Wir können auch anders…

und vor allem besser hat sich das Pro-Audio-Unternehmen RME gesagt und präsentiert mit dem Fireface UC erstmals in seiner Firmengeschichte ein USB-Audio-Interface. Dabei hat sich RME nicht mit Lösungen von der Stange zufrieden gegeben, sondern ist einen völlig eigenständigen Weg in Sachen USB-Audio gegangen.  

Von Georg Berger 

Die Ankündigung von RME, mit dem Fireface UC erstmals ein USB-Audio-Interface auf den Markt bringen zu wollen, kam schon einer kleinen Sensation gleich. Ein Unternehmen, das sich ausschließlich auf die Produktion professioneller Audio-Hardware konzentriert, kokettiert auf einmal mit einer Consumer- und Heimstudio-Anfänger-Schnittstelle. Doch mit dem Fireface UC könnte das Belächeln der USB-Schnittstelle sehr bald der Vergangenheit angehören. Denn anders als der Großteil der Mitbewerber, die ihre USB-Audio-Produkte mit dezidierten Wandler-Chips quasi von der Stange ausstatten, hat RME intensive Feldforschung betrieben und eine komplett eigenständige USB-Audio-Lösung geschaffen, die in Sachen Performance und Stabilität deutliche Vorteile bringen soll und auch hinsichtlich der Leistung der Konkurrenz davoneilen will. Denn der Hersteller verspricht ultrakurze Latenzen bis hinab auf 48 Samples und sogar Abtastraten bis 192 Kilohertz im Vollduplex-Modus an sämtlichen Ein- und Ausgängen.

Hardwareseitig gleicht das UC-Modell seinem Firewire-Vorläufer Fireface 400 mit Ausnahme der Computer-Schnittstelle wie ein Ei dem anderen. Es verfügt also über acht analoge Ein- und Ausgänge, coaxiale und optische Digital-Schnittstellen, Wordclock und zwei MIDI-Ports, deren Buchsen über eine Kabelpeitsche ans Gerät angeschlossen werden. Bedientechnisch sind beide Modell-Varianten ebenfalls identisch. Gleiches gilt auch für den Preis, der mit knapp 1.000 Euro zu Buche schlägt. RME erweitert mit seiner Neuschöpfung sein Produkt-Portfolio um eine Lösung, die alle diejenigen anspricht, die entweder über keine oder eine instabile Firewire-Unterstützung im Rechner verfügen und holt auch die klassischen Multimedia-Anwender und Recording-Einsteiger ins Boot.

Der eigentliche Anstoß zur Entwicklung des UC-Modells bestand jedoch in der Entscheidung des Computer-Herstellers Apple anstelle der bislang verbauten Texas-Instruments-Chips auf die kostengünstigeren Firewire-Controllerchips des Herstellers Agere (jetzt LSI Corporation) auszuweichen. Diese waren anfangs schlicht inkompatibel zum Fireface 400. In der Zwischenzeit sind zwar die Kinderkrankheiten der Agere-Chips beseitigt worden, so dass sich die Firewire-Interfaces wieder erfolgreich mit Mac-Rechnern neuer Bauart vertragen. Doch das hatte den bereits ins Rollen gebrachten Stein nicht mehr aufgehalten. Dabei liest sich die Entwicklungsgeschichte des RME-eigenen USB-Audio-Ansatzes wie ein Krimi.   

Die ersten Hürden, die es in der über einjährigen Entwicklungsdauer zu meistern galt, bestanden zunächst in einer detaillierten Analyse der USB-Schnittstelle und ihres Leistungsvermögens. Dabei geriet die Entwicklung manches Mal ins Stocken und wurde teils komplett wieder zunichte gemacht, sei es durch die schlechte und sogar unvollständig dokumentierte Implementation des USB-Standards für die verschiedenen Computer-Betriebssysteme sowie das Scheitern diverser Lösungsansätze zur effizienten Datenübertragung, wobei oftmals die theoretisch besten Methoden zum optimalen Ausnutzen der verfügbaren Bandbreite an mangelnder Unterstützung von Seiten der Computer-Hersteller scheiterten.

So ist eine Übertragung der Daten im sogenannten High-Bandwidth-Modus, bei der anstelle eines Datenpakets gleichzeitig drei gesendet werden können, nicht realisierbar. Schlussendlich erwies sich für Windows-Rechner der Interrupt-Transfer am effizientesten und für Mac-Systeme der sogenannte isochrone Datentransfer. Grund: Die unterschiedlichen Anforderungen des Core Audio- und ASIO-Standards. Beim isochronen Datentransfer reserviert der USB-Controller eine fest definierte Übertragungsrate mit der die Daten in Form von Paketen in einem fortwährenden Strom übertragen werden. Anders der Interrupt-Transfer: Die Übertragung der Datenpakete erfolgt stoßweise in Zeit-Intervallen, die vom USB-Gerät immer wieder ab- und angefragt werden und so einen Datenstrom mit Unterbrechungen realisiert. Gerade diese Interrupt-Intervalle werden von ASIO jedoch für ein reibungsloses Funktionieren gefordert. Konsequenz: Im Fireface UC kommen zwei verschiedene Firmware-Versionen zum Einsatz.

Nach Abschluss der intensiven Feldforschung und unzähliger Tests konzipierten die Entwickler schließlich einen komplett eigenen USB-Controller-Chip, der mit Hilfe eines sogenannten FPGAs (Field programmable Gate Array) realisiert wurde, was die Entwickler bereits schon für ihre ebenfalls eigens konzipierte Firewire-Audio-Lösung einsetzten und erfolgreich unter Beweis stellten. Diese Chips bieten, anders als vorgefertigte Äquivalente, den Vorteil, dass sie sich völlig frei konfigurieren und programmieren lassen. Vorteil: Die Entwickler können modular die gewünschten Funktionen definieren, sie erhalten Zugriff zu allen konfigurierten Elementen des Chips und können auch in Zukunft mit Hilfe von Firmware-Updates auf mögliche Entwicklungen im Computer-Sektor flexibel reagieren. Mit den beiden UC-Firmware-Versionen erhalten die Entwickler zusätzlich die Möglichkeit, USB-Audio für jedes Betriebssystem separat maßzuschneidern, was schlicht genial ist. So erreicht uns übrigens kurz vor Schluss des Tests die Nachricht über ein neues Firmware-Update, mit dem es möglich ist, unter Mac OS X 10.6 auch im 64-Bit-Modus zu arbeiten.

Damit nicht genug, haben es die Entwickler auch geschafft, das Fireface UC im WDM-Betrieb auf Windows-Ebene mit Samplebuffer-Einstellungen größer als 256 erfolgreich zu betreiben, was Multimedia-Anwender freuen dürfte. Eine Einschränkung gibt es dennoch, auf die RME explizit hinweist: Das Fireface UC ist ausschließlich zu modernen Rechnern kompatibel. Dafür muss es auf Mac-Ebene schon mindestens das Betriebssystem OS X 10.5 sein und der Rechner muss über einen Intel-Dualcore-Prozessor verfügen. Windows-Rechner müssen das Betriebssystem XP, Service Pack 2 oder Vista enthalten und über einen ICH7-USB-Controllerchip verfügen, besser noch ab ICH8 aufwärts – feststellbar über den Gerätemanager von Windows. Wer mit älteren Rechnern arbeitet guckt daher in die Röhre beziehungsweise wäre mit dem Fireface 400 besser bedient. 

Noch vor der obligatorischen Treiber-Installation gilt es zu überprüfen und einzustellen, welche Firmware im Fireface UC gerade aktiv ist. Dies erfolgt durch Doppelklick auf den Push-Poti, woraufhin kurz in der Ziffernanzeige entweder „PC“ oder „AP“ für Windows, respektive Mac angezeigt wird. Ein simpler Doppelklick des Potis wechselt dabei die Firmware. Ist diese ausgewählt und der Treiber installiert, finden sich, wie im 400er-Modell, zwei Dialoge im Rechner zur Ansteuerung des Fireface UC. Im Control-Panel lassen sich globale Einstellungen wie Samplingrate und -buffer, die Empfindlichkeit der Ausgänge, die Synchronisationsquelle sowie das Gain der vier vorderseitig am Gerät befindlichen analogen Eingänge einstellen. Dazu zählt auch das Aktivieren der Phantomspeisung für die ersten zwei Kanäle und einer Hi-Z-Funktion für die Kanäle drei und vier.

Im Vergleich zum 400er-Modell zeigt sich das UC-Control-Panel jedoch schlanker und übersichtlicher. Einige Experten-Einstell-Optionen fehlen und das Speichern von Settings über die Flash Memory-Funktion für den Stand-alone-Betrieb sind weggefallen. Dafür merkt sich das Fireface UC immer die zuletzt gemachten Einstellungen, die schließlich auch im Stand-alone-Betrieb des USB-Wandlers zur Verfügung stehen. Für die meisten Audio-Anwendungen reicht das verfügbare Repertoire im UC-Control-Panel jedoch voll aus. Unverändert geblieben ist hingegen die Ausstattung und Steuerung des intern per DSP realisierten Mixers mit Hilfe der Totalmix-Software, die mit opulenten Routing-Möglichkeiten aufwartet. Trotz der Vielzahl an möglichen Anwendungs-Szenarien gerät das Handling des Mixers, der übrigens per Mackie-Control-Protokoll fernsteuerbar ist, leicht und übersichtlich. Die Möglichkeiten dieser mächtigen Anwendung en detail erläutern zu wollen, würde allerdings den Rahmen des Artikels sprengen. Stattdessen verweisen wir auf die Tests des Fireface 400 (Heft 9/2006) und der HDSPe AES-Karte (Heft 11/2008), in denen wir ausführlich auf Totalmix eingehen, nachzulesen unter www.professional-audio.de.  

Das UC- und 400er-Modell gleichen jedoch nicht nur äußerlich wie ein Ei dem anderen. Auch die inneren Werte des USB-Wandlers zeigen sich nahezu identisch. Die Ergebnisse des Testmarathons im Professional-audio-Messlabor zeigen die gleichen exzellenten Werte wie im 400er-Modell, die höchstens in einem Bereich von einem Dezibel voneinander abweichen. Der Mikrofonverstärker liefert mit 64,3 Dezibel Gain ausreichend Reserven, um auch leisen Mikrofonen auf die Sprünge zu helfen. Bemerkenswert: Die Phantomspannung ist mit gemessenen 50,5 Volt sogar schon überfürsorglich ausgefallen. In Sachen Störspannungen nimmt es auch das UC-Interface spielend mit der Spitzenklasse auf. Wir erhalten beim Messen der Line-Eingänge hervorragende Werte von 93,7 und 91,2 dBu für Geräusch- und Fremdspannungsabstand. Die Werte für die Mikrofon-Eingänge liegen um etwa drei Dezibel niedriger, was immer noch exzellent ist.

Ebenfalls auf Spitzenniveau zeigen sich auch die Ergebnisse beim Messen der Gleichtaktunterdrückung, die im relevanten Bereich eine Dämpfung von -75 Dezibel zeigt. Die Wandlerlinearität steht dem in nichts nach. Die Kurve verläuft bis hinab -115 Dezibel wie mit dem Lineal gezogen. Für den Hörtest fertigen wir Testaufnahmen mit 24 Bit und 192 Kilohertz an, die wir anschließend mit dem Fireface 400 und unserer Referenz vergleichen, bestehend aus der Kombination Lynx Aurora8-Wandler und Lake People Mic-Amp F355. Beim direkten Vergleich beider RME-Wandler untereinander zeigen sie sich auf exakt derselben Augenhöhe. Auch das USB-Interface wartet mit einem glasklaren und transparenten Sound auf, der sehr fein nach oben hin auflöst, durch eine präzise feindynamische Abbildung besticht und gnadenlos ehrlich eingespeiste Signale wandelt und wiedergibt. Einzig in Sachen Plastizität und Luftigkeit muss sich das Fireface UC der Kombination Aurora/Mic-Amp knapp geschlagen geben. RME hat nicht zuviel versprochen und feiert mit dem Fireface UC eine glänzende Vorstellung in Sachen 192 Kilohertz-Wandlung und USB. Hochauflösende Aufnahmen geschehen in beiden RME-Wandlern ohne Komplikationen, klangliche Einbußen oder Performance-Einbrüche. Auf Nachfrage bei Firmengründer und Chefdenker Matthias Carstens, wie die Entwickler dies bewerkstelligt haben, hüllt er sich allerdings in Schweigen, was einerseits schade, andererseits verständlich ist.  

Von besonderem Interesse ist auch die Leistungsfähigkeit des Fireface UC hinsichtlich Latenz und Performance, der wir uns in einem Funktionstest ebenfalls widmen. Doch auch in dieser Disziplin weiß das USB-Gerät mit seinem Firewire-Kollegen locker mitzuhalten. Für den Test ziehen wir unseren Windows Quadcore-Studio-Rechner heran, der mit einem ICH9-USB-Controller ausgestattet ist. Bei 192 Kilohertz erlaubt das UC Einstellungen 192 Samples. Das 400er-Firewire-Modell bietet mit 128 Samples einen niedrigeren Buffer-Wert. Das UC offeriert dabei eine Gesamtlatenz von 3,464 Millisekunden, das Fireface 400 hingegen 3,042 Millisekunden auf, der Unterschied spielt in der Praxis jedoch keine Rolle. Bei Gleichstand der Sample-Buffer ist das UC dem älteren 400er jedoch immer eine Nasenlänge voraus.

Bei Einstellung von 256 Samples und 192 Kilohertz ist das UC beispielsweise mit einer Gesamtlatenz von 3,875 Millisekunden im Vergleich zum 400er-Wandler mit 4,375 Millisekunden besser aufgestellt. Auffällig: Der Gerätemanager von Steinberg Nuendo 4 zeigt bei Anschluss des Firewire-Modells grundsätzlich eine im Vergleich zum USB-Gerät niedrigere Eingangslatenz (Fireface 400: 1,542 Millisekunden, Fireface UC: 1,714 bei 256 Samples und 192 Kilohertz). Umgekehrte Verhältnisse herrschen jedoch bei den Ausgangs-Latenzen (2,833 Millisekunden beim Fireface 400 und 2,161 beim Fireface UC). Doch sind diese Unterschiede verschwindend gering und bieten keinerlei Vorteile in der Praxis, wie unser Performance-Vergleichstest zeigt.

Bei 192 Kilohertz ist mit beiden Wandlern eine gleichzeitige störungsfreie Aufnahme und Wiedergabe mit 256 Samples möglich. Niedrigere Buffer-Einstellungen erzeugen vereinzelte Knackser. Bei 44,1 Kilohertz ist dies in beiden Modellen bis 96 Samples möglich. Insgesamt spricht das aber für die qualitativ hochwertige Arbeit der Entwickler, denn sie haben es erfolgreich geschafft, die Performance von USB auf Profi-Niveau zu heben. Allerdings ist zu beachten, dass diese Werte, abhängig von der Konfiguration und Ausstattung der Computer-Hardware und der Systemeinstellungen, abweichen können, was aber nicht den RME-Geräten anzulasten ist. Eine nützliche Hilfe bei der Kaufentscheidung zwischen Firewire und USB liefert RME selbst auf seiner Homepage: Dort finden sich die Ergebnisse eines breit angelegten Performance-Tests, die mit einer Vielzahl an verschiedenen Rechnersystemen durchgeführt wurde.

Fazit

RME hat es mal wieder geschafft und Pionierarbeit im Digital-Audio-Bereich geleistet. Mit dem Fireface UC zeigt der Hersteller in atemberaubender Weise, dass sich qualitativ hochwertige Wandler mit Profi-Anspruch auch über USB erfolgreich betreiben lassen. So ganz nebenbei lässt er dabei die Konkurrenz durch seine individuell entwickelte USB-Audio-Lösung manches Mal blass aussehen. Ebenso wie auch das Fireface 400 ist im USB-Audio Bereich bislang nichts Besseres zum Test angetreten, weshalb auch das Fireface UC für uns ab sofort die Referenz darstellt. Festzuhalten bleibt, dass USB-Audio von RME wirkliche und wahrhaftige Profi-Weihen erhalten hat, wovon Notebook-Anwender bestimmt am meisten profitieren dürften. 

Erschienen in Ausgabe 10/2009

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 975 €
Bewertung: überragend
Preis/Leistung: sehr gut