Im Netz der roten Wandler

Focusrite präsentiert mit den RedNet-Interfaces seine neue Premium-Wandler-Serie und geht dabei einen ungewöhnlichen Weg. USB und Firewire waren gestern, Ethernet ist heute lautet das Motto.  

Von Georg Berger 

Auch wenn altbekannte Sprüche abgedroschen sind, so enthalten sie doch immer wieder allgemeingültige Wahrheiten. Im Fall der RedNet-Serie von Focusrite trifft hierbei der Spruch, „Was lange währt, wird endlich gut“ zu. Treffender kann man es nicht auf den Punkt bringen, denn bereits Anfang 2011 kündigte der Hersteller seine neue Premium-Wandler-Serie an, die alsbald die Spitzenposition im Produktsortiment einnehmen sollte. Doch die Auslieferung fand erst Anfang 2013 statt. Dabei hat sich das lange Warten offensichtlich gelohnt. Denn seitdem sind immer wieder sehr positive, teils sogar euphorische Statements von Anwendern zum Klang, zur Performance und den Einsatzmöglichkeiten der RedNets zu hören. Grund genug also, sich selbst einmal ein Bild über die Qualitäten dieses Systems zu machen. 
Mittlerweile auf sechs Modelle mit unterschiedlicher Ausstattung angewachsen, haben wir uns für den Test den 16-kanaligen AD/DA-Wandler RedNet 2, den 32-kanaligen Digital-Wandler RedNet 3 sowie die achtkanalige Vorverstärker-AD-Wandler-Kombination RedNet 4 zum Test kommen lassen. Der Vollständigkeit halber seien auch kurz die anderen drei Geräte der Serie erwähnt: RedNet 1 ist ebenfalls ein AD/DA-Wandler, jedoch mit lediglich acht Kanälen. RedNet 5 ist seines Zeichens ein 32-kanaliger Digital-Wandler der mit seinen DigiLink-Anschlüssen gezielt zum Einbinden in Pro Tools HD Systeme entwickelt wurde und dabei als Schnittstelle für die anderen RedNet-Geräte fungiert. Jüngster Zuwachs ist das erst seit kurzem erhältliche Modell RedNet 6, ein reines MADI-Interface.

Abseits vom getriebenen Aufwand und dem Einsatz hochwertiger Bauteile ist das einzigartige Highlight der RedNet-Serie jedoch die Art und Weise, wie sich die Wandler mit dem Host-Rechner, aber auch untereinander in Verbindung setzen. Zum Einsatz kommt lediglich eine herkömmliche Ethernet-Schnittstelle und Verbindungen werden mit Hilfe eines schnöden Cat.5e/Cat.6-Netzwerkkabels hergestellt. Die Technik dahinter stammt vom australischen Unternehmen Audinate und hört auf den Namen Dante. Laut Focusrite sind die RedNets dabei die ersten Interfaces überhaupt, die auf Basis dieser Audio-Übertragungs-Technik arbeiten. Eine kluge Entscheidung, denn die Dante-Technik hat sich in den letzten Jahren zu einem Quasi-Industrie-Standard vor allem im Live-Equipment-Bereich gemausert, die mittlerweile von vielen Pro Audio Unternehmen verwendet wird. So verrichten etwa derart ausgestattete Mischkonsolen, Stage-Boxen, PA-Verstärker und dergleichen mehr ihren Dienst nicht nur bei Live-Konzerten, sondern auch in Theater-/Konzerthäusern oder im Broadcast-Bereich, also in Umgebungen, in denen Ausfälle mehr als tragisch sind, was im Umkehrschluss für die Robustheit und Stabilität der Dante-Technik spricht. Sobald mehr als ein RedNet-Wandler eingesetzt wird, muss zur Verbindung ein handelsüblicher Ethernet-Switch eingesetzt werden, denn die RedNet-Geräte verfügen nur über einen Netzwerk-Anschluss. Selbstverständlich lassen sich je nach Bedarf auch gleich mehrere Switches und natürlich auch Geräte anderer Hersteller einsetzen, die das Dante-Protokoll verstehen. Die Perspektiven, Netzwerk-Szenarien und die damit verbundenen Anwendungsmöglichkeiten sind dabei zahlreich. Studios mit mehreren Aufnahmeräumen und einer Netzwerk-Infrastruktur können die RedNets in ein fahrbares Rack einbauen und je nach Bedarf vom einen in den anderen Aufnahmeraum fahren, dort lediglich ein einziges Netzwerkkabel einstecken und schon lassen sich Recordings bequem und ohne aufwändiges Verkabeln erledigen. Es können beispielsweise auch mehrere Rechner per Netzwerk auf ein und dasselbe RedNet-System zugreifen. Denkbar wäre in dem Fall das Errichten von Havarie-Systemen. Das Erweitern eines Systems mit zusätzlichen RedNet-Modulen ist ebenfalls ein Kinderspiel. Einfach das neue Modul an einen freien Port des Ethernet-Switch anschließen und fertig. Aufwändige Routings im Host-Rechner sind nicht erforderlich. Man muss noch nicht einmal Netzwerkkenntnisse mitbringen. Dante setzt beim Erkennen und Einbinden von Geräten auf DHCP (Dynamic Host Control Protocol), wobei die Vergabe der IP-Nummern an die einzelnen Geräte und das Einbinden ins Netzwerk automatisch erfolgt. Das Beste: Das geht sogar „on the fly“, also im laufenden Betrieb der DAW. Das Entfernen eines RedNet-Wandlers durch Abziehen des Kabels führt ebenfalls nicht zum Absturz des gesamten Systems. Machen Sie das einmal mit einem USB- oder Firewire-Gerät. Somit steht das Tor in Sachen Kommunikation und Kombinationsmöglichkeiten sperrangelweit offen, was uns von der Tragweite unweigerlich an die Einführung des MIDI-Protokolls Anfang der 1980er Jahre erinnert. Um die bestmögliche Performance aus dieser Technik zu holen, offeriert Focusrite zusätzlich eine PCI-Express-Karte mit integrierter Dante-Technik zum Einbau in den Rechner, die gezielt für einen reibungslosen und vor allem blitzschnellen Austausch der Audio-Streams entwickelt wurde. Dafür müssen dann zwei Netzwerkverbindungen etabliert werden. Während über die PCI-Karte ausschließlich die Audio-Signale geschickt werden, erfolgt der Austausch von Steuerdaten über die eingebaute Netzwerkschnittstelle des Rechners. Zur Not geht es aber auch ohne PCI-Karte. Doch dazu später mehr.

Dass die RedNet-Modelle nicht zum Mittelklasse-Preis zu haben sind, dürfte wohl wenig überraschen. Für die PCI-Express-Karte ruft Focusrite eine unverbindliche Preisempfehlung von rund 1.100 Euro auf. Der Kauf von RedNet 2 schlägt mit umgerechnet 3.400 Euro zu Buche, wohingegen für RedNet 3 knapp 1.700 und für RedNet 4 rund 2.600 Euro verlangt werden. Vom Preis-Niveau siedeln sie sich im Mittelfeld des Spitzenklassen-Segments an, schaut man etwa auf den rund 8.000 Euro kostenden zweikanaligen Lavry Gold Wandler (Test in Heft 11/2013) oder die ebenfalls zweikanaligen Bomber-Wandler von Burl Audio, deren separate AD- und DA-Modelle mit jeweils 3.600 Euro zu Buche schlagen (Test in Heft 5/2010). Im Gegenzug wollen die RedNets dafür mit entsprechender Qualität punkten. Die ersten diesbezüglichen Hausnummern sind schon einmal nicht von schlechten Eltern. Standesgemäß sind sämtliche RedNets in der Lage Signale in 16 und 24 Bit bei Sampleraten von 44,1 bis hinauf 192 Kilohertz zu wandeln. Das Dante-Protokoll setzt auf einer raschen ein-Gigabit-Netzwerk-Schnittstelle auf, Kabellängen bis 100 Meter sind einsetzbar, was selbst für Aufnahmen bei Open Air-Festivals bequem vom FOH-Platz aus reichen sollte. Auf RedNet-Ebene können ein- und ausgangsseitig bis zu 128 Kanäle via PCI-Karte adressiert werden. Bei 192 Kilohertz stehen immerhin noch 64 Kanäle im vollen Duplex-Modus zur Verfügung. Jenseits davon ist Dante sogar in der Lage bis zu 512 Kanäle (bei 48 Kilohertz Samplingfrequenz) zu verwalten. Last but not Least wirbt Focusrite mit Latenzen unterhalb drei Millisekunden in allen Samplingraten bei einer Buffer-Einstellung von 64 Samples. 
Sämtliche RedNet-Module sind als 19-Zoll-Geräte ausgelegt und warten mit einer Einbauhöhe von zwei Einheiten auf. Ausnahme bildet das RedNet 6 Modul, das nur halb so hoch ist. Die massiven Frontplatten bestehen aus anodisiertem Aluminium, wobei die Farbgebung in rot-metallic nicht ohne Hintergedanken gewählt wurde. Sie stellt unverkennbar eine Parallele zu den mittlerweile zu Klassikern avancierten, analogen Studio-Peripherie-Geräten der Red-Serie her, die nach wie vor die Spitzenposition bei Focusrite in Sachen Analogtechnik einnimmt. Die Ziffernbezeichnungen zum Unterscheiden der einzelnen Geräte wurden ebenfalls übernommen. Damit gibt Focusrite unverhohlen zu erkennen, mit welchem Anspruch die RedNet-Serie ins Rennen um die Gunst des Anwenders geht. Der Großteil der Frontplatten ist in der Mitte rechteckig ausgefräst, um dort Platz für ein in schwarz ausgeführtes Display zu schaffen, in das eine Reihe von Status-LEDs integriert wurde. Außer Anzeigen, die Auskunft über das erfolgreiche Einbinden ins Netzwerk geben sowie über die eingestellte Samplingrate und über die Synchronisations-Anbindung (RedNet 3), werden Aktivitäten an den Ein- und Ausgängen mit lediglich einer mehrfarbig ausgelegten LED (RedNet 2 und 3) respektive einer Drei-Segment-LED-Kette angezeigt (RedNet 4). Insgesamt fällt das Arsenal an Anzeigen damit sehr überschaubar, um nicht zu sagen rudimentär aus. Doch es gilt auch zu bedenken, wo die Module eingesetzt werden, denn gerade aufgrund dieser schlanken Netzwerk-Lösung betteln die RedNets förmlich darum, fern vom Regieraum eingesetzt zu werden, weshalb diese Lösung in Ordnung geht. Bedienelemente suchen wir, bis auf den Netzschalter, auf der Frontplatte von RedNet 2 und 3 vergebens. Weitere Funktionen sind ausschließlich per Steuer-Software ausführbar. Anders sieht es beim RedNet 4-Wandler aus, der primär ein Vorverstärker ist, dessen eingespeiste Signale schließlich intern gewandelt und per Ethernet in digitaler Form ausgegeben werden. Eigens für dieses Modul haben die Entwickler eine komplett neue Verstärker-Schaltung entworfen und dabei selbstverständlich auf ihre Expertise aus dem Bau der ISA-Serie zurückgegriffen. Doch anders als bei den ISA-Preamps kommt das Verstärker-Design im RedNet 4 ohne Ein- und Ausgangsübertrager aus, was einen höchst transparenten Sound erzeugen soll. Der Hörtest wird zeigen, ob Focusrite Wort gehalten hat. Doch zurück zur Ausstattung des RedNet 4:Ein Taster erlaubt das Umschalten der Eingänge zwischen Mikrofon, Line und Instrument. Zwei weitere Taster aktivieren die Phantomspannung sowie ein zweipoliges Hochpass-Filter bei 60 Hertz. Was fehlt ist jedoch eine Phasenumkehr-Funktion, die eigentlich zur Grundausstattung jedes waschechten Mikrofon-Preamps gehören sollte. Das ist aber auch der einzige schwarze Fleck auf der ansonsten reinweißen Weste des RedNet 4. Mit Hilfe der Select-Taster unterhalb jeder Meter-Anzeige können die Kanäle angewählt und diese Settings separat vorgenommen werden. Das Justieren des Eingangspegels erfolgt über den rechts eingelassenen Endlos-Drehregler, der Einstellungen in ein-Dezibel-Schritten erlaubt. Ein Graphik-fähiges, briefmarkengroßes Display oberhalb des Reglers gibt Auskunft über die Verstärkung, die Signalart und die Kanalnummer. 

In Bezug auf Anschlüsse setzt Focusrite sehr stark auf DB25-Buchsen, an die sich achtkanalige Kabelpeitschen im Tascam-Format anschließen lassen. Vier Stück – je zwei für Ein- und Ausgang – sind auf der Rückseite vom RedNet 2-Wandler zu finden. Die AES-Signale am RedNet 3-Modul werden ebenfalls über eine DB25-Buchse geführt. Ansonsten verfügt der Digital-Wandler über ein Pärchen Cinch-Buchsen über die ein- und ausgangsseitig das S/PDIF-Signal in stereo geführt wird, ein Pärchen BNC-Anschlüsse für Wordclock-Signale sowie jeweils acht Toslink-Schnittstellen für das Senden und Empfangen von ADAT-Signalen. Bis 48 Kilohertz werden die 32 Kanäle an den Ausgangs-Buchsen 5 bis 8 gespiegelt. Eingangsseitig sind sie deaktiviert. Bei 96 Kilohertz stehen im S/MUX2-Modus an allen acht Buchsen immer noch 32 Kanäle bereit. Erst bei 192 Kilohertz halbiert sich schließlich die Kanalzahl. Wichtig: Wird die AES-Schnittstelle genutzt, ist die erste Toslink-Schnittstelle mit den ersten acht ADAT-Kanälen inaktiv. Wird zusätzlich jetzt noch ein S/PDIF-Signal genutzt, wird dafür einer der vier AES-Stereo-Eingänge geopfert. Ausgangsseitig stehen jedoch alle vier AES-Stereokanäle nach wie vor zur Verfügung, denn RedNet 3 ist auch ein Samplerate-Converter. RedNet 4 verfügt rückseitig über acht XLR-Buchsen zum Anschluss von Mikrofonen. Line-Signale werden einmal mehr via DB25-Buchse ins Modul eingespeist. Zwei elektrische Instrumente können hingegen über die frontseitig eingelassenen Klinken-Buchsen angeschlossen werden, die ihre Signale auf die ersten beiden Kanäle schicken. 
Um die Hardware ans Laufen zu bringen und erfolgreich mit der DAW kommunizieren zu lassen, ist wie üblich die Installation von Software im Audio-Rechner notwendig, über die sich das Frontend fernsteuern lässt und das Dante-Protokoll etabliert. Gleichzeitig werden auch entsprechende ASIO-, WDM- und Core Audio-Treiber mit installiert. Mac-Anwender müssen also ebenfalls die Software installieren, denn das Dante-Protokoll ist proprietär und dem Rechner muss erst beigebracht werden, wie Audio-Daten über die Netzwerk-Schnittstelle geschickt werden können. Insgesamt drei verschiedene Anwendungen sind im Lieferumfang der RedNet-Geräte enthalten: RedNet-Control, der Dante Controller sowie die sogenannte „Dante Virtual Soundcard“, kurz DVS. Mit Hilfe der zuletzt erwähnten Anwendung können die RedNet-Module auch ohne PCI-Karte, also quasi rein nativ eingesetzt werden. Ein Lizenz-Code für DVS ist im Lieferumfang jedes Moduls enthalten. Allerdings steht beim Einsatz von DVS nicht das volle Leistungs-Spektrum im Vergleich zur PCI-Karten-Variante zur Verfügung. Dafür wird auch nur eine Netzwerkschnittstelle benötigt, die logischerweise sowohl den Audio-, als auch den Steuerdatenstrom führt. So sind lediglich die Samplingraten 48 und 96 Kilohertz einstellbar und die maximale Zahl an adressierbaren Kanälen ist auf 64 geschrumpft. Gleichzeitig soll auch die Latenz über diese native Lösung höher sein, als über die physikalische PCI-Karte. Das GUI der DVS gibt sich folglich auch recht überschaubar. So lässt sich die Samplingrate, der Audio-Treiber, der Ethernet-Port, die Latenz im Netzwerk und des Audio-Treibers einstellen sowie die Zahl der gewünschten Ein- und Ausgänge angeben. Ganz wichtig ist der große runde Button, der die virtuelle PCI-Karte aktiviert. Erst danach erscheinen die verfügbaren Kanäle in den Routing-Dialogen der DAWs. Wer mit der PCI-Karte arbeitet, braucht DVS natürlich nicht zu installieren.

Das Herzstück in Sachen Steuer-Software, ganz gleich auf welche Art die Kommunikation etabliert wird, markiert die RedNet-Control-Software, die Zugang zu einer Reihe von einstellbaren Funktionen der Hardware gewährt. Gleichzeitig wird auch der Dante-Controller installiert, der aus RedNet-Control heraus aufrufbar ist. Nach dem Start der Anwendung erscheinen im GUI sämtliche Module, die im Netzwerk erkannt wurden und zwar in Form ihrer virtuell reproduzierten Frontplatten. Ein Klick auf den kleinen Werkzeug-Button lässt zu jedem Modul das Tools-Menü mit verschiedenen wählbaren Funktionen erscheinen. So kann beim RedNet 2 Modul der Referenzpegel zwischen +18 und +24 dBu umgeschaltet werden und es lässt sich auch ein Ventilator im Innern des Gerätes bei Bedarf deaktivieren. Darüber hinaus lässt sich das Modul per simplem Klick als Sync-Master definieren. RedNet 4 offeriert dort hingegen ausschließlich die Ventilator-Funktion. Ansonsten stehen die gleichen Bedienelemente der Hardware auch in der virtuellen Ausgabe zur Auswahl mit denen sich RedNet 4 bequem fernsteuern lässt. Die Ausnahme markieren Buttons zum Verlinken von Kanalpaaren zwecks gemeinsamer Einstellung für Stereo-Aufnahmen. Sehr schön: Anstelle der Dreier-LED-Ketten finden sich richtige Level-Meter zum präzisen Ablesen der Pegel. 
Richtig reichhaltig wird’s im Tools-Menü des RedNet 3-Moduls: Dort lässt sich die Synchronisations-Quelle auswählen, der Wordclock-Eingang ist auf 75 Ohm terminierbar und der S/PDIF-Eingang kann aktiviert werden, wobei ein AES-Stereo-Input nicht mehr zur Verfügung steht, wohl aber der Output. Das Modul kann ebenfalls als Sync-Master definiert werden, aber eine schaltbare Ventilator-Funktion gibt es nicht, da RedNet 3 keinen besitzt. Überdies erlaubt ein weiterer Menü-Eintrag zu bestimmen, an welchem Stereo-AES- oder dem S/PDIF-Eingang eine Sampleraten-Konvertierung stattfinden soll. Im virtuellen Display findet sich ansonsten nur ein Schalter der die ersten acht Kanäle zwischen AES/EBU oder ADAT umschaltet. Grundlegende Einstellungen, die selbsterklärend sind, werden in der Leiste oberhalb des zentralen Displays eingestellt. Außer der Samplingrate und dem Sample Buffer erlaubt das Host-Mode-Feld das Einstellen der Netzwerkverbindung, also ob die Module via DVS respektive PCI-Karte oder über das oben erwähnte RedNet 5 Modul angesprochen werden sollen. Ist ersteres gewählt, kann über den Network-Interface Button die LAN-Verbindung des Rechners gewählt werden, der mit den RedNets verbunden ist, sei es zur Steuerung oder auch zur Audioübertragung (DVS).

Doch das ist noch längst nicht alles. Ganz wichtig: Das zentrale Display der Control-Anwendung verfügt über zwei Bereiche, den routed- und available-Bereich. Stehen Module im availabe-Feld, so sind diese zwar im Netzwerk erkannt worden, aber sie sind noch nicht sichtbar für die DAW. Dies ist erst dann möglich, wenn das gewünschte Modul per Drag-and-drop aus dem available- in den routed-Bereich gezogen wird. Diese Verknüpfungen erfolgen ausschließlich auf Netzwerk-Ebene. Dem Host-Rechner sind diese Routings völlig egal. Er sieht lediglich die Kanäle, die ihm von DVS beziehungsweise der PCI-Karte angeboten werden. Wird also ein Modul vom available- in den routed-Bereich gezogen, werden die verfügbaren Kanäle des Moduls automatisch an die nächsten freien Kanäle der PCI-Karte/DVS gekoppelt. Die Reihenfolge der RedNets lässt sich selbstverständlich beliebig bestimmen, was logischerweise wieder Einfluss auf die Kanal-Belegung im Netzwerk nimmt. Links und rechts von den virtuellen Frontplatten wird die Kanalnummerierung sukzessive über sämtliche Module hinweg angezeigt, die beim Ändern der Reihenfolge automatisch aktualisiert wird. Dies hat schließlich erhebliche Auswirkungen auf die Kanalbelegungen an der PCI-Karte/DVS und somit auch der DAW. Ein Beispiel: Steht RedNet 2 an erster Stelle und soll im ersten Kanal aufgenommen werden, muss ganz einfach der erste Kanal in den Verbindungs-Dialogen der DAWs ausgewählt werden. Steht jedoch RedNet 3 mit seinen 32 Kanälen an erster und RedNet 2 an zweiter Stelle, muss Kanal 33 in der DAW angewählt werden, so man über den ersten Kanal von RedNet2 aufnehmen möchte. Das kann mitunter Verwirrung stiften, wenn fortwährend die Modul-Reihenfolge geändert oder Module beliebig zwischen dem routed- und available-Feld verschoben werden. Wer die Module für verschiedene Anwendungs-Szenarien klug verkabelt hat, profitiert allerdings von diesen Möglichkeiten. Denn je nach Situation kann das Entfernen oder Umpositionieren eines Moduls durchaus sinnvoll sein und wiederum für Übersichtlichkeit sorgen, etwa wenn es um Aufnahmen geht, die ausschließlich mit einem oder mehreren RedNet 4 Geräten angefertigt werden sollen oder wenn es ans Mixen geht und RedNet 3 und 4 dabei eher ein Klotz am Bein sind. Entsprechende Setups können selbstverständlich abgespeichert und geladen werden. Damit sind wir noch nicht ganz am Ende unserer Rundreise durch die RedNet-Control-Software angelangt. Ein Rechtsklick in die schwarzen In- und Outputspalten lässt ein weiteres Menü mit grundlegenden Funktionen und Status-Informationen zum entsprechenden Modul erscheinen. Darüber ist auch ein Firmware-Update ausführbar. Pfiffig: Das gesonderte Runterladen entsprechender Files ist nicht notwendig. Es braucht lediglich der Update-Befehl ausgeführt zu werden, wobei der Rechner logischerweise Internet-Zugriff haben muss. Der Rest geschieht automatisch,  was sehr bequem und komplikationslos gelöst ist.

Ein weiterer Befehl führt uns schließlich zur dritten wichtigen Steuerungs-Möglichkeit der RedNet-Module im Netzwerk: Dem Dante-Controller. Zwar eher lieblos und nüchtern aufgebaut – das Design stammt von Audinate – erlaubt der Dante-Controller das Verknüpfen ein- und ausgehender Signale mit Hilfe einer virtuellen Kreuzschiene. Die Eingänge sind auf der x-Achse, die Ausgänge auf der Y-Achse versammelt. Dabei wird jedes im Netzwerk erkannte Modul aufgelistet inklusive PCI-Karte beziehungsweise DVS, wobei in dem Fall die Bezeichnung des Computers erscheint. Sehr schön: Um die Übersichtlichkeit zu wahren, können die verfügbaren Kanäle jedes Moduls auf- und zugeklappt werden. Ein simpler Klick am gewünschten Kreuzungspunkt stellt schließlich das Routing her oder entfernt es. Somit können unabhängig von der Kanal-Belegung in der Control-Software neue Verbindungen etabliert werden. Wer also den ersten RedNet 4-Kanal gerne auf den achten Kanal der PCI-Karte routen möchte, kann dies dort tun. Abseits dessen sind natürlich auch Verbindungen ohne Zutun des Rechners möglich. Soll etwa ein analoges Signal auf direktem Weg via Netzwerk auf einen bestimmten AES-Ausgang geführt werden? Kein Problem, ein simpler Klick genügt. Wem dies jedoch zu komplex ist, kann auch das Device View-Menü aufrufen und dort über den Receive-Reiter das Gleiche erledigen, indem zunächst das gewünschte Empfänger-Modul gewählt wird und anschließend der betreffende Sendekanal per Drag-and-drop  aus der rechten Spalte auf den gewünschten Eingangskanal in der linken Spalte gezogen wird, woraufhin die Settings in der Kreuzschiene automatisch aktualisiert werden. Das Device-Menü bietet noch weitere, per Reiter aufrufbare Unter-Dialoge, die jedoch eher selten zu nutzen sind. So kann im Device-Configuration-Dialog eine Latenz für das Netzwerk eingestellt werden, was aber nur dann erforderlich ist, wenn mehr als ein Ethernet-Switch eingesetzt wird. Auf die Latenz der Audio-Treiber hat diese Einstellung jedoch keinen Einfluss. Sollte einmal das automatische Erkennen der Module fehlschlagen, kann über den Network Configuration-Dialog quasi als Havarie-Lösung auch manuell eine IP-Adresse für das zuvor gewählte Modul vergeben werden. Insgesamt eröffnen sich mit dieser Ausstattung und den damit verbundenen Features sehr flexible Möglichkeiten, um RedNet-Module auf opulente Art zu verknüpfen, wobei das Handling bereits nach kurzer Zeit verinnerlicht ist. Gerade die Skalierbarkeit und modularen Erweiterungsmöglichkeiten sowie die damit verbundene komplikationslose Art und Weise wie neue Module ins Netzwerk eingebettet werden, verdienen höchstes Lob.

Im obligatorischen Messtest heimsen sich unsere Testkandidaten vom Fleck weg das nächste Lob ein, wenngleich es auch einen etwas unschönen Fleck gibt. Die FFT-Spektren an allen Modulen zeigen einen Noisefloor unterhalb -110 Dezibel. Ein fantastisch gutes Ergebnis. Oberhalb von einem Kilohertz liegt er im RedNet 3-Modul sogar unterhalb -120 Dezibel. Einzig das FFT-Spektrum am Mikrofon-Eingang des 4er-Modells zeigt einen Noisefloor unterhalb -100 Dezibel, was immer noch exzellent ist. Gleiches gilt für den Instrumenten-Eingang, der zehn Dezibel höher liegt. Mit ermittelten rund 60 Dezibel stehen am 4er-Modell ausreichende Reserven zur Verfügung, um Signale an allen Eingängen gehörig zu verstärken, selbst dynamische und Bändchen-Mikrofone. Die ermittelten Werte für Fremd- und Geräuschsspannung können sich ebenfalls sehen lassen. So liefert das RedNet 2-Modul fantastische 98,9 und sogar 104,5 Dezibel. Die gleichen Messungen am RedNet 4 ergeben etwas schlechtere Werte von durchschnittlich 90 bis 95 Dezibel, wobei der Instrumenten-Eingang naturgemäß am schlechtesten abschneidet, aber vergleichsweise immer noch hervorragend dastehen (siehe Steckbrief). Die Messungen der Klirrdämpfung geben ebenfalls keinen Anlass zur Kritik. Ergebnisse von 0,002 am RedNet 2-Wandler sowie zwischen 0,002 bis hinauf 0,005 Prozent sind exzellent. Einzig in Sachen Gleichtaktunterdrückung schwächelt sowohl RedNet 2 als auch 4. An beiden Wandlern ermitteln wir zwar völlig lineare Kurvenverläufe, doch beim 2er-Modell liegt diese bei -60 Dezibel und am RedNet 4 sogar rund fünf bis zehn Dezibel schlechter (die beiden gemessenen Kanäle zeigen ein kleines Ungleichgewicht), weshalb der Anschluss langer Kabel nicht empfehlenswert ist. Doch dieses Mittelklasse-Ergebnis ist der einzige Ausreißer im Messtest. Dafür glänzt das RedNet 3-Gerät mit einem phänomenalen Wert beim Messen der Wandlerlinearität. Erst ab -116 Dezibel zeigen sich erste leichte Unlinearitäten. Insgesamt heimsen die RedNets trotz der mittelmäßigen Gleichtakt-Werte ein Spitzenklassen-Prädikat in Sachen Messwerte ein. 
Im darauffolgenden Praxis- und Hörtest kann unser Test-System ebenfalls auf ganzer Linie punkten. Focusrite hat wahrlich nicht zu viel versprochen und Wort gehalten. Im laufenden Sequenzer-Betrieb ziehen wir Netzwerkkabel und stecken sie wieder ein, was Nuendo 6 – sofern kein Wandler betroffen ist, der gerade Audio ausgibt – noch nicht einmal merkt, da die DAW lediglich die Kanäle der PCI-Karte sieht. Das Erkennen und Einbinden eines neuen Wandlers dauert in etwa fünf bis zehn Sekunden, dann kann er via RedNet-Control an DVS oder der PCI-Karte angemeldet werden und bei Bedarf via Dante Controller ein neues Routing erhalten. Sehr praxisgerecht fällt die Option aus, die internen Ventilatoren von RedNet 2 und 4 deaktivieren zu können. Trotz Einbau  in einem Rack sind sie im Betrieb nämlich schon hörbar. Doch das ist, so verrät uns Focusrite-Repräsentant Dankmar Klein, mehr Überfürsorge als Notwendigkeit. Die Wandler können auch ohne Ventilator stundenlang laufen ohne zu überhitzen, was wir bestätigen können. Allerdings sollte genügen Platz an den seitlichen Lüftungsschlitzen für die Luftzirkulation vorhanden sein. Somit können die RedNets auch problemlos in nächster Nähe zur Aufnahmequelle positioniert werden, so dass auch lange Kabelwege – siehe Gleichtaktunterdrückung – nicht erforderlich sind. Zur Hochform laufen die RedNets schließlich in Sachen Latenz auf, wobei sie den Firewire- und USB-Konkurrenten tatsächlich immer eine Nasenspitze voraus sind. Im Praxistest zeigt uns Nuendo 6 unter Nutzung der PCI-Karte auf unserem Test-Rechner bei einem Sample Buffer von 128 Samples und 48 Kilohertz einen Wert von 3,33 Millisekunden am Ein- und Ausgang an. Bei gleicher Einstellung kommt unsere Referenz, der Mytek 8×192 ADDA auf 3,12 Millisekunden am Eingang und 4,75 Millisekunden am Ausgang. Unsere Oberklasse-Referenz, das RME Fireface 400 erreicht eingangsseitig 3,6 und ausgangsseitig 4,66 Millisekunden. Bei gleicher Sample-Buffer-Einstellung und 96 Kilohertz glänzen die RedNets sogar mit 1,66 Millisekunden. Der Mytek kommt hingegen auf lediglich xxxx Millisekunden und das Fireface 400 immerhin auf eine Eingangslatenz von 1,8 Millisekunden, ausgangsseitig jedoch auf drei Millisekunden. Anders sieht es hingegen aus, wenn wir die RedNets über DVS betreiben. In dem Fall zeigt Nuendo 6 bei gleicher Buffer-Einstellung und 48 Kilohertz eine Eingangs-Latenz von 6,66 Millisekunden und eine Ausgangs-Latenz von 7,66 Millisekunden. Für Live-Recordings mag das noch verschmerzbar sein, doch für Aufnahmen im Studio mit aktivem Direct Monitoring ist das eindeutig zuviel. Wer die RedNets dafür einsetzen will, kommt also um den Erwerb der PCI-Karte nicht herum. 
Im Hörtest treten die RedNet-Module gegen unsere Referenz, die Kombination aus Lake People Mic-Amp F355 und dem 8×192 ADDA-Wandler von Mytek an. Dabei setzt sich vor allem der RedNet 4-Wandler mit seinen integrierten Preamps eindrucksvoll in Szene. Ganz gleich, was wir ihm für Signale einspeisen, es ist stets ein höchst transparenter, offener Klang zu hören, der äußerst fein nach oben hin auflöst. Signale werden akkurat eingefangen, die Transienten-Abbildung ist detailliert, das Klangbild wirkt plastisch und von Klangfärbungen ist nicht die Spur zu hören. Nüchtern oder gar kalt klingen die Aufnahmen deswegen in keiner Weise, ganz im Gegenteil. Ihnen wohnt trotz aller Transparenz und Ehrlichkeit ein gewisser unbeschreiblicher Glanz inne, der  den Aufnahmen ein gewisses Highend-Flair  verleiht. Unterschiede zu unseren Referenzen sind, wenn überhaupt, nur im Mikrometer-Bereich vorhanden. Der Vergleich zwischen Mytek- und RedNet2-Wandler, die als Preamp jeweils den Lake People vorgeschaltet bekommen, liefert ebenfalls einen klanglichen Gleichstand. Insgesamt bewegen sich die RedNet-Wandler also auch klanglich auf ganz hohem Niveau. Unentschieden lautet somit das Ergebnis der Partie zwischen RedNet und Lake People/Mytek. Das ist Spitzenklasse.

Fazit

Focusrite demonstriert mit seiner RedNet-Serie eindrucksvoll, wie Digitalwandlung auf  hohem Niveau aussehen soll. Gleichzeitig leistet der Hersteller Pionierarbeit mit der Entscheidung, seine Premium-Serie mit der Dante-Schnittstelle auszurüsten, die somit erstmals Fuß im Recording- und Studio-Bereich fasst, dabei durch Stabilität, Flexibilität und hohe Performance überzeugt. Dieses Beispiel sollte Schule machen.

Erschienen in Ausgabe 12/2013

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 3369 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut