Taste of India
Im fernen Indien ist Sonodyne schon seit über 40 Jahren einer der führenden Pro-Audio-Hersteller. Ob seine Lautsprecher auch eine ernstzunehmende Gefahr für die internationale Konkurrenz sind, haben wir für Sie erlauscht.
Von Sylvie Frei
Indien – kaum ein anderes Land weckt bei uns so viele bunte und exotische Assoziationen. Allerdings gehörte die Assoziation Lautsprecher bislang eher nicht dazu. Das könnte sich nun ändern, denn wir testen zum ersten Mal ein Modell aus der indischen Lausprecher-Schmiede Sonodyne. In Deutschland ist Sonodyne zwar noch weitgehend unbekannt, doch in Indien zählt das Unternehmen schon lange zu den führenden Pro-Audio-Herstellern. Mittlerweile präsentiert Sonodyne seine Produkte in über 40 Ländern und hat mit Klemm Music auch einen deutschen Vertrieb an der Hand.
Unser diesmaliger Testkandidat, der Sonodyne SRP 500, zählt zu der neuen SRP-Lautsprecher-Serie, die der Hersteller für den Einsatz in professionellen Heimstudios, für Broadcast- und Post-Production-Einsätze konzipiert hat. Die Serie besteht aus den fünf Lautsprecher-Modellen SRP 350, 400, 500, 600 und 800, die mit einem Stückpreis von rund 250 bis 900 Euro zu Buche schlagen.
Das mittlere Modell SRP 500 ist ein kompakter aktiver Zwei-Wege-Bassreflex-Lautsprecher für das Nahfeld. Mit rund 550 Euro pro Stück zählt er preislich zur gehobenen Mittelklasse, kann dafür aber auch mit echtem Bi-Amping und einem digitalen Kern aufwarten. Eingangsseitig ist er mit einem XLR- und einem symmetrischen Klinken-Eingang professionell ausgestattet. Außerdem wartet der kompakte Lautsprecher mit zwei analogen Shelving-Filtern und einem Hochpassfilter auf, die dem Nutzer bei Bedarf zur Verfügung stehen.
Klanglich erwartet uns laut Hersteller ein tiefer Bass, eine sehr gute Transienten-Wiedergabe, ein breites und differenziertes Klangbild, gute Ortbarkeit sowie genügend Headroom und Dynamik. Ob das der Wirklichkeit entspricht, gilt es im Detail zu überprüfen.
Das Äußere des SRP 500 macht schon einmal einen rundum soliden Eindruck. Der Lautsprecher besitzt ein resonanzarmes pulverbeschichtetes Aluminium-Druckgussgehäuse, dessen Kanten deutlich verrundet sind. Letzteres dient zur Vermeidung von Gehäuse-Reflexionen, die durch abrupte Ablenkungen des Schalls, beispielsweise durch scharfe Kanten an der Gehäusewand hervorgerufen werden.
Mit Maßen von rund 20 Zentimetern Breite und Tiefe sowie einer Höhe von 30 Zentimetern ist der SRP 500 theoretisch klein genug für die Platzierung auf dem Desktop. Doch Achtung, mit einem Gewicht von rund sieben Kilogramm pro Box sind die SRP 500 keine Leichtgewichte. Auch aus akustischen Gründen verlangen die Lautsprecher nach einem grundsoliden, vibrationsfreien Untergrund. Für zusätzlichen Halt können die insgesamt sechs auf dem Boden und auf der Rückseite des Lautsprechers verorteten M6-Gewinde sorgen. Diese erlauben es, den SRP 500 auf einem Podest oder an der Wand festzuschrauben.
Auf der Frontseite des SRP 500 befinden sich der im Durchmesser 133 Millimeter messende Konus-Tief/Mitteltöner und mittig darüber der in einem ovalen Wave-Guide eingebettete ein Zoll-Hochtöner mit Seidenkalotte. Beide Chassis sind magnetisch gegen Einstreuungen abgeschirmt. Der Tief/Mitteltöner besitzt eine Membran aus Kevlar-Gewebe. Kevlar ist eine synthetische Aramid-Faser, die außer für den Lautsprecherbau auch als Material für kugelsichere Westen eingesetzt wird. Die Faser zeichnet sich nicht nur durch hohe Festigkeit und Leichtigkeit aus, sondern soll außerdem die Ausbildung konzentrischer stehender Wellen aufgrund ihrer Struktur unterbinden und dadurch auftretende Klangverfärbungen verhindern.
Der SRP 500 wird mit echtem Bi-Amping betrieben – sowohl Hochtöner- als auch Tief/Mitteltöner sind jeweils mit einer 50 Watt-Endstufe ausgestattet. Die Übernahmefrequenz liegt bei 2,5 Kilohertz.
Wie wir an der frontseitigen, schlitzförmigen Öffnung unterhalb des Tief/Mitteltöners erkennen können, ist der SRP 500 außerdem ein Bassreflexlautsprecher. Die vorne befindliche Öffnung des Bassreflexkanals begünstigt im Gegensatz zu einer rückseitigen Öffnung eine eher Wand-nahe Aufstellung, was besonders in beengten Räumlichkeiten vorteilhaft sein kann. Allerdings ist die frontseitige Lösung bei Zwei-Wege-Systemen, bei denen der Tieftöner nicht nur für die Bass- sondern auch für die Mittenwiedergabe zuständig ist, nicht unumstritten. Durch sie kann es dazu kommen, dass der Mittenbereich durch die Rohrresonanz zusätzlich angeregt wird, was wiederum zu einer unerwünschten Überbetonung führen kann. Doch wollen wir den Lausprecher nicht unbegründet vorverurteilen – wie sich unser Testkandidat tatsächlich verhält, wird der Hörtest klären.
Links und rechts neben der Bassreflex-Öffnung finden sich außerdem der Powerschalter samt Status-LED, die Auskunft über die Aktivität des Lautsprechers gibt, sowie der ungerastete im Gehäuse eingebettete Lautstärke-Regler. Dieser macht es möglich, die Eingangsempfindlichkeit an das Ausgabegerät präzise anzupassen.
Auf der Rückseite des SRP 500 finden sich sämtliche Anschlüsse sowie die Bedienelemente für die beiden Shelving-Filter und das Hochpassfilter. Als Anschlüsse stehen ein professioneller XLR-Eingang und ein symmetrischer TRS-Klinkeneingang bereit. Auf einen digitalen Eingang hat der Hersteller trotz des integrierten DSPs verzichtet. Im Inneren findet also immer zuerst eine AD-Wandlung statt – doch dazu gleich mehr.
Als Einstell-Elemente für die analog realisierten Filter dienen im Falle der Shelving-Filter zwei einfach geschlitzte Kunststoff-Schrauben, die sich mit Hilfe eines Schraubenziehers auf die gewünschte Filter-Position einrasten lassen. Praktisch: Da die Schrauben sehr leichtgängig sind, tut es auch ein Kugelschreiber oder spitzer Fingernagel. Das tiefe Shelving-Filter greift unterhalb von 250 Hertz, das hohe oberhalb von vier Kilohertz. Beide lassen sich um plus/minus 0,75, 1,5, 2,25 oder drei Dezibel anheben oder absenken. Damit steht dem Nutzer die Möglichkeit offen, den SRP 500 auf den Abhörraum oder persönliche Hörgewohnheiten präzise anzupassen.
Außerdem steht ein fest eingestelltes, zuschaltbares Hochpassfilters bereit, das unterhalb 100 Hertz mit einer Flankensteilheit von 12 Dezibel pro Oktave greift. Mit seiner Hilfe lässt sich der SRP 500 auf eine gemeinsame Nutzung mit einem Subwoofer abstimmen. Sonodyne bietet bislang zwei Subwoofer-Modelle an, den rund 600 Euro kostenden SLF 210 V2 und den SLF 312, der mit rund 1.150 Euro zu Buche schlägt.
Wie erwähnt, ist das Innere des SRP 500 mit einem digitalen Signalprozessor (DSP) ausgestattet. Dieser zeichnet im Falle unseres Testkandidaten ausschließlich für die Filterschaltung der Frequenzweiche verantwortlich. Dabei ist ein digitaler Lautsprecher klar im Vorteil: Denn zur optimalen Justierung der Frequenzweiche sind mitunter sehr komplexe Filterschaltungen vonnöten, die sich auf analogem Wege nur sehr viel umständlicher realisieren ließen und für die in einem kompakten Gehäuse schnell der Platz ausgehen kann. Bei einem digitalen Lautsprecher erlaubt es die Software den Entwicklern, die Filter-Schaltungen schnell und einfach nach Gehör anzupassen. Die Möglichkeiten sind dabei allein durch die Kapazität des DSPs beschränkt.
Bevor das eingehende Signal den DSP durchlaufen kann, muss es jedoch zunächst AD-gewandelt werden. Auf unsere Nachfrage hin erläutert der Hersteller, dass er nichts von im DSP integrierten AD-Wandlern hält und die Wandler in der SRP-Serie daher eine separate Einheit bilden. Die dafür ausgewählten Wandler-Bauteile arbeiten mit einer professionellen Auslösung von 192 Kilohertz bei 24 Bit, sind mit symmetrischen Ein- und Ausgängen und einem gehobenen Noise-Shaping-Algorithmus ausgestattet. Auch das DSP arbeitet durchgehend mit einer Auflösung von 24 Bit. Damit schafft Sonodyne schon einmal beste Voraussetzungen für eine möglichst originalgetreue Klangwiedergabe – vor allem bei der Beurteilung von hochaufgelöstem Ausgangsmaterial.
Nun ist es aber höchste Zeit, dass wir den SRP 500 auch einem detaillierten Hörtest unterziehen. Dafür positionieren wir die beiden SRP 500er-Boxen im empfohlenen sechzig Grad-Winkel in unserem Studio. Als Hörmaterial dienen unterschiedliche, uns gut bekannte Produktionen – darunter eine Live-Orchesteraufnahme, ein Metal- und ein Folk-Album. Die Filter der Lautsprecher lassen wir auf Neutralstellung. Beim Einschalten des SRP500 sind wir überrascht, wie schnell dieser abspielbereit ist – nämlich unmittelbar nach dem Einschalten.
Beim Hören fällt uns auf, dass das Stereobild von einer starken Phantommitte geprägt ist. Insgesamt zeigt es sich äußerst differenziert – unterschiedliche Signale lassen sich nahezu punkgenau orten. Zudem beschränkt sich das Darstellungsvermögen des SRP 500 nicht nur auf die Breite, er lässt auch plastisch in die Tiefe hören. Bei der Orchesteraufnahme können wir tatsächlich im Detail die klassische Orchestersitzordnung nachvollziehen, wofür der kompakte Lautsprecher schon einmal deutliche Pluspunkte erntet.
Allerdings besitzt das SRP 500-Paar einen vergleichsweise schmalen Sweetspot, sodass wir keine allzu große Bewegungsfreiheit beim Hören haben. Bereits das Hin- und Herrücken von wenigen Zentimetern nach links oder nach rechts schränkt die Ortbarkeit merklich ein. Das nehmen wir jedoch angesichts der ansonsten hervorragenden räumlichen Darstellung in Kauf, zumal sich der Lautsprecher auch in den anderen Disziplinen zumeist vorbildlich schlägt:
So ist seine Impulstreue insgesamt sehr gut. Schnelle Paukenschläge klingen akzentuiert und konturiert. Frequenz-Überbetonungen können wir an keiner Stelle feststellen – die Mitten zeigen sich stimmig und ausgewogen und werden durch die nach vorne geöffnete Bassreflex-Konstruktion keinesfalls negativ beeinflusst.
Auch die Bässe des SRP 500 klingen voll, straff, trocken und beachtlich tief. Selbst bei der Metal-Produktion erscheinen auch die tiefer gestimmten E-Bass-Klänge definiert und konturiert. Einzig die Höhen des SRP 500 klingen zwar durchaus differenziert und präzise, aber vergleichsweise leise und zurückhaltend. Im Test können wir uns allerdings schnell darauf einstellen. Hochfrequente Nebengeräusche wie das Anblasen einer Flöte oder das Umblättern von Notenblättern lassen sich mit etwas Konzentration dennoch problemlos aufspüren.
Fazit
Insgesamt zeigt sich der kleine indische Lautsprecher im Test als professionell nutzbares Hörwerkzeug. Aufgrund seiner kompakten Bauweise eignet er sich perfekt für das Monitoring in einem räumlich beengten Projekt- oder Heimstudio. Der Preis von rund 550 Euro pro Stück geht angesichts der professionellen klanglichen Leistung, seiner soliden Verarbeitung und leistungsfähigen Digital-Ausstattung vollkommen in Ordnung.
Erschienen in Ausgabe 06/2014
Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 549 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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