ausgangsimpedanz besitzt und auch mit dem niedrigsten Eingangs-Impedanz-Wert des Preamps von 300 Ohm mehr als ausreichend versorgt ist. Eine Betonung der tieferen oder mittleren Frequenzen ist nicht auszumachen. Zum Vergleich fertigen wir noch einmal Aufnahmen mit einem historischen dynamischen Mikrofon, einem Sennheiser MD 421 N, an, das eine Ausgangsimpedanz von 200 Ohm besitzt. Das Sennheiser-Mikrofon wäre eigentlich mit 600 oder 300 Ohm unterversorgt, allerdings ist auch bei diesem keine Klangveränderung wahrzunehmen. Zumindest bei unseren beiden Mikrofonen ist also keine merkliche Klangfärbung über die Impedanz-Auswahl des MPA-201 zu erzielen.

Die Smooth-Funktion hingegen verursacht eine ganz subtile, kaum merkliche Veränderung des Klangs, die bei den Aufnahmen mit dem Schoeps-Mikrofon zum Vorschein kommt. Die Stimme scheint ein ganz klein wenig geerdeter und subtil weniger luftig zu klingen, was besonders unseren Sprachaufnahmen und den rockigeren Gesangsstücken gut zu Gesicht steht.

Sehr schön: So hat der Nutzer mit der Smooth-Funktion eine praktische und schnelle Möglichkeit zur Hand, den Klang ganz subtil mit einem einfachen Tastendruck zu verändern.

Fazit
Insgesamt kann der Miktek-Preamp mit edlem Sound, überwiegend sehr guten Messwerten und wertiger Ausstattung punkten. Zwar ließ sich die variable Eingangsimpedanz im Test nicht klanggestaltend einsetzen – dennoch lässt sich der Preamp so für fast alle denkbaren Mikrofone anpassen.

Eine kleine aber feine Klangalternative bietet außerdem der Smooth-Schalter, der eine leicht erdende Nuance beisteuern kann. Einzig beim Eichen der LED-Anzeige für die Eingangsverstärkung sollte der Hersteller nachbessern – ansonsten ist der Miktek MPA-201 ein durchaus gelungenes Preamp-Debut.

Wer also auf der Suche nach einem vielseitig nutzbaren Vorverstärker mit eher transparentem Klang ist, könnte mit dem MPA-201 fündig werden. Der Preis von fast 1.800 Euro geht angesichts der gehobenen Klangqualität und wertigen Ausstattung in Ordnung.

Erschienen in Ausgabe 04/2014

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 1784 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut