Killer Drumsound Teil 5 – Schlagzeugaufnahme

Jeder Mensch hört anders. Und jedes Mikrofon hört anders. Allgemeingültige Aussagen sind problematisch, außer für einen ganz bestimmten Sound oder ein ganz bestimmtes Genre. Autor Christian Vaida gibt im fünften Teil seiner „Killer Drumsound“-Serie Recording-Tipps, doch hören muss am Ende jeder selbst – und sich dabei auf seinen Geschmack und seine Vision einlassen.

Von Christian Vaida

Wirklich wichtig ist letztlich nur, was aus den Lautsprechern kommt. Bei manchen kommt ein super Sound aus den Lautsprechern, obwohl die Drums im Raum furchtbar klingen. Andere haben einen perfekten Klang im Raum, doch die Aufnahme klingt schrecklich. Es scheint, als hätten diese zwei Dinge nur wenig miteinander zu tun, doch das stimmt nicht ganz. Das hat zwei Gründe:

  1. Tontechnische Geräte können den Sound bis zur Unkenntlichkeit verändern, zum Guten wie zum Schlechten.
  2. Die Realität lässt sich nicht abbilden, so dass der gute Klang im Raum niemals 1 zu 1 übertragen werden kann.

Meiner Meinung nach ergeben guter Klang im Raum und die passende Integration in den Mix gemeinsam das beste Ergebnis.

TEIL 5

Dieser Artikel is Teil einer Serie ->

Der Raum

Wenn es die eine Sache gibt, von der der Sound im Raum abhängt, dann ist es der Raum selbst. Die Akustik, also ein bunter Mix aus Frequenzgang, Nachhallzeit, ersten Reflexionen, Resonanzen, Diffusion und so weiter, ist eine komplexe Angelegenheit. Der Raum erschafft einen Klangcharakter: Weite, Enge, Offenheit, Geschlossenheit, Trockenheit oder Nässe. In welchem Raum wir uns befinden hat einen großen emotionalen Einfluss auf uns und somit auch darauf, wie wir ein Instrument in diesem Raum wahrnehmen.

Ein manchmal gewünschter „larger than life“ Sound kann ohne Raummikrofone in einem großen Raum nicht realistisch mit künstlichem Nachhall imitiert werden, während ein sehr trockener, intimer Sound in einem großen, lebendigen Raum unmöglich umgesetzt werden kann, selbst wenn man nur die Nah-Mikrofonierung verwendet.

Weltklasse Produktionen verwenden manchmal Weltklasse Räume, zumindest aber zum jeweils gewünschten Sound passende Räume. Manche Produzenten reisen für die Aufnahme der Drums in ferne Länder, wo dieser eine magische Raum ist, der der Aufnahme das gewisse Etwas verleiht, während so manche kleinere Produktion durch den falschen Raum komplett ruiniert wird.

Das Floortom lässt sich noch gut tragen, hat einen sehr tiefen Ton und regt den Raum so stark an, dass man damit sehr gut beurteilen kann, wie das gesamte Set an einem bestimmten Punkt im Raum klingt. Manche Stellen klingen voll, andere furchtbar dünn. Bevor der Drummer überhaupt aufbaut, sollte man unbedingt zuerst mit dieser Methode (und einem gestimmten Floortom) den am besten klingenden Platz im Raum finden und das Drumset dann genau dort aufbauen.

Raum-Mikrofone

Räumlichkeit entsteht durch Laufzeit. Insbesondere sehr tiefe Frequenzen brauchen aufgrund der langen Wellenlängen große Abstände zwischen den Raum-Mikrofonen, damit sie wirklich räumlich wirken (bei 50 Hz ist die Wellenlänge fast sieben Meter). Ein Mono-Raummikrofon macht zur Abbildung von Räumlichkeit also keinen Sinn. Als Stilmittel ist der Kontrast natürlich toll, wenn man den Raum erst in Mono hat und dann beispielsweise im Refrain auf Stereo umstellt, wodurch dann alles viel größer wird. Aber einen Raum generell in Mono oder mit einer koinzidenten Stereophonie (XY, MS) abbilden zu wollen, wird wenig erfolgreich sein, weil die Räumlichkeit nun mal besonders durch die Laufzeiten zwischen den Mikrofonen wahrgenommen werden kann.

Um auf den Raummikrofonen möglichst wenig Direktschall und mehr Raumklang zu erhalten, empfehle ich Nierenmikrofone zu verwenden, die vom Schlagzeug weg in Richtung Wand oder Ecke gerichtet sind. Nieren haben nämlich die stärkste rückwärtige Dämpfung von allen Richtcharakteristiken. Achten haben zur Seite hin sogar eine noch stärkere Dämpfung. Bei ihnen müssen die unempfindliche Null-Richtung zum Schlagzeug und die Acht nach oben und unten zeigen. Ist die Acht stattdessen nach links und rechts gerichtet und sind die Mikrofone nicht ausreichend weit voneinander entfernt, nehmen sie ähnlichere Signale auf, sie weisen also eine höhere Korrelation auf. Eine geringere Korrelation wirkt räumlicher. Sie kann mit einem Korrelationsgradmesser gemessen werden. Wird die Korrelation grafisch dargestellt, heißt das Gerät Goniometer. Ein kostenloses Plug-In das ich dafür nutze ist das HOFA 4U Goniometer & Korrelator.

Im Mix werden Raummikrofone gerne sehr stark komprimiert und leise dazu gemischt, was dann den beliebten „larger than life“ Sound beisteuert. Der verwendete Kompressor spielt dabei eine große Rolle. Ich verwende dafür am liebsten den Kush Audio UBK-1, der mehrere sehr verschiedene Klangoptionen bietet und nur für diesen Zweck gemacht worden zu sein scheint.

 

Overhead-Mikrofone

Bei den Overheads sind sowohl Großmembraner, Kleinmembraner, als auch Bändchen-Mikrofone möglich, je nach gewünschter Klangästhetik. Dynamischen Mikrofonen fehlt meist die Präzision in den Transienten, die Schläge sind wenig differenziert wahrnehmbar. Bändchen haben häufig stark reduzierte hohe Frequenzen, wodurch mir persönlich die Klarheit fehlt. Ein anderer Hörer würde aber vielleicht sagen, dass Bändchen die Schärfe der Becken herausnehmen und viel schöner, wärmer und voller klingen. Da stellt sich wieder die Frage, wie man hört und was man schön findet. Es gibt kein richtig oder falsch, aber man sollte natürlich schon einen ähnlichen Geschmack haben wie der Künstler oder das Publikum des Künstlers, sonst kann man dieses Klientel nicht glücklich machen.

Man sollte sich vorher überlegen, ob die Overheads hauptsächlich die Becken oder das gesamte Set gut abbilden sollen. Das hängt auch von der Lautstärke der Becken, des Spielers sowie dem Aufbau der Becken und des gesamten Sets ab. Zumindest die Snare wird aber immer laut reinknallen, weshalb sie möglichst exakt gleich weit von beiden Overhead-Mikrofonen weg sein sollte, damit sie hinterher möglichst mittig erklingt.

Die Richtcharakteristik der Overheads hängt sowohl von der Art der Stereophonie ab, als auch vom Raum und dem gewünschten Sound. Kugeln gehen generell nur bei Laufzeit und nehmen weitaus mehr Raumklang auf, als Nieren. Ich plädiere meist für Laufzeit- oder Äquivalenz-Stereophonie mit Nieren, weil dadurch eine Räumlichkeit abgebildet wird, die mit Koinzidenz-Stereophonien (XY oder MS) nicht möglich ist. Und durch die Nieren bleibt der Sound trotzdem fokussiert, Probleme des Raumes treten in den Hintergrund. Wenn im Internet steht „die Beatles haben auch XY verwendet“ sollte man bedenken, dass sie damals für Mono produziert haben. Und wenn man meint heute, in Zeiten von aufkeimendem 3D-Audio, immer noch auf Mono-Kompatibilität achten zu müssen, dann kann man das natürlich tun. Für mich klingt das aber einfach nur langweilig. Sicherer und einfacher ist eine koinzidente Stereophonie aber ohne Zweifel.

Die Aufnahme eines Schlagzeugs ist komplex, vermutlich gibt es in den populären Musikstilen kaum ein schwierigeres Unterfangen. Auch der Mix ist schwierig, doch ein gut gestimmtes Set, passende Becken und gut positionierte und passende Mikrofone erleichtern das Mischen ungemein.

Die Aufnahme eines Schlagzeugs ist komplex, vermutlich gibt es in den populären Musikstilen kaum ein schwierigeres Unterfangen. Auch der Mix ist schwierig, doch ein gut gestimmtes Set, passende Becken und gut positionierte und passende Mikrofone erleichtern das Mischen ungemein.

Eine Äquivalenz-Stereophonie ist für meinen Geschmack ein guter Kompromiss. Das ist eine Mischung aus Laufzeit- und Intensitäts-Stereophonie, also zwei gerichtete Mikrofone (meist Nieren) mit einem bestimmten Abstand und Winkel zwischen ihnen, beispielsweise ORTF. Entscheidet man sich hingegen für die räumlicher klingende Laufzeit-Stereophonie (AB), muss man besonders viel ausprobieren.

Um die Stereobreite beziehungsweise den Aufnahmebereich passend zu wählen (passend wäre Aufnahmebereich = Aufnahmewinkel, also Breite des Klangkörpers), kann man sich merken, dass bei AB ein Mindestabstand von 50 Zentimetern zwischen den Mikrofonen benötigt wird, was einem Aufnahmebereich von 180 Grad entspricht. Komplizierte Erklärungen, warum das so ist, findet man auf www.sengpielaudio.com. Je weiter die Mikrofone auseinander gestellt werden, desto enger wird dieser Bereich: 52cm:164° / 60cm:120° / 70cm:96° / 80cm:82° / 90cm:70° / 100cm:62° und so weiter. Ich denke viel enger als 62 Grad wird es beim Overhead nicht werden, da müsste es schon sehr weit vom Drumset wegstehen. Wählt man unpassende Abstände, beispielsweise 100 cm, also 62° Aufnahmebereich, bei einem Aufnahmewinkel von 160°, dann entsteht beim Abhören der Klangeindruck, dass die Instrumente die links standen (aus Spielerperspektive beispielsweise Hi-Hat, Tom 1 und Tom 2) aus der linken Box und die die rechts standen, aus der rechten Box kommen, statt einer gleichmäßigen Aufteilung von links nach rechts. Auch eine stabile Mitte wird dadurch erschwert. Umgekehrt, Aufnahmewinkel viel enger als Aufnahmebereich, bedeutet, dass sich alle Instrumente in der Mitte ansammeln. Da könnte man auch gleich Mono aufnehmen.

Ganz wichtig bei Laufzeit- und Äquivalenz-Stereophonien: das linke Mikrofon muss 100 Prozent nach links und das rechte 100 Prozent nach rechts gepannt werden. Tut man das nicht, erhält man Kammfiltereffekte. Nur für koinzidente Stereophonien gilt das nicht, da gibt es keine Phasenunterschiede zwischen links und rechts.

Die Position der Overhead-Mikrofone hängt maßgeblich vom Klang der Becken ab. Becken strahlen in der Vertikalen geradzahlige Obertöne ab, die einen eher weichen Sound erzeugen. In die Horizontale werden eher ungerade Obertöne abgestrahlt, die einen eher aggressiven Sound verursachen. Bewegt man die Mikrofone in einem 90-Grad-Bogen zwischen der Horizontale und der Vertikale hin und her, ändert sich der Klang entsprechend. Daher hat auch der Aufstellwinkel der Becken einen großen Einfluss auf den Klang.

Wenn man auch die Trommeln möglichst gut auf den Overheads hören möchte, würde ich mit den Tests auf Schulterhöhe des Drummers beginnen (AB links und rechts von ihm) und Stück für Stück höher gehen. Die Toms können auf Schulterhöhe großartig klingen und die Becken möglicherweise auch schon gut, wobei die Becken oftmals bei einer 45-Grad-Abnahme recht ausgewogen klingen. Falls der Drummer die Becken im 1980er-Jahre-Stil angewinkelt hat, klingen sie auf Schulterhöhe also schon gut. Sind sie aber in moderner horizontaler Aufstellung, müssen die Mikrofone höher, damit der Winkel passt.

 

Hauptmikrofonsysteme für Drums

Bei den Overheads bin bereits auf Stereophonien eingegangen und diese können selbstverständlich auch als Hauptmikrofonsysteme verwendet werden. Außer einer ganz normalen Stereophonie haben ein paar kluge Köpfe, zu Zeiten von Kanalknappheit, Konzepte zur Hauptmikrofon-Aufnahme des Drumsets entwickelt, die mit wenigen Mikros und fast ohne Nahmikrofonierung funktionieren sollen.

Ein solches System heißt nach seinem Erfinder Glyn Johns (The Rolling Stones, The Who, Led Zeppelin, The Eagles). Glyn Johns entwickelte diese Methode in den 1960er-Jahren, als die Verwendung von drei bis vier Mikrofonen bereits viel war. Zu den zwei Hauptmikrofonen kommt mindestens noch eines für die Bassdrum und eventuell noch eines für die Snare, die zwei wichtigsten Elemente des Drumsounds, hinzu.

Bei der Recorderman-Methode ist es ebenso, nur die Hauptmikrofone werden anders positioniert.

Ich habe mit beiden Methoden keine Erfahrungen, da ich erst zu Zeiten von Kanalüberfluss beginnen durfte und ein Hauptmikrofon-Verfahren eher unüblich war. Trotzdem habe ich stets versucht die Overheads – wann immer möglich – wie eine Hauptmikrofonie hinzubekommen und die Nahmikrofone eher als Stützmikrofone zu verwenden. Denn die Overheads nehmen niemals nur die Becken auf und wenn Snare und Toms auf den Overheads nicht überzeugen, können das die Nahmikrofone nicht wieder wettmachen.

In der Mitte sieht man zwei Mikrofone, deren Kapseln direkt beieinander liegen. Das nach vorne gerichtete Mikrofon ist eine Niere, das runde Mikrofon ist eine zur Seite gerichtete Acht. Diese Stereophonie heißt MS (Mitte/Seite), wobei die Acht eben die Seite und die Niere die Mitte aufnimmt. MS-kodiert (M+S und M-S) ergibt das dann Links und Rechts.

In der Mitte sieht man zwei Mikrofone, deren Kapseln direkt beieinander liegen. Das nach vorne gerichtete Mikrofon ist eine Niere, das runde Mikrofon ist eine zur Seite gerichtete Acht. Diese Stereophonie heißt MS (Mitte/Seite), wobei die Acht eben die Seite und die Niere die Mitte aufnimmt. MS-kodiert (M+S und M-S) ergibt das dann Links und Rechts.

 

Nahmikrofone

Es gibt durchaus Produktionen und ästhetische Erwägungen, wo die Nahmikrofonierung auch als Hauptmikrofon seinen Reiz hat. Manche nehmen sogar die Becken einzeln auf, was für mich aber gar nicht funktioniert (außer natürlich bei der Hi-Hat). Spätestens seit den 1980er Jahren ist es üblich geworden, jede Trommel mit mindestens einem eigenen Mikrofon abzunehmen. An der Snare verwendet man häufig zwei Mikrofone, eines am Schlag- und eines am Resonanzfell. Manche machen das sogar bei den Toms. Viele Toningenieure verwenden bei der Bassdrum sogar drei Mikrofone, eines für den Attack oder Kick, eines für den Bauch oder den Bass und eines für den Subbass. Jede Position und jedes Mikro klingt anders, daher kann das bei der Bassdrum, die so extrem wichtig ist, durchaus sinnvoll sein, um den Klang im Mix besser gestalten zu können.

Als Raummikrofone sind Nieren oder Achten zu empfehlen, die möglichst weit auseinanderstehen und deren toter Winkel Richtung Schlagzeug zeigt, um möglichst wenig Direktschall aufzunehmen und mehr unkorrelierten Diffusschall. Da in diesem Fall die Transienten- und Höhenwiedergabe nicht wichtig ist und diese Signale im Mix stark komprimiert und nur leicht dazu gemischt werden, kann man hierfür eigentlich jedes Mikrofon verwenden. Links ist ein Röhren- und rechts ein Bändchen-Mikrofon zu sehen.

Als Raummikrofone sind Nieren oder Achten zu empfehlen, die möglichst weit auseinanderstehen und deren toter Winkel Richtung Schlagzeug zeigt, um möglichst wenig Direktschall aufzunehmen und mehr unkorrelierten Diffusschall. Da in diesem Fall die Transienten- und Höhenwiedergabe nicht wichtig ist und diese Signale im Mix stark komprimiert und nur leicht dazu gemischt werden, kann man hierfür eigentlich jedes Mikrofon verwenden. Links ist ein Röhren- und rechts ein Bändchen-Mikrofon zu sehen.

An der Snare hat sich das Shure SM57 etabliert. Ein SM58 mit abgeschraubtem Mikrofonkorb klingt aber sehr ähnlich. Das Beta58, hier im Bild, klingt hingegen deutlich offener und ist dadurch nicht unbedingt jedermanns Geschmack. Gerade an der Snare spielen der Charakter des Mikrofons und seine Position eine große Rolle. Meine bevorzugte seitliche Positionierung nimmt zugleich ausreichend viel Rascheln des Snareteppichs mit auf, wodurch ich mir das zweite Mikrofon von unten einsparen kann.

An der Snare hat sich das Shure SM57 etabliert. Ein SM58 mit abgeschraubtem Mikrofonkorb klingt aber sehr ähnlich. Das Beta58, hier im Bild, klingt hingegen deutlich offener und ist dadurch nicht unbedingt jedermanns Geschmack. Gerade an der Snare spielen der Charakter des Mikrofons und seine Position eine große Rolle. Meine bevorzugte seitliche Positionierung nimmt zugleich ausreichend viel Rascheln des Snareteppichs mit auf, wodurch ich mir das zweite Mikrofon von unten einsparen kann.

An den Toms mag ich persönlich am liebsten günstige Großmembran- oder teure Clip-Mikrofone. Bei dynamischen Mikrofonen stimmen einfach die Transienten nicht. Ich möchte gerne in etwa den Klang haben, der auch wirklich da ist. Immerhin habe ich mir zuvor schon sehr viel Mühe bei der Auswahl der Felle und der Stimmung der Toms gegeben.

An den Toms mag ich persönlich am liebsten günstige Großmembran- oder teure Clip-Mikrofone. Bei dynamischen Mikrofonen stimmen einfach die Transienten nicht. Ich möchte gerne in etwa den Klang haben, der auch wirklich da ist. Immerhin habe ich mir zuvor schon sehr viel Mühe bei der Auswahl der Felle und der Stimmung der Toms gegeben.

Generell muss man sich klar machen, dass eine nah mikrofonierte Trommel völlig anders klingt als das, was man im Raum oder an der Spielerposition wahrnimmt. Hier kann man plötzlich Surren, Wummern, Klingeln hören, das ansonsten untergeht. Auch ästhetisch hat das mit dem echten Klang im Raum nicht mehr viel zu tun. Das ist insofern gut, weil man dadurch natürlich auch Gestaltungsspielraum gewinnt. Den echten Sound einzufangen ist eine schwierige Kunst, den künstlichen Klang geschmackvoll zu gestalten aber auch. Und je nachdem wie die Stereophonie oder die Overheads mit dem Raum und den Einzelmikrofonen kombiniert werden, ergibt sich eine ganz bestimmte Klangästhetik. Die Möglichkeiten sind riesig. Hier muss man viel experimentieren und braucht eine klangliche Vision, sonst wird das Ganze uferlos. Jede Kombination klingt anders und man verwendet je nach klanglicher Vision andere Werkzeuge.

Unterschiedliche Mikrofontypen für die Nahmikrofonierung:

Dynamische Mikrofone

Diese werden am häufigsten verwendet, weil sie besonders günstig sind und meistens auch völlig ausreichend. Ihnen fehlen häufig die ganz hohen und ganz tiefen Frequenzen und der vorhandene Frequenzbereich (meist 50 Hz bis 15 kHz) ist für gewöhnlich nicht besonders linear. Diese Nichtlinearität wird bei einigen speziellen „Schlagzeug-Mikrofonen“ bewusst so eingestellt, dass sie gerne verwendete EQ-Einstellungen imitieren und somit in manchen Ohren gleich „richtig“ klingen. Diese Mikrofone können den tatsächlichen Klang daher nicht abbilden, man kann sie eigentlich für nichts anderes verwenden, außer für diesen speziellen Sound. Das empfinde ich als äußerst einschränkend. Ein weiterer Nachteil von dynamischen Mikrofonen ist ihre langsame Reaktion auf Transienten. Das kann toll klingen, weil scharfe Transienten schlichtweg nicht aufgenommen werden, aber auch das hat mit dem echten Sound wenig zu tun und man ist von vornherein eingeschränkt. Das regle ich lieber später mit dem Kompressor oder einem Transientendesigner.

Großmembran-Kondensatormikrofone

Kondensator-Mikrofone funktionieren ganz anders als dynamische. Sie nehmen praktisch den gesamten hörbaren Bereich auf und sind meist sehr linear, weswegen sie sehr viel realistischer klingen. Auch die Abbildung der Transienten ist sehr viel besser. Ab einem Membran-Durchmesser von circa 1“ (1 Zoll=2,54 cm) spricht man von Großmembran. Ein Großmembran-Mikrofon ist der Allrounder im Studio. Aufgrund seiner Natürlichkeit kann man es praktisch überall hinstellen und es wird immer ein gutes Ergebnis liefern. Insbesondere als Overhead, an den Toms und an der Bassdrum macht es sich gut. An der Bassdrum verwendet man es gerne vor dem Resonanzfell, um damit den Tiefbass einzufangen. Innen wäre es dem Schalldruck nicht gewachsen und würde verzerren.

Kleinmembran-Kondensatormikrofone

Im Bereich der Kleinmembraner (alles unter 1“) haben wir einen sehr weiten Bereich, die nahe an 1“, also mit 0,7“ bis 0,9“ und bei manchen Mikrofonen auch noch mit 0,5“ erstaunlich ähnlich wie Großmembraner klingen. Die meisten 0,5“ Kleinmembraner klingen noch etwas spritziger als Großmembraner, weil die weitaus kleinere Membranfläche die schnellen Transienten deutlich besser abbildet. Auch hohe Frequenzen werden dadurch besser aufgenommen. Kleinmembraner sind also immer dann gefragt, wenn man absolute Authentizität haben möchte, beispielsweise bei Klassikaufnahmen. Am Drumset verwendet man sie vorwiegend als Overhead und an der Hi-Hat. An den Toms oder der Snare ist der manchmal zu starke Nahbesprechungseffekt störend. An der Hi-Hat zwar auch, aber hier kann man den nicht benötigten Bass einfach mit einem Lowcut-Filter entfernen.

Ultrakleinmembranmikrofone wie die beliebten Clip-Mikrofone haben diesen Nahbesprechungseffekt für gewöhnlich nicht und klingen auch sehr nah noch natürlich, weswegen ich diese Mikrofone für diesen Einsatzzweck sehr gerne verwende.

Bändchen-Mikrofone

Bändchen haben einen sehr eingeschränkten Frequenzgang. Insbesondere die Höhen sind kaum noch vorhanden uns so klingen sie meist dumpf oder eben warm und fett, je nachdem wie man hört. Sie sind beliebt als Overheads, weil sie die Schärfe der Becken einfach nicht aufnehmen, während sie die Transienten, aufgrund des sehr leichten und schnellen Bändchens, sehr gut wiedergeben. Man muss aber wirklich sicher sein, dass man die hohen Frequenzen nicht mehr benötigt. Ich würde daher lieber im Mix einen Hi-Cut verwenden, als die Höhen gar nicht erst auf Band zu haben.

Richtcharakteristik

Die Richtcharakteristik ist für den Klang eines Mikrofons selbstverständlich auch sehr wichtig. So haben Kugeln beispielsweise keinen Nahbesprechungseffekt und klingen daher auch im Nahbereich noch sehr natürlich. Andererseits nehmen sie eben alles kugelförmig auf und so hätte man auf dem Snare-Mikrofon sowohl die Hi-Hat, als auch die Bassdrum und eventuell auch ein Tom-Tom fast genauso laut drauf, wie die Snare selbst. Das ist natürlich nicht wünschenswert.

Als Overhead können Kugeln toll klingen, wenn der Raum toll klingt – oder eben schlecht, wenn der Raum schlecht klingt. Ist das der Fall, nimmt man lieber die nach vorne gerichtete Niere.

Nieren schirmen nämlich Schall, der direkt von hinten kommt, besonders gut ab, nehmen aber auch seitlich noch vieles auf. Die Niere ist die beliebteste Richtcharakteristik, weil sie die Fokussierung in eine Richtung mit natürlichem Klang kombiniert. Das größte Problem im Kontext des Schlagzeugs ist, dass der seitlich einfallende Schall bei den meisten Nieren-Mikrofonen spektral sehr stark verfremdet wird, wodurch komische Klangfärbungen entstehen können. Man kennt das von der Snare: das Übersprechen der Hi-Hat klingt meist äußerst seltsam und falsch. Nur einige teure Mikrofone nehmen seitlichen Schall annähernd so natürlich auf wie von vorne. Doch auch die Menge dessen, was von der Seite mit aufgenommen wird (das sogenannte Übersprechen), ist bei den sehr nah beieinander stehenden Instrumenten des Schlagzeugs ein großes Problem.

Supernieren sind für die Nahmikrofonierung am Schlagzeug daher besonders gut geeignet, weil sie seitlichen Schall stärker unterdrücken. Der Nachteil der Supernieren ist, dass sie wiederum von hinten (180°) etwas mehr Schall aufnehmen. Die Nullrichtungen sind bei ihr auf etwa 120° und 240°, weswegen man Monitorboxen auf der Bühne auch in diesem seitlichen Bereich aufstellt, um Rückkopplungen zu vermeiden. Wenn man bei der Ausrichtung der Mikrofone darauf achtet, dass von hinten nichts reinspielt, hat man mit Supernieren eine bessere Kanaltrennung als mit Nieren und somit mehr Freiheiten im Mix.

Um eine passende Stereophonie zu berechnen, gibt es ein großartiges freies Tool von Eberhard Sengpiel, das alle Parameter in gegenseitiger Abhängigkeit darstellt. Das Tool ist in Flash programmiert und funktioniert in den meisten Browsern, wenn Flash aktiviert ist. Ich habe es hier auf meiner Homepage bereitgestellt: www.cvmusic.de/share/winkel.swf

Um eine passende Stereophonie zu berechnen, gibt es ein großartiges freies Tool von Eberhard Sengpiel, das alle Parameter in gegenseitiger Abhängigkeit darstellt. Das Tool ist in Flash programmiert und funktioniert in den meisten Browsern, wenn Flash aktiviert ist. Ich habe es hier auf meiner Homepage bereitgestellt: www.cvmusic.de/share/winkel.swf

Fazit

Die Aufnahme eines Schlagzeugs ist komplex, vermutlich gibt es in den populären Musikstilen kaum ein schwierigeres Unterfangen. Auch der Mix ist schwierig, doch ein gut gestimmtes Set, passende Becken und gut positionierte und passende Mikrofone erleichtern das Mischen ungemein. „Fix it in the mix“ kann bei den Drums tödlich enden und so hoffe ich, dass meine Reihe zum Drumsound ein paar Impulse setzen konnte, um schon vor der Aufnahme zu einem „Killer Drumsound“ zu gelangen.