Generationensprung
Unter der Bezeichnung 2d Expanded läutet der amerikanische Hersteller Metric Halo die zweite Generation seiner Audio-Interfaces ein. Sie wollen mit einem deutlichen Plus an Ausstattung und Bedienmöglichkeiten den Mitbewerbern das Fürchten lehren. Professional audio Magazin hat eine Betaversion exklusiv zum Test erhalten und intensiv auf Bit- und Samplingrate überprüft.
Von Georg Berger
Die Firewire-Audio-Interfaces des amerikanischen Herstellers Metric Halo zählen im eigenen Land wegen ihres Klangs und der flexiblen Einsatz-Möglichkeiten zu den Geheimtipps in der Studioszene. In Europa hingegen fristen die ausschließlich für den Mac kompatiblen Hardware-Produkte eher ein Schattendasein. Was eigentlich schade ist, denn die beiden Interfaces, das zweikanalige Mobile I/O ULN2 und das achtkanalige Mobile I/O 2882, warten mit opulenten Routing- und Mixing-Möglichkeiten auf. Diese werden über eine „MIO Console“ getaufte Steuersoftware am Computer kontrolliert und auf dem eingebauten Sharc DSP des Interface berechnet, ohne Mehrbelastung des Computers. Außerdem etablieren die Interfaces eine flexibel einstellbare bidirektionale Firewire-Verbindung, was die Möglichkeit bietet, Mixdowns und Summierungen von Sequenzer-Arrangements oder Subgruppen in den Metric Halo-Geräten zu erledigen und gleichzeitig wieder in die DAW aufzunehmen. Diese Features finden sich zwar in der einen oder anderen Form auch in Geräten der Mitbewerber (siehe Test des Motu 828 mk3 im selben Heft), doch Metric Halo trumpft da mit inneren Werten auf. Signale und Signalverknüpfungen werden innerhalb der Hardware mit sage und schreibe 80 Bit und das nahezu latenzfrei verarbeitet. Einzigartig: Eine durchgehende digitale Signalübertragung mit 32 Bit Fließkomma am Firewire-Bus zwischen Computer und Audio-Interface ist möglich, was unseres Wissens derzeit bei keinem anderen Audio-Interface zu finden ist…
Mixdowns können also im ULN2 ohne zusätzliches Dithering realisiert werden. Richtig interessant wird es in den etwas teureren Mobile I/O-Varianten, die mit einem zweiten Sharc-Prozessor ausgestattet sind und die Zusatzbezeichnung „+DSP“ tragen: Der dient zur Berechnung von eigens programmierten Effekt-Plug-ins, die sich in den digitalen Signalweg der Audio-Interfaces einsetzen lassen und das klangliche Potenzial der Metric Halo Geräte deutlich erweitern. Ein derartiges Feature ist nicht alltäglich und man muss schon sehr intensiv suchen, um Vergleichbares zu finden. Ähnliches bietet etwa das Motu 828 mk3 (Test in derselben Ausgabe) und in Ansätzen das Mackie Spike XD-2 (Test in Heft 6/2006). Doch die Mobile I/O-Serie mit DSP-Option geht noch einen Schritt weiter, denn die Plug-ins können beliebig miteinander verkettet werden und bieten somit weitaus flexiblere Möglichkeiten der Klanggestaltung. Schließlich offeriert Metric Halo dem Anwender die bequeme Möglichkeit, die mitunter komplexen Settings der MIO Console innerhalb des Projekt-Files eines Sequenzer-Arrangements abzuspeichern. Dazu braucht man nur ein, „Konsolen Anschluss“ genanntes, AU-, VST- oder RTAS-Plug-in an beliebiger Stelle in den Sequenzer-Mixer zu insertieren, das als Speicher und Kommunikations-Schnittstelle zwischen DAW und Hardware fungiert. Doch das bisher Vorgetragene ist ja nur der berühmte Schnee von Gestern. Denn die nächste Geräte-Generation steht, wie gesagt, bereits in den Startlöchern und nach langer Wartezeit kurz vor der Auslieferung. Die Neuen tragen die Zusatz-Bezeichnung „2d Expanded“ versehen, das steht für ein Plus an Ausstattung und noch leichtere und flexiblere Bedienmöglichkeiten. Selbstverständlich hat die neue Geräte-Serie sämtliche oben vorgestellten Features ihrer Vorgänger geerbt. Neu ist jetzt, dass die 2d-Geräte mit einem zusätzlichen Sharc-DSP der neuesten Generation ausgestattet sind. Der soll, laut Aussage von Stefan Bahr vom deutschen Metric Halo Vertrieb, mit dem zwölffachen an Rechenleistung aufwarten als die bisher verbauten DSPs. Hintergrund: Durch das Plus an Rechenpower können die Aufgaben in der Hardware neu verteilt werden. So kümmert sich der neue DSP ausschließlich um die Berechnung der Plug-ins und die „alten“ DSPs konzentrieren sich in erster Linie auf die Signalverteilung und Verarbeitung der Datenströme. Weiterhin wurde der Wordclock-Generator komplett neu aufgebaut und die Zweikanal-Variante ULN2 erhält erstmals eine ADAT-/Toslink-Schnittstelle mit weiteren acht Ein- und Ausgängen. Die neuen Hardware-Features sind sämtlich auf einer separaten Platine untergebracht, die es somit Besitzern älterer Mobile I/O-Interfaces ermöglicht, ihre Hardware durch Einbau dieser Karte auf den neuesten Stand zu bringen. Kostenpunkt: Das ULN2 2d Expanded-Modell geht für knapp 1.600 Euro über den Ladentisch und die 2882-Variante für cirka 1.700 Euro. Die Nachrüstung eines alten Mobile I/O 2882 kostet etwa 400 Euro. Besitzer eines älteren ULN2 müssen mit umgerechnet 550 Euro etwas mehr bezahlen, da durch die neu hinzugekommenen ADAT-Anschlüsse auch die Rückplatte ausgetauscht werden muss. Wichtig: Wer ein Metric Halo Interface mit nur einem DSP sein Eigen nennt, erhält nach Einbau der Karte logischerweise nicht die gleiche Performance wie mit den +DSP-Geräten. Konsequenz: Der Umfang an mitgelieferten Plug-ins ist bescheidener da der Einsatz von zeitbasierten Plug-ins wie opulente Echos mit langen Zeiten und auch Hall-Simulationen entweder gar nicht oder nur eingeschränkt einsetzbar sein sollen. Ein Teil der Ressourcen des zweiten DSPs werden für ihre Berechnung genutzt.
Im Zuge der Hardware-Erweiterung hat auch das Gehirn der Mobile I/O-Serie, die nunmehr in Version 5 vorliegende MIO Console Anwendung, ein tief greifendes Face-Lifting erfahren. Metric Halo hat dabei auf die Wünsche seiner Kunden gehört und die zuvor teilweise sehr komplexe Bedienung grundlegend überarbeitet und vereinfacht. Gleichzeitig haben die Entwickler einige neue Features hinzugefügt. So ist der Matrix-Dialog und die sogenannte Patchbay zum Erstellen von Routings komplett weggefallen und der sogenannte +DSP-Dialog, der zuvor zum Erzeugen von Effektketten diente, zu einer bloßen Anzeige degradiert worden. Stattdessen findet sich jetzt ein virtueller Mixer, der keine Wünsche offen lässt und deutlich übersichtlicher sämtliche Funktionen und Bedienmöglichkeiten enthält, die in der Vorversion auf mehrere Dialoge verteilt sind. Besonderheit: Erstmals können physikalisch modellierte Grundsounds in die Ein- und Ausgänge eingesetzt werden, die legendären Misch-Konsolen wie unter anderem Neve oder SSL nachempfunden sind und für deren charakteristischen Klang sorgen sollen. Den größten Nutzen ziehen Besitzer eines Mobile I/O 2882 aus dem neuen Monitor-Controller-Dialog, der bequem per Knopfdruck unterschiedliche Abhörszenarien von Stereo bis hinauf auf 7.1-Surround aufruft und die sich mit einem Hauptregler in der Lautstärke ändern lassen. Dazu später mehr. Im Verlauf des Tests erreicht uns eine weitere Beta-Version der MIO Console, die nun auch die Funktionalität und Dialoge der alten Software enthält. Sinn und Zweck: Wer einen Verbund aus mehreren Metric Halo Interfaces – bis zu vier Stück sind über Firewire miteinander kaskadierbar – betreibt, die noch nicht alle mit der 2d-Karte ausgerüstet sind, kann die Geräte der alten Generation bequem ohne zusätzlichen Aufruf der MIO Console Vorversion mit einer einzigen Programm-Instanz editieren. Getestet haben wir die aufgerüstete Zweikanal-Variante eines „älteren“ Mobile I/O ULN2 in der +DSP-Variante – also mit insgesamt drei Prozessoren. Bis auf die beiden ADAT-Buchsen hat sich erwartungsgemäß äußerlich an der Ausstattung nichts geändert. Das ULN2 kann als Desktop-Gerät betrieben, oder durch Anschrauben von Metallwinkeln in ein 19-Zoll-Rack eingesetzt werden, wo es lediglich eine Höheneinheit an Platz verbraucht. An Analog-Eingängen verfügt es über zwei Combo-Buchsen zum Anschluss von Mikrofonen und Geräten mit Line-Pegel, aber auch von Gitarren und Bässen. Besonderheit: Beide Eingänge besitzen Inserts, die das Eingangs-Signal zwischen Vorverstärker und AD-Wandler über getrennte Klinken-Buchsen abzweigen und zurückführen, was ein zusätzliches Plus an Möglichkeiten offeriert und in Audio-Interfaces nur selten anzutreffen ist. Hinter den Combobuchsen arbeiten zwei unterschiedliche Verstärkerschaltkreise für Mikrofon- und Line-Signale. Folglich muss per Schalter der entsprechende Eingang angewählt werden. Ausgangsseitig bietet das ULN2 zwei analoge Stereo-Ausgänge in Form von jeweils zwei symmetrischen Klinkenbuchsen zum Anschluss an Monitore oder zur Aufnahme auf einen Zweispur-Recorder. Die Analog-Outs lassen sich per Tastendruck zwischen +4dBu oder -10 dBv im Pegel anpassen. Digital kann wahlweise ein zweikanaliges AES/EBU- oder S/PDIF-Signal über ein Pärchen XLR- und Koaxial-Buchsen übertragen und empfangen werden. Die zusätzlichen acht Ein- und Ausgänge der ADAT-Schnittstelle sind permanent aktiv. Durch Anschluss eines Vorverstärkers mit ADAT-Ausgängen, beispielsweise eines RME Micstasy (Test in Heft 4/2007) wandelt sich das System blitzschnell zu einem Audio-Interface mit zehn Mikrofon-Eingängen. Insgesamt stehen beim ULN2 zwölf simultan aktive Eingänge und 14 Ausgänge zur Verfügung. Das Anschlussfeld wird durch zwei BNC-Buchsen abgerundet, die zur Entgegennahme und Weiterleitung von Wordclock-Signalen dienen. Bemerkenswert: Außer über Firewire und über eine herkömmliche Buchse zum Anschluss eines externen Netzgeräts, verfügt das ULN2 über eine 4-Pin-XLR-Buchse, an die sich professionelle Akkus anschließen lassen, das Gerät schielt also eindeutig in Richtung Broadcast-Anwendung. Einzig ein Pärchen MIDI-Buchsen haben wir am Audio-Interface vermisst, was heutzutage eine Selbstverständlichkeit sein sollte.
Die Bedienelemente auf der Frontplatte konzentrieren sich hauptsächlich auf die Einstellung der beiden Analog-Eingänge. Pro Kanal finden sich ein Drehschalter und ein schaltbares Trim-Poti zur Einstellung der Vorverstärker sowie Schalter zum Aktivieren der Phantomspannung und der Anwahl von Mikrofon- oder Line-Verstärker. Ein Link-Schalter erlaubt für Stereo-Aufnahmen ein bequemes Regeln beider Kanäle mit den Elementen von Kanal eins. Eine Kopfhörerbuchse, die dasselbe Signal führt wie der Monitor-Ausgang und Drehregler zur getrennten Einstellung von Monitor- und Kopfhörer-Lautstärke komplettieren die Eingriffsmöglichkeiten am Gerät. Besonderheit: Zwei Taster in der Mitte der Anzeige-Sektion, die aus den beiden LED-Meter-Ketten und einer Reihe von Status-LEDs bestehen, erlauben den Aufruf von zehn im Gerät gespeicherten Presets. Vorteil: Je nach dort gespeichertem Routing ist das Mobile I/O ULN2 im Stand-alone Betrieb in der Lage beispielsweise als Signalverteiler, Mischpult, Konverter oder Vorverstärker zu fungieren. Beim Aufruf der neuen MIO Console Anwendung poppen drei Fenster mit unterschiedlichen Aufgaben auf. Zentrales Fenster ist der Console-Dialog, in dem sich in der uns zur Verfügung gestellten Betaversion – siehe oben – über fünf Reiter verschiedene Panels aufrufen lassen. Die beiden anderen Fenster enthalten den erwähnten virtuellen Mixer und den Monitor-Control-Dialog. Der I/O-Control-Reiter in der MIO Console offeriert eine Reihe von Meter-Anzeigen und dient in erster Linie zur Überwachung ein- und ausgehender Signalpegel an der Hardware. Neu sind jeweils acht LED-Ketten für die ADAT-Ein- und Ausgänge. Darüber hinaus hält er Eingriffsmöglichkeiten zur globalen Einstellung des ULN2 bereit wie etwa die Samplingrate, einstellbar in einem Bereich zwischen 44,1 bis 96 Kilohertz, die Synchronisationsquelle und die Aktivierung entweder der AES-XLR- oder der koaxialen S/PDIF-Leitung. Die Anzahl der ADAT-Kanäle halbiert sich logischerweise im S/Mux-Modus bei Einsatz von Samplingfrequenzen oberhalb von 48 Kilohertz. Die nächsten beiden Reiter mit der Bezeichnung Mixer und Routing sind im Test ohne Funktion und zeigen nur eine leere Fläche. Erst bei Betrieb eines gemischten Geräte-Verbunds mit alten und neuen Mobile I/O-Interfaces, sollen über diese zwei Reiter die Dialoge der alten Software-Version erreichbar sein. Metric Halo hat also an alles gedacht. Der +DSP-Reiter besitzt zwei Funktionen: Er dient bei den Geräten mit 2d-Karte nur zur Anzeige und präsentiert eine Art Blockschaltbild der vorgenommenen Routings im virtuellen Mixer. Bei älteren Modellen ohne Aufrüstung lassen sich darin modular beliebig viele Effekte und -Verknüpfungen durch Aufruf von Plug-ins erstellen, die sich in den digitalen Signalstrom der einzelnen Kanäle zwischen AD- und DA-Wandler virtuell einfügen lassen. In der neuen Version wird dies über den Aufruf eines speziellen Plug-ins im Mixer übersichtlicher realisiert. In unserer Testversion enthält die MIO Console unter anderem eine Reihe von Equalizern, Kompressoren, Limitern, Channelstrips, Delays und sogar eine M/S-Matrix. Weitere Plug-ins sollen noch folgen. Der fünfte Reiter zeigt das aus der Vorversion schon bekannte Record-Panel, das im Wesentlichen die Funktion eines ganz einfach gestrickten digitalen Mehrspur-Recorders bereithält, was ebenfalls nicht alltäglich ist.
Die eigentliche Hauptrolle in der MIO Console Anwendung spielt jedoch der virtuelle Mixer, der zentral und übersichtlich sämtliche relevanten Funktionen und Einstellmöglichkeiten zum Routing und Verarbeiten von Signalen enthält. Beim Erstaufruf ist das Dialog-Fenster zunächst leer. Es liegt also an uns den Mixer mit Leben beziehungsweise Kanalzügen zu füllen. Vorteil: Je nach Einsatzzweck lässt sich der Mixer modular erweitern und anpassen. Dazu bemühen wir den Mixer-Konfigurations-Dialog. Wir lassen es zunächst ruhig angehen und erstellen ein Routing aus den beiden Analog-Eingängen, die auf die Monitorausgänge geführt werden. Als erstes erzeugen wir im oberen Teil des Dialogs einen Mix-Bus. Wir vergeben einen Namen, wählen eine Stereo-Konfiguration und haben die Wahl, den Bus als Master oder Aux Bus zu definieren. Wir wählen die erste Option. Die untere Hälfte des Dialogs zeigt sämtliche verfügbaren Eingangskanäle, die auf den oben erzeugten Master-Bus geroutet werden können. Darunter fallen sämtliche Eingänge an der Hardware, sowie die virtuellen Ausgangskanäle des Sequenzers. Wir klicken auf die Checkbox die eine Stereo-Konfiguration der beiden Analog-Eingänge aktiviert und bestätigen den Dialog. Mit nur wenigen Mausklicks haben wir ein Setup aus einem Stereo-Channelstrip und einem Masterkanal erzeugt. Beide Kanalzüge im Mixer-Dialog besitzen fast die gleichen Bedienelemente und erinnern an die Layouts der virtuellen Pendants von Emagic Logic oder Digidesign Pro Tools. Das Handling erschließt sich innerhalb weniger Augenblicke. Die Channelstrips besitzen am Anfang ein Ausklapp-Menü zur nachträglichen Anwahl anderer physikalischer Eingangskanäle oder der insgesamt 18 virtuellen Sequenzer-Ausgänge. Ein weiteres Menü am Ende des Strips erlaubt das nachträgliche Routing des Strips auf weitere Master- und Aux-Busse. Die Busse selbst besitzen logischerweise kein Menü zur Auswahl der Eingänge. Ihre Signale lassen sich, wiederum per Menü, auf sämtliche Hardware-Ausgänge und die insgesamt 16 Firewire-Returns routen. Übrigens: Der Mixer für das Mobile I/O 2882 zeigt bei den Channelstrips zusätzliche Einstellmöglichkeiten für die Vorverstärkung und zur Aktivierung der Phantomspannung der analogen Eingänge. Im ULN2 muss dies logischerweise an der Hardware erledigt werden. Doch zurück zum MIO Mixer: Außer den üblichen Elementen eines Kanalzugs enthält jeder Channelstrip eine Reihe von zehn Ausklapp-Menüs, in die sich die Effekte und Aux Sends einfügen lassen. Eine Sonderstellung innerhalb der Effekte nimmt das sogenannte Graph-Plug-in ein: Bei Einsatz in einen Slot zeigt sich ein Dialog, der dieselben Funktionen zum Verketten mehrerer Plug-ins bereitstellt wie in der Vorversion der +DSP-Dialog. Klangbastler und Soundschrauber werden an diesem Plug-in ihre wahre Freude finden. Denn Effektketten lassen sich übersichtlich für jeden Kanalzug einstellen in dem das Graph-Plug-in eingesetzt ist und natürlich separat als Patch speichern. Das Verwirrspiel beim Erstellen mehrerer Effektketten für verschiedene Kanäle und das auf einer Oberfläche, wie noch in der Vorversion üblich, entfällt und verdient ein großes Lob. Weitere Besonderheiten: Die Aufnahmeschalter in den Channelstrips aktivieren die Spuren im Record-Panel. Hat man einen Mono-Eingangskanal definiert, findet sich zusätzlich ein Panpot, wird ein Kanalzug auf einen Surround-Bus geführt, findet sich ein Surround-Panner, Stereo-Channelstrips besitzen keinen Panpot. Die erwähnten physikalisch modellierten Grundsounds sind über ein eigenes Menü aktivierbar und wirken noch vor den Inserts auf den Klang anliegender Signale. Neben vier Grundsounds mit sprechenden Bezeichnungen wie etwa „Valve“ oder „FET“, finden sich dort weitere Modelle, die etwa den Klang von Transistor- und Röhren-Mikrofonvorverstärkern mit und ohne Equalizer erzeugen. Sehr schön: Jeder Kanalzug offeriert zusätzliche Abgriffpunkte vor und nach den Inserts zum Ausspielen des Signals auf andere Kanäle, was die Flexibilität des Mixers deutlich erhöht. Wer mag, kann ein Signal also einmal trocken ohne Effekt, aber bei Bedarf mit aufgeprägtem Grundsound und einmal mit Effekt simultan abzweigen. Die Direct outs bieten außer den Ausgängen der Hardware wiederum die erwähnten Firewire-Returns, mit der sich das Signal auf digitaler Ebene gezielt per Firewire auf neue Spuren der DAW einspeisen lässt. In unserem oben erwähnten Setup fügen wir dort einen Firewire-Return ein und leiten das Signal prefader und post Effekt in die DAW. Über die Kanalfader des MIO Mixers regeln wir unsere Abhör-Monitore. Das Prozedere mag vielleicht umständlich und kompliziert klingen, birgt aber einen großen Vorteil, den die Mitbewerber mit ihren Software-Lösungen so noch nicht bieten. Denn die MIO Console liefert aufgrund des unabhängigen Routings der Hardware- und Firewirekanäle weitaus mehr Möglichkeiten zur Verschaltung von physikalischen und virtuellen Ein- und Ausgängen als etwa ein RME Fireface 400 oder ein Lynx Aurora 8 Wandler. So realisieren wir das Setup, indem wir alternativ einen Firewire-Return direkt auf den Master-Bus legen und über einen Direct-out am Master-Bus das Signal mit Effekt auf den Monitor schicken.
Doch das ist ja erst der Anfang, denn mit diesen Routing-Optionen sind mannigfaltige Mixer-Layouts möglich. So erzeugen wir im Test mehrere Kanalzüge im MIO Mixer, die mit unterschiedlichen Sequenzerkanälen von Nuendo 4 belegt sind und auf einen Stereo-Master-Bus geroutet werden. Damit erhalten wir die Möglichkeit ein Arrangement in Subgruppen zusammenzufassen und in der Metric Halo Software, bei Bedarf sogar mit Effekt, zu summieren. Der Masterbus selbst leitet das summierte Ergebnis per Firewire-Return und ohne überflüssige Wandlung simultan auf eine neue Spur in Nuendo 4 zurück, wo es aufgenommen wird und über den Direct out verbinden wir ihn mit unseren Monitoren. Ein Mono-Signal leiten wir durch Verwendung beider Direct outs an verschiedene Firewire-Returns und somit unterschiedliche Sequenzerspuren. Dort nehmen wir das Signal einmal trocken und gleichzeitig mit Effekten auf. Ein anderes Mal erzeugen wir drei Master-Busse, die auf zwei Monitorsysteme und einen Kopfhörerverstärker geroutet sind. Wir fügen anschließend drei Aux Sends in die Channelstrips ein, die auf die Master-Busse gehen und separat einstellbar sind. Mit wenigen Handgriffen können wir die drei Abhören mit individuellen Mixen versehen. Die Möglichkeiten sind schier unerschöpflich und bieten eine kreative Spielwiese für komplexe Verknüpfungen, die wir in der Form noch bei keinem anderen Audio-Interface angetroffen haben. Durch planvolles Routing können wir bestimmen, was wir mit den Fadern des MIO Mixers kontrollieren wollen und erhalten alle Freiheiten. Durch das neue Bedienkonzept kommt man darüber hinaus viel schneller und intuitiver zum Ziel. Eine weitere Neuheit in der MIO Console findet sich in Form des Monitor-Control-Fensters. Verschiedene Abhörszenarien sind jenseits des MIO Mixers bequem per Knopfdruck realisierbar. Das Panel bietet die Möglichkeit, normale Stereo-Setups bis hin zu 7.1-Surround-Abhörroutings zu definieren. Die zuvor im MIO Mixer erzeugten Busse erscheinen dort als Eingangsquellen, die sich in Form von Buttons oberhalb des Lautstärkereglers finden, wo sie bequem angewählt werden können. Über ein Konfigurations-Menü definieren wir zusätzliche Eingangs- und auch Ausgangsquellen unabhängig vom Layout des Mixers. Letztere finden sich anschließend als aktivierbare Buttons unterhalb des Lautstärkereglers wieder. Per Tastendruck ist jetzt auf virtueller Ebene ein bequemes Umschalten zwischen verschiedenen Quellen und Monitor-Systemen möglich. Ein Feature, wie es in dieser Form nur selten bei Produkten der Mitbewerber zu finden ist. Einziger Kritikpunkt: Der Dialog merkt sich bei unterschiedlichen Signalverknüpfungen die Stellung des Lautstärkereglers nicht, was je nach Situation durchaus erforderlich ist. In der jetzigen Form ist also ein mitunter permanentes Nachregeln erforderlich. Alles in allem überzeugt das Konzept der MIO Console durch Flexibilität und teils sogar durch Einzigartigkeit. Der Umgang mit der neuen Software ist im Vergleich zur Vorversion deutlich vereinfacht worden und gerät jetzt merkbar intuitiver, kreativer und schneller. Trotz Verwendung einer Beta-Version, läuft der Verbund aus Soft- und Hardware im Test stabil und flüssig. Abstürze der MIO Console treten nicht auf. Auffällig: Die intensive Nutzung der Metric Halo Plug-ins erspart uns bei der Arbeit den Einsatz ähnlicher Effekte im Sequenzer und entlastet die CPU des Mac enorm. Doch das Mobile I/O ULN2 in seiner Expanded-Version macht nicht nur in Sachen Bedienung eine gute Figur.
Beim Mess-Marathon im Professional audio Magazin Messlabor vermag es auf ganzer Linie zu punkten. Die Messung des Geräuschspannungsabstands an den Mikrofon- und Line-Eingängen liefert exzellente Werte von 91,5 und sogar 97,7 Dezibel. Die Fremdspannungsabstände überzeugen ebenfalls mit 88,4 und 95,5 Dezibel. Die Gleichtaktunterdrückung zeigt als Ergebnis einen fast gleichmäßigen horizontalen Kurvenverlauf bei cirka -75 Dezibel. Die Kurve für die Übersprechdämpfung verläuft bei den Mikrofon-Eingängen im relevanten Bereich jenseits von -100 Dezibel und bei den Line-Eingängen sogar unterhalb von -105 Dezibel. Dies liegt auf dem Niveau des MTX-Monitor.V3a von Funk Tonstudiotechnik (Test in Heft 1/2008). Die Messung des Gesamtklirrfaktors über Frequenz ergibt einen Kurvenverlauf, der bis ein Kilohertz linear bei 0,003 Prozent liegt und oberhalb davon bis zehn Kilohertz immer noch hervorragende 0,01 Prozent zeigt und dann anschließend auf 0,006 Prozent abfällt. Die Messung der Wandlerlinearität zeigt das ULN2 ebenfalls bestens aufgestellt: Erst unterhalb von -120 Dezibel zeigen sich erste Ungenauigkeiten im Kurvenverlauf und zeugen von hoher Linearität der Wandler. Wie erwartet, fallen die Resultate bei den Messungen der FFT-Spektren eindeutig charakteristisch aus bei Einsatz der physikalisch modellierten Grundsounds. In Neutralstellung, ohne Einsatz dieser Modelle, zeigt das Spektrum ein exzellentes neutrales Ergebnis, bei dem das Rauschen unterhalb von -105 Dezibel liegt. Dieselbe Messung bei Einsatz des Transformer-Modells, der einen Eingangsübertrager simuliert, zeigt einen leichten Anstieg bei k2 und einen sehr starken Anstieg bei k3, gefolgt von weiteren unharmonischen Verzerrungen ab k5. Ein anderes charakteristisches Ergebnis liefert das Valve-Modell: Dort zeigt das Spektrum den stärksten Anstieg bei k2, der bis hinauf auf cirka -45 Dezibel geht, gefolgt von etwas schwächeren Ausschlägen bei k3, 4 und 5. Bei Einsatz des Softsat-Sounds zeigen sich schließlich die meisten Verzerrungen mit einer Betonung der unharmonischen Oberwellen.
Im Hörtest muss sich das Mobile I/O ULN2 mit unserer Referenz, dem Lake People Mic-Amp F355 in Kombination mit dem Lynx Aurora 8 Wandler, messen lassen. In Neutralstellung ohne Einsatz von Plug-ins und physikalischer Modelle gerät der Hörvergleich zu einer kniffligen und anstrengenden Aufgabe. Beide Systeme sind vom Grundklang her fast gleich und vermögen Signale exzellent aufzulösen. Die anliegenden Eingangssignale werden in beiden Fällen sehr genau durchgereicht und überzeugen durch Luftigkeit, Transparenz und Klarheit. Dennoch sind minimale Unterschiede zu hören: Das ULN2 klingt etwas direkter und gibt die Klänge nicht ganz so plastisch wieder wie unser Referenzsystem. Beim Test mit Einsatz der physikalisch modellierten Sounds wandelt sich das ULN2 zu einem Klang-Chamäleon. Der Transformator-Sound nimmt dabei den Signalen ein wenig Bassanteil und Gitarren klingen etwas silbriger und drahtiger. Der FET-Sound fügt dem Klang eine ordentliche Portion Wärme hinzu. Die Valve-Simulation klingt hingegen wie ein neutral eingestelltes Röhrenmischpult und erinnert an den Grundsound des TL Audio Fat Track (Test im letzen Heft). Den Vogel schießt aber die Softsat-Simulation ab, die am drastischsten den Klang verändert: Signale klingen deutlich lauter, bassiger und auch vordergründiger mit mehr Volumen. Diese Simulationen können zwar die Originale nicht wirklich ersetzen, doch bevor man versucht, mühsam mit Kompressor und Equalizer einen ähnlichen Klang zu reproduzieren, hat man damit Signalen auf die Schnelle zu mehr Leben verholfen. Zu einem wahren Ohrenschmaus gerät der anschließende Test der Metric Halo Plug-ins. Die Equalizer überzeugen durch einen sehr feinen und edlen Grundklang, sie sind musikalisch einsetzbar und zeigen nicht die Spur von unangenehmer und unbeabsichtigter Klangfärbung. Sie sind ohne Probleme für Mastering-Aufgaben einsetzbar. Eingriffe ins Frequenzspektrum erfolgen weich, aber dennoch kraftvoll. Sie können sich durchaus mit dem Oxford-Equalizer von Sonnox (Test in Heft 7/2007) messen. Die Kompressoren entpuppen sich im Test als kreative Sounddesign-Werkzeuge. Durch die opulenten Eingriffsmöglichkeiten in die Kompressionskennlinie modellieren wir Schlagzeugklänge auf vielfältige Weise. Gleichzeitig nimmt er absichtliche Fehlstellungen der Parameter gelassen hin. Wir müssen schon einiges anstellen, um ein nicht zufrieden stellendes Ergebnis zu erhalten. Durch den Einsatz von negativ verlaufenden Kompressionskennlinien können wir Klänge nachhaltig dekonstruieren. Es entsteht der Eindruck, als ob anstelle des Kompressors ein Equalizer eingesetzt wurde.
Im Repertoire der Plug-ins finden sich auch Verzerrer-Modelle, die allerdings für musikalische Zwecke nicht geeignet sind. Ähnlich verhält es sich auch mit den Delay-Plug-ins. In der Beta-Version sind zunächst nur Exemplare lauffähig, die im Bereich weniger Millisekunden und bis etwa 250 Millisekunden ihren Dienst verrichten. Das offizielle Release soll aber auch Plug-ins mit längeren Verzögerungszeiten enthalten. Auffällig ist, dass die Delays zumeist nur einen Regler besitzen, der die Einstellung der Verzögerungszeit gestattet. Wer also ein herkömmliches Delay mit den üblichen Parametern erwartet, wird enttäuscht. Sie sind aber auch nicht für den Einsatz als eigenständige Plug-ins gedacht, sondern fühlen sich erst im Graph-Plug-in zu Hause. Für den Test erhalten wir vom deutschen Vertrieb einige solcher Graph-Patches, die mit Hilfe mehrerer Delays einen Flanger und einen Ambience-Raumeffekt erzeugen. Das Ergebnis begeistert: Das typische Flanger-Fauchen ist ohne die oftmals einhergehende Beschneidung im Höhenbereich hörbar. Der Ambience-Effekt fügt Klängen eine subtile Rauminformation hinzu, die nach hochwertigem Equipment klingt. Klangfärbung findet nur dort statt, wo sie beabsichtigt ist. In einem eigenen Versuch experimentieren wir schließlich selbst mit den Möglichkeiten des Graph-Plug-ins. Wir verketten eine Reihe von Delay Plug-ins, darunter auch ein Mod-Delay, das in der Tonhöhe von einem einstellbaren LFO-Plug-in gesteuert wird. Das Ergebnis: Durch Regulierung des LFO simulieren wir eine Art von Tonbandleiern. Durch Einfügen von Verzerrer-Plug-ins dekonstruieren wir den Klang weiter und fügen schließlich noch ein wenig Schmutz hinzu und haben so eine verblüffend echte Tonbandsimulation erzeugt. Durch Einsatz von separaten Multitap-Delays auf beiden Stereo-Kanälen schaffen wir ein farbenprächtiges multirhythmisches Glasperlenspiel aus Klängen. Dennoch darf eines nicht verschwiegen werden: Um planvoll und gezielt das gewünschte Ergebnis zu erhalten, ist einiges an Know-how und vor allem Einarbeitungszeit in die Möglichkeiten des Graph-Plug-ins erforderlich. Je nach Komplexität der Effektketten ergibt sich jedoch noch ein Nachteil: Das Ändern von Parametern kann mitunter zu einer langwierigen Prozedur werden und man muss schon genau wissen an welchem Plug-in man schrauben muss, um zum Ziel zu gelangen. Schön wäre es daher, wenn es für das Graph-Plug-in eine Art Makro-Oberfläche mit Reglern geben würde, die simultan auf mehrere Parameter einzelner Plug-ins einwirken und bequem die Einstellung von Parametern wie etwa das Feedback oder Rate und Depth bei einem Flanger bereitstellen.
Fazit
Die neue Generation von Metric Halo Audio-Interfaces hat einen deutlichen Schub in Richtung Ausstattung und verbesserter Bedienung erhalten. Die schon teils einzigartigen Features der Vorversion sind in den 2d Expanded Modellen noch einmal deutlich erweitert worden und machen sie zu einem autark arbeitenden Tonstudio und kreativen Sounddesign-Werkzeug mit allen Schikanen. Der exzellente Grundsound des Mobile I/O ULN2 dürfte auch höchsten Ansprüchen genügen. Metric Halo offeriert nicht bloß ein Audio-Interface, sondern ein ernst zu nehmendes Profi-Gerät. Vor diesem Hintergrund ist das Preis-Leistungs-Verhältnis nur als sehr gut zu bezeichnen.
Erschienen in Ausgabe 05/2008
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 1599 €
Bewertung: überragend
Preis/Leistung: sehr gut
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