Eisbrecher

Klingen A/D-Wandler nicht authentisch, sondern kühl und steril, gilt es für seine Entwickler das Eis zu brechen. Ob das gelingen kann, muss der ADC8 Mk IV von EMM Labs im Test zeigen. 

Von Michael Nötges 

Vor uns liegt eine bis an den Horizont reichende Eisfläche. Es scheint kein Durchkommen zu geben und doch ertönt durch das Sprachrohr zum Maschinenraum die Bestätigung: „Volle Kraft voraus, Kaptain.“ In der hinteren Ecke der Kommandobrücke flüstert der erste Offizier dem amerikanischen Steuermann zuversichtlich und für alle gut verständlich ins Ohr: “If the Job can be done, Ed will do it. If it can’t be done, Ed will figure out a way to do it.“ 

Ed Meitner entwickelt mit großem Erfolg seit den 1970er Jahren Produkte für den professionellen Audiobereich. Dabei schreckte er vor keinerlei Herausforderung zurück und konzipierte zunächst analoge Konsolen für die Olive Electrodynamics Company und dann unter dem Namen Museatex audiophile Meisterwerke wie den Meitner AT-2 Plattenspieler oder dem STR.55 Stereo-Verstärker. Immer mit dem Anspruch state-of-the-art zu sein und besonders klanglich, höchsten qualitativen Standards zu entsprechen. Seine derzeitige in Calgary ansässige Firma EMM Labs legt heute den Fokus auf A/D- und D/A-Wandler, also dem Equipment das benötigt wird, um vom analogen zum digitalen Ufer und zurück zu gelangen. Dabei soll immer der bestmögliche Klang erreicht werden, der mit neuen Innovationen, technischer Raffinesse und fundiertem Know-How möglich ist. Technisch und klanglich gelten die Geräte aus den EMM Labs gerade in den USA als Referenz. Der Eisbrecher ADC8 Mk IV, der als achtkanaliger A/D-Wandler konzipiert auch in der Lage ist digitale Formate (DSD, PCM) zu konvertieren, gilt als Wegbereiter purer Klangwandlung. Er ermöglicht im DSD-Format bei 128-fachem Oversampling eine gleich bleibende Bandbreite von 5,6448 MHz, bei 64-fachem eine von 2,8224 MHz und ist in High-Resolution-Studios deshalb ein gern gesehener Gast. Im PCM-Format sind Samplingfrequenzen bis zu 96 kHz bei 24 Bit Wortbreite möglich. Ob der rund 7480 Euro teure Gigant das digitale Eis zwischen A und D restlos entfernen kann, erfahren Sie auf der folgenden Testreise.

Bereits beim ersten Heben des ADC8 Mk IV von EMM Labs machen sich die zwölf Kilogramm deutlich bemerkbar. Das Gewicht des drei Höheneinheiten einnehmenden 19 Zoll-Geräts erinnert eher an eine wuchtige Endstufe, als an einen A/D-Wandler aber Lautstärkeregler sucht man hier vergebens. 

Die silber-graue Frontplatte misst an ihrer dicksten Stelle 10 Millimeter und bildet die massive Front des sauber verarbeiteten Gehäuses. Äußerst robust und im Look eines Designer-Messgerätes kommt der ADC8 Mk IV daher und erweckt damit den Eindruck einer lohnenden Investition. Zahlreiche Kippschalter sind in zwei übereinander liegenden Reihen angeordnet. Zum Schutz des versehendlichen Umschaltens sind dafür in die Frontplatte zwei Gräben gefräst, die deren Metallspitzen hinter der Fräskante verschwinden lassen. Die untere Reihe der Kippschalter ermöglicht das Umschalten der Eingangsempfindlichkeit zwischen Low (+20 dBu bis +32 dBu) und High (+8 dBu bis +20 dBu) und zwar einzeln für jeden der acht Kanäle. Zu jedem Kanal gehört außerdem ein Trim-Poti in Form eines Schraubenkopfes, der nur durch ein Loch in der Frontplatte mit einem Uhrmacher-Schraubenzieher verstellt werden kann. Eine LED, die bei Übersteuerung (0 dBfs) mit rotem Licht warnt befindet sich direkt nebenan. Die in ihrer Abstufung sehr feinen Potis ermöglichen eine Justierung des Ausgangspegels zwischen +14 dBu und +24 dBu.

Die obere Reihe der Kippschalter umfasst elf Einstellungsmöglichkeiten, sowohl für allgemeine Features, die A/D-Wandlung als auch für die D/D-Konvertierung. Von links nach rechts offenbart sich uns als erstes der Word-Clock-Bereich. Hier lässt sich zwischen interner und externer Synchronisation umschalten und die Verbindungsart zwischen BNC und ST Fiber (optisch) wählen. Bei externer Synchronisation leuchtet eine blaue LED, wenn der Wandler sich im bestehenden System arrangiert hat. Die nächsten drei Schalter befassen nsich mit den Samplingfrequenzen. Die Überabtastung kann zwischen 64 kHz und 128 kHz umgeschaltet werden. Dabei ist die höhere Frequenz nur wählbar, wenn die Basisfrequenz nicht verdoppelt wurde, der dazugehörige Schalter also auf 1FS steht. Als Grundfrequenz werden 44,1 kHz oder 48 kHz angeboten, wobei die Auswahl von 2Fs zu den doppelten Samplingfrequenzen von 88,2 kHz und 96 kHz führt. Die Digital-Audio-In-Sektion entscheidet je nach Schalterstellung über den Datenfluss: die Out-Position bereitet den ADC8 Mk IV auf die A/D-Wandllung vor, die In-Stellung auf die D/D-Konvertierung. Erst die zweite Möglichkeit eröffnet die Auswahl zwischen digitalen Eingangssignalen, die über die BNC oder ST Fiber-Verbindung optisch anliegen. Das jeweilige Datenformat wird durch die nächsten beiden Schalter ausgewählt. Steht der Input auf BNC kann die Entscheidung zwischen RAW DSD- [g] und SDIF-3-Format [g] getroffen werden, je nachdem welche Quelle angeschlossen ist. In die Zukunft weisend, ist der derzeit mit nur einem optischen Format versehene Optic-Schalter. Hier bleibt Platz für Neuentwicklungen und mögliche Erweiterungen. Zu guter letzt bleibt die Entscheidung offen, ob die Ausgabe im PCM-Format mit einer Wortbreite von 16 oder 24 Bit erfolgen soll. Die internen Wandler-Schaltungen sind diskret aufgebaute Eigenkonzeptionen, was die erhöhte Wärmeentwicklung und die Dimensionen des ADC8 Mk IV erklärt. Dies wird aber gerne in kauf genommen, um das klangliche Ergebnis zu optimieren. Herkömmliche Chips von der Stange kommen den Entwicklern der EMM Labs nicht ins Haus. 

Ein Blick auf die Rückseite bringt Klarheit in das Schalter-Wirrwarr und macht die verschiedenen möglichen Datenflüsse deutlich. Es gibt acht symmetrische XLR-Buchsen, die als analoge Eingänge dienen. Ligen hier Signale an, können diese in das digitale DSD- oder PCM-Format gewandelt werden. In Abhängigkeit der Stellung der Kippschalter ergeben sich verschiedene Wege des Signalflusses. DSD-Signale können entweder auf die acht BNC-Buchsen oder auf den optischen ST-Fiber-Ausgang geroutet werden. Die optische Verbindung mit Bajonettverschluss führt alle acht Kanäle über eine Glasfaserleitung. PCM-Formate werden entweder an die vier symmetrischen XLR Stereobuchsen (AES/EBU) oder auch auf die BNC-Ausgänge geschickt. Ein wirklich vielseitiges System, das sowohl die verschiedenen Formate als auch Anschlussmöglichkeiten berücksichtigt und damit äußerst praktisch für den professionellen Studiobereich ist. Ähnlich sieht es bei der Konvertierung der digitalen Formate aus. „Gerade im Masteringprozess von SACDs“, erklärt Andreas Koch Entwickler bei EMM Labs mit Schweizer Akzent „sind die vielseitigen Konvertierungs- und Anschlussmöglichkeiten unabdingbar und ungemein hilfreich. Genau für diesen Bereich eignet sich der ADC8 Mk IV besonders.“ 

Signale im DSD-Format können entweder auf optischem Weg oder über die multifunktionalen BNC-Verbindungen, die als Ein- und Ausgang benutzt werden können, eingespeist werden. Der ADC8 Mk IV übernimmt hier zum einen die Funktion eines Adapters zwischen Glasfaser- und BNC-Verbindung in beide Richtungen. Zum anderen ist die Konvertierung in PCM-Formate möglich. Die Ausgabe erfolgt in diesem Fall über die XLR- oder aber über die BNC-Verbindungen. In Punkto A/D- und D/D-Wandlung mit Hinblick auf die Erstellung von SACDs ist der Wandler bestens gerüstet.

Die ausgezeichneten Messwerte des ADC8 Mk IV zeigen sich bei allen Messungen. Lediglich der Klirrfaktor fällt etwas aus dem Rahmen. Er liegt bei 0,01% und damit unerwartet hoch, auch wenn es sich um einen guten Wert handelt. Insgesamt kann aber von Unzulänglichkeiten keine Rede sein, da sich Unregelmäßigkeiten in den Diagrammen außerhalb des hörbaren Bereichs befinden. Im Vergleich mit anderen Spitzenwandlern, wie dem DAD AX 24 (siehe Test, Heft 07/06) oder dem jüngst besprochenen Lynx Aurora 8 (siehe Test, Heft 11/06) werden konstruktionsbedingte Unterschiede deutlich, deren Auswirkungen auf den Klang weitestgehend zu vernachlässigen sind, da sie in Bereichen unter -80 dBu liegen. Der Frequenzgang kann über den gesamten Frequenzbereich nicht besser sein: es gibt keine Abweichungen. Die Wandlerlinearität weist erst unterhalb von -80 dBu minimale Abweichungen auf. Die FFT-Analyse zeigt bei einer Center-Frequenz von 530 Hertz ausschließlich Werte unter -110 Hertz. Auch wenn eine Spitze bei 100 Hertz auszumachen ist, handelt es sich hier um ausgezeichnete Werte. Das Übersprechen von Kanal eins auf Kanal zwei ist makellos: die Werte liegen auf einer Geraden bei -75 dBu. Geräusch- und Fremdspannungsabstand liegen bei 104,6 dBu und 98,8 dBu. Der Unterschied zwischen den beiden Werten entsteht durch eine Pegelanhebung bei 50 Hertz die bei der Gleichtaktunterdrückung festzustellen ist. Ohne diesen Peak könnte der Fremdspannungsabstand noch einmal etwas besser sein, da er die Messung negativ beeinflusst. Verlassen wir den Bereich der Ingenieurkunst und wenden wir uns dem Bereich des reinen Klanges zu.

Für den Hörtest verwenden wir unseren bereits bekannten und etablierten Versuchsaufbau für A/D-Wandler. Als analoge Quelle dient uns die Telefunken M15A von der wir eine Gitarrenaufnahme mit dem ADC8 Mk IV digitalisieren und auf dem Alesis Masterlink bei 24 Bit und 96 Kilohertz speichern. Der Vorher-Nachher-vergleich soll uns zeigen, wie gut der ADC8 Mk IV wirklich ist. 

Dabei machen wir uns auf minimale Unterschiede gefasst und hören deshalb die Signale sowohl über das gerade eingemessene K+H System (siehe Test K+H O 500 C, S. 58) und dem Stax-Kopfhörer ab. Der ADC8 Mk IV klingt direkt und im positiven Sinne präsent und authentisch. Atemgeräusche des Musikers und die filigranen Nuancen der Greifhand beim verlassen der Finger von den Saiten, klingen naturgetreu und fein aufgelöst. Über den Stax-Kopfhörer wird noch mehr deutlich, dass wir es mit einem exzellenten Wandler zu tun haben und Unterschiede zum Original nur im Detail zu finden sind. Selbst die eigentümliche Dichte eines Signals von Band bleibt erhalten und lediglich minimale Spuren des Analogsounds verflüchtigen sich auf dem Weg der Digitalisierung. Eine in höherer Lage gespielte Passage führt uns die Offenheit und Präzise Auflösung, mit viel Luft nach oben vor Ohren. Das Frequenzspektrum scheint kein Ende zu finden. Das Klangbild erscheint unangestrengt aber trotzdem mit akribischer Präzision. Das Original von der Bandmaschine und das durch den ADC8 Mk IV gewandelte Signal liegen unglaublich nah bei einander. Es fehlt lediglich an einem Hauch von Feinkörnigkeit, um von einem 100-prozentigen digitalen Klon sprechen zu können.  

Fazit

Ed Meitner hat mit dem ADC8 Mk IV seiner Firma EMM Labs das Eis zwischen analog und digital gebrochen, auch wenn einige kleinere Eiskristalle sich noch in der Fahrrinne befinden. Klanglich ist der Nähe zum Original nicht viel hinzuzufügen und mit dem Zusatz der D/D-Wandlung und der Fähigkeit Produktionen im DSD-Format und damit SACD-Qualität zu erreichen, ist er ein absoluter Profi unter den Wandlern. Nicht zuletzt seine Flexibilität in Bezug auf das Routing der Signalwege und seine robuste Konstruktion machen ihn zu einer lohnen Investition für High-Resolution Studios und Klangpuristen. Rund 7480 Euro sind nicht zu viel für diejenigen, die die Möglichkeiten im professionellen Bereich voll ausschöpfen können.

Erschienen in Ausgabe 12/2006

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 7482 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut