Welcome to Electric Ladyland
Dieses Jahr hätte einer der wichtigsten E-Gitarristen aller Zeiten seinen 65. Geburtstag gefeiert: James Marshall „Jimi“ Hendrix. Als Tribut an den Meister gibt es mit IK Multimedias neuester Amp-Simulation ein Erste-Klasse-Ticket nach Electric Ladyland.
Von Harald Wittig
Als erster komplett elektrifizierter Gitarrist in der Geschichte der E-Gitarre revolutionierte Jimi Hendrix das Gitarrenspiel. Zur Umsetzung seiner musikalischen Vorstellungen und Visionen verwendete der Meister Equipment, das seinerzeit nicht weniger revolutionär war. Rund vierzig Jahre später erleben Gitarristen unter dem Stichwort Digital-Modeling die nächste Equipment-Revolution. Neben innovativen Unternehmen wie Line 6 und Native Instruments – um nur zwei zu nennen – gehört auch die italienische Software-Schmiede IK Multimedia zu der Gruppe von Berufsrevolutionären, die das neue Zeitalter der E-Gitarren-Aufnahmen eingeläutet haben. Amplitube 2 heißt die preisgekrönte Amp- und Effekt-Simulation, die in Punkto Benutzerfreundlichkeit, Flexibilität und klanglicher Authentizität zur absoluten Spitzenklasse zählt (siehe Test in Ausgabe 10/2006). Hierauf basierend haben die Italiener in enger Zusammenarbeit mit Authentic Hendrix, jener Gesellschaft, die Hendrix´ musikalische Hinterlassenschaft verwaltet, mit Amplitube Jimi Hendrix versucht, die Hendrix-Hardware mit Nullen und Einsen nachzubauen. Damit sollen jetzt Gitarristen für nur knapp 200 Euro das virtuelle Äquivalent von Hardware-Geräten bekommen, die gut und gerne Hundert mal so teuer wären. Da leuchten nicht nur die Augen eingeschworener Hendrix-Verehrer – jeder Gitarrist, der Grundlagenkenntnisse in Bezug auf Vintage-Equipment hat, wird hier hellhörig.
Da das Grundkonzept der neuen Software auf Amplitube 2 basiert, gibt es zwei parallele, voll ausgestattete Gitarrenanlagen („Rigs“) mit jeweils fünf Einzelmodulen. Letztere umfassen ein autochromatisches, kalibrierbares Stimmgerät (Tuner-Modul), ein Bodeneffekt-Board (Stomp-Modul), die Gitarrenverstärker (Amp-Modul), Lautsprecherboxen und Abnahmemikrofone (Cab-Modul) und das abschließende Studio-Effekte-Rack (Rack-Modul). Im Unterschied zu Amplitube 2 kann die neue Software auch Stand-alone betrieben werden, was sowohl beim Üben wie auch auf der Bühne durch die Unabhängigkeit von einem Host-Sequenzer sehr viel komfortabler ist. Natürlich kann Amplitube Jimi Hendrix auch als Plug-in verwendet werden, unterstützt werden die Schnittstellen AU, VST, RTAS.
Die Installation ist schnell erledigt. IK Multimedia haben – anders noch als bei Amplitube 2 – auf den iLock-Key verzichtet. Gut so, denn ehe sich der Musiker versieht, sind sämtliche USB-Ports belegt. Anstelle des iLock-Keys muss die Software dafür – am Besten online – registriert werden, da zum uneingeschränkten Dauerbetrieb ein Autorisierungs-Code erforderlich ist. Es ist grundsätzlich möglich, die Software auf verschiedenen Rechner zu installieren. Allerdings muss hierfür jeweils ein eigener Autorisierungs-Code angefordert werden. Anderenfalls ist Amplitube Jimi Hendrix nur als zehntägige Demo-Version nutzbar. Nach erfolgreicher Installation empfiehlt sich zum ersten Kennenlernen der Stand-alone-Betrieb. Dazu gilt es zunächst das Audio-Setup einzurichten, also den Audio-Treiber, das Audio-Interface und die Ausgänge desselben auszuwählen. Wegen der beiden Gitarren-Rigs ist die Software standardmäßig für ein Stereo-Setup eingerichtet.
Um im Stand-alone-Betrieb vor allem das Üben besonders komfortabel und unterhaltsam zu machen, hat IK Multimedia ein besonderes Leckerli eingebaut: Den so genannten Speed Trainer, der eine leistungsfähige Mitspiel-Möglichkeit offeriert. Wer mit Hendrix beziehungsweise zu einer seiner Aufnahmen spielen möchte, lädt einfach einen seiner Songs in den Speed Trainer und der Gitarrist kann sich mit dem Meister messen. Die Software erlaubt den Import von WAV-, MP3-, AIFF- und WMA-Dateien, die zudem im Tempo und in der Tonhöhe anpassbar sind. Beides ist sehr praktisch, um beispielsweise schwierigere Passagen herauszuhören und zu üben, beziehungsweise die Musik an die Stimmung des eigenen Instruments anzugleichen. Über den Speed Trainer kann das Playback quasi aufs eigene Instrument feingestimmt werden. Praktisch fürs Üben ist auch die Loop-Funktion, um knifflige Passagen in einer Endlosschleife abzuhören oder um einfach nur einzelne Abschnitte, ohne die Hände vom Instrument zu nehmen, zu trainieren.
Amplitube Jimi Hendrix enthält eine umfangreiche Bibliothek von Werksvoreinstellungen, die für jede Hendrix-Komposition, die sich auf seinen drei Studio-Alben „Are You Experience“, „Axis: Bold als love“ und „Electric Ladyland“ findet, mitunter bis zu vier verschiedene Rigs bereithalten. Alleine für „Along the Watchtower“ gibt es drei verschiedene Anlagen für die Soli, hinzukommen Setups für Intro und Fills. Daneben gibt es nach einige grundlegende Setups, die –- wie beispielsweise „Modern Rock„ –- nicht auf Hendrix bezogen sind, sondern gewissermaßen Anschluss an zeitgemäße Sounds halten. Ganz am Ende der langen Preset-Liste finden sich Rigs für jenes Stück, mit dem Hendrix die Rockmusik um das seinerzeit genrefremde Element der freien Improvisation bereichert hat: „The Star Spangled Banner“. Es gibt zwei Möglichkeiten, ein Preset aufzurufen: Entweder in den zunächst leeren Preset-Slot klicken und in den Aufklapp-Menüs das entsprechende Album und den gesuchten Song anwählen; oder aber die Presets über die Pfeiltasten neben dem Slot durchklicken und das gesuchte Stück auswählen. Die erste Alternative ist die schnellere.
Da diese Software ein Derivat von Amplitube 2 ist, kann der Benutzer selbstverständlich seine eigenen Rigs zusammenstellen. Hierzu gibt es die oben genannten Einzelmodule, die es einmal mehr in sich haben. Nach dem das Stimmen über das recht nervös hin und her zuckende Stimmgerät endlich erledigt ist, folgt als nächster Schritt die Auswahl des Verstärkers. IK Multimedia hat insgesamt vier Amps digital emuliert, die Hendrix allesamt im Laufe seiner Karriere benutzt hat. Ganz typisch für die italienische Software-Schmiede ist die Amp-Sektion ebenfalls modular aufgebaut, es gibt jeweils ein Pre Model beziehungsweise Vorstufen-Modul, gefolgt vom EQ Model, das bestimmte Klangeinstellungen anbietet und dem abschließenden Amp Model, also der Endstufe. Obwohl alle drei Module aufeinander abgestimmt sind und zusammen den Klangcharakter der virtuellen Verstärker bestimmen, können diese ohne weiteres frei kombiniert werden. Damit ist es für den Benutzer ein Leichtes, seinen persönlichen Frankenstein-Verstärker zusammen zu bauen.
Sehen wir uns das Verstärker-Angebot einmal näher an: Hinter den Pseudonymen American Vintage B, D und T verbergen sich die Nachbildungen der Fender-Verstärker Bassman, Dual Showman und Twin Reverb. Während der Dual Showman vermutlich nur live von Hendrix verwendet wurde, spielte er bei der fünfzehnminütigen Blues-Jam „Vodoo Chile“ seine Strat über einen Bassmann. Einen Twin Reverb besaß Hendrix ab 1965 und hat ihn bevorzugt auf Sessions und häufiger im Studio gespielt. Wobei diese beiden Amps dennoch nur zweite Wahl waren. Erst der folgende Verstärker war maßgeblich für den Hendrix-Sound: Die Emulation British Lead S100 basiert auf dem Marshall 1959 JTM100 Super Lead. Bei diesem Verstärker handelt es sich genau genommen um einen JTM45 mit doppelter Leistung, der übrigens seinerseits auf dem Fender Bassman basierte. Den JTM100 entwickelte der bis heute umtriebige Jim Marshall 1965 für Pete Townshend als ersten Stack (Verstärker mit zwei 4x12er Boxen) in der Unternehmensgeschichte. Hendrix erwarb kurz nach der Gründung der Experience mit Noel Redding (Bass) und Mitch Mitchell (Schlagzeug) vier komplette Stacks und hielt seinen Marshalls bis zuletzt im Studio und auf der Bühne eisern die Treue. Hendrix schätzte die so genannte „Britische Einstellung“, indem er alle Regler bis zum Anschlag auf rechts aufdrehte, um den Amp zu übersteuern. Die Marshalls erwiesen sich hier als wesentlich langzeitstabiler als beispielsweise die Fender-Verstärker. Am Wichtigsten ist aber sicherlich, dass Hendrix den Klang seiner Marshalls liebte. Im Unterschied zum späteren Plexi klingt der JTM100 weicher und ist – zumindest nach Auffassung von Kennern – klanglich keineswegs eindimensional auf Brachial-Lautstärke und Mörderzerre festgelegt. So könne er genauso gut clean und warm wie ein Fender Bassman klingen. Originale dieses Verstärkers gibt es nur noch wenige und die Gebrauchtmarktpreise sind weit jenseits von Gut und Böse.
Marshalls, die nachweislich Hendrix gehörten, sind in festen Händen, die sie nicht mehr loslassen. Auch der 2006 von Marshall vorgestellte Nachbau ist auf 600 Stück limitiert und kostet die Kleinigkeit von etwa 5.500 Euro. In Amplitube Jimi Hendrix findet sich nun der virtuelle Klon eines Original JTM100 aus dem Besitz der Authentic Hendrix Gesellschaft und allein damit ist IK Multimedia seinen Mitbewerbern eine gute Nasenlänge voraus. Natürlich gibt es für die JTM100-Simulation auch die passende Endstufe: Hier glühen Software-Repliken der KT66-Glaskolben, was den Anwender noch näher an den Original-Sound bringen könnte, denn Hendrix bezeichnete diese eher fett und mitten-betont klingenden Röhren angeblich als eines der Geheimnisse seines Sounds. Selbstverständlich gibt es auch für die Fender-Repliken die passenden Endverstärker und wie gesagt: Keine Angst vor verrückten Experimenten. Solange es gut klingt, ist alles erlaubt.
Das Amp-Signal durchläuft dann die emulierten Original-Boxen, die ebenfalls austauschbar sind. Wer möchte, kann sein Marshall-Topteil beispielsweise auch mit einer Sears Silverton 2×12 oder einer Fender-Box kombinieren. Die Boxensektion beinhaltet auch vier Abnahme-Mikrofone, die das Herz von Vintage-Fans höher schlagen lassen: Im Angebot sind AKG C 12, die Neumänner U 67 und U 87, ein Shure SM 57 und nicht zu vergessen das Beyerdynamic M160 Doppelbändchen-Mikrofon. Letzteres war übrigens der erklärte Liebling von Hendrix´ Toningenieur Eddie Kramer. Die virtuellen Mikrofone lassen sich wahlweise On und Off Axis positionieren, mit dem Schieberegler „Ambience“ kann der Klang noch um Raumanteile angereichert werden.
Apropos „angereichert“: Auch wenn sich die Basis des Hendrix-Sounds aus den Grundbestandteilen Spieltechnik, Fender Stratocaster und Marshall-Amp zusammensetzt, verwendete Hendrix live und im Studio verschiedene Effektgeräte zur Ausweitung des Klangspektrums. Folgerichtig gehören auch einige Vintage-Effekte zum Ausstattungspaket von Amplitube Jimi Hendrix, wobei vor allem die so genannten Bodentreter ein weiteres Glanzlicht dieser Software darstellen. Die Tüftler von IK Multimedia haben einige originale Schätzchen nachgebaut, nach denen sich nicht nur Hendrix-Fans die Finger lecken dürften.
Um seinen bis zum Anschlag aufgedrehten Amp noch weiter zu übersteuern, schaltete Hendrix noch häufig einen Verzerrer vor den Verstärker. Die Software enthält fünf klassische Verzerrer, es fehlen dabei weder die Emulation des Arbiter Fuzz Face, hier Fuzz Age genannt, oder das von Roger Mayer für Hendrix angefertigte Axis Fuzz (XS Fuzz), noch das extrem seltene Mosrite Fuzzrite (RightFuzz).
Neben den Verzerrer-Pedalen gibt es vier weitere Bodentreter, die entweder für Hendrix entwickelt oder durch sein Spiel berühmt wurden. Den Anfang macht das Vox Wah-Wah-Pedal, das auf Tonträger erstmals in dem Song „The Burning of the Midnight Lamp“ zu hören war und ab 1967 auf der Bühne weidlich zum Einsatz kam. Speziell beim Wah-Wah zeigt sich allerdings die Unterlegenheit von Software gegenüber Hardware: Als klassisches Fußpedal sollte ein Wah-Wah vom Spieler mit dem Fuß gesteuert werden – gerade Hendrix war vollendet im Umgang mit dem Wah-Wah-Pedal. Leider hat IK Multimedia – anders als beispielsweise Native Instruments – immer noch keinen Hardware-Controller im Angebot. Zwar kann Amplitube Jimi Hendrix selbst und damit auch das Wah-Wah über ein MIDI-Fußpedal gesteuert werden, was im Test auch zufriedenstellend funktionierte, dennoch: Ein dezidierter Controller ist wünschenswert. Der ist zwar angekündigt, aber bislang steht noch in den Sternen, wann damit zu rechnen sein wird. Als Interims-Lösung gibt es eine Auto-Wah-Funktion, die ordentlich arbeitet, aber im Hinblick auf das klangliche Ergebnis die Steuerung über ein Fußpedal nicht ersetzen kann.
Unproblematisch ist dagegen die Handhabung des Uni-V, die Nachbildung des Univox Uni-Vibes, das seinerseits einen Leslie-Lautsprecher simulieren sollte. Auch das Octa-V (nach dem Roger Mayer Octavia), ein weiterer Verzerrer, der dem Originalsignal der Gitarre die nächsthöhere Oktave hinzufügt, ist ohne weiteres zu gebrauchen. Zu hören war das originale Octavia erstmals auf dem atmosphärischen „One Rainy Wish“ in der Sologitarrenspur: Hendrix simulierte den Klang einer Flöte. Schließlich wird die Bodentreter-Sektion noch durch Opto-Tremolo, die Emulation des Fender Super Reverb Amp Opto Tremolos, das die Lautstärke regelmäßig anhebt und absenkt, abgerundet.
Bei seinen Alben machte Hendrix regen Gebrauch der Studio-Technik und setzte daher auch ausgewiesene Studio-Effekte ein. Eine kleine Auswahl, die aber durchaus erstaunliche Klangergebnisse bringt, findet sich im letzten Modul, „Rack“ genannt. Dabei ist ein parametrischer Equalizer, ein Röhren-Kompressor, ein erstaunlich gut klingender Stereo-Hall und als Sahne-Häubchen ein Rotary-/Leslie-Speaker. Das wohl populärste Klangbeispiel, in dem der Leslie-Effekt deutlich hörbar ist, dürfte die Meister-Ballade „Little Wing“ sein. Im Vergleich zum Uni Vibe ist der klang sehr viel natürlicher und dreidimensionaler.
Obwohl Amplitube Jimi Hendrix nur bescheidene 27 MB Speicherplatz auf der Festplatte beansprucht, verlangt die Software nach einem leistungsstarken Rechner. Am Besten spielt es sich mit einem Arbeitsspeicher ab einem Gigabyte RAM und einem Prozessor, der mit mindestens zwei Gigahertz getaktet ist. Auch dann kann es noch problematisch werden. Sogar der redaktionseigene Studio-Rechner, der mit drei Gigabyte RAM und Intel Quad Prozessoren an und für sich enorm leistungsfähig ist, weist unter Sonar 6 eine CPU-Auslastung von 37 Prozent aus – bei nur zwei Gitarrenspuren wohlgemerkt. Das ist höchstwahrscheinlich Tribut an die aufwändige Simulation der Einzelkomponenten in Amplitube Jimi Hendrix. Es gibt allerdings einen Trick, der beim Einspielen einigermaßen funktioniert: Im Menü „Preferences“ ist „High Resolution“ aus klanglichen Gründen ab Werk aktiviert. Wird das Häkchen per Mausklick entfernt, halbiert sich die CPU-Auslastung. So ist es möglich, Gitarren-Spuren in Echtzeit durch Amplitube Jimi Hendrix einzuspielen. Zumindest klappt Overdubbing beim alternativen Test mit einem Notebook mit 1,5 GHz-Prozessor und 512 MB RAM unter Sonar 6 einigermaßen, wenngleich die Latenz mit 12 Millisekunden für tightes Spiel alles andere als günstig ist. Hier ist bei drei Stereo-Instanzen definitiv Schluss: Drop-out meldet der Host-Sequenzer, kaum dass der erste Ton verklungen ist.
Um die beiden parallelen Rigs sinnvoll zu nutzen, sollten Cubase- und Sonar-User entweder mit Stereo-Spuren arbeiten oder die Mono-Tracks auf einen Stereo-Bus routen. Denken Sie beim Einspielen daran, das Eingangsecho (Sonar) beziehungsweise Direct Monitoring (Cubase) einzuschalten, sonst hören Sie nur das nackte DI-Signal und nicht Amplitube Jimi Hendrix. Leichter geht das unter Logic Pro und Digital Performer: Hier sollte lediglich daran gedacht werden, das Plug-in als Insert-Effekt in Mono-Spuren als Mono to Stereo zu öffnen. Mehr ist nicht notwendig.
Wie spielen nacheinander die Intros und ersten Strophen der Hendrix-Stücke „Purple Haze“, „The Wind cries Mary“, „Castles Made of Sand“, „The Burning of the Midnight Lamp” und „Little Wing” – letzteres übrigens das erklärte Lieblingsstück der Redaktion – ein. Als Gitarre darf sich eine Fender 65er Reissue Strat bewähren – Hendrix bevorzugte nämlich selbst Strats der Baujahre 1964 bis 1968.
Schon beim Spielen, aber er erst recht beim Abhören ist klar: Amplitube Jimi Hendrix klingt fantastisch. Allein die Presets für die genannten Songs sind genial. Sogar das Auto-Wah klingt bei dem melodischen Intro-Riff von „Burning…“ klasse, der charakteristische Unterwasser-Sound des Originals vom Electric Ladyland-Album kommt bestens rüber. Vermutlich klänge es perfekt, hätte der Meister selbst gespielt. Auch „The Wind cries Mary“ und „Little Wing“ klingen toll, wenngleich im zweiten Fall das Preset den Leslie-Effekt ausspart. Kein Problem, dafür gibt es das Rack und den Rotary-Speaker-Effekt. Der kommt auch bei „Castles…“ zum Einsatz, denn dieser Sound passt perfekt zu Hendrix´ lyrischen Stücken.
Wem das jetzt zu euphorisch erscheint, dem sei ein ganz einfacher Selbstversuch empfohlen: Laden Sie das Preset „Voodoo Chile“ in den Slot, schließen Sie die Augen und spielen den Eröffnungs-Triller – Sie werden sich umgehend in den Electric Ladyland Studios wieder finden.
Aber Amplitube Jimi Hendrix bietet nicht nur die Möglichkeit, die Sounds des großen Vorbilds nachzuahmen. Es handelt sich immerhin um eine virtuelle Sammlung von analogem Edel-Equipment, mit dem sich unabhängig von der Stilistik arbeiten lässt. Allein der emulierte Marshall JTM100 klingt grandios und verhält sich wie ein echter Röhren-Amp, indem er dynamisch auf Spielweise und Anschlag reagiert und ohne Schönfärberei das wiedergibt, was der Spieler hinein gibt. Mit diesem Amp lässt sich auch Souliges und sogar Straight-Ahead-Jazz spielen. Kein Wunder, das Hendrix diesen Amp liebte. Die nachgebildeten Fender-Amps sind auf vergleichbar hohem Niveau: Wilden Chicago-Blues á la Buddy Guy, Surf- und Country-Twang und den Wes-Montgomery-Holzton haben die emulierten Cousins Bassman, Dual Showman und Twin Reverb voll drauf.
Mit den vielen Kombinationsmöglichkeiten, die diese Software bietet, lassen sich, sofern es der eigene Rechner erlaubt, ganze E-Gitarren-Symphonien komponieren und einspielen. Gerade Gitarristen, die aus unerfindlichen Gründen eine Abneigung gegen Synthesizer oder Guitar-to-MIDI-Controller haben, finden mit Amplitube Jimi Hendrix eine wahre Fundgrube, um eigene E-Gitarren-Symphonien zu komponieren. Wie das geht, hat Jimi Hendrix vor rund vierzig Jahren vorgemacht. Folgen Sie ihm, wenn Sie wollen und können.
Fazit
Amplitube Jimi Hendrix ist eine klanglich hervorragende Gitarrenamp- und Effekte-Simulation, die mit viel Liebe zum Detail edles Vintage-Equipment emuliert. Bei der Verwendung als Plug-in ist allerdings ein leistungsfähiger Rechner vonnöten. Gäbe es noch ein Controller-Pedal, wäre diese Software perfekt.
Erschienen in Ausgabe 08/2007
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 199 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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