Dream-Machine
Digital AudionetworX präsentiert mit seinen Digital Audio Workstations moderne Recording-Schlachtschiffe, die auch Unmengen von Spuren, Plug-ins oder Sample Playern nicht ins Schwitzen bringen.
Von Sylvie Frei und Freda Ressel
Audio-Profi oder Alleintäter im Heimstudio – irgendwann geht es doch jedem so: Man möchte endlich keine Kompromisse mehr eingehen und einen leistungsstarken, perfekt für die Audio-Anwendung optimierten Computer anschaffen: Keine Drop-Outs oder Sequenzer-Abstürze mehr bei Großprojekten mit zahlreichen Spuren, massenweise Plug-ins, mächtigen Sample Librarys. Außerdem soll die Latenz fürs Direct-Monitoring unhörbar kurz sein.
Auch wenn sich in den letzten Jahren vieles auf technischer Ebene verändert und weiterentwickelt hat – sei es die Leistungsfähigkeit der Prozessoren, der Betriebssysteme und der Recording-Software sowie die Durchsatzgeschwindigkeit moderner Audio-Schnittstellen und Interfaces, so sind die Anforderungen an einen Audio-Computer über die Jahre die gleichen geblieben: Er muss leistungsstark, zuverlässig, möglichst schnell und insbesondere auch leise sein.
Ein möglichst potenter Multikernprozessor, ein 64-Bit-Betriebssystem, viel RAM, eine aktuelle DAW, modernste Schnittstellen und ein passendes hochkarätiges Audio-Interface sind hier Mittel zum Zweck, außerdem ein clever gedämmtes Gehäuse oder ein intelligentes Lüfter-Management. All das bietet eine der Digital Audio Workstations des Berliner PC- und Audio-Experten Digital AudionetworX, die wir für diesen Test ausgesucht haben.
Rechner-Spezifikationen
Das Berliner Unternehmen, das sich in der Szene längst einen exzellenten Ruf erarbeitet hat, stellte ein echtes Rennpferd zusammen, das in der getesteten Ausführung 3.940 Euro kostet. In dem 4 HE 19 Zoll-Gehäuse werkelt ein Intel Core i7-6900K-Prozessor mit acht Kernen, einer Taktfrequenz von 3,2 GHz und mit 16-fachem Multithreading. Als Motherboard wählten die Berliner ein Gigabyte Mainboard mit X99 Chipsatz und sechs schnellen PCIe Slots. Ausgestattet ist die Audioworkstation mit zwei Festplatten: Eine 1TB M.2 SSD ist direkt über vier Lanes an der PCIe-Schnittstelle angedockt und stellt so schnellstmöglichen Datentransfer von bis zu 3938/s sicher. Auf der SSD sind Betriebssystem und Software-Installationen untergebracht. Eine zwei Terrabyte-HDD-Festplatte (3,5 Zoll), mit 7.200 Umdrehungen pro Minute dient als Datenspeicher. Das System greift auf insgesamt 64 GB RAM zu, der sich aus achtmal 8.129 MB DDR 4-Modulen zusammensetzt – ein Nachrüsten auf acht 16 GB-Module mit insgesamt 128 GB RAM ist möglich. Damit wäre der Computer dann auch für exzessive Nutzung besonders dynamisch aufgezeichneter und hochauflösender Sample Librarys noch besser gewappnet.
Als Grafikkarte dient ein Inno3D Geforce GTX 1060-Modell mit 6 GB RAM sowie zwei üppig dimensionierten Lüftern. Das ist eine Grafikkarte, die eigentlich für Computerspiele, 3D-Rendering und Video-Anwendungen entwickelt wurde – prinzipiell überdimensioniert für unsere Belange. Aber für eine flüssige Echtzeitanzeige der Spuren in der DAW oder wenn es um die Videovertonung in der DAW oder mit Sound unterlegten Animationen beispielsweise in Adobe After Effects geht, macht eine solche Grafikkarte Sinn. Daniel Engelbrecht von Digital AudionetworX erklärt: „Wir bieten die 3D-Grafikkarten an, weil diese auf zwei PCIe-Slotblenden bis zu vier 4K-Monitore betreiben können. Solche Auflösungen lassen sich nicht von passiv gekühlten Grafikkarten ausgeben. Die von uns ausgesuchten Karten arbeiten jedoch mit einer dynamischen Lüfter-Steuerung, was bedeutet, dass sie im 2D-Betrieb meist lautlos laufen, da die Lüfter gar nicht angehen.“
Eine Pro Audio-fähige Soundkarte ist jedoch nicht mit an Bord, denn hier macht ein externer State-of-the-Art-Wandler oder ein hochwertiges externes Interface mehr Sinn – alternativ stünde allerdings einer der PCIe-Slots für den Einbau einer internen Pro Audio-Soundkarte zur Verfügung. Für den Anschluss eines externen Interfaces oder Wandlers stehen ein brandneuer USB Typ C-Port (Thunderbolt, USB 3.1), ein USB 3.1-Port Typ A, drei USB 3.0/2.0-Ports sowie vier USB 2.0/1.1.-Anschlüsse zur Verfügung.
Als Betriebssystem ist eine 64-Bit Windows 10 Home-Version vorinstalliert – eine Installations-CD für alle Fälle liegt dem Rechner bei.
Wer sich eine andere Konfiguration zusammenstellen möchte, hat dazu auf www.da-x.de/de/digital-audio-workstation-konfigurator.html reichlich Gelegenheit.
Verarbeitung und Innenleben
Nach dem Abschrauben des Gehäuse-Deckels zeigt sich das professionell und sauber verbaute Innenleben des Audio-PCs. Sämtliche Kabelverbindungen sind mit Kabelbindern wohl geordnet und aufgeräumt zusammengehalten – da wackelt oder vibriert absolut nichts.
Das Gehäuse selbst besitzt vorne zwei mit mitgelieferten Schlüsseln abschließbare Türen, hinter denen sich der Netzschalter befindet – so kann kein Unbefugter den Rechner in Betrieb nehmen. Auf der Front finden sich ferner zwei USB-Steckplätze für den unkomplizierten Anschluss von Dongles und USB-Sticks.
Auffällig: Digital AudionetworX nutzt bei den Audiorechner keinerlei Dämm-Materialien im Gehäuse, sondern arbeitet stattdessen mit besonders leisen Komponenten. In unserem Testgerät ist das sogenannte Basissystem Extreme verbaut, das, so Engelbrecht, „äußerst leise arbeitet und aus einem Meter nicht mehr hörbar ist. Dämmmaterial hat hingegen den Nachteil, dass es Wärme dämmt und auch staut“. Im Test zeigte sich die Richtigkeit dieser Entscheidung. Wenn ein Sicherheitsabstand zum Rechner von nur wenigen Metern zur Aufnahmequelle und Mikrofon eingehalten wird, sind völlig ungestörte Audio-Aufnahmen möglich – eine beachtliche Leistung.
Interagierende Geräte
Für den Praxistest haben wir von Synthax und Hyperactive zwei leistungsfähige Interfaces ausgewählt – ein RME Fireface UFX+ (Thunderbolt/USB 3) und ein PreSonus Studio 192 (USB 3). Als Bildschirm stand ein Ultrawide-Monitor 34UM88 21:9 von LG bereit, per Displayport-Kabel mit dem Audio-PC verbunden. Vorteil: Durch sein extremes Seitenverhältnis empfiehlt sich der LG-Monitor speziell für die Arbeit mit DAWs, denn er gewährt eine freie Sicht auf die Spuren ohne Unterteilung durch ein Doppel-Monitorsetup (siehe Kasten).
Der Performance-Tests
Zur Einstimmung haben wir zuerst einmal dem i7 Prozessor und der Geforce-Grafikkarte auf den Zahn gefühlt. Dazu lassen wir zwei Benchmark-Tests laufen, welche die Live-3D-Rendering-Fähigkeit anhand des OpenGL-Standards sowie die Leistungsfähigkeit der CPU messen. Dabei zeigt der Rechner in allen simulierten Einsatzbereichen im PCMark 8-Test eine absolut flüssige Performance. Im Cinebench R15-Test schafft er beim OpenGL-Rendering 152,01 Frames pro Sekunde, die CPU kommt auf einen sehr guten Wert von 1.475 cb.
Für den Test der Audio-Performance bauen wir uns ein eigenes Testsetup, um die Power des Computers beim Multichannel-Recordering und beim Multichannel-Scoring mit einer Vielzahl von MIDI-Spuren und Sample-Librarys auszuloten.
Bei einem derart potenten i7-Prozessor mit acht Kernen und einem Arbeitsspeicher von 64 GB RAM ist klar, dass es schon einiges braucht, um ein solches Schlachtschiff an seine Grenzen zu bringen. Wichtig ist allerdings auch die Frage, wie die interagierende DAW und das angeschlossene Interface mit der großen Belastung umgehen können.
Steinbergs Cubase Pro 9 bietet einen Modus für optimierte Audio-Performance an, der selbstverständlich aktiviert war. Als Interface agierte zunächst das RME Fireface UFX+ über die verbreitetere USB 3-Schnittstelle, wobei das PreSonus Studio 192 (Test in Professional audio 2/2016) vergleichbare Ergebnisse und ebenfalls gute Latenzwerte lieferte.
Multichannel-Recording-Test
In Cubase legen wir ein Projekt mit zunächst 100 Audio-Spuren an. Als Samplerate wählen wir den Studiostandard für Hi-Res-Aufnahmen von 192 kHz bei 24 Bit Wortbreite. Bei den Puffer-Einstellungen gehen wir mit 512 Samples in den unteren, mittleren Bereich, der uns eine für Direct-Monitoring-geeignete Gesamtlatenz von rund 6 ms ermöglicht. So nehmen wir mit allen 100 Spuren gleichzeitig (ohne den Einsatz von Plug-ins) auf. Kein Problem für unser Setup – also erhöhen wir die Spurenanzahl erst auf 200 und anschließend auf 300 Spuren. Selbst diese 300 Spuren schafft das System noch bei unveränderter Latenz – da kommt Begeisterung auf. Allerdings kommt die Echtzeitanzeige der Wave-Form in Cubase nicht mehr ganz hinterher. Die Aufnahme gelingt dennoch ohne Dropouts. Der Rechner wirkt bei dieser Last eher gelangweilt: lediglich 18 % CPU-Leistung, 15 % Arbeitsspeicher-Nutzung und 21 % Datenträger-Belastung. Erst ab etwa 350 Spuren quittiert die DAW nach einigen Sekunden den Dienst. Fehlermeldung: „Zu viele Audio-Tracks gleichzeitig aktiviert.“
Apropos Latenz: Mit der kleinsten Puffer-Einstellung sind mit dem RME Fireface UFX+ über USB3 in Interaktion mit dem Audio-PC Gesamtlatenzen von unter 2 ms möglich – über Thunderbolt verringern sie sich noch weiter. Zur Orientierung: 11 ms sind in etwa die Wahrnehmungsschwelle für Latenz – alles darunter ist schnell genug für quasi „latenzfreies“ Direct-Monitoring.
Multichannel-Wiedergabe-Test + Plug-ins
Als nächstes bestücken wir unsere 300-spurige Aufnahme großzügig mit unterschiedlichsten Cubase-eigenen sowie Third-Party-Plug-ins. Ergebnis: Das System gibt auch bei 200 Plug-in-Einheiten beim Abspielen noch nicht auf – wird lediglich grafisch beim Darstellen der vielen Oberflächen etwas träge. Der Windows Taskmanager zeigt eine Belastung von 51 % bei der CPU-Leistung, 19 % beim Arbeitsspeichers sowie 27 % beim Datenträger. Die maximale Anzahl von Plug-ins lässt sich nicht eindeutig benennen, da jede Software andere Leistungsanforderungen hat. Unsere bunte Auswahl gibt allerdings einen ganz guten Anhaltspunkt, was auf jeden Fall möglich sein sollte.
Multichannel-Scoring-Test
Zuletzt legen wir ein weiteres Cubase-Projekt mit 100 MIDI-Spuren an, die wir über VST jeweils mit einer Klangerzeuger- oder Sample Player-Einheit zum Klingen bringen. Lustig anzusehen: Die 100 Klangerzeuger/Sample Player-Fenster mischen sich beim Anwählen aller 100 Spuren wie ein Kartenspiel auf dem Bildschirm, was mehrere Sekunden in Anspruch nimmt. Nun spielen wir alle 100 Spuren gleichzeitig mit dem Arturia Minilab MIDI-Controller-Keyboard an und nehmen auf. Bei einer durchschnittlichen ein- bis zweistimmigen Melodie pro MIDI-Spur geht die CPU-Belastung auf rund 30 % – die DAW-Anzeige läuft flüssig und ohne Aussetzer. Auch hier lässt sich keine Maximal-Anzahl von Sample Player-Einheiten benennen, da dies stark auf die Bedürfnisse der genutzten Librarys ankommt – die Tendenz ist allerdings äußerst positiv.
Fazit
Die geteste Digital Audio Workstation von Digital AudionetworX zeigt in allen Disziplinen ein hervorragendes Leistungs-Niveau. Ob Projekte mit bis zu 300 Audio-Spuren und 200 Plug-ins oder 100-spurige MIDI-Scoring-Projekte – der Rechner performt äußerst zuverlässig und ist damit auch für sehr große Herausforderungen im Recording-Studio gerüstet. Selbst stärkster Beanspruchung bleibt er flüsterleise und erlaubt selbst Aufnahmen im gleichen Raum mit wenig Abstand zum Rechner. Die Digital AudionetworX Digital Audio Workstation verdient ein klares „sehr empfehlenswert“.
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