Wertanlage

Wen Geld alleine glücklich macht, für den ist das Sonosax-Mischpult eine echte Glückspille. Dabei kann es noch viel mehr, als nur die  Endorphin-Ausschüttung anzuregen. 

Von Hans-Günther Beer 

Wenn die amerikanischen Kultregisseure Robert Zemeckis (Forest Gump) oder Steven Spielberg (Schindlers Liste) am Set drehen, vertrauen sie grundsätzlich nur bester europäischer Aufnahmetechnik. Für das Bild kommen nur Arriflex-Kameras aus München und für den Ton nur Sonosax-Mischer aus Le Mont-sur-Lausanne  am Genfer-See in Frage. Aktuell großer Beliebtheit unter den Filmschaffenden erfreut sich der brandneue Mischer SX-ST 8 aus dem kleinen 5000-Seelen Ort in der Südwest-Schweiz. Mit 20.000 Euro ist der Achtkanal-Mischer, den Professional audio Magazin im Test hat, zwar sündhaft teuer, für die Toningenieure aus der Film- oder Musikbranche ist der Ultrakompakt-Mischer mit seinen acht Bussen jedoch fast schon ein Schnäppchen. Denn dort, wo unwiederbringliche Lifeaufnahmen entstehen, ist kompromisslose Qualität und vor allem extreme Zuverlässigkeit  unbezahlbar.

Dass die Realisierung dieser beiden Ansprüche nur mit großem technischen und kostentreibenden Aufwand machbar ist, war dem Firmengründer Jacques Sax schon Anfang der 80er Jahre klar, als er den Mischer SX-S auf den Markt brachte. Er machte seinen Job so gut, dass die Filmindustrie ihm den Winzling regelrecht aus den Händen riss. Und die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Hollywood belohnte das damals einzigartige Konzept und die überragenden Klangqualität sogar mit einem Oscar. Als modernster Nachkomme erbte der SX-ST8D, das Testexemplar ist zusätzlich mit einem achtkanalige A/D-Wandler ausgestattet, alle Gene seines Urahns. Der vollständig aus schwarz eloxiertem, kratzunempfindlichen Aluminium gefertigte Mischer ist mit der Grundfläche dreier DIN-A4-Seiten nach wie vor extrem kompakt, ungemein gut verarbeitet und voll gestopft mit Schaltern, Reglern und Anschlussbuchsen. 

Betätigt man nach einem ersten, bewundernden Spaziergang der Augen über die wohlproportionierte, in vornehmem schwarz-grau gehaltene  Bedienoberfläche mit seinen 167 satt klackenden Miniatur-Kippschaltern und 125 Drehreglern- oder Schaltern einen der acht 100-Millimeterfader bekommt man einen ersten  haptischen Eindruck, wo die Qualitätsunterschiede zu normalen Mischern liegen. Kein Fader, versichert jeder Mitarbeiter von Professional audio Magazin, an den er bisher Hand anlegte, läuft so sanft und geschmeidig, wie die des Sonosax. Nicht nur das, die Skalierung von –unendlich bis +12 beziehungsweise +24 Dezibel – die Verstärkung der Fadersektion  ist  umschaltbar – stimmt penibel mit der tatsächlichen Pegeländerungen  überein. Soviel zur Präzison der acht Verstärkerzüge. Das Layout der Channel-Strips geriet klassisch, jeder Tontechniker wird sich sofort zu Recht finden. 

Dennoch spendierten die Sonosax-Entwickler dem SX-ST8D einige Besonderheiten. So ist beispielsweise die Verstärkung der Eingangsverstärker wie bei einigen hochwertigen Stand-alone-Mikrofonverstärkern in sechs Stufen (0 bis 60 Dezibel) schaltbar und in jeder Stufe zusätzlich um +/- 20 Dezibel regelbar. Das erleichtert die Reproduktion einmal gefundener Einstellung sehr. Die Equalizer-Sektion hingegen geriet  für ein Pult dieser Klasse ausgesprochen spartanisch. Das war aber laut Sonosax keine Frage des Rotstiftes, sondern – so die Meinung der Entwickler – werden die entscheidenden Manipulationen so wie so in der Postproduction vorgenommen. Außer je einem Kuhschwanz Höhen- und Tiefenfilter (8000 Hertz und 80 Hertz) offeriert der kompakte Schweizer lediglich einen halbparametrischen Mitten-Equalizer von 200 Hertz bis 8000 Hertz, die Pegel lassen sich jeweils um +/- 15 Dezibel variieren. Der Equalizer ist komplett abschaltbar, nicht jedoch das von 15 Hertz bis 400 Hertz regelbare und aus Qualitätsgründen  elektrisch direkt hinter dem Vorverstärker angeordnete Hochpassfilter. Beim mobilen Outdoor-Einsatz, und dafür ist der Sonosax-Mischer vornehmlich konzipiert, müssen die Toningenieure fast immer mit tieffrequenten Störgeräuschen, verursacht durch Wind und Wetter kämpfen – und dort leistet das 18-dB-Filter gute Dienste.

Besonders umfangreich ausgestattet hingegen offeriert sich die Aux-Sektion in jedem der acht Channel-Strips. Vier Aux-Sends, die jeder individuell entweder aus- oder Pre beziehungsweise Postfader  geschaltet werden können, erlauben unterschiedlichste Submixes, deren Summen über vier Aux-Summenregler in der Mastersektion als Sendsignale nochmals individuell pegelbar sind.  Jeder der Eingänge, ist  per Kippschalter zwischen XLR-Mikrofoneingang, die auch Linepegel verkraften, und „In B“, Lineeingängen, die über Kabelpeitsche und SUB-D-Buchse angeschlossen werden, umschaltbar. Und jeder der Eingänge lässt sich individuelle auf jeden der acht internen Busse routen. Zuständig dafür ist pro Channel-Strip eine Reihe von untereinander angeordneten, dreistufigen Kippschaltern. Stehen die acht Schalter in Mittelstellung, dann wird das Signal des Faders auf keinen der Busse geschaltet. Stehen die Schalter 1, 3, 5 und 7 in der linken Position, werden die Signale nach dem Panoramaregler abgegriffen  und auf die ungeraden Busse geschaltet, stehen sie alle rechts, wird das jeweilige Signal vor dem Panorama-Regler abgegriffen. 

Nach dem gleichen Prinzip routen die Schalter 2, 4, 6 und 8, rechts post Pan auf die geradzahligen Busse  zwei bis acht, links das gleiche pre Pan. Damit lässt sich beispielsweise jeder Channel-Strip auf alle Busse oder alle Strips auf einen Buss schalten, beziehungsweise alle möglichen Kombinationen daraus. In der Master-Sektion werden jeweils zwei Busse als Stereobuss behandelt, ein jeweils gemeinsamer Pegelsteller regelt dann das Buss-Ausgangssignal, kontrollierbar durch zwei fünfstufige LED-Aussteuerungsanzeigen. Durch sinnvolle Kombination der Routing-Schalter, Pan- und Buss-Summenregler lassen sich acht individuelle Mono-Gruppen, vier Stereo-Gruppen oder eine beliebige Kombination aus Mono- und Stereo-Gruppen zusammenstellen. Das lässt das Herz jedes Toningenieurs höher schlagen. Damit die Pulsfrequenz auf hohem Niveau bleibt, spendierten die Entwickler dem SX-ST8D noch eine ganze Reihe weiterer Features. Beispielsweise besitzt jeder Channelstrip ebenfalls zwei fünfstufige LED-Ketten, die einige gibt Auskunft über das Eingangssignal pre Fader, die andere post Fader. Außerdem verfügt der kompakte Mischer als typisches Mobilgerät für den  Außeneinsatz pro Kanal über einen zuschaltbaren und in der Empfindlichkeit regelbaren Limiter, um Übersteuerungen sicher abzufangen. Im Test funktioniert dieser Begrenzer äußerst zuverlässig und unauffällig – so wie es sein muss. 

In den vorderen Bereich des Mischers integrierten die Macher bei Sonosax in ihren SX-ST8D eine abnehmbare Kammer, in die sich zwölf Batterien oder wieder aufladbare Nickel-Cadmium-Akkus im D-Zellen-Format unterbringen lassen. Damit wird der Mischer erst wirklich mobil. Um einen möglichst ökonomischen Umgang mit dem wertvollen Saft vor Ort zu ermöglichen, erdachten die Männer um Jacques Sax eine ganze Reihe schaltbarer Energiesparmaßnahmen. So lassen sich die gerade nicht benutzen Channel-Strips komplett ausschalten. Ferner kann man die Helligkeit der über 180 LEDs und die Beleuchtung der beiden großen VU-Zeiger-Instrumente in drei Stufen dimmen.

Selbstverständlich verfügt der SX-ST8D als vollwertiger Mischer, der natürlich auch in jedem Studio eine gute Figur abgibt, über umfangreiche Monitor-Funktionen und, wie es das Gesamtkonzept vorgibt, acht Returns. Diese lassen sich nach dem oben beschriebenen Acht-Schalter-Prinzip auf jeden der vier Aux-Wege oder auf jeden der acht Busse schalten. Für das Monitoring stehen drei individuelle Kanäle zur Verfügung. Mit einem sechsstufigen Drehschalter wählt man zuerst entweder ein Aux- oder Channel-Strip-Paar an, entscheidet dann mit einem zweiten Drehschalter, ob man die geraden beziehungsweise ungeraden Kanäle, beide Kanäle in Mono oder das Stereo-Signal abhören oder doch lieber die Returns vorhören möchte. Mit einem dritten Regler wählt man dann den Abhörpegel – entweder über Kopfhörer oder Lautsprecher. Klingt kompliziert, ist es aber nicht, schon nach kurzer Zeit beherrscht man alle Möglichkeiten souverän. Zwei der drei Abhörkanäle lassen sich als sogenannte Privat-Lines einsetzen, beispielsweise, wenn der Regisseur mit dem Tontechniker einige nicht für die gesamte Crew wichtige Details der Aufnahme besprechen möchte. Das Talkback-Mikrofon lässt sich in jedem Monitor-Channel im Pegel individuell variieren.

Ein besonderes Bonbon stellt der achtkanalige Analog-Digital-Wandler dar. Für alle Wandlergemeinsam lassen sich zusätzlich Limiter zuschalten, deren Treshold allerdings fest eingestellt ist. Die Samplingfrequenzen reichen wie heute üblich von 44,1 bis 192 Kilohertz. Jeder Wandler kann unabhängig voneinander auf einen festen zugewiesen Channel-Strip oder auf den Mix geschaltet werden. Das eröffnet wieder viele Möglichkeiten. Zur völlig unanhängigen Recording-Maschine wird der SX-ST8D dann mutieren, wenn der im Mai diesen Jahres zur AES Convention in Paris vorgestellte   Festplattenrecorder MINIR82 als Einbaumodul verfügbar ist. Auf eine 30 Gigabite Festplatte oder eine Compact-Flash-Karte zeichnet dann dieser Recorder acht Kanäle mit 24 Bit und mit einer Samplingfrequenz bis zu 192 Kilohertz auf. Als Datenformate stehen dann WAV und BFW in Mono und Stereo zur Verfügung. Selbstverständlich offeriert der Recorder dann volle Timecode-Kompatibilität selbst im HDTV-Format. Der Aufpreis für diese Option steht noch nicht fest, aber der Preis des Stand-Alone-Recorders MINIR82 von knapp 5700 Euro mag als Orientierung dienen. 

Wie in allen Test von Professional audio Magazin üblich bleibt auch dem Sonosax SX-ST8D der Gang ins Messlabor nicht erspart, absolvierte diese Pflichtübung aber souverän. Um es auf einen Punkt zu bringen: Der kleine, schwarze Mischer entpuppte sich als ganz großer bei den Messresultaten und lieferte in jeder Disziplin absolute Top-Werte. Dies haben die Testredakteure allerdings auch angesichts des exorbitanten Preises erwartet, alles andere wäre eine Entäuschung gewesen. Beispielsweise zeigt der Sonosax schon bei den Fremdspannungsabständen, warum er so erfolgreich bei den Profis ist: 109 Dezibel, gemessen (analog rein, digital raus) und immerhin noch 91 Dezibel (analog rein, analog raus) sprechen eine klare Sprache. Die Messergebnisse für Eingangsempfindlichkeit, Klirr und Übersprechen der Kanäle untereinander liegen jenseits von Gut und Böse. Die Linearität der Wandler ist auch bei kleinsten Eingangssignalen vorzüglich und auch die Jitter-Dämpfung zeigte selbst bei der kritischen Samplingfrequenz von 192 Kilohertz noch sehr gute 75 Dezibel, was einem Klirr-Äquivalent von 0,02 Prozent entspricht. Übrigens ist die von Professional audio Magazin angewandte Messmethode zur Bestimmung des Jitters deutlich aussagekräftiger und kritischer als die üblichen Angaben über die Jitter-Varianz in Pikosekunden. 

Auf Grund der hervorragenden Steilvorlage aus dem Messlabor steigt unter den Testern natürlich die Erwartungshaltung bezüglich der klanglichen Meriten des Sonosax. Wir setzen den SX-ST8D nun schon seit Wochen für die verschiedensten Recording-Aufgaben ein und haben ihn dank seiner Universalität und leichten Bedienbarkeit regelrecht ins Herz geschlossen. Vor allem aber glänzt der kleine Schweizer durch seine vorzüglichen Klangeigenschaften und kann, was die Qualität der Mikrofon-Verstärker betrifft, mit den besten, bisher von Professional audio Magazin getesteten Stand-Alone-Verstärkern locker aufnehmen. Unabhängig vom eingesetzen Mikrofontyp  bestechen die Verstärker durch eine enorme Offenheit, Transparenz und Fähigkeit zur Feinzeichnung – ganz besonders in den Mitten und Höhen. Dort werden auch geringste Pegelunterschiede, beispielsweise zwischen zwei sanften, leicht variierten Schlägen auf eine Snarre-Drum sehr deutlich herausgearbeitet, die Feindynamik der Verstärker und auch der eingebauten Wandler ist verblüffend gut. Die Charakteristik des jeweiligen Mikrofons bleibt voll erhalten – keine Verdeckungseffekte. Ähnlich verhält es sich mit der räumlichen Aufstellung von Instrumenten. Sowohl Breiten- als auch Tiefen-Information des Aufnahmeraume werden plastisch dargestellt. Erfreulich dabei: Die Panorama-Regler heben den Pegel, wenn man sie vom linken oder rechten Anschlag auf Mitte dreht nicht an. Will heißen, das Signal verbleibt in der Tiefe der Raumposition und wandert nicht, wie bei vielen anderen Mischpulten nach vorne.

Bei hochkarätigen Studiomischpulten ist das Standard. Die Klangqualität der Equalizer ist ebenfalls trotz oder gerade wegen der eingeschränkten Möglichkeiten sehr gut. Kleine und möglichst sparsame Korrekturen lassen sich so problemlos am Set durchführen. Ganz unten im Basskeller entsteht in manchen Aufnahmesituationen der Eindruck, dass beispielsweise ein Lake People Mic-Amp 355 (siehe Test in Ausgabe 8/2006) einen Hauch mehr Druck aufbaut und ein wenig tiefer hinabreicht – in Ansätzen hörbar beispielsweise bei tief abgestimmten Pauken. Allerdings sind diese Unterschiede nur mit äußerster Konzentration hörbar und im Grunde genommen irrelevant. 

Fazit

Alles in Allem besticht der Sonosax SX-ST8D mit jeder seiner Eigenschaften. Soviel praktisch relevante Routing-Raffinesse pro Kubikzentimeter bietet wohl so schnell kein zweiter Mischer auf dieser Welt. Die Verarbeitung ist exzellent, die Bedienung einfach und überschaubar und die vielen SX-S-Mischer, die heute noch im Dauereinsatz sind, lassen auf eine sehr lange Lebenszeit schließen. In Sachen Messwerte und Klangeigenschaften lässt der Sonosax keine Wünsche offen. Und wenn im Spätsommer dieses Jahres die Recording-Option lieferbar ist, wird sich der Mischer unter den Profis neue Zielgruppen erschließen. Doch seine Qualitäten prädestinieren ihn nicht nur für den mobilen Einsatz, sondern er macht sicher auch in so manchem Studio als Festinstallation eine sehr gute Figur, wenn beispielsweise der Platz knapp ist – und wenn das nötige Investitionsvolumen zu Verfügung steht. Ob der Sonosax SX-ST8D seinen Preis wert ist, lässt sich nicht mit der üblichen Messlatte beantworten. Hier verhält es sich ähnlich wie mit einer großen SSL-Konsole beispielsweise. Wir meinen, dass es zumindest gut ist – auch im Hinblick als Wertanlage. 

Erschienen in Ausgabe 09/2006

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 20429 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut