Vorhang auf fürs neue A-Team
ADAM Audio haben nach langer Entwicklungszeit die Nachfolger der erfolgreichen AX-Serie präsentiert. Der A4V ist der kleinste Monitor im brandneuen A-Team und bringt bereits viel mit, was auch die großen Brüder auszeichnet.
Text und Fotos von Harald Wittig

Wenn eine Produktreihe so richtig erfolgreich ist, fällt es keinem Hersteller leicht, eine Nachfolgeserie zu entwickeln. So hatten auch die Entwickler des Berliner Studio-Lautsprecherherstellers ADAM Audio eine richtig harte Nuss zu knacken, als die Idee geboren wurde, die AX-Serie durch eine komplett neue Baureihe zu ersetzen. Immerhin hatten die Berliner mit den AX-Monitoren moderne Klassiker geschaffen, die sich bei Tonschaffenden ungebrochen hoher Beliebtheit erfreuen. Da nimmt es nicht Wunder, dass es gerade mal zehn Jahre gedauert bis ADAM Audio zur Jahresmitte ganz offiziell die Veröffentlichung der neuen A-Serie, welche den Platz der AX-Reihe einnimmt., offiziell verkündete.
Das neue A-Team besteht aus insgesamt fünf Modellen, die auf die wenig klangvollen Namen A4V, A44H, A7V, A77H und A8 hören, zu Stückpreisen von knapp 440 bis etwa 1600 angeboten werden und sich zwar bei der Größe und den Leistungsdaten teils erheblich unterscheiden, gleichwohl auf dieselben Grundtechnologien setzen. Da wäre zunächst das ADAM-Markenzeichen schlechthin, der X-ART-Hochtöner zu nennen, der sich sowohl im kleinen Einstiegsmodell A4 – unserem heutigen Prüfling – als auch in den Geschwistern wie dem großen Drei-Wege-Lautsprecher A8V, als solcher das Spitzenmodell, findet. Neu ist die Digital-Architektur der A-Team-Mitglieder. Denn ein neu entwickelter D(igitaler)S(ound)P(rozessor) sorgt für die Linearisierung des Frequenzgangs und der präzisen Verteilung der Frequenzen an die Chassis. Hinzu kommt ein üppig ausgestatteter Equalizer zur optimalen Anpassung der Monitore an die Abhörumgebung. Damit nicht genug, lassen sich alle A-Serie Lautsprecher optional via Remote-Software steuern und auf den Hörraum maßschneidern – dazu später noch mehr. Zuvor wollen wir euch unseren Testkandidaten, den kleinen A4V, der bereits unruhig auf seinen Auftritt wartet, vorstellen.
Vieles neu gedacht
Mit einer lichten Höhe von nicht einmal 27 Zentimetern und einem Einsatzgewicht von rund sechs Kilogramm ist der A4V etwas kleiner und leichter als der beliebte A5X, der vor allem in Homerecording- und kleinen Projektstudios ein gerne genutzter Abhörfachmann ist, und den der Neue ersetzt. Das Gehäuse ist auch beim neuen A-Team-Mitglied – und seinen größeren Geschwistern – an den Kanten stark abgeschrägt, um klangverfälschende Reflexionen am Gehäuse effektiv zu minimieren – eine nach unserer einschlägigen Testerfahrungen mit ADAM-Monitoren durchaus überzeugende Bauweise.
Als solcher ist der A4V ein Zwei-Wege-Lautsprecher in Bassreflexbauweise, die Bassreflexöffnungen befinden ist auf der Vorderseite, links und rechts vom Tief-Mitteltöner angeordnet. Das ist eine löbliche Entscheidung der A4V-Entwickler, denn so – wie gedenken den notorisch beengten Homerecordern – lässt sich das A4V-Paar auch ohne größere Bedenken in Wandnähe aufstellen.
Apropos Tief-Mitteltöner: Die des A Teams stellen eine komplette Neuentwicklung dar. Sie verfügen allesamt um Membranen, die aus mehreren, fest miteinander verbundenen Schichten eines Mineralfasermaterials gemacht sind. Dieser Werkstoff zeichnet sich laut Hersteller durch minimales Gewicht bei höchster Steifigkeit aus. Dabei ist die Beschaffenheit der Membran für jedes der fünf Modelle speziell angepasst, damit zusammen mit dem kräftigen Antrieb des ebenfalls neu geschaffenen Magnetsystems das Impulsverhalten bei der Wiedergabe der unteren Frequenzen – im Falle des A4V sind das nicht allein die eigentlichen Bässe – besonders gut gerät. Anders ausgedrückt: Alle A-Lautsprecher sollen Tiefmitten und Bässe gut fokussiert und verzerrungsfrei wiedergeben können.
Der X-ART-Hochtöner ist zuständig für alle Frequenzen oberhalb drei Kilohertz und basiert auf der Konstruktion des „Air Motion Transformers“. Die Lautsprechermembran besteht aus einer lamellenförmig gefalteten Folie, die einzelnen Falten öffnen und schließen sich im Takt des Musiksignals. Hochtöner, die nach diesem Prinzip arbeiten – es hilft, dabei an den Balg eines Akkordeons zu denken – , sind nach dem Kolbenprinzips arbeitenden Hochtönern beim Wirkungsgrad um ein Vierfaches überlegen. Um es auf den Punkt zu bringen: Impulsverhalten und Präzision der Hochtonwiedergabe sind exzellent, was wir ausweislich unserer langjährigen Erfahrung mit ADAM-Monitoren – die großen Mittelfeld-Monitore der S-Serie sind seit Jahren unsere Referenz , ich selbst schätze mein ADAM Artist-Paar als Zweitabhöre in meinem Studio – ohne zu zögern bestätigen wollen. Dass andere Hersteller ebenfalls sehr wohlgeratene, gänzlich anders konstruierte hochtönende Sprösslinge haben ist uns selbstverständlich bewusst. Jedenfalls stellt der in den A-Serie-Monitoren verbaute X-ART-Hochtöner – das kryptische Kürzel steht für „textend Acceleration Ribbon Technology“ – die aktuelle höchste Entwicklungsstufe dieses Bauprinzips dar und wir sind sehr gespannt, was uns der A4V insgesamt zu Ohren führen wird.
Digitale Feinabstimmung
Soweit so gut ausgestattet. Doch ADAM Audio geht mit dem A-Team zugunsten einer optimalen, also möglichst unverfälschten Wiedergabe, noch weiter. Denn im Inneren sorgt moderne Digital-Technik für eine bestmögliche Wiedergabe. Das fängt damit an, dass die via XLR- oder RCA-Eingang empfangenen Analog-Signale vom eingebauten AD-Wandler, der mit einer Auflösung von 24Bit/96kHz arbeitet, digitalisiert werden. Dann nimmt sich ein neuer, leistungsstarker DSP den Audio-Signalen an, verteilt diese exakt an die beiden Chassis, begradigt den Amplituden-Frequenzgang und wacht darüber, dass es keine Phasenverzerrungen gibt, es, anders und etwas salopp ausgedrückt, zeitrichtig zugeht. Soll heißen: Der X-ART-Hochtöner – übrigens nach wie vor vor Ort in Berlin von Hand gebaut, ansonsten haben wir es mit China-Fertigung zu tun – feuert seine Klanganteile nicht lange vor dem Tief-Mitteltöner ab, es herrscht über das gesamte Frequenzband hinweg zeitliche Deckungsgleichheit.
Der DSP kümmert sich auch um den integrierten 4 Band-Klangsteller zur Anpassung des Lautsprechers an den Aufstellort und den Hörraum. Rückseitig finden wir die Einstellschalter für die Bänder, die schlicht als „Bass“, „Desk“, „Presence“ und „Treble“ bezeichnet sind. Wir haben es mit zwei Shelving – Bass und Treble – sowie zwei Glockenfiltern, das sind Desk und Presence – zu tun. Das Kuhschwanzfilter für den Bassbereich ist um +2, -2 und -4 dB verstellbar, das Glockenfilter Desk, welches beispielsweise Reflexionen von der Mischpultoberfläche entgegenwirken soll, ist um -2 und -4 dB absenkbar, Presence und Treble, also die Bereiche um ein Kilohertz und oberhalb fünf Kilohertz, sind um +1 beziehungsweise +1,5 dB anheb- oder um -1 beziehungsweise -1,5 dB absenkbar.
Wem das noch nicht genügt, kann ein A4V-Paar über die proprietäre A Control-Software, die bestenfalls sechs Frequenzbänder mit Einstelloptionen für Frequenz, Pegel, Güte und Filtertyp für eine präzise Anpassung offeriert, im übertragenen Sinne auf die raumakustische Kante nähen. Alternativ lässt sich auch die an den Monitoren händisch vorzunehmenden Einstellungen über die Steuersoftware vornehmen.
Doch damit haben sich die ADAM-Entwickler noch nicht zufrieden gegeben. So lassen sich die Mitglieder des A-Teams als erste ADAM-Monitore überhaupt via A Control einmessen und auf Grundlage dieser Messung an den Abhörraum exakt anpassen. Allerdings bedarf es hierzu zwingend einer Sound ID Reference des Herstellers Sonarworks. Die muss kostenpflichtig ebenso wie ein Messmikrofon zusätzlich erworben werden. Die A Control selbst steht den Nutzern eines A-Monitors nach Registrierung selbstverständlich kostenlos zur Verfügung. Mehr wollen und können wir zur A Control ohne und in Verbindung mit der Sonarworks Sound ID zur Stunde noch nicht sagen. Denn die ADAM-Software steht bislang lediglich als Beta-Version zur Verfügung. Wir werden in der kommenden Ausgabe die A Control und das Einmessen des A4V via Software mit einem ausführlichen Test widmen.
Zwingend notwendig ist die Remote-Software fürs Hören und Arbeiten mit den A-Serie Monitoren nämlich nicht. Die sind nämlich auch wie gewohnt und damit ganz konventionell einsetzbar. Was wir im Rahmen dieses Testberichts im finalen Praxistest auch tun werden. Zuvor müssen wir die Ausstattungsbeschreibung komplettieren: Neben dem genannten Equalizer verfügt der A4V noch über sogenannte Voicings, das sind Klangprofile, welche den tonalen Charakter des Lautsprechers verändern. Zur Auswahl stehen „Pure“, was nichts anderes als eine ultralineare „Flat“-Einstellung ist, sowie „UNR“ und „Ext“. Letzteres steht für „Extern“ und umfasst sämtliche Einstellungen, die via A Control-Steuersoftware, neben den Einstellungen über den 6 Band-EQ auch die Integration einer Sonarworks SoundID Reference in den Lautsprecher-DSP, vornehmbar sind. Heißt im Umkehrschluss: Ist „Pure“ aktiv, spielt ein A4V-Paar in neutraler Werksabstimmung auf. In dem Zusammenhang bringt sich „UNR“, was für „Uniform Natural Response“ steht, ins Spiel. Denn dahinter verbirgt sich ein Klangprofil, das laut Hersteller dem früherer ADAM-Monitore entspreche. Nein, sehr weit in die Vergangenheit der Berliner muss niemand hineinhorchen. Auch der Klang der unmittelbaren Vorgänger, den AX-Monitoren, lasse sich über UNR hörbar machen. ADAM selbst spricht von einem „leicht gefärbten Frequenzgang“, was uns im Umkehrschluss folgern lässt: Der A4V ist, wie auch seine größeren Geschwister auf Neutralität und Signaltreue getrimmt. Das wollen wir dann doch genau wissen und tun, was zu tun ist: Wir hören.
Die Klangbasis steht sicher
Im Professional audio-Hörraum findet das A4V-Paar sein Plätzchen am Rechner-Schnittplatz. Der Arbeitstisch verfügt über eine grundsolide Monitor-Brücke, die beiden Lautsprecher sind zusätzlich mittels speziell für uns angefertigten Absorbern vom Untergrund abgekoppelt. Wer über massive, erdbebensichere Stative verfügt, kann die Monitore dank der Schraubgewinde auf der Gehäuseunterseite auch darauf verschrauben. Aber bitte kein Mikrofonstativ, das unter dem Gewicht der Lautsprecher nachgeben und lustig zur Musik mitschwingen wird, verwenden. So kann der A4V niemals zeigen, was er klanglich drauf hat.
Das ist nämlich einiges und von richtig guten Eltern. So erklingt die Stimme von Jazz-Vokalakrobatin Nah You Sun bei ihrer eigenwilligen Interpretation von „My Favorite Things“ mit einer bemerkenswerten Klarheit und Körperhaftigkeit, die den Berliner Lautsprecher direkt in die gehobene Mittelklasse katapultiert. Das tönt schon mal sehr, sehr gut. Dann aber direkt weiter und John Mayers „In Don´t Trust Myself“, der Stresstest für Studio-Lautsprecher wenn es um Stimmverteilung im Mix geht, an das A4V-Paar geschickt. Das Paar lässt sich nicht verunsichern und präsentiert bei der Wiedergabe eine starke Phantommitte aus der des Meisters Stimme erklingt. Der wunderbare knarzige Fender Precision-Bass von Dino Palladino setzt an richtiger Stelle und sauber präzise – der neue Tief-Mitteltöner des A4V ist ein Könner – bassige Akzente, sodass wir’s nur noch zufrieden sind. Dass unser Kleiner keinen Tiefbass liefert, sollte klar sein. Sehr gut ist seine Basswiedergabe im Rahmen des physikalisch Machbaren aber definitiv.
Wir wechseln zu unseren eigenen Projekten und hören verschiedene fertige Mischungen an – und das ADAM-Paar liefert uns genau die Klanginformationen, die wir erwarten. Räumlichkeit und Effekte sind da, wenn in der Mischung vorhanden, lotet das Hauptstadtpärchen auch die Tiefe aus und schön klingt’s auch. Wenn es Schönes zu hören gibt. Mit Schönfärberei hat der A4V nämlich nichts am Hut, weswegen wir dem Berliner attestieren können, dass er ein Monitor, also ein der Signaltreue verpflichtetes Arbeitsgerät ist. Allerdings nur mit dem Voicing „PURE“. „UNR“ klingt ohne Vergleiche zu den AX-Monitore ziehen zu wollen, für unsere Ohren tendenziell zu dickbauchig in den unteren Mitten.
Klar, es geht noch viel besser und präziser. Dann kostet es aber locker das Dreifache. Meine eigene Referenz-Abhöre fürs Nahfeld aus dem Hause Geithain kann es viel besser, aber: Der kleine ADAM macht vieles so gut und richtig, dass er sich nachhaltig als Abhör-Ausstattung für ein knapp kalkuliertes Projektstudio empfiehlt und wir dem A4V direkt und aus Grundüberzeugung unser Empfehlungsschreiben mitgeben.
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