Vom Profi-Schlagzeuger zum Studiobesitzer
Viele Schlagzeuger nehmen im eigenen Proberaum auf, oft mit vielen Kompromissen – die Ergebnisse reichen von bemüht bis brauchbar. Profi-Schlagzeuger Ulf Stricker stellt sein eigenes Studio vor. Er erzählt, wie er zu seinem Beruf kam, erklärt gängige Fehler zum Thema Drum-Recording – und warum er bewusst einen großen, hohen Aufnahmeraum als „Zentrum“ seines Studios plante.
Von Nicolay Ketterer (Fotos: A. Kosik-Kapluggin)
Der 44-jährige Ulf Stricker arbeitet seit mittlerweile 25 Jahren als professioneller Musiker. Zu seinen Credits als Drummer zählen neben Pop-Produktionen (beispielsweise DSDS-Gewinner Alexander Klaws) vor allem Jazz- und Fusion-Aufnahmen (Bob Mintzer, Frank McComb, Phishbacher oder Nippy Noya).
Studios betreibt Stricker seit 2002. „Damals habe ich meine erste eigene ‚Klitsche‘ gehabt – der typische ‚Garagen-Aufnahmeraum‘. In dem Fall war es keine Garage, sondern ein Raum in einer alten Lagerhalle, der notdürftig ein bisschen hergerichtet wurde“, erinnert er sich. Ein grundlegender Vorteil: „Der Abhörraum war bereits getrennt von dem Aufnahmeraum, in dem das Schlagzeug stand.“ Seit 2017 ist er in den aktuellen Räumlichkeiten in Hilden, mit einer Gesamtgröße von 270 Quadratmetern. Damit will er den Komplettservice anbieten, praktisch von der Aufnahme „bis zum fertigen Musikvideo“, wie es auf der Webseite heißt. Das Studio mit drei Regieräumen betreibt er zusammen mit mehreren freien Mitarbeitern.
In den aktuellen Räumlichkeiten waren bislang etwa der frühere Toto-Sänger Bobby Kimball zu Gast, ebenso der Sänger und Bandleader Tom Gaebel, DSDS-Gewinner Severino Seeger, der Klassik-Komponist Bojan Vuletić, Musiker der WDR Big Band – und aus dem Karnevalsbereich, beispielsweise Die Höhner.
Vom Pianisten zum Profi-Drummer
Wie kam das alles? Parallel zum Beginn seiner professionellen Laufbahn 1997 machte er die Aufnahmeprüfung an der Hochschule der Künste in Arnheim, zum Studium für Schlagzeug und Klavier. „Dass ich im Bereich Musik arbeiten wollen würde, war recht früh klar – ich hatte 1983 als klassischer Pianist angefangen, mit sechs Jahren meinen ersten Unterricht bekommen“, meint der Düsseldorfer.
„Ich übte sieben, acht Stunden am Tag Klavier. Bei Wettbewerben, wo Asiaten besser waren, die bis zu 14 Stunden übten, fragte ich mich: Was mache ich hier eigentlich?“
Wenn er redet, schwingt eine charmante Färbung des rheinischen Dialekts mit. „Ich hatte auch damit geliebäugelt, im Bereich klassisches Klavier zu arbeiten. Das verwarf ich, nachdem mir klar wurde, dass du dafür diesem Instrument praktisch dein komplettes Leben unterordnen musst: Zu meinen Hochzeiten übte ich sieben, acht Stunden am Tag Klavier! Dann kam ich auf Wettbewerbe, wo beispielsweise Asiaten saßen, die zwölf bis 14 Stunden am Tag übten – und sie sind von ihren Fähigkeiten nochmal die entscheidende Liga darüber. Dann dachte ich mir – was mache ich hier eigentlich?“
Durch Spielpraxis in Studios
Schlagzeug hatte er lange Zeit bereits parallel gespielt. „Mit 16, 17 Jahren kam der Gedanke auf, dass das Instrument besser passen würde – dahinter steckte auch der Aspekt, dass ich bei klassischem Klavier nie improvisieren gelernt hatte.“ Er hatte bislang nur reproduziert. „Du bist der Interpret von bereits vorhandenen Werken – dort besteht etwas interpretatorischer Freiraum, aber das war’s. Bei Schlagzeug hatte ich mit Improvisation begonnen – ich mag improvisierte Musik.“ Die Entscheidung stand. Sein damaliger Studienort Arnheim lag nahe Düsseldorf. „Die Düsseldorfer Fachhochschule bietet die Möglichkeit, Ton und Bild, Mediendesign oder Film zu studieren. Ich kannte dort viele der Studenten und spielte Schlagzeug für sie ein. Dadurch landete ich oft in einem der Studios, die zu den Studiengängen gehörten – das lief von den späten 1990er Jahren bis in die frühen 2000er.“ Studioarbeit und Musikproduktion fand er spannend. In ihm reifte der Gedanke an ein langfristiges Geschäftsmodell – „im Studio sitzen und Schlagzeug spielen“, wie er sagt. „Als ich das Schlagzeugstudium abgeschlossen hatte, baute ich das Thema Aufnehmen als Standbein mit auf. Zunächst machte ich nur Schlagzeugaufnahmen, was sich in Richtung Bandproduktion und generelle Musikproduktion mit allen möglichen Instrumenten ausweitete.“
Als ersten Achtungserfolg rekapituliert er 2003 ein Album mit „Durstig“, einer deutschsprachigen Pop-Rock-Band, „ein Jahr vor dem Trend mit Juli und Silbermond“. Das Album gewann Preise für die Texte – darunter den Hermann-Hesse-Preis – kam allerdings nicht am breiten Markt an, die Band löste sich auf. Daraufhin landete er zur Begleitung bei „Deutschland sucht den Superstar“ – durch Netzwerkpflege während seines Studiums bekam er Aufträge und Gigs für einzelne Sänger der Casting-Show. „Mir war bereits recht klar, dass ich mich als Schlagzeuger eher in den Bereichen improvisierte Musik, Fusion und Jazz verwirklichen wollte. Ich hatte nie das Bestreben, Popstar zu werden oder mit Rockstars auf die Bühne zu gehen. Lieber wollte ich Club-Gigs spielen, bei denen sich jedes Konzert unterscheidet.“ Den Pop-Bereich sieht er als reine Studio-Aufgabe und in der Form als reizvollen Kontrast.
„Das funktioniert für mich anders: Du hast das Stück eingetrommelt, abgeschlossen und gibst das weg. Ich habe auch kein Problem damit, wenn live jemand anderes damit auf die Bühne geht!“ Das reize ihn weniger, weil es dann ums Reproduzieren gehe. „Das Einzige, was ich im Moment mache – wenn es die Pandemie-Rahmenbedingungen erlauben: Ich spiele bei Still Collins, einer Phil Collins- und Genesis-Tribute-Show. Das ist technisch so anspruchsvoll, dass es auf seine Art Spaß macht. Dort sind auch ‚freie‘ Passagen vorhanden.“
„Ich hatte nie das Bestreben, als Drummer Popstar zu werden oder mit Rockstars auf die Bühne zu gehen.“
Nach dem Aufbau des Studios zog sein Netzwerk an Musikern „immer mehr dorthin“, wie er sagt. „Nach dem Motto: ‚Du spielst ja ohnehin schon bei mir Schlagzeug, dann können wir auch das Album hier machen‘. Seit ich das große Studio habe, kommen immer öfter Produktionen, an denen ich selbst nicht beteiligt bin – komplette Bands oder Produktionen ohne Schlagzeug, wie Klassik, Sprachaufnahmen oder Filmmusik. Wir haben einen Regieraum, in dem 5.1-Surround gemischt wird. Das hat mit mir nichts mehr zu tun, außer der Tatsache, dass es meine Räumlichkeiten sind.“
Großer Raum als besonderes Merkmal
Stichwort Räumlichkeiten: Der 77 Quadratmeter große Aufnahmeraum stellt das „Herzstück“ des Studios dar, dazu sind zwei Aufnahmekabinen vorhanden. „Die Musiker können sich durch Scheiben alle gegenseitig sehen.“ In einem Image-Video zeigt Stricker an einem Song-Beispiel mit unterschiedlichen Besetzungen die Möglichkeiten des Studios auf. Er „wandert“ dabei zwischen mehreren Schlagzeugen hin und her.
In vielen Studios ist lediglich ein kompakterer Aufnahmeraum vorhanden – im Sinne von „Multifunktions-Haushalten“, die mit überschaubaren Mitteln alles abdecken müssen. Wie sich die Bedürfnisse der Räumlichkeiten bei Stricker ergeben haben? „Dahinter steht die Überlegung, wie man sich am Markt platzieren will. Unterhalb einer Mindestgröße trittst du sofort in Konkurrenz zu allen Garagen- und Hinterhof-Studios, die dich auch preislich tendenziell unterbieten. Mir war von Anfang an klar: Der Raum muss so groß sein, dass sich damit auch ein großer ‚Schlagzeug-Stadion-Sound‘ basteln ließe, mit Möglichkeiten, Raummikrofone aufzustellen. Mein Ziel, als ich den Klang mit dem Akustiker plante, war: Eine Trommel in die Mitte des Raums zu stellen, einmal drauf zu schlagen – und es sollte bereits geil klingen. Dafür ist ein Mindestvolumen nötig. Der Raum ist viereinhalb Meter hoch: Dadurch klingt das Schlagzeug größer und wuchtiger als in einem kleineren Raum mit niedriger Decke. Je nachdem, wie ich mikrofoniere, kann ich verschiedene Drum-Sounds erzeugen. Das war mir wichtig, weil bei der Planung immer noch der Schwerpunkt Schlagzeug eine Rolle spielte.“ Das ist seine Kernkompetenz, „alles andere kommt als Bonus obendrauf. Das war mir auch wichtig, im Image-Video zu zeigen, dass ein großes Schlagzeug bei Bedarf auch in der Kabine eingesetzt werden kann, sodass der Flügel frei im großen Raum platziert werden kann.“ Im Studio ist ein Steinway D-Flügel vorhanden. „Den Flügel in einer Live-Performance räumlich getrennt vom Schlagzeug aufnehmen zu können, ist für viele ein Hauptargument, warum das Studio gebucht wird.“
Die Problematik einer zu geringen Deckenhöhe wird gerade im Home-Recording-Bereich oft vernachlässigt. So entstehen vor allem in akustisch unbehandelten Räumen Phasenprobleme und Kammfiltereffekte durch frühe Reflexionen der Decke. Dem wollte Stricker ebenfalls vorbeugen. „In einem hohen Raum wie hier kann ich auch so mikrofonieren, dass man überhaupt nicht hört, wie klein oder groß der Raum ist – so kann ich das Ergebnis je nach Bedarf mit künstlichem Hall versehen.“ Er erinnert sich kurz an sein erstes Studio zurück: „Damals war der Aufnahmeraum rund 30 Quadratmeter groß. Das wäre noch recht in Ordnung gewesen, aber die Deckenhöhe betrug nur 2,20 Meter. Dadurch entstand genau die Problematik der Reflexionen, besonders bei Schlagzeugaufnahmen – das Ergebnis klingt schnell nach Pappkarton.“
„Mein Ziel, als ich den Klang mit dem Akustiker plante, war: Eine Trommel in die Mitte des Raums zu stellen, einmal drauf zu schlagen – und es sollte bereits geil klingen.“
In einem kleinen Raum könne man sich zur Not mit extremem Close-Miking behelfen, meint er: „Dann musst du alle Becken nah abnehmen, statt mit ‚räumlichen‘ Overheads zu arbeiten. Das Ergebnis klingt fast so, als würdest du mit Samples arbeiten. Das Klangbild bestellen manche explizit bei mir – ein Rock-Kunde, für den ich regelmäßig einspiele, möchte jedes Becken einzeln abgenommen haben.“ Bei einem kleinen Raum bestünde trotz reiner Nahmikrofonierung das Problem fehlenden „tragenden“ Klangs, erklärt Stricker, „die Snare ‚öffnet‘ sich dann im Gesamtklang immer noch nicht“. Zudem kämen auf jedem Mikrofon noch Anteile der „Pappkarton-Reflexionen“ mit an.
Ein großer Raum, der das Problemfeld der Reflexionen „auf Distanz“ hält, sei ein Kostenfaktor: „Dutzende Drummer haben irgendwelche Mikros im Keller stehen. Meinen Kunden gegenüber muss ich den Mehrwert, den sie bezahlen, rechtfertigen können. Das geht – neben etwas Equipment – über die Räumlichkeiten, und auch darüber, dass ich als Drummer eine professionelle Performance abliefere.“
Eine professionelle Drum-Perfomance muss vom Sound „getragen“ werden
Das Spiel stellt naturgemäß die Grundlage dar, die die Klangqualität der Aufnahme mitbestimmt; aus einer schlechten Performance lässt sich bekanntlich kein ideales Ergebnis „hinbiegen“. Umgekehrt sei es unmöglich, gerade beim Schlagzeug sich nur mit guter Performance über schlechte Aufnahmebedingungen hinwegzusetzen. Stricker nennt seine Vorbilder, die amerikanischen Profi-Schlagzeuger Dennis Chambers, Dave Weckl und Vinnie Colaiuta, als Beispiel. „Eine Zeit lang kaufte ich fast alle Platten, auf denen sie mitgespielt haben. Dennis Chambers spielte beispielweise auf unzähligen Alben, wo er von Musikern für kleinere Produktionen gebucht wurde. Das Schlagzeug ist klanglich teilweise suboptimal – da hilft es auch nicht, so geil wie er zu spielen, weil die Grundbedingungen so unterdurchschnittlich sind. Gutes Spiel und der Klang des Raums müssen einhergehen. Hinzukommt: Ich habe einen großen Fuhrpark an Trommeln für die passenden Stücke im Zugriff, direkt im Raum. Dazu die Mikrofone: Für eine Standard-Schlagzeugaufnahme kann ich fünf Overhead-Konfigurationen anbieten – die ich notfalls gleichzeitig aufstellen kann, sodass der Kunde im Direktvergleich hören kann, was ihm am besten gefällt.“
„Unterhalb einer Mindestgröße trittst du sofort in Konkurrenz zu allen Garagen- und Hinterhof-Studios, die dich auch preislich tendenziell unterbieten.“
Modernes Equipment statt Vintage-Legenden
Im Studio nutzt er neue Produktionsmodelle, keine Vintage-Mikrofone. Zu den „Haupt-Großmembranern“ zählen beispielsweise Neumann TLM170, TLM193, M149, Gefell M930, AKG C414- B-ULS und XLS sowie Audio Technica AT4050. „Ein Kollege baut seinen Regieraum hier neu auf, er hat Neumann U67- und U47-Vintage-Exemplare, auf die ich auch Zugriff habe. Mir persönlich gefällt der Klang des neuen M149 besser, weil es schlicht viel weniger rauscht. Manche schwören hingegen auf das U67!“ Als Controller dient ihm ein digitales Tascam DM4800. „Zu Beginn hatte ich überlegt, noch mehr im Analogbereich zu machen. Ich hatte lange Zeit Räumlichkeiten gemeinsam mit Dirk Ullrich von Brainworx genutzt. Von ihm stand dort eine große Konsole und Outboard – systembedingt war ständig etwas kaputt gegangen und jemand kam zum Löten vorbei“, erinnert er sich schmunzelnd. „Hier werden über eine Woche drei Produktionen angefangen und ich muss ständig Total Recall machen – die Sessions müssen vom Workflow her praktisch nahezu sofort wieder aufrufbar sein.“
Analoge Pulte oder auch Bandmaschinen für „klassische“ Bandsättigung bei Schlagzeugaufnahmen seien für ein großes Studio mit fest angestellten Technikern möglicherweise sinnvoller umsetzbar – „aber wer kann sich das heute noch leisten? Aus dem Grund habe ich auch keine Vintage-Preamps.“ Er besitzt zwar beispielsweise API 512-Preamps, allerdings neue Exemplare im 500er-Rackformat. So will er die Gefahr einer technischen „Dauerbaustelle“ umgehen.
„Nur mit Overheads und Bassdrum sollte das Set bereits gut brauchbar klingen.“
Was Drum-Aufnahmen im Home-Recording angeht: Welche Fehler treten dort aus seiner Sicht am häufigsten auf? „Zu viele Mikrofone werden verwendet, nach dem Motto ‚viel hilft viel‘! Du stellst erstmal alles hin, machst alle Kanäle auf und achtest dabei nicht auf die Phasenkorrelation zwischen den Mikrofonen. Die wenigsten Home-Recorder überprüfen das. Das zweite betrifft das Drumming selbst, was ausgewogenes Spiel angeht: Wenn die Lautstärken von vornherein nicht stimmen und ein Schlagzeuger dynamisch unausgewogen spielt – zum Beispiel die Snare zu leise spielt im Verhältnis zur Hi-Hat. Eigentlich sollte das Set nur mit Overheads und Bassdrum bereits nach etwas klingen. Der Rest dient – je nach Aufnahmephilosophie – nur als Stütze. Stimmt die Balance nicht, musst du deutlich mehr schrauben.“ Auch bei der Mikrofonwahl müsse ein passendes Bewusstsein für das Ergebnis herrschen. Er nutzt gerne Royer-Bändchenmikrofone als Overheads, wenn es zum gewünschten Ergebnis passt, etwa seine R121 oder sein SF24-Modell. „Dabei muss einem klar sein, dass sie aufgrund ihrer Richtcharakteristik viel räumlicher klingen und mehr einfangen als etwa zwei Neumann KM184.“ Die passende Wahl sei daher wichtig, denn: „Alles, was ich vorher ‚richtig‘ eingefangen habe und nachher nicht versuchen muss, ‚reinzudrehen‘, klingt meist besser.“
Drum-Recording: Tuning und Felle
Zum Thema Drum-Tuning verweist er auf das erwähnte Image-Video. „Bei dem dort gespielten Jazz-Stück sind die Toms inklusive der Bassdrum tonal passend zu dem Stück gestimmt. Das wird bei den lauteren Stellen deutlich hörbar – auch die Bassdrum hat einen Ton.“ Er spricht jene Stimmweise einer unbedämpften Bassdrum an, wie sie im Jazz gerne eingesetzt wird, wo das Schlagzeug mitunter mehr als akzentuiertes „Klanginstrument“ statt als reiner Rhythmuslieferant betrachtet wird. „Den Ansatz nutze ich häufig auch für Pop-Stücke bei der Snare, sodass die Snare-Stimmung auch in Relation zum Grundton des Stücks stattfindet – entweder der Grundton oder ein anderer passender Ton, der sich im Song einfügt.“ Auch die passenden Felle machten bei Aufnahmen einen großen Unterschied. „Wie viele Obertöne produziert das Fell? Entstehen harte oder weiche Transienten? Wie viel Tonalität kommt generell aus Tom oder Snare?“ Viele Schlagzeuger kennen aus dem Live-Betrieb den Ansatz, alles „tot“ zu dämpfen – was eine gewünschte Ästhetik sein kann, mitunter allerdings aus einem Automatismus oder mangelnden Stimmfähigkeiten heraus stattfindet. Ein Problem: Bei voll bedämpften Klängen fehlen später Obertöne, die in der Aufnahme „herausgekitzelt“ werden müssen, mit entsprechenden Kompromissen im Ergebnis.
Fügt sich bei einer passend gestimmten Snare unter Umständen auch ein langer Ausklang in einer Pop-Produktion natürlich ein – weil schlicht keine herausstechenden Obertöne das Klangbild stören? Dem Gedanken stimmt Stricker zu. „Man muss auch immer bedenken: Alles, was an störenden Obertönen in der Aufnahme ist, verstärkt sich je nach Stilistik in der Post-Produktion. Wenn ich eine Snare hart komprimiere, hole ich mir tendenziell von dem ‚Störfeuer‘ noch mehr rein. Hier schließt sich der Kreis zu dem Gedanken, welche Fehler man machen kann: Wenn du schlecht gestimmt hast und einen fetten Rock-Sound schrauben willst, wird sich das spätestens dann rächen, wenn du die Kompression hochfährst.“ Einem knapp „daneben“ gestimmten Tom, das sich tonal mit dem Song beißt, könne man nachher höchstens brutal mit einem Gate zu Leibe rücken und/oder versuchen, die störende Frequenz mit einem schmalbandigen EQ rauszudrehen. „Das klingt allerdings unschön, dann hat die Trommel keinen Punch mehr. Stimmen ist daher ein sehr wichtiger Aspekt. Viele tauschen auch zu selten ihre Felle aus.“ Generell gelte die Frage nach der „Vision“ der Aufnahme: „Ich muss mir praktisch vorher überlegen, wie das Ergebnis im Mix klingen soll.“
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