Keine Scheuklappen
Die Produzentin und Tontechnikerin Sylvia Massy hält einen experimentellen Workshop im Castle Studio Röhrsdorf ab. Im Gepäck: ein Föhn, zerschnittene Lautsprecherkabel, ein Schlauch, ein zerschundener Gitarren-Body und ein umgebauter Telefonhörer – allesamt für Soundeffekte.
Von Nicolay Ketterer
Im gekachelten Keller-Hallraum der Castle-Studios spielt Hella-Comet-Gitarrist Jürgen Hochsam eine Spur ein, mit atmosphärisch-klaustrophobischem Nachhall. Sein Gitarristenkollege Franz Wolfgang Gurt schnappt sich spontan eine alte Styroporplatte, zieht eine der Kanten langsam an einem Kellerfenster entlang. Oben, im Regieraum, entsteht ein schauriges wie atmosphärisches Geräusch, irgendwo zwischen singender Säge, verzerrtem Schrei und Fingernägeln entlang einer Schiefertafel. Unten hat der Lärm die gefühlte Lautstärke einer Kreissäge. Trotzdem vermittelt der Klang Gänsehaut, passt in die Intro-Dramaturgie des getragenen, manchmal fast schleppenden Stücks. Produzentin Sylvia Massy springt begeistert auf, fahndet per Talkback nach der Quelle des fremdartigen Geräuschs und beschwört den Performer des gelungenen Experiments: „Was immer Du machst – mach weiter!“
Massy, die als Produzentin und/oder Tontechnikern mit Tool, Prince, System Of A Down, den Red Hot Chili Peppers, Johnny Cash und Tom Petty & The Heartbreakers gearbeitet hat, veranstaltet gerade einen zweitägigen Workshop im Castle Studio Röhrsdorf (bei Dresden; siehe Professional Audio Ausgabe 08/2016). Die 14 Teilnehmer aus Deutschland, Österreich und Polen sollen die Produktion eines Songs begleiten, vom Arrangement bis zur fertigen Aufnahme, mit reichlich Klangexperimenten. Massy war schon mehrmals im Castle Studio, hat dort kürzlich die Metal-Band Avatar aufgenommen und bereits im Vorjahr einen ähnlichen Workshop abgehalten. Sie ist für zwei Wochen in Röhrsdorf zu Gast, der Workshop findet zwischen zwei Produktionen statt. Massy mag die abgeschiedene Atmosphäre des kleinen Landschlosses. Sie schätzt auch die Mikrofonsammlung, darunter alte Neumann- und Microtech-Gefell-Modelle, dazu Rundfunk-Module – etwa Lawo-, Klein + Hummel- und Eckmiller-Equalizer oder der Telefunken U73b-Kompressor.
Als musikalisches „Live-Beispiel“ dient die Grazer Indie-Noise-Rock-Band Hella Comet, die stilistisch grob an eine Mischung aus den Pixies, Hole und Sonic Youth erinnert. Die Band hat kürzlich ihr Album „Locust Valley“ veröffentlicht; für den Workshop wollen sie den Song „Midsummer Heat“ neu einspielen, ein getragener Shoegaze- bzw. Indie-Rock-Song mit prägnanter Hookline. Die Musik hört sie – wie bei ihren anderen Produktionen – vor Ort zum ersten Mal, weil sie spontan darauf reagieren will. Während der Song – eine intensive, breite, aber nahezu gleichförmige „Klangwand“ – über die Geithain-Hauptmonitore läuft, macht sie sich Notizen. Die Struktur will sie beibehalten, allerdings die Dynamikverläufe ändern: Laut anfangen, dann leise abfallen, mit Gesang, Piano, dazu Vibraphon-Overdubs und Lo-Fi-Schlagzeug. Im Chorus solle „Noisy Stuff“ hinzukommen, die Bridge wieder leise, vor dem letzten Chorus.
Werkzeuge
Sie zeigt ihre mitgebrachten Werkzeuge, für Experimente – darunter ein Föhn. Der Einsatz? „Du nimmst ein Lautsprecherkabel, schneidest es in der Mitte auf, und fummelst die beiden Enden an eine Steckdose, in die du das Stromkabel des Föhns steckst. Wenn Du dann einen Akkord oder eine Note auf der Gitarre spielst, treibt das Audiosignal den Motor des Föhns an, das macht einen total verrückten Sound! Dazu braucht man allerdings einen Transistorverstärker – ein Röhrenverstärker kann mit dem geänderten Lastwiderstand nicht umgehen“, meint Massy. Studiobetreiber Arno Jordan hat das Prinzip ausgereizt – und statt eines Föhns einen Plattenspieler angeschlossen. Jordan: „Du kannst jede beliebige Platte antriggern und dazu spielen.“ Der Gitarrensound wird durch das Schallplattensignal moduliert, für wilde, zerhackte Klänge, irgendwo zwischen Flanger und Noise-Effekten. Mit einer DI-Box greift er das Gitarrensignal nach dem Preamp ab, mischt Gitarren- und Plattenspielersignal.
Unter den Werkzeugen liegt auch ein Teil eines zerschundenen Stratocaster-Korpus, mit einem Single-Coil-Tonabnehmer und einem Stativadapter. Die Konstruktion dient als Mikrofon, sie entstammt einer Gitarre, die laut Massy von der Band Skunk Anansie bei einer Session zerstört wurde. Singt jemand nah und laut in den Tonabnehmer, wird der angeregt – und überträgt übersteuerte Klänge. Einen sogenannten „Surface Transducer“ beziehungsweise Flächenwandler – ein Lautsprecher mit einer Metallfläche, die Oberflächen mit Schall anregen kann – montiert sie beispielsweise auf Gitarren-Bodys. Das Gitarrensignal wird auf die Instrumentenoberfläche zurückgeführt, wodurch ein sustainreicher Feedback-Loop entsteht, so Massy. Einen magnetischen Akustikgitarren-Tonabnehmer verwendet sie, um Gegenstände – etwa einen Karton – in ein abgenommenes Instrument zu verwandeln. Im Gepäck befindet sich auch ein gelber Telefonhörer: „Den habe ich zu einem Mikrofon umgebaut.“ Sie hat die Verdrahtung durch einen XLR-Anschluss ersetzt, dazu in der ursprünglichen Hörmuschel eine 1,5-Volt-Batterie eingebaut. „Dadurch wird das Signal auf Line-Level angehoben. Das Ergebnis klingt wie ein Telefon. Es macht viel mehr Spaß, als ein Plug-in zu benutzen!“ Zudem ermögliche die gefühlte Telefon-Situation eine andere Performance.
Zu guter Letzt zeigt sie ein weiteres Lautsprecherkabel, in der Mitte aufgeschnitten, das ebenfalls einen Gitarren-Sound durch eine Transistor-Endstufe schicken soll. „Du kannst alles dazwischen hängen.“ Das verändert den Widerstand, entsprechend ändere sich der Klang. „Kartoffeln, Würste, Bananen, Äpfel. Die Kartoffeln bringen einen interessanten High-Shelve. Würste sind ziemlich ‚flat‘.“ Diesmal hat sie Käsewürste besorgt, als Abwechslung.
Gemeinsame Basic-Tracks
Die Arbeitsgrundlage ist zunächst folgende: Die Band soll den Song live einspielen, mit Click. Massy: „Wenn alle zusammen spielen, ist die Performance besser – selbst wenn ich am Ende nur die Drums davon behalte. Die Energie kann ich nicht reproduzieren.“ Anschließend werden einzelne Spuren bei Bedarf ersetzt und weitere Overdubs aufgenommen. Massy stellt die Band im Kreis zueinander auf, Sängerin Lea Sonnek gegenüber dem Schlagzeug, um beim Live-Gesang mit einem Shure SM58 Übersprechen zu reduzieren. Die Gitarren werden auf Boxen im anderen Aufnahmeraum umgeleitet, um die Schlagzeugaufnahme nicht zu stören. Der E-Bass wird per DI abgenommen, das Verstärkersignal ebenfalls in einem separaten Raum mikrofoniert.
Am Schlagzeug lässt Massy je ein Shure SM57 am Schlag- und Resonanzfell der Snare aufbauen, am Stand-Tom – das einzige Tom am Set – verwendet sie ein Sennheiser MD 421 an der Oberseite, unten ein Electro-Voice N/D468. „Das Schlagfell-Mikrofon dient dem Attack, das Resonanzfell-Mikrofon der Fülle.“ Am Hi-Hat kommt ein Neumann KM 84i zum Einsatz, vor der Bassdrum ein selbstgebauter Subkick-Lautsprecher und ein Sennheiser MD421. Alle Close-Mikrofone zeigen in die gleiche Richtung – etwa im 30-Grad-Winkel zum jeweiligen Fell, Bottom-Mikrofone spiegelverkehrt – das reduziere Phasenprobleme, so Massy.
Zwei Neumann CMV 563 dienen als Over-heads, in Groß-AB-Aufstellung. Die fehlende Phantom-Mitte der Snare stört Massy nicht: „Wenn die Snare auf den Overheads etwas aus dem Zentrum fällt, entspricht das dem Aufbau des Drumkits.“ Als Raummikrofone sind zwei Neumann-Gefell UM57 aufgebaut, rund fünf Meter entfernt, links und rechts im Raum, auf ca. 2,5m Höhe. Ein Neumann M49 steht rund einen Meter vor der Bassdrum, grob einen halben Meter über den Boden. Das Mikrofon ist zur Seite gedreht, mit eingestellter Acht-Charakteristik. Hinter dem Schlagzeuger wurde ein AKG D-99C-Kunstkopf platziert. Die Mikrofone gehen über Telefunken V-676a- beziehungsweise Tab V-376-Preamps.
Gartenschlauch als virtueller „Drum-Room“
Massy setzt auch hier auf experimentelle Signale: Einen Meter vor der Bassdrum steht eine Resonatorgitarre, die in einem offenen Akkord auf den Grundton des Songs gestimmt ist. Der Resonator nimmt die Bassdrum ab, für einen Sustain-lastigen „Drone“-Sound. Unter dem Schlagzeug liegt ein Schlauch, Arno Jordan hat ein altes Shure „Unidyne 580“ an eines der Enden geklebt. Massy: „Den Schlauch habe ich gebastelt, nachdem ich herausfand, dass manche Drummer die Becken viel zu laut spielen. Ich komprimiere den Raum gerne, aber laute Becken machen die Raumsignale teilweise unbrauchbar.“ Sie imitiert das Rauschen eines kräftig gespielter Crash-Becken-Patterns. Der Schlauch schaffe Abhilfe. Das Rezept: „Ein dynamisches Mikrofon wie ein SM57 an ein Ende kleben, das andere Ende abdichten und den Schlauch in Schlangenlinien unter das Schlagzeug legen.“ Das Mikrofon positioniert sie unter der Floor-Tom. Als Ergebnis entstehe „der Sound eines Drum-Rooms, nur ohne Becken.“ Sie favorisiert Schläuche von rund drei Meter Länge. Die Inspiration entstamme dem Cooper Time Cube Delay: „Eine Box mit einem Gartenschlauch, ein Lautsprecher an einem Ende, ein Mikrofon am anderen. Das ist bei Queen, ELO oder John Lennon zu hören.“ Massy hatte ihr eigenes Exemplar gebaut, ein Trichter über einem Lautsprecher, auf der anderen Seite des Schlauchs mikrofoniert. „Die Zeit, die der Schall durch den Schlauch braucht, verursacht eine Verzögerung. Über die Schlauchlänge kann ich die Delay-Zeit variieren.“ Die Box stand bei Schlagzeugaufnahmen zufällig im Raum am Boden, ihr fiel das Signal auf: „Mein Drum-Kit-Raumklang ohne die nervigen Becken!“
Drum-Tuning
Das Drum-Tuning übernimmt sie selbst. „Normalerweise würde ich mit neuen Fellen anfangen, aber die vorhandenen sehen in Ordnung aus. Ich löse den Snare-Teppich, dämpfe meinen Finger auf die Mitte schlage an den Stimmschrauben an, um den Klang zu beurteilen.“ Sie versucht, eine möglichst einheitliche Tonhöhe bei den einzelnen Stimmschrauben zu erreichen. Welchen Grundton sie sucht? „Weiß ich noch nicht! Für die Art von Musik stimme ich sie recht hell, mit ‚crack‘, und dann hören wir im Song, ob sie höher oder tiefer sein muss. Toms stimme ich gerne passend zur Tonart des Songs.“ Wie viel „Teppichrascheln“ für sie funktioniert? „Das hängt vom Song ab, bei manchen Songs sehr viel!“ Gerade bei dem „geräuschlastigen“ Hella-Comet-Song sei das passend. „Ich hoffe, dass in der Strophe genug Raum ist, so dass es durchkommt.“ Zur Snare-Dämpfung verwendet sie Pads oder Dämpfungsringe. „Falls keine vorhanden sind, mache ich meine eigenen aus einem alten Fell.“ Gleichzeitig warnt sie vor dem kompletten „Abtöten“ der Obertöne: „Du musst eine Snare nicht total dämpfen – ein bisschen ‚Ringing‘ geht im Mix unter.“ Zur Stimmung des Stand-Tom-Schlagfells lässt sie sich den Grundton des Songs vorgeben.
„Vormischen“
Die Gitarren-Amps werden jeweils mit einem Sennheiser MD 421 und einem Shure SM58mikrofoniert; das Sennheiser dient den Mittenanteilen, das SM58 transportiert für Massy die Höhenanteile bei Verzerrung besser, gerade bei Soli hebt sie das Signal gerne für erhöhtes Durchsetzungsvermögen an. Sie mischt die Mikrofone vorab zusammen, nimmt nur eine Spur auf, damit ein anderer Tontechniker im Mix ihre Vorstellung des Gitarrensounds fertig geliefert bekommt. Der Bass-Amp wird ebenfalls mit einem Sennheiser MD 421 abgenommen, zusätzlich zum E-Bass-DI-Signal. Abseits der Gitarrenabnahme summiert Massy die „doppelten“ Snare- und Tom-Mikrofone jeweils zu einem Track. Parallel zu Pro Tools laufen die Spuren für entsprechende Bandsättigung auf eine analoge Studer A-80-Mehrspurmaschine. Am Ausgang der Bandmaschine werden die Signale zusätzlich im Sequenzer aufgenommen. Die dadurch entstehende Latenz wird später im Sequenzer korrigiert.
Soundcheck
Die beiden Snare-Mikrofone sind „Out Of Phase“, wie der „papierdünne“ Klang ohne Bassanteile zeige, so Massy. Als sie die Phase an einem der Mikrofone dreht, wird der Klang fülliger. Jordan tauscht das untere Snare-Mikrofon durch ein SM58 mit abgenommenem Korb, das Ergebnis ergänzt sich besser. Auch bei den beiden Tom-Mikrofonen hilft eine Phasendrehung. Zusätzlich überprüft Massy, ob Overheads und Snare-Signal zueinander in Phase verlaufen – dazu legt sie zur Snare die beiden CMV563-Mikrofone in mono übereinander. Das Ergebnis klingt mit phasengedrehten Overhead-Signalen passender.
Klangästhetik
Die Recording-Experimente fördern außergewöhnliche Klänge zutage: Die Resonatorgitarre wird bei jedem Bassdrum-Schlag auf allen Saiten angeregt, die harmonisch komplexe Schwingung vermittelt langen, atmosphärischen Nachklang. Der Schlauch bringt einen belegten, leicht nöligen Raum-Sound. Massy bearbeitet ihre Spuren schon beim Aufnehmen so weit wie möglich, um ihre Vorstellung zu zementieren und Entscheidungen nicht auf später zu verlagern. Das Schlauchsignal entwickelt sich durch starke Komprimierung zum aggressiven Raum-Sound, ohne vordergründige Becken- oder HiHat-Anteile. Das Bassdrum-Signal schickt sie durch einen Lawo-Equalizer, will mit den Mitten die Attack-Intensität betonen, dazu kommt eine Anhebung bei 60 Hz. Ihre Kompressor-Einstellungen? Ratio hoch, ansonsten „stelle ich so lange ein, bis sie gut klingen.“ Den Empirical Labs Distressor nutzt sie neben Kompression auch für Übersteuerung.
Overdubs
Nach erstem Anhören entscheiden sich die Beteiligten, die Gitarren und Bass-Spuren der Live-Einspielung zu behalten und lediglich den Gesang und zusätzliche Overdubs aufzunehmen. Nach dem Vergleich zwischen Rechner- und Tape-Aufnahme entscheidet sich Massy beim Schlagzeug für die Tape-Version, aufgrund des größeren Bassfundaments. Die Musiker schichten Overdubs auf – Wurlitzer, Rhodes, Vibrafon – um Melodieelemente zu betonen.
Mikrofonvergleich
Der zweite Tag startet mit einem Gesangsmikrofon-Vergleich. Dazu hat Arno Jordan das erwähnte Neumann M-49, ein U-67 und ein Telefunken U-47 beim Berliner Verleih Echoschall angemietet. Ein Workshop-Teilnehmer ist ausgebildeter Sänger, übernimmt zunächst die männliche Stimme und wiederholt einen Take bei den 18 Testkandidaten. Die blinde Bewertung offenbart überraschende Ergebnisse: Bei der Teststimme gewinnt das Neumann M-49, gefolgt vom Soyuz SU-019, Sontronics Aria und einem Peluso 22 251-Modell. Ein klassischer Favorit vieler Teilnehmer – das U-47 – landet bei der Quelle weit abgeschlagen im hinteren Feld. Der Vergleich für Frauenstimmen mit Hella-Comet-Sängerin Lea Sonnek beschränkt sich aus Zeitgründen auf die vier Favoriten aus dem „männlichen“ Test, die Teilnehmer entscheiden sich ebenfalls für das M-49. Bei der Gesangsaufnahme gibt Massy Anweisungen, um die Performance zu unterstützen; Sonnek solle ihre Zähne zeigen, den sogenannten „Smile EQ“: Dadurch klinge das Ergebnis automatisch offener. Für bessere Orientierung bei der Tonhöhe empfiehlt Massy, den Kopfhörer auf einem der beiden Ohren nur halb aufzusetzen. Einzelne Gesangspassagen nimmt sie über ein altes CB-Funk-Mikrofon auf, für entsprechend trashige Klangfarben.
Der Workshop nähert sich dem Ende, etwas Zeit bleibt noch für Gitarren-Overdubs. Massy hat zuvor fünf Fuzz-Pedale in eine Gefriertruhe gesteckt – ein Produzent gab ihr den Tipp, dass die Aufwärmphase interessante Klangvariationen produziere. Gitarrist Franz Wolfgang Gurt spielt einzelne Spuren ein, probiert auch das Plattenspieler-Setup aus. Als Vinyl-Grundlage dient die veröffentlichte Schallplatten-Version von „Midsummer Heat“. Sein Kollege Jürgen Hochsam bearbeitet anschließend den Bösendorfer-Flügel, dämpft die Saiten für Flageolett-Töne ab, die bei gehaltenem Pedal ausklingen. Zusätzlich schlägt er die Klaviersaiten mit Schlegeln und Schlagzeugstöcken an. Am Ende stellt die Band eine Kaffeetasse auf die Saiten, abgenommen mit einem Neumann U-87. Durch die Tasse klingt das Piano wie eine aufschlagende Metallkette, ein kurzer, raschelnder Schlag, der die Snare-Betonung unterstützt.
Wie die Band die Workshop-Produktion erlebt hat? Sie hätten schon länger mit dem Gedanken gespielt, ein Album mit Sylvia Massy als Produzentin aufzunehmen, erzählt Lea Sonnek später. „Der Workshop war eine gute Gelegenheit, sich näher kennenzulernen und testweise zusammenzuarbeiten. Für uns war die Arbeit mit Sylvia trotz der Workshop-Situation sehr angenehm.“ Massy sei sehr einfühlsam, kenne alle Bedürfnisse der Musiker samt ihren Instrumenten und gehe entsprechend darauf ein.
Um 18 Uhr ist Schluss – die Band, die Massy am nächsten Tag produzieren wird, steht bereits vor der Tür. Trotz einiger Wartephasen – am meisten ziehen sich Momente, in denen am Sequenzer konfiguriert wird – bot der Workshop interessante Einsichten in den Arbeitsalltag einer professionellen Produzentin. Die Vorführung der Widerstände von rohem Gemüse als Filtereffekt muss wegen der fortgeschrittenen Zeit leider ausfallen. Genügend Experimente hat Massy trotzdem geboten.
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