Taschenspieler

Im Hosentaschenformat gibt’s ein ausgewachsenes Firewire-Interface. Das kleine Kästchen von Edirol hat es ganz schön in sich und anfassen ist ausdrücklich erlaubt.

Von Georg Berger

Das FA-66 von Edirol ist ein externes Audio-Interface, ausgestattet mit sechs Ein- und Ausgängen und zwei Firewire-Anschlüssen zur digitalen Kommunikation. 419 Euro scheinen für dieses kleine Tischgerät auf den ersten Blick ein wenig hoch zu sein. Aber es hat seine Qualitäten.

Das Konzept des FA-66 ist offensichtlich: Die händische Bedienung, sprich das Herumschrauben am Gerät, steht hier im Vordergrund. Denn 99,9 Prozent aller Einstellmöglichkeiten erfolgen an der Hardware. PC-Anwender müssen zwar den üblichen Treiber per CD installieren. Aber danach hat der Anwender seine Ruhe. Lediglich Einstellungen des Sample-Buffers sind logischerweise nur im Computer möglich. Ansonsten arbeitet das rote Kistchen völlig autark. Das dürfte alle diejenigen erfreuen, die stets die Arbeit mit dem Computer nur zähneknirschend als Zugeständnis an moderne Produktionsverfahren akzeptieren.

Mehr noch, bietet das FA-66 die Möglichkeit, sich entweder über das im Lieferumfang enthaltene Netzgerät oder davon unabhängig über das Firewire-Kabel mit Strom zu versorgen. Ein eindeutiger Wink mit dem Zaunpfahl für Musiker, die unterwegs von der Muse geküsst werden und im Verbund mit einem Laptop so ihre Ideen festhalten können.
Das stabile Metall-Gehäuse unterstreicht diesen Aspekt. Stöße und Kratzer dürfte das FA-66 im mobilen Einsatz locker wegstecken, was auch im Studio gern gesehen wird.

Zwei Combo-Buchsen (XLR und Klinke symmetrisch) frontseitig, zwei Cinch-Buchsen und ein optischer Digitaleingang rückseitig finden sich als Eingänge. Ausgangsseitig präsentiert sich das FA-66 mit vier symmetrischen Klinkenbuchsen und einem optischen Digitalausgang. Zwei MIDI-Anschlüsse, eine vier- und eine sechs-polige Firewire-Buchse, sowie eine für das externe Netzgerät und der obligatorische Kopfhöreranschluss runden das Bild ab. Damit ist es scheinbar gerüstet, um eine breite Palette an Anforderungen souverän erfüllen zu können. Aber wie so oft im Leben gibt es zwei Seiten der Medaille:

Positiv fallen die im Lieferumfang enthaltenen Eisen-Ferrit-Kern-Gehäuse auf, die als zusätzliche Filter an den Firewire-Kabeln befestigt, Einstreuungen von außen minimieren sollen. Man kennt diese Teile von Computer Monitor-Kabeln her. Dies ist ein deutliches Plus in Sachen Sound-Optimierung.  Zudem präsentiert das Audio-Interface auf der Rückseite einen Erdungsanschluss, der sich jedoch als überfürsorglich herausstellt. Im Test zeigt sich das FA-66 ohne jede Brumm-Einstreuungen – ob mit oder ohne Filter.

Lobenswert ist auch, dass das Gerät eine sehr stabil arbeitende, schaltbare Phantomspeisung für die XLR-Buchsen besitzt. Ein besonderes Feature ist zudem ein schaltbarer analoger Limiter, der Aufnahmen effektiv vor Übersteuerung bewahrt. Schließlich ist noch der Mix-Knopf zu erwähnen. Er regelt das Verhältnis zwischen den Ausgangssignalen, die einmal vom Eingang direkt auf den Ausgang geschleift werden und dem Signal, das über Firewire vom Computer zurückkommt. Eine nützliche Abhör-Kontroll-Funktion, sollte es einmal Latenz-Probleme geben, oder das einzuspielende Instrument ist im Arrangement ein bisschen zu leise.

Die Schattenseite ist jedoch ebenso vertreten: So vielfältig sich die Anschlüsse präsentieren, so sind sie in Bezug auf professionellen Einsatz eher zwiespältig zu beurteilen. Denn nur die zweite Combo-Buchse lässt sich per Schalter auf die Eingangsempfindlichkeit von Line-Signalen anpassen, und das ist etwas dürftig, schließlich gibt es schon eine Reihe von Geräten – Gitarrenvorverstärker und Synthesizer –, die ihre Line-Signale stereo abliefern. Solche Geräte ließen sich zwar an die rückseitig montierten Line-Eingänge anschließen, doch die sind als – immerhin trimmbare – Cinch-Buchsen ausgeführt. Das ist inzwischen selbst im Homerecording-Bereich ein Anachronismus. Bei entsprechend häufigem Einsatz sind also Adapterkabel vonnöten. Ein weiteres Manko sind die optischen Anschlüsse, da solche im Studio-Bereich eher selten sind.  Alles in allem hinterlassen diese Anschlüsse einen zwiespältigen Eindruck: die Front richtet sich an Profis, die Rückseite an Heimanwender.

Edirol hätte die Ausstattung konsequenter ausführen sollen. Das Gerät stellt sich so nicht eindeutig positioniert dar.

Mehr Freude kommt beim Test auf. Hier zeigt sich das Edirol Interface stabil und sattelfest. Die Mikrophon-Eingänge arbeiten sehr sauber. Eine mit Mikrophon abgenommene Akustik-Gitarre wird klar und transparent aufgenommen. Allerdings ist das Regelverhalten der Eingangsverstärkung äußerst dürftig. Auf dreiviertel des Regelbereiches tat sich gar nichts und erst auf dem letzten Viertel setzte eine hörbare Verstärkung des Signals ein. Dafür quittiert das Edirol Interface bereits geringe Justierungen mit einem entsprechenden Feedback-Pfeifen. Der Grund dafür zeigt sich in den Ergebnissen aus unserem Messlabor, die eine geringe Eingangsempfindlichkeit von nur -46 dBu bestätigten. Es fehlt hier an den nötigen Reserven. Dynamische Mikrophone können mit so wenig Leistung nicht optimal agieren.

Eine nützliche Funktion bietet der Soft-Control Schalter, der es erlaubt, die Lautstärke der vom Computer zurück gelieferten Eingangssignale unabhängig vom Mix-Regler über den Sequencer zu steuern. Sollte beim Aufnehmen ein zuvor am Interface eingepegeltes Eingangssignal im Arrangement zu leise erscheinen, ist die Nachregelung im Sequencer kein Problem. Dies ist allerdings nur in Windows über die ASIO-Schnittstelle möglich.
Die Aufnahme eines Mono-Signals quittierte das FA-66 mit der Wiedergabe auf nur einem Lautsprecher. Das Zugeständnis an die kompakte Bauweise erlaubt keine Panoramaregler. Abhilfe schafft dafür der Mono-Taster, der ein solches Signal auf beide Ausgänge schaltet.
Etwas lästig aber verschmerzbar fällt die Neuauswahl der Samplingfrequenz am Gerät aus. Dafür muss der Sequencer beendet und das FA-66 ausgeschaltet werden. Danach wird die neue Samplingfrequenz gewählt und alles wieder angeschaltet.

So indifferent sich das Edirol FA-66 in Sachen Ausstattung zeigt, so deutlich hebt es sich in seinen inneren Werten davon ab. In allen Samplingraten besticht der rote Zwerg mit einem fantastisch linearen Frequenzgang. Sollten Aufnahmen schlecht klingen, so hat das eher mit dem verwendeten Mikrophon zu tun, keinesfalls  mit dem Edirol-Interface. Das Klirrverhalten zeigt sich analog zum Frequenzgang ebenso vorbildlich (0,018%). Natürlich ist es bei einer niedrigeren Samplingrate etwas schlechter als bei einer höheren. Dennoch zeigt es selbst bei 48 kHz immer noch ein gutes Ergebnis. Der Höreindruck bestätigt diese Werte. Sauber und transparent erklingen digitalisierte Signale, die nichts vermissen lassen. Brilliante Höhen, knackige und durchsichtige Bässe werden für ein Gerät dieser Preisklasse optimal übertragen.

Die oben monierte Eingangsempfindlichkeit könnte dazu führen, eine Rauschneigung zu vermuten. Aber Entwarnung: Selbst bei voll aufgedrehter Eingangsverstärkung ist nicht der Hauch eines Rauschens zu hören.

Einen kleinen Qualitätsunterschied lässt sich zwischen den XLR-Anschlüssen der beiden Combo-Buchsen feststellen. Die zweite Buchse zeigt im Vergleich zur ersten, hinsichtlich der Gleichmäßigkeit der Verarbeitung symmetrischer Signale im Vorverstärker,  ein etwas schlechteres Ergebnis. Dies könnte zu dumpfen und verwaschenen klanglichen Ergebnissen führen. Ein Grund hierfür kann ein möglicher Einfluss der dort integrierten HI-Z Funktion zur Anhebung der Eingangsempfindlichkeit sein. Hier würde eine andere Verschaltung dieses Funktionsbausteins bessere Ergebnisse liefern. Nichtsdestotrotz war das Ergebnis einer mit zwei Mikrophonen aufgenommenen akustischen Gitarre äußerst zufrieden stellend.

Alles in allem ist dem Edirol FA-66  eine sehr gute Note bezüglich digitaler Klangverarbeitung auszustellen. Der Schwachpunkt ist im Aufbau der Vorverstärker auszumachen. Sowohl Dynamikumfang als auch die Integration der HI-Z Funktion sind verbesserungswürdig.

Fazit

Das Konzept des Edirol FA-66 ist inkonsequent. Unbefriedigend sind die Anschlüsse, die professionellen Ansprüchen nicht genügen. Gut gelungen und sehr komfortabel ist jedoch die analoge Bedienung, mit Ausnahme der Regelung der Eingangsempfindlichkeit.  Und auch in Sachen digitaler Klangverarbeitung ist nichts zu bemängeln. Im Gegenteil. Wer ein externes Audio-Interface mit sehr guten Klangeigenschaften benötigt, und nicht auf zusätzliche Klinken-Eingänge und professionelle Digital-Anschlüsse wert legt, der sollte sich dieses Gerät einmal anschauen. Der Verkaufspreis mag vielleicht hoch erscheinen, ist aber in punkto Klangverarbeitung voll gerechtfertigt.

Erschienen in Ausgabe 05/2006

Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 419 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut