Auferstanden

Die bei vielen Profis beliebten Nahfeld-Monitore der S-Serie des britischen Hersteller Quested feiern ihre Wiederauferstehung, denn seit Oktober 2009 wacht wieder Unternehmensgründer Roger Quested selbst über die Schallwandler, die seinen Namen tragen und optimale Klangqualität zu deutlich niedrigeren Preisen bieten sollen.  

Von Harald Wittig

Der Brite Roger Quested ist ein Überzeugungstäter in Sachen Lautsprecherbau für professionelle Anwender. Sein empfindliches Gehör war offenbar nicht leicht zufriedenzustellen, denn neben seiner Arbeit an vorderster Mixer-Front beschäftigte er sich zunächst nebenbei mit dem akustischen Design von Tonstudios. Das erworbene Wissen und der angeborene Perfektionismus von Quested machten aus dem anfänglichen Hobby bald ein professionell betriebenes Zweitgeschäft. Denn die Kompetenz des Toningenieurs mit dem hochfeinen Gehör sprach sich herum und einige Studio-Betreiber wendeten sich an Roger Quested, auf dass er deren Studios akustisch optimiere.  Es dauerte allerdings bis Anfang der 1980er-Jahre, dass sich Quested auch mit selbstentwickelten Studio-Abhöranlagen befasste: Zu jener Zeit übernahm er nämlich das Management der DJM-Studios und entwickelte eine maßgeschneiderte Abhör-Anlage, die für einiges Aufhorchen bei seinen Kollegen sorgte. Es kam wie es kommen musste: Um die stetig wachsende Nachfrage der Toningenieure nach maßgeschneiderten Studio-Monitoren befriedigen zu können, ging Roger Quested den einzig ihm offenstehenden Weg: Er gründete sein eigenes Unternehmen Quested Monitoring Systems und stieg damit professionell in den Lautsprecherbau ein. Ein Terzett, bestehend aus zwei S7 und dem SB10 hat Professional audio bereits in Ausgabe 2/2008 getestet. Das seinerzeit rund 3.900 Euro teure 2.1-System bestand den Test mit der Bestnote „Spitzenklasse sehr gut“. Seit Oktober 2009 hat sich allerdings einiges grundlegend bei Quested geändert. Roger Quested, der sich ursprünglich zur Ruhe setzen wollte, hat sein Unternehmen gemeinsam mit seinem alten Freund Guy Lewis, der früher unter anderem für Tannoy und Teac tätig war, von der britischen Soundmix Group, zu der unter anderem die Hersteller MC2 und XTA gehören, zurückgekauft. Quested Monitoring Systems ist also wieder in den Händen des Überzeugungstäters Roger Quested, der gleich daran ging, seine S-Serie zu überarbeiten. Daher tragen alle S-Serie-Modelle nun ein „R“ für „revisited“, also „überarbeitet“. In dieser neuen Auflage sollen die Monitore ein entscheidendes Quäntchen  mehr an Signaltreue bieten sollen. Das wollen wir selbstverständlich ganz genau wissen und haben uns für diesen Test ein 2.1-System ausgesucht, wobei diesmal der große S8R vor die Ohren der Tester tritt, die Ergänzung im Bassbereich liefert einmal mehr der  – trotz des „R“ im Namen – weitgehend unveränderte SB10R. Bevor wir uns den Briten widmen, noch eine wichtige Vorabinformation: Quested Monitoring Systems hat seine Vertriebsstruktur grundlegend verändert: Faktisch übernimmt der Hersteller jetzt selbst den Vertrieb seiner Produkte, als Schnittstelle zum Fachhändler fungiert in der Bundesrepublik die Vertriebsagentur Pro-Audio-Services. Das bedeutet, dass eine Quested-Anlage noch nie so günstig zu haben war. So gibt es  unser Test-Terzett alten Preis des S7/SB10-Systems, also für rund 3.900 Euro.

Dann sehen wir uns das Quested-Terzett sogleich näher an und beginnen mit dem S8R, einem aktiven Zwei-Wege-Lautsprecher in Bassreflex-Bauweise. Der Monitor ist mit seinem Lebendgewicht von etwa 18 Kilo und einer Höhe von über 40 Zentimetern schon ein recht imposanter Brocken. Seinen beiden Lautsprecher-Chassis – ein Tief-Mitteltöner mit Papiermembran von 200 Millimeter Durchmesser und ein Hochtöner mit einer 28 Millimeter durchmessenden Gewebekalotte – werden von zwei Class A/B-Endstufen angetrieben. Die beiden Endstufen bieten eine Gesamtleistung von 370 Watt, 220 für den Tief-Mitteltöner und 150 Watt für den Hochtöner. Damit ist der S8R ein echtes Kraftpaket, der in puncto Endstufen-Power die meisten vergleichbar großen Nahfeld-Monitore übertrifft. Tatsächlich empfiehlt der Hersteller den S8R nicht ausschließlich für das Nahfeld. Der große S-Monitor eigne sich nämlich aufgrund seiner hohen Leistungsreserven auch als Mittelfeld-Lautsprecher. Hinzu kommt, dass er aufgrund seines großen Tief-Mitteltöners nicht zwingend auf die Bassergänzung durch den Tieftonlautsprecher SB10 angewiesen sein soll. Mit anderen Worten: Der Anwender erhalte mit dem S8R praktisch einen Vollbereichslautsprecher. Das werden wir selbstverständlich im Rahmen des Praxistests überprüfen. Wie eingangs erwähnt, gehörte Quested lange zur britischen Soundmix Group, hinter der die beiden Hersteller MC2 und XTA stehen. Trotz des Rückkaufs seines Unternehmens, hindert das Roger Quested keineswegs, weiter mit der Soudnmix Group, genauer mit MC2 zu kooperrieren: MC2 fertigt nämlich – wie bisher – die Endstufen der Quested-Monitore. Allerdings stammt das Design, auch das war grundsätzlich über die Jahrzehnte immer so, von Roger Quested. Seiner Meinung nach bringt nur ein Class A-B-Design die bestmögliche, also klanglich vor allem in puncto Impulsverhalten überzeugende Leistung. Ja, richtig, das sieht der eine oder andere Mitbewerber sicher anders, deswegen enthalten wir uns einer etwaigen Debatte. Weit wichtiger für den Praktiker – der eher selten Handbücher liest: Die Endstufen des S8R benötigen eine gewisse Zeit, um auf die optimale Betriebstemperatur zu kommen. Die Aufwärmphase des S8R signalisiert eine blinkende grüne LED auf der Front des Monitors und – ohne allzu weit auf den Hörtest vorzugreifen – es ist nach unserer Erfahrung unbedingt empfehlenswert, den Lautsprechern diese Vorglühphase zu gönnen. Ansonsten gibt es nichts weiter Wichtiges zum S8R zu vermelden. Die Fotos auf den Seite 80 und der finale Steckbrief informieren über die weitere Ausstattung des Briten, die sich in bester Quested-Tradition auf das Notwendigste beschränkt.

Der SB10R ist im Vergleich zu seinem Vorgänger SB10 „ohne R“ unverändert. Es handelt sich um einen passiven Tieftonlautsprecher – die Bezeichnung „Subwoofer“ hört Roger Quested gar nicht gerne – der in Kombination mit einer externen Endstufe, in die ein zweikanaliger Bass-Management-Controller integriert ist. Grund für die räumliche Trennung von Tieftonlautsprecher und Endstufe ist nach Aussage des Herstellers der Ausschluss von Mikrovibrationen bei der Endstufe, die den Klang des Lautsprechers maskieren, also verfälschen können. Auch in diesem Punkt mögen die Quested-Mitbewerber, die eine Bauweise mit eingebauter Aktiv-Elektronik bevorzugen, genau gegenteiliger Ansicht sein. In diesem Zusammenhang sei aber daran erinnert, dass auch Attila Czirják von United Minorities bei seinem 2.1-Monitoring-System „The Flow“ bewusst aus klanglichen  Gründen auf eine Trennung von Endstufe und Lautsprechern setzt. Es ist eben alles – wie so oft  – eine Frage der Hersteller-Philosophie und der technischen Umsetzung. Auf der Rückseite des – einfach und verkürzt ausgedrückt – Controllers im praktischen 19-Zoll-Rack-Format finden sich zwei Schraubklemmen zum Anschluss klassischer Lautsprecherkabel mit Bananenstecker für die Verbindung mit dem SB10. Zum Anschluss der Hauptmonitore, in unserem Fall dem S8R-Paar gibt es zwei Ausgänge im XLR-Format, daneben finden sich zwei Combo-Buchsen-Eingänge  für das Bass-Management. Der Controller erlaubt eine stufenlose Einstellung des Verstärkungsbereichs der Bass-Extension von -14 bis +6 dBu. Wichtig zu wissen: Der SB10 darf nach Herstellerangabe keinesfalls ohne Filterung betrieben werden, ab Werk arbeitet im Controller ein Hochpassfilter. Der Grund dafür, ist eine starke Eigenresonanz des Lautsprecher-Gehäuses, die ohne das Hochpassfilter zu einer verfälschten Basswiedergabe führt. Im Innern des Controllers findet sich ein Jumber, über den sich die Einsatzfrequenz des Filters wahlweise auf 14 oder 28 Hertz mit einer Flankensteilheit von 24 Dezibel pro Octave einstellen lässt. In den Ausgängen zu den beiden Haupt-Monitoren ist ein internes Tiefpassfilter mit einer Einsatzfrequenz von 100 Hertz aktiv. Davon zu unterscheiden sind die Trennfrequenzen des Bass-Managers, auf die der Toningenieur selbstverständlich direkten Zugriff hat: Mit einem Schraubenzieher-pflichtigen,  versenkten Drehregler auf der Frontplatte sind Trennfrequenzen in einem Bereich von 40 bis 135 Hertz stufenlos einstellbar. Es ist zu empfehlen, die Trennfrequenz nicht höher als circa 90 Hertz zu wählen. Anderenfalls ist der Tieftöner, der immerhin nur eine hör- und spürbare Bass-Erweiterung sei soll, zu orten. Ein Phasenregler, ein Polarisationsschalter sind selbstverständlich und ebenfalls auf der Frontplatte des Controllers vorhanden. Weitaus exklusiver und sehr praktisch ist der Bypass-Schalter: Ist er aktiviert, sind die Hauptlautsprecher solo, also ohne Bassergänzung zu hören. Das hat durchaus den Vorteil, im Falle kleiner Satelliten, die naturgemäß keine Tiefbässe liefern können, die Mischung auf ihre MP3-Player-/Ohrstöpseltauglichkeit, also bassbefreit zu überprüfen. Im Falle des S8R haut das allerdings nicht hin. Mehr dazu folgt sogleich. Sehr praktisch ist auch der Druckschalter mit der Aufschrift „Test“. Dahinter verbirgt sich ein Rauschgenerator, der beim Einmessen des Systems auf den Abhörraum behilflich ist, indem er ein bandbegrenztes rosa Rauschen erzeugt.

Für den Praxistest haben wir das Quested –Monitoring-System nach sorgfältigem Einrauschen beziehungsweise Einspielen zunächst mit Musik aus der Konserve – passend zum Interview in diesem Heft – mit dem neuen Album der Joscho Stephan-Band   „Django Nuevo“  gefüttert. Vom Fleck weg überzeugt das System mit einem beachtlichen Impulsverhalten und einem dynamischen, sehr direkten Klang. Wir stellen allerdings schon nach etwa zehn Minuten fest, dass beispielsweise die teilweise lichtschnellen Soli, aber auch die treibende Rhythmusgitarre oder der Kontrabass deutlich knackiger oder präziser kommen. Der Grund dafür: Die Endstufen in den beiden S8R haben inzwischen ihre optimale Betriebstemperatur erreicht. Nach unserem Höreindruck verbessert sich anscheinend das Impulsverhalten der eingebauten Verstärker, denn erst nach einiger Spieldauer arbeiten die Class A-B-Endstufen mit einer optimalen Slewrate,  die sich bekanntlich auf die Geschwindigkeit eines Verstärkers und damit auf das Impulsverhalten auswirkt.  Aufgrund dieses ersten, positiven Eindrucks  zögern wir nicht lange und betrauen das britische Trio mit einer Praxisaufgabe, mit der die Quested-Anlage ihre Werkzeugqualität unter Beweis zu stellen hat.  Dazu öffnen wir ein älteres Sonar-Projekt, bei dem zwei begleitende und ein solistische Akustikgitarre sowie ein E-Bass zu hören sind. Beim ersten Anhören des, abgesehen von einer Verteilung der Einzelstimmen im Stereobild ansonsten gänzlich unbehandelten Stück, gefällt uns spontan die starke Phantommitte des breiten Stereobildes, wobei sich extrem nach außen positionierte Stimmen nicht wie festgeklebt an den Lautsprechern haften. Gleichwohl, dass müssen sich die Insel-Monitore gefallen lassen, gibt es in der Disziplin „Ablösung vom Lautsprecher“ noch einige bessere Mitbewerber. Beispielsweise den vorzüglichen A215-M von PSI Audio (Test in Ausgabe 2/2010) und den in dieser Ausgabe getesteten KS digital ADM 25.  Wir sind also mit der Räumlichkeit der Aufnahme soweit zufrieden, die Begleit-/Harmoniegitarren erklingen mit einer angenehmen, uns vertrauten Seidigkeit, für die das verwendete Instrumenten-Mikrofon ATM450 von Audio-Technica mitverantwortlich ist. Allerdings sei nicht verschwiegen, dass der S8R Im Vergleich zu unserem momentanen Referenz-Monitor, dem ADAM S3X, eine Spur wärmer klingt, was an einer leichten Anhebung im Tiefmittenbereich geschuldet ist. Verfehlt wäre es aber, wie andrenorts schon zu lesen, insoweit von „Verfärbung“ zu sprechen. Sicher, der S8R bringt ein wenig Klangfarbe ins Spiel, ist aber definitiv kein Schönfärber. Jeder Monitor, auch die Besten, haben ihren Eigencharakter, so auch der Quested, der insgesamt neutral, lediglich weniger nüchtern-analytisch als manche Mitbewerber, abgestimmt ist.     Seine Werkzeugqualität beweist er sogleich beim Klangtuning der Sologitarre, seinerzeit einem Bändchen-Mikrofon aufgenommen. Die möchten wir etwas prominenter herausmodelliert hören. Dank der präzisen Informationen, die das S8R-Pärchen liefert, genügt eine sanfte Anhebung ab drei Kilohertz über das Sonitus-EQ-Plug-in, das wir auf „Vintage EQ“ eingestellt haben. So löst sich das Soloinstrument weitaus besser aus dem Arrangement und kommt schön nach vorne. Gleichzeitig senken wir den Tiefenbereich unterhalb bei XX Hertz um 1,5 Dezibel ab, denn hier kommt die Gitarre mit dem Bass in Konflikt.  Der Bass bedarf seinerseits mehr Präsenz im Mix, wobei wir diesmal bewusst nicht filtern. Stattdessen verwenden wir das Plug-in „Classic Compressor“ von Kjaerhus Audio. Höre da: Es passt. Zum Schluss noch eine dezente Prise Multibandkompressor auf der Summe. Fertig. Apropos Bass: Bisher haben wir selbstverständlich den SB10 als tieftönende Ergänzung mitlaufen lassen, jetzt schalten wir den Controller auf Bypass, um das S8R-Paar quasi im Vollbereichsbetrieb zu hören. Tatsächlich erweist sich der Brite als durchaus kompentent bei der Basswiedergabe: Seine Bässe sind tief und gut konturiert, der Monitor gestattet kein Ausbrechen nach den Seiten. Dennoch klingt der Bassbereich mit dem SB10 einfach noch besser, vor allem trockener. Hinzu kommt  das Bass-Empfinden über den Körper, das ein kleiner Lautsprecher einfach nicht liefern kann. Damit Sie selbst hören können, was wir mit dem Quested-Trio gemixt haben, gibt es erstmals in der Geschichte von Professional audio zum Nachhören zwei begleitende Soundfiles, die Sie auf unserer Website www.professional-audio-magazin.de zum freien Download finden: Mit Soundfile 1 hören Sie die unbearbeitete Fassung, mit Soundfile 2 das Ergebnis unserer Mischung mit den Quested-Monitoren.

Fazit

Das Quested-Trio, bestehend aus dem Nahfeld-Monitor-Paar  S8R und dem Tieftonlautsprecher SB10 erweist sich als professionelles 2.1-Abhörsystem, das auch stundenlange Arbeitssitzungen stressfrei ermöglicht und gute Endergebnisse liefert. Nicht zuletzt wegen der zur Zeit sehr günstigen Preise ist ein Quested S8R-Paar alleine oder mit der Basserweiterung SB10R dem anspruchsvollen Tonschaffenden zum Antesten empfohlen.

Erschienen in Ausgabe 06/2010

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1099 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut