Göttergabe
Benannt nach dem griechischen Gott der Heilkunde und der Musik, präsentiert Universal Audio mit dem Apollo sein erstes Firewire-Audio-Interface, das sich als klangliche Göttergabe erweist.
Von Harald Wittig
Der amerikanische Pro Audio-Hersteller Universal Audio gehört zu den Urgesteinen der Szene, der es geschafft hat, Tradition und Moderne kongenial zu verbinden. Zum einen haben wir die Hardware-Manufaktur, die uns seit mehr als 40 Jahren – kurze Unterbrechungen mal ausgeklammert – mit feinen Analog-Geräten beglückt, darunter echte Legenden wie die Kompressoren UREI1176 oder Teletronix LA-2A, welche die Amerikaner heute als handgefertigte Repliken anbieten (siehe die Tests in Ausgabe 4/2007). Dazu sind seit der Wiederauferstehung des Unternehmens, das heute von den Söhnen des Gründers Bill Putnam sr, Jim und Bill Putnam jr. geleitet wird, immer wieder pfiffige Neuentwicklungen hinzugekommen: Da wären beispielsweise der Preamp 710 Twin Finity 710 (Test in Ausgabe 1/2009) zu nennen, der eine gelungene Kombination aus hochwertigem Mikrofon-Vorverstärker und DI-Box darstellt. Oder der als Frontend fürs rechnerbasierte (Home-)Studio konzipierte Röhren-Preamp Solo/610. Das zweite, mächtige Standbein der Amerikaner ist selbstverständlich die DSP-Plattform UAD, eine spezialisierte Hard-/Software-Lösung für die Audio-Produktion im Rechner, die nicht nur bei anspruchsvollen Amateuren, sondern vor allem auch bei Profis höchstes Ansehen genießt. Aus gutem Grund, denn auch wir waren beim Test der UAD-2 Satellite in Ausgabe 6/2011 hin und weg von den verblüffend authentisch-analog klingenden Plug-ins.
Angesichts der Klangmacht der Hard- und Software-Produkte aus dem Hause Universal Audio warteten Fans schon lange auf ein Audio-Interface, das die Analog- und Digital-Kompetenz der Amerikaner in einem Gerät kombiniert. Das Warten hat seit Kurzem ein Ende, denn das Firewire Audio-Interface Apollo ist jetzt lieferbar und stellt rein konzeptionell die Verwirklichung lange gehegter Anwender-Träume dar: Laut Hersteller kombiniert das nach dem griechischen Gott des Lichts, der Heilkunde und nicht zu vergessen der Musik benannte Gerät „authentisches UA Analog Design“ mit exzellenter und entsprechender Wandler-Qualität und internem UAD Echtzeit-Processing. Richtig, in dem 19-Zoll-Gerät findet sich eine eingebaute UAD-2 Plattform, sodass der Apollo-Anwender schon beim Aufnehmen und selbstverständlich bei der späteren Nachbearbeitung in den Genuss der UA Plug-ins, die digitale Nachbauten/Emulationen berühmter und teilweise kaum mehr zu bezahlender Analog-Geräte darstellen, kommt. Dabei besorgen Sharc-DSPs von Analog Devices die Signalbearbeitung/Berechnung im Apollo, womit die CPU des Hostrechners außen vor ist und sich entspannt zurücklehnen kann. Je nach Ausführung– es gibt das Apollo mit zwei oder vier Sharc-DSPs – und abhängig von der Anzahl der gleichzeitig eingesetzten Plug-ins entstünden Latenzen von sehr Musiker-freundlichen 2 Millisekunden, die als solche praktisch nicht spürbar wären.
Das klingt doch schon mal sehr verheißungsvoll und macht Lust auf die nähere Bekanntschaft mit Apollo. Wobei der aufgerufene Preis für das Gerät schon wieder etwas ernüchternd wirkt: In der von uns getesteten Ausführung mit vier DSPs, folgerichtig Apollo Quad genannt, ruft der Hersteller rund 3.100 Euro auf. Das ist abstrakt betrachtet eine Menge Geld, allerdings erhält der Käufer dafür ein, wie wir sogleich sehen werden, sehr umfangreich ausgestattetes Interface, das nach der selbstsicheren Aussage von Universal Audio klanglich locker mit um ein Vielfaches teureren Audio-Interfaces oder Preamp/Wandler-Kombinationen mithalten kann.
Dann wollen wir das Apollo Quad und seine Ausstattung doch mal genau betrachten. Zunächst hat das Gerät acht Analog-Eingänge zu bieten und acht Line-Signale lassen sich gleichzeitig an das Apollo schicken. Eine entsprechende Anzahl an symmetrischen Klinken-Eingängen auf der Geräte-Rückseite ist vorhanden. Allerdings reduziert sich diese Anzahl, wenn einer bis alle der vier Mikrofon-Preamps zum Anschluss von Schallwandlern genutzt werden. Obwohl die XLR-Buchsen der Mikrofonvorverstärker-Sektion räumlich von den Klinken-Buchsen abgesetzt sind, liegen die Preamps doch auf den Analog-Kanälen eins bis vier.
Wie bei fast allen Audio-Interfaces, aber auch den meisten Preamps und Wandlern, sind die Anschluss-Buchsen also auf der Geräte-Rückseite angebracht, was, sofern das Apollo im Studio-Rack installiert ist, schon mal ein wenig Akrobatik erfordern kann. Aber da wollen wir gar nicht meckern, weil wir das auch von unserer Referenz-Kombination Lake People Mic-Amp F355/Mytek Digital 8x192ADDA nicht anders kennen und wir es außerdem für wichtiger erachten, dass ein solches Gerät seine Bedienelemente auf der Frontplatte hat. Genau das ist beim Apollo der Fall. Die Gehäuse-Vorderseite ist außergewöhnlich aufgeräumt gestaltet, das Interface kommt mit sechs instruktiv beschrifteten Schaltern für die Wahl zwischen Line- und Mikrofon-Eingang, Phantomspannung, Vordämpfung, Phasenumkehr, Kanal-Linkfunktion sowie Trittschall/Hochpassfilter aus. Die Kanalwahl erfolgt über den großen, mit „Preamp“ beschrifteten Drehregler, der insoweit per Druck als Umschalter zwischen den acht Kanälen fungiert, ansonsten zuständig fürs Einpegeln ist. Entsprechende LED-Anzeigen sind Teil des vergleichsweise großen Displays inmitten der aus massivem Aluminium gefrästen Frontplatte.
Auf der Frontplatte, links neben dem Gain-Regler, finden sich auch die Buchsen der beiden HiZ-Eingänge, die für den Direktanschluss von E-Gitarren und E-Bässen mit passiven Tonabnehmer-Systemen vorgesehen sind. Das ist selbstverständlich schon mal klasse, dass Apollo gleich zwei HiZ-Eingänge bietet. Somit sind beispielsweise zwei Gitarren, zwei Bässe – vielleicht ein Lead- und ein Begleitbass – oder Gitarre und Bass gleichzeitig einspielbar. Damit sind grundsätzlich lebendigere Aufnahmen möglich, denn wenn die Musiker sich sehen und hören, können Sie auch interagieren, was einer Aufnahme das gewisse Etwas geben kann. Ist das Klinkenkabel eingesteckt, hat der jeweilige HiZ-Eingang Vorrang, ohne dass es zuvor einer Auswahl bedürfte.
Die Preamp des Apollo beruhen auf neuen Designs und sind in erster Linie auf hohe Klarheit und Sauberkeit hin entwickelt worden. Die Möglichkeit, die Nenn-Abschlussimpedanz – auch Nennlastimpedanz genannt –, also den Eingangswiderstand der Preamps wie bei anderen UA-Vorverstärkern umzuschalten, gibt es nicht. Das bedauern wir indes nicht, da es sich hierbei, abgesehen von subtilen Auswirkungen auf den Klang, eher um ein Relikt aus der Vergangenheit handelt, als Fehlanpassungen wegen stark schwankender Nennimpedanzen/Wechselstrom-Innenwiderstände der Mikrofone häufiger vorkamen.
Ansonsten haut Universal Audio ganz schön rein bei der Beschreibung der Mikrofonvorverstärker und Apollo im Allgemeinen: Angeblich gehören die Vorverstärker gemeinsam mit den ebenfalls neu entwickelten Wandlern in puncto Klirrwerten und Dynamikbereich zum Besten, was das Audio-Interface-Angebot derzeit hergibt. Nun ja, warten wir mal ab.
Sehr gut gefällt uns aber schon jetzt, dass die Phantomspannung, aber auch Trittschallfilter, Phasenumkehrung sowie Vordämpfung für jeden der vier Mikrofon-Vorverstärker/-Kanäle separat schaltbar ist. Damit lassen sich mühelos etwas komplexere Mikrofonierungen realisieren, beispielsweise die Schlagzeug-Mikrofonierung mit zwei Kondensator-Mikrofonen als Overheads und zwei dynamischen Mikrofonen für Bass-Drum, Snare oder Hi-Hat (siehe hierzu ausführlich den Drum-Recording-Workshop in den Ausgaben 4 und 5/2012). Allerdings werden Spezialisten in Sachen Multimikrofonierung sich mehr als die vier vorhandenen Preamps wünschen. Insoweit ist das Apollo aber in guter Gesellschaft: Wir denken beispielsweise an das RME Fireface UFX (siehe den Praxistest in Ausgabe 8/2011).
Erwähnenswert ist, dass die Phasenumkehrfunktion, aber auch die Tiefenfilterung nach der Analog-Digital-Wandlung beziehungsweise auf rein digitaler Ebene erfolgt. Speziell bei der Filterung lässt sich trefflich darüber streiten, weshalb die Entwickler diese nicht vor den Wandlern auf rein analoger Ebene angesetzt haben. Der Grund dürfte wohl sein, dass ein solches Digitalfilter ohne allzu großen Aufwand linearphasig ausgelegt werden kann. Darüber hinaus bietet des Hochpassfilter aber keinen erweiterten Komfort: Einsatzfrequenz sind sehr vernünftige 75 Herz bei einer Flankensteilheit von 12dB/Oktave.
Es sind nur noch drei weitere Bedienelemente auf der Frontplatte vorhanden: Da wäre erstmal der große, feingerastete Endlos-Drehregler für die Ausgangs-Lautstärke am Monitoring/Control Room Out Klinkenbuchsenpaar auf der Rückseite des Apollo. Sehr praktisch ist die eingebaute Mute-Funktion: Einfach den Regler drücken, der LED-Anzeigen-Kranz wechselt die Farbe von grün zu rot und der Ausgang ist stumm geschaltet. Das weiß vor allem der homerecordende Alleintäter zu schätzen, bei dem Aufnahme und Monitoring im selben Raum stattfinden. Der eine oder andere wird schon mal seine eigenen Erfahrungen mit unliebsamen Feedbacks gemacht haben, wenn die Mikrofone auf sind und gleichzeitig der Control Room Out und die Abhör-Lautsprecher Signale senden und empfangen.
Auch das Vorhandensein von zwei Kopfhörerverstärkern mit unabhängigen Reglern ist nur konsequent, passt perfekt zu den beiden HiZ-Eingängen, ist aber darüber hinaus auch praktisch, um beispielsweise den Musiker bei den Grundeinstellungen mithören zu lassen.
Begeben wir uns wieder auf die Rückseite des Apollos und befassen uns jetzt mit der Digital-Sektion. Wir finden vier ADAT-Ports, zweimal In, zweimal Out, um acht ADAT-Kanäle mit Abtastraten von 44,1 und 48 Kilohertz oder – mittels Unterstützung von Sample Multiplexing (S/MUX-Protokoll) 88,2 und 96 Kilohertz zu senden oder zu empfangen. Wegen der unvermeidlichen Halbierung der Kanalzahl im S/MUX-Verfahren stehen bei Nutzung aller vier optischen Eingangs- und Ausgangsbuchsen bei den höchstmöglichen Abtastraten von 176,5 und 192 Kilohertz nur noch vier Kanäle zur Verfügung. Zusätzlich zum ADAT-Format bietet das Apollo auch noch das S/PDIF-Format und dafür jeweils eine RCA-/Cinch-Eingangs- und Ausgangsbuchse: Es handelt sich übrigens um das Pro-Format, zwei Kanäle bis zur höchstmöglichen Samplingrate von 192 Kilohertz bei 24Bit-Wortbreite kann das Apollo senden oder empfangen. Als kleines Zusatzschmankerl lässt für den S/PDIF-Eingang noch eine „Samplerate Conversion“ aktivieren, sodass die Abtastrate des Eingangssignals an die am Apollo eingestellte Arbeits-Abtastrate automatisch angepasst wird.
Auch wenn es sich bei Apollo um eine Firewire-Audio-Interface handelt, ist das Gerät ohne Weiteres auch stand-alone, also als autarke, rechnerunabhägige Preamp-/Wandler-Kombination einsetzbar, wobei wir uns zusätzlich zu dem ADAT-Interface und den S/PDIF-Ein- und Ausgängen noch ein AES/EBU-Interface wünschen würden. Uns ist schon bewusst, dass das Gerät dafür auch entsprechend Platz bieten müsste. Da es aber ohnehin schon sehr vollgepackt ist – immerhin ist, wie bereits erwähnt – noch eine UAD 2 mit eingebaut, wollen wir das eher als Wunschtraum, denn als Kritikpunkt stehen lassen.
Widmen wir uns jetzt den vorhandenen Rechnerschnittstellen: Im Unterschied zum der UAD 2 Satellite-Interface, das zusätzlich noch mit einer Firewire 400-Schnittstelle ausgestattet ist, hat das Apollo zwei Firewire 800-Buchsen. Dabei dient eine der Schnittstellen der Verbindung mit dem Rechner, die zweite ist fürs „Diasy Chaining“ zusätzlicher Firewire-Geräte, namentlich einer Back Up-Festplatte oder auch einer zusätzlichen UAD 2 Satellite vorgesehen. Selbstverständlich kann das Apollo auch mit Rechnern kommunizieren, die lediglich über eine Firewire 400-Schnittstelle – MacBooks und PCs – verfügen. Allerdings reduziert sich damit der Datendurchsatz von 800 auf 400 Megabits/Sekunde, was faktisch auch die Performancewerte verschlechtert und die Latenzen nach oben treibt. Derzeit lässt sich Apollo allerdings ausschließlich mit einem Apple-Rechner betreiben, ab Sommer, so verspricht es Universal Audio, sollen aber auch Windows-Rechner unterstützt werden.
Ebenfalls noch aus sich warten lässt die angekündigte, optionale Thunderbolt-Karte, die den Apollo-Anwender in den Genuss des neuen Turbo-Anschlusses aktueller Macs bringt. Wir müssen uns momentan aber noch mit einem leeren Slot und Firewire 800 begnügen, wobei wir betonen müssen, dass die Performance mit einem MacBook Pro mit 2,53 GHz Dual Core-Prozessor und vier Gigabyte Arbeitsspeicher bei Samplingraten bis 48 Kilohertz sehr gut, also praktisch latenzfrei ist.
Apropos Latenzen: Für ein bisschen analog rein, wandeln und digital/analog raus, bedarf es noch keiner DSP-Power. Da bieten die meisten aktuellen Interfaces schon ab der Mittelklasse ausweislich unserer ständigen Testerfahrungen sehr gute, musikerfreundliche Werte. Was das Apollo zu einem ganz besonderen Audio-Interface macht, ist die integrierte UAD 2-Plattform, die dem Apollo-Anwender die vielfältige Klangwelt der teilweise grandiosen Universal Audio Plug-ins eröffnet. Dabei erfolgt die Berechnung der Plug-ins auf den UAD-DSPs, es handelt sich hierbei um leistungsstarke Sharc-Chips von Analog Devices. Unser Testgerät hat gleich vier der flinken Rechner auf der Platine, folglich haben wir jede Menge Rechenpower im Apollo und die CPU des Test-Notebooks ist spürbar entlastet. Sind beispielsweise in einem 24Bit/48Kilohertz Logic Pro-Projekt vier UAD 2-Plug-ins aktiv, zeigt die CPU-Auslastungsanzeige von Logic tatsächlich fast nichts an. Wenn wir allerdings noch native Plug-ins wie beispielsweise die vergleichsweise rechenintensiven Amp-Emulationen von Amplitube Fender in zwei Spuren laden, steigt die CPU Auslastung auf knapp 50 Prozent an. Damit sollte klar sein: Apollo ist gerade auch für Mobilisten mit mittelstarken Laptop-Computern ein sehr attraktives Gerät. Nicht zuletzt wegen der Klangqualität der UAD 2 Plug-ins – dazu aber später noch mehr.
Damit haben wir das Schatzkistchen noch nicht mal ganz geöffnet, denn Apollo kann noch viel mehr. Universal Audio hat seinem Audio-Interface mit der schlicht „Console“ genannten Software nämlich noch ein virtuelles Mischpult spendiert, das mit der schnöden Bezeichnung „Steuersoftware“ schlichtweg unter Wert verkauft wäre: Die ansprechend gestaltete Benutzeroberfläche bietet die acht Analog- und ADAT-Kanäle als komplett ausgestattete Channel-Strips, wobei als Abbild der Apollo-Hardware die ersten vier Analog-Kanäle die zusätzlichen Ausstattungsmerkmale des Mikrofon-Vorverstärker-Quartetts haben. Das Apollo lässt sich komplett über die Console steuern, womit in der Praxis ein nicht zu unterschätzender Mehrgewinn einhergeht, denn mit dieser Anwendung sind beispielsweise komplexe Cue-Mixes einfach erledigt. Fast noch besser ist das Vorhandensein von jeweils vier Effekt-Containern oder Plug-in-Slots für jeden der insgesamt 16 Kanalzüge sowie AUX 1 und AUX2. Diese Inserts – um die Mischpultterminologie zu verwenden – dienen, der aufmerksame Leser weiß es längst, dem Einschleifen der UAD Plug-ins. Das heißt, dass der Sänger schon beim Einsingen hören kann, wie seine Stimme beispielsweise mit einem virtuellen UREI 1176 klingt. Dabei kann der Produzent selbst entscheiden, ob die Effekte nur fürs Monitoring Verwendung finden oder ob direkt mit Effekt-Klang aufgenommen wird. Die Entscheidung wird mit einem einfachen Mausklick auf einen Schalter rechts im GUI gefällt. Für die Console gibt es ein umfangreiches, rund 90 Seiten umfassendes Handbuch, das, obschon nur in Englisch erhältlich, die doch vergleichsweise komplexe Software sehr gut erklärt. Es würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen, vertiefender in die Bedienung der Console einzusteigen. Gleichwohl wollen wir ausdrücklich betonen, dass die Arbeit mit dem Apollo mit dieser Software so richtig Spaß macht und regelrecht inspirierend wirkt, da die Console in puncto Bedienung Mischpult- und DAW-Software-Konzept kongenial vereint.
Bevor wir uns der Praxis widmen, werfen wir einen kurzen Blick auf die Werte, die das Professional audio-Messlabor für das Apollo ermittelt hat. Wir können uns kurz fassen, denn Universal Audio hat nicht zu viel versprochen und sehr gute Arbeit geleistet: Das auf Seite 21 abgedruckte FFT-Spektrum des Mikrofon-Vorverstärkers von Kanal 1 ist makellos und weist keinerlei Störungen auf, entsprechend gut ist der Gesamtklirrfaktor wie das nebenstehende Diagramm belegt. Die Werte für Geräusch- und Fremdspannungsabstand von 91,3 und 88,0 Dezibel belegen zusätzlich, dass die Entwickler großen Wert auf Klarheit und Störgeräuschfreiheit der Preamps gelegt haben. Es handelt sich also rein messtechnisch um Saubermänner, die zudem dank der sehr hohen Empfindlichkeit von -59,3 dBu auch die Signale sehr leiser Schallwandler auf einen vernünftigen Arbeitspegel bringen. Auch die Wandlerlinearität gibt Anlass zur Freude, denn erst unterhalb von -120dB kommt es zu ersten Ungleichmäßigkeiten – die Apollo-Wandler sind also auf vergleichbar hohem Niveau wie die Preamps des Interfaces. Einen Wermutstropfen gibt es dennoch: Die Gleichunterdrückung ist ausweislich des ebenfalls auf Seite 21 zu sehenden Messdiagramms eher mittelmäßig und macht das Interface nicht tauglich für lange Kabelstrecken. Hier sollte der Hersteller nachbessern, dann wäre alles im leuchtend grünen Bereich und das Apollo fit für die verschiedensten Aufnahme-Sessions.
Kommen wir – endlich – zur Praxis und unseren Klangerfahrungen. Wir nehmen zunächst rein testhalber einen kurzen Take unter Logic Pro 9 mit unserer bewährten Ricardo Sanchis Carpio 2F Flamenco-Gitarre und unserem Referenz-Mikrofon, dem Schoeps MK2H/CMC6Ug auf und höre da: Die Preamps des Apollo sind tatsächlich, soweit es das Eigenrauschen betrifft, sehr sauber und extrem nebengeräuscharm. In dieser Disziplin können die Vorverstärker des Interfaces durchaus mit unserem Lake People Mic-Amp F355 konkurrieren. Das heißt jedoch nicht, dass die Apollo-Preamps auch ebenso unauffällig-nüchtern – Sie wissen schon: Die Sache mit dem Draht plus Verstärkung – klingen würden. Nein, das Apollo wäre kein Universal Audio-Gerät, hätte es nicht einen eigenen klanglichen Fingerabdruck. Die Preamps haben einen kräftigen, in gewisser Weise zupackenden Klang, der uns einen „Größer als in Wirklichkeit/Larger than life“-Sound beschert, der sehr gut ins Ohr geht. Die Preamps greifen dabei auch ins Signal klangfärbend ein, wobei es nach unserer Erfahrung vom Mikrofon abhängt, wie sehr sich das auswirkt. Bei einem superlinearen Mikrofon – zu nennen wäre in diesem Zusammenhang des Microtech Gefell M 221 – fällt der Effekt eher subtil aus, bei dem mit einem Schuss Präsenz versehenen Røde NT-6 mit Nierenkapsel klingen die Aufnahmen mit dem Apollo runder und fülliger als mit dem Lake People.
Eine Klasse für sich ist der HiZ-/DI-Eingang des Interfaces: Wir sind in der Vergangenheit bereits von den HiZ-Eingängen der Preamps aus den Häusern Focusrite (ISA 828, Test in Ausgabe 2/2008) und True Systems (P-Solo, Test in Ausgabe 12/2008) reichlich verwöhnt worden, das Apollo hat ebenfalls zwei herausragende Ohrschmeichler zu bieten. Denn als wir unsere grundsätzlich sehr brillant-perkussiv klingende Fender American Standard Stratocaster anschließen und ein paar Akkorde anstimmen, geht förmlich die Sonne auf und wir müssen ganz breit grinsen. So vollmundig, dabei glasklar und kristallen, tönt es aus unseren ADAM S3XH, dass wir sofort zu einem Projekt inspiriert werden.
So geschieht es, dass wir spontan ein kleines Instrumentalstück mit insgesamt fünf Gitarren-Spuren unter Logic Pro 9 aufnehmen: Neben den bereits genannten Instrumenten kommt noch eine Lakewood D8-Steelstring, mikrofoniert mit dem Schoeps, zum Einsatz. Schon die vollkommen Effekt-/Plug-in-freie Mischung gefällt uns gut. Das Arrangement wollen wir aber noch bearbeiten, selbstredend mit UAD Plug-ins. Inzwischen gibt es sehr viele Plug-ins für diese Plattform (siehe hierzu ausführlich den Test des UAD 2 Satellite in Ausgabe 6/2011), im Lieferumfang jedes Apollo findet sich aber das „Analog Classics“ Plug-in Bundle, das schon mal sechs Effekt-Köstlichkeiten beinhaltet. Dabei sind die Universal Audio-Urgesteine UREI 1176LN und 1176SE – das ist die Stereo-Ausführung des legendären FET-Kompressors –, der bei uns ganz hoch in der Gunst stehende Röhren-Opto-Kompressor Teletronix LA-2A, der Röhren-Equalizer Pultec EQP-1A mit seinem ganz besonderen Glanz sowie der Realverb Pro und CS-1. Wer nach der Anschaffung des Apollo zunächst mal keine zusätzlichen UAD Plug-ins zukaufen kann – das läuft bedauerlicherweise nach wie vor ausschließlich über den Online-Shop der Amerikaner und da geht ohne Kreditkarte nichts –, kann mit dieser feinen Sammlung schon weit kommen. Das können Sie selbst nachhören, denn zu diesem Test gibt es begleitend insgesamt fünf Soundfiles zum kostenlosen Download in der Soundbank. Während Sie mit Soundfile 1 unser naturbelassenes Arrangement hören, damit sie sich von der ausgezeichneten Klangqualität des Interfaces überzeugen können, sind die weiteren vier Klangbeispiele mit Effekten versehen:
Bei Soundfile 2 sorgt der Pultec EQ für mehr Glanz und präsente Klarheit, während unser Liebling LA-2A für Ordnung und Ausgleich zwischen den Gitarrenspuren und der Realverb für einen Schuss Ambience sorgt. Bei Soundfile 3 prägt ein optionales Plug-in, die Emulation des legendären Trident A-Range Equalizers, den Klang, der gegenüber Soundfile 1 jetzt deutlich wärmer und runder ist. Soundfile 4 ist demgegenüber ausschließlich mit Plug-ins der ebenfalls optionalen „Precision Mastering Series“ bearbeitet – der klangliche Unterschied, aber auch die andere Lautheit, wofür der Precision Maximizer verantwortlich ist, ist unüberhörbar. Das Schöne ist, dass sämtliche UAD Plug-ins 14 Tage lang voll umfänglich testbar sind. Zeit genug, um den eigenen Wunschzettel zu schreiben. Kleiner Tipp: Hören Sie sich unbedingt die Plug-ins Lexicon 224, Manley Massiv Passiv und die geniale Emulation der Studer A800 Bandmaschine an. Letztere hören Sie, bereits gehörig in die Sättigung gefahren, in Soundfile 5, der Hall kommt aber diesmal nicht aus dem Hause Universal Audio, sondern vom Altiverb 7-Faltungshall. Die Klangbeispiele sind selbstverständlich nur als Anregung gedacht, das Apollo selbst einmal einer ausführlichen Untersuchung zu unterziehen. Sie werden aber, dessen sind wir sicher, jede Menge Spaß mit diesem Interface haben.
Fazit
Mit Apollo Quad, dem ersten Audio-Interface in der langen Unternehmens-Geschichte, ist Universal Audio ein ganz großer Wurf gelungen: Der ganz eigene Grundklang mit typischen UA-Qualitäten, die sehr guten Wandler und die Flexibilität des Geräts wären schon alleine sehr starke Argumente für Apollo. Dank der integrierten UAD 2-Plattform steht dem Apollo-Anwender zusätzlich noch die Welt der immer wieder begeisternden USA Plug-ins offen, die Analogiker-Träume wahr werden lassen. Auch wenn das Apollo Quad nicht eben billig zu haben ist: Seinen Preis ist es allemal wert.
Erschienen in Ausgabe 06/2012
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 3051 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut
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