Die Perfektion des Perfekten – Lynx Aurora(n)
Der kleine amerikanische Studiotechnik-Spezialist Lynx ist vielen Recording-Engineers durch seinen überaus erfolgreichen Wandler „Aurora“ ein Begriff. Obwohl dieses Gerät vor mehr als 10 Jahren auf den Markt kam, gilt er für viele immer noch als „der“ Referenzwandler. Jetzt hat Lynx mit der Aurora(n) einen Nachfolger präsentiert, der sogar noch mal eins drauf legt.
Von Christian Stede
Ein guter Wandler ist immer das Herzstück eines anspruchsvoll ausgestatteten Recordingstudios, stellt er doch das eminent wichtige und oft klangentscheidende Bindeglied zwischen den analogen Signalen auf dem Mischpult oder der Mikrofonvorverstärker und der digitalen Bearbeitung auf der DAW her. Mit der Aurora(n) will Lynx zwar keineswegs das Rad neu erfinden, sondern setzt auf seine bewährte, aber nochmals optimierte Technologie, um das absolute Optimum dessen, was heutzutage an Wandlerqualität möglich ist, zu verwirklichen.
Schon die vielen Ausstattungsmöglichkeiten, mit der die Aurora(n) erhältlich ist, zeigt, dass Lynx mit seinem neuen Interface eine möglichst breite Käufergruppe anspricht. Wir testeten die USB-Variante mit 8 Ein- und Ausgängen, die es auch noch als 16-Kanal Version gibt. Außerdem sind Modelle mit 24 und 32-Kanälen, wahlweise auch mit Thunderbolt-, DANTE- oder Pro Tools HD-Schnittstelle zu haben. Die von uns getestete günstigste Variante kostet 3.199 Euro, wer 32 Spuren und einen Thunderbolt-Anschluss benötigt, muss 7.399 Euro auf den Tisch legen. Treiber gibt es sowohl für Windows als auch für OS X. Allerdings ist weder die Anzahl der Kanäle noch die Wahl der Schnittstelle beim Kauf in Stein gemeißelt. Sollte es einmal zu Änderungen in der Studioperipherie kommen, so lässt sich die Anschlussart dank Lynx‘ LSlot-Technologie in wenigen Handgriffen durch den Austausch einer Interface-Karte wechseln oder die Kanalanzahl um 8 erhöhen. Für dieses Jahr sind außerdem noch eine digitale AES3/ADAT-Schnittstelle, sowie ein Mikrofonvorverstärker- und ein Analog-Summierer-Modul als mögliche Erweiterungen angekündigt.
Eine Einschränkung gibt es momentan allerdings für die Recording-Studios, die ausschließlich auf den USB 2.0-Port als Standard setzen, was den Betrieb der Aurora(n) angeht. So ist die maximale Anzahl an Kanälen nicht nur auf 16 begrenzt, der Hersteller bietet für die USB-Variante auch noch keine Control Panel-Software für zusätzliche Routingmöglichkeiten. Dieses wird derzeit nur für die anderen Versionen angeboten. Dieses Manko soll aber bald durch ein Softwareupdate behoben sein.
Äußeres
War der Vorgänger noch in unauffälligem Silber gehalten, kommt das neue Modell in einem ungleich edler wirkenden Dunkelblau daher. Das TFT-Display auf der Front zeigt die Pegel je nach Signalstärke in grüner, gelber beziehungsweise roter Farbe und ist auch bei schlechten Lichtverhältnissen sowie aus schrägem Blickwinkel sehr gut abzulesen. Neben einem Drehregler, mit dem man durch die Einstellungen über das Display blättern kann, bietet die Vorderfront noch zwei dedizierte, sehr hochwertige Kopfhörerausgänge samt Lautstärkereglern sowie einen MicroSD-Slot, der aus der Aurora(n) einen waschechten Harddisk-Recorder macht. Zudem sind zu beiden Seiten des Displays noch jeweils vier gummierte Drucktasten untergebracht, die der Menüsteuerung dienen. Wenn eine bestimmte Taste im aktuell aufgerufenen Menü keine Funktion hat, leuchtet sie auch nicht auf.
An der Rückseite des Gehäuses liegen die analogen Ausgänge nach Tascam-DA88-Standard sowie der Wordclock-Anschlüsse und – in unserem Fall – der USB-Port.

Die analogen Anschlüsse entsprechen dem DB25-Standard. Wird die Aurora(n) als Word Clock-Master eingesetzt, können bis zu drei Ausgangsports nach BNC-Basis genutzt werden.
Innenleben
Was genau hat Lynx an Verbesserungen für die Aurora(n) vorgenommen? Es heißt, dass man sich für das neue Wandler-Modell ein Produkt aus eigenem Haus zum Vorbild genommen habe, nämlich den AD-/DA-Wandler Hilo. Welche Bauteile Lynx genau verwendet, darüber hüllen sich die Amerikaner jedoch in Schweigen. Der hohe konstruktive Aufwand zeigt sich aber darin, dass alle Signalpfade diskret ausgelegt und voneinander abgeschirmt sind. Nicht nur die Kanalpaare der Ein- und Ausgänge, auch die beiden Kopfhörerausgänge sind mit je einer separaten Wandlereinheit versehen.

Aufgeräumtes Innenleben: oben links verdeutlicht die USB-Karte den modularen Aufbau des Wandlers. Auf den beiden Platinen oben rechts sind die 8 Ein- und Ausgänge zu sehen mit jeweils einem Wandlerchip pro Kanalpaar.
Bedienung
Die Aurora(n) wird über einen soliden Kippschalter an der Vorderfront aktiviert, ein versehentliches Betätigen ist nahezu ausgeschlossen. Die Treiberinstallation geht völlig problemlos vonstatten, so dass die Recordingsoftware beziehungsweise die DAW im Nu alle vorhandenen Ein- und Ausgänge zur Verfügung stellt.
Die entsprechenden Ein- und Ausgangspegel werden auf dem farbigen Display angezeigt, wobei man zwischen einer Ansicht mit allen Kanälen oder einem Kanalpaar (1/2, 3/4, 5/6 oder 7/8) wählen kann. Links neben den Pegeln wird zusätzlich zum Sync-Status (Internal, Word Clock oder Dante) die gewählte Samplerate angezeigt. Die Aurora(n) unterstützt bis zu 192kHz, nur die USB 2.0-Variante mit 16 Spuren ist auf 96kHz beschränkt. Bei Aufnahme auf SD-Karte werden auf dem Fenster auch noch der aktuelle Take und die aktuelle Session angegeben.
Um den 16 dB-Headroom der Aurora(n) auf das angeschlossene Equipment einzustellen, gibt es die „Analog Trim“-Funktion, mit deren Hilfe die Pegel um +4 dBu angehoben oder um -10 dBu abgesenkt werden können.
Die „Routing“-Seite gibt rudimentäre Möglichkeiten, den Signalfluss zu lenken, was sich insbesondere dann empfiehlt, wenn man keinen Computer angeschlossen hat und eine SD-Karte zum Aufnehmen verwendet.
Messwerte vom Allerfeinsten
Um die inneren Werte der Aurora(n) unter die Lupe zu nehmen, haben wir zunächst den maximalen Eingangspegel gemessen, der beachtliche 20,2 dBu beträgt. Dem gegenüber liegt ein maximaler Ausgangspegel von 18,5 dBu, ebenfalls ein hervorragender Wert. Die Gleichtaktunterdrückung von 105 dBu zeigt, dass man zur Not auch 100 m Kabel an der Aurora(n) verlegen kann, ohne eine Beeinträchtigung der Klangqualität in Kauf nehmen zu müssen. Der Fremdspannungsabstand von 101,2 dBu (alles bezogen auf den Profi-Standardpegel von +4dBu) ist ein weiteres Zeugnis für die überragende Qualität der Bauteile, die Lynx in der Aurora(n) einsetzt.
Die Messdiagramme des Audio Precision Messcomputers zeigen, dass die Aurora(n) in der Königsklasse der AD/DA-Wandler spielt, bewegen sich die Werte doch hart an der Grenze des überhaupt Messbaren.
Die Aurora(n) in der Studiopraxis
Wie die Messwerte bereits zeigen, ist die Qualität der in der Aurora(n) verbauten Wandler über jeden Zweifel erhaben. Ein Eindruck, der sich bei der Arbeit an unseren Musikproduktionen mehr als bestätigt hat.
Wir testeten die Aurora(n) an dem in Ausgabe 6/2017 vorgestellten extrem leistungsfähigen Audio-Rechner von Digital Audionetworx zunächst in einer Cubase-Umgebung bei einer Rock-Produktion. Um die 8 Ausgänge des Wandlers voll auszuloten, wurden in der Cubase-eigenen MixConsole 8 Mono-Busse erzeugt, auf die die einzelnen Audiospuren Schlagzeug, Bass und Gitarre geroutet wurden. Alle Instrumente wurden mit größter Detailtreue aufgezeichnet und wiedergegeben. Von Signalverfärbungen war keine Spur, auch bei hohen Pegeln erwies sich die Aurora(n) als höchst pegelfest, ohne es dabei an Klangwärme fehlen zu lassen. Auch mit obertonreichen, angezerrten Leadsounds der Gitarre blieb er völlig souverän, die Schlagzeugbecken klangen schön spritzig sowie differnziert und wurden eindeutig ortbar über das Stereopanorama verteilt.
Neben dem Klang beeindruckte uns auch die Reaktionszeit der Wandler. Selbst bei rhythmisch vertrackten Gitarrenparts traten Latenzen praktisch nicht auf, so dass es auch nicht nötig war, die aufgenommenen Sequenzen im Cubase-Arrangierfenster zu korrigieren.
„Time is money“, dieser Satz gilt selbstredend auch für den Recording-Engineer. Mit der Aurora(n) im Rack versteht man, welch sinnvolle Investition ein Wandler der High-End-Klasse sein kann, weil er einem viele Arbeitsschritte erspart, die bei weniger hochwertigem Equipment vonnöten wären.
Auch beim Einsatz von Software-Synthesizern wie bei unserem Reason-Test (siehe Seite 66) überzeugte die Aurora(n) auf ganzer Linie. Noch nie haben wir dem Filter des zugegebenermaßen schon in die Jahre gekommenen Malström-Synths derart cremige Sounds entlocken können, die durch Zuschalten des RV-7000 Faltungshalls richtig schön zum Blubbern kamen. Stoppt man den Sequencer abrupt ab, kann man wunderbar nachhören, wie die Aurora(n) den Klang bis in die letzte Hallfahne hinein ausreizt.
Mit der neuen Aurora(n) ist Lynx damit definitiv ein großer Wurf gelungen, der den Klassenerhalt in der Champions League der AD/DA-Wandler für die kommenden Jahre sichern dürfte.
Fazit
Mit der Aurora(n) bringt Lynx einen AD/DA Wandler auf den Markt, der eine Signalbearbeitung auf allerhöchstem Niveau garantiert und sämtliche professionellen Anforderungen erfüllt. Das Interface arbeitet mit größter Zuverlässigkeit noch die kleinsten klanglichen Nuancen heraus und wird die ohnehin schon treue Fangemeinde des US-amerikanischen Interface-Experten garantiert weiter vergrößern.
Erschienen in Professional audio 09/2017