Erst seit diesem Herbst ergänzt das Mikrofonsystem MiCreator das Produktportfolio des österreichischen Mikrofonspezialisten Austrian Audio – und Ihr fragt Euch, was es damit wohl auf sich hat. Nun, MiCreator ist ein mehrteiliges Mikrofonsystem, das schöpferischen, digitalaffinen Freigeistern von heute als leistungsfähiges Werkzeug zur Erstellung hochwertiger Aufnahmen dienen will. In erster Linie denkt der Hersteller dabei an Musiker, die zu jeder Zeit und an vielen Orten mit Laptop, Tablet oder Smartphone gute, also professionellen Ansprüchen genügende, Aufnahmen erstellen wollen. Wann immer also die Musenküsse besonders intensiv sind oder auf die Schnelle „Content“ zu erstellen ist – MiCreator will zur Hand sein. Das System besteht aus dem für etwa 200 Euro zu bekommenden Hauptmikrofon MiCreator Studio, als solches ein „Studio-Mikrofon“ mit USB-C-Anschluss zur Verbindung mit dem Rechner oder mobilen Endgeräten. Als Ergänzung gibt es für rund 100 Euro das analoge Mikrofon Satellite, das sich direkt mit dem Studio zwecks Erstellung von Stereo-Aufnahmen verbinden lässt. Dritter Schallwandler im Bunde ist das ebenfalls analoge Lavalier-Mikrofon Y-Lav, das sich jederzeit mit mobilen Endgeräten vom Laptop bis zum Mobil-Recorder verbinden lässt, aber auch im Team mit dem Studio verwendbar ist. Mit nicht mal 50 Euro ist das Y-Lav das günstigste Mikrofon des in Wien entwickelten und in China gefertigten MiCreator-Systems, dem wir uns sogleich in der gebotenen Ausführlichkeit widmen wollen. Den Anfang macht der Primus inter pares, das Studio-Modell.
Primus inter pares
Wie bereits erwähnt, haben wir es mit einem USB-Mikrofon zu tun, das, sobald es über das mitgelieferte USB-C-Kabel mit dem digitalen Endgerät verbunden ist, zum Leben erwacht. Eine Treiberinstallation ist weder für Apple-, noch für Windowsrechner sowie iOS- oder Android-Geräte vonnöten. Die Endgeräte erkennen das Studio als Stereogerät. Kommt es alleine zum Einsatz, wird sein Mikrofonsignal über die USB-Verbindung stets am linken und rechten USB-Kanal übertragen. Das ist wichtig zu wissen, denn wenn ein zusätzliches System-Mitglied, also das Satellite oder das Y-Lav mit dem Studio verbunden ist, wird das Signal des Zusatzmikrofons am rechten USB-Kanal an das Endgerät übertragen. Die Maximalauflösung beträgt 24 Bit/48 kHz, was solider Durchschnitt und in dieser Preisklasse selten und nicht zwingend besser klingend übertroffen wird.
Doch beginnen wir ganz am Anfang und dem Wandlerprinzip des Studio: Wir haben es mit einem Elektret-Kondensatormikrofon zu tun – die für den Betrieb notwendige Polarisationsspannung muss also nicht extern zugeführt werden. Die Großmembran-Druckgradientenempfängerkapsel mit Nierencharakteristik ist vom Gehäuse, welches für die rein analoge Signalverarbeitung und die Digitalisierung, sprich AD-Wandlung zuständig ist, abgesetzt und elastisch gelagert. Laut Austrian Audio sei die Kapsel so gut gegen Körperschall isoliert, dass das Mikrofon bei der Aufnahme auch in der Hand gehalten werden darf. Das allerdings eher ausnahmsweise: Üblich ist die Montage auf einem Mikrofonstativ – ein Gewindeadapter, jedoch ohne Reduziergewinde, liegt bei – oder die Aufstellung auf einem Tisch. Dank der schwingungsgelagerten Kapsel und der auf der Gehäuseunterseite angebrachten Gummifüße fühlt sich das Studio auf jedem Tisch wohl. Ein extra Tischstativ ist derzeit deswegen nicht vorgesehen, laut Perry Damiri von Austrian Audio sei ein solches Stativ durchaus nicht ausgeschlossen. Ausweislich unserer Testerfahrungen bedarf es eines Zusatzstativs in der Tat nicht – und wir begrüßen es sehr, dass das Studio damit nur einen erfreulich kleinen Platzhunger hat. Richtig gut ausgedacht haben sich die Entwickler den schwenkbaren Kapselkopf. Damit ist die von vorne frontal zum Schutzgitter zu besprechende Kapsel einfach zur Schallquelle ausrichtbar, was gerade bei Aufnahmen in ungewohnter und alles anderer als aufnahmetechnisch optimal möblierter Umgebung ein Segen ist. Da sorgen einige der ansonsten sehr potenten Mitbewerber für mehr Kopfzerbrechen und gegebenenfalls Verrenkungen des Sprechers oder Musikers. Dank des integrierten Pop-Schutzes reagiert das Studio zudem gelassen auf Plosivlaute und ist gut Freund mit Sprechern und Sängern.
Die Mikrofonverstärkung wird am Gehäuse eingestellt, wobei der große Drehgeber hierfür nicht vorgesehen ist. Das Studio verfügt über einen dreistufigen Schalter, der zwischen den Pegeln „Low“, was 0 dB entspricht, „High“, was das Eingangssignal um 20 dB anhebt und „Mute“, das den Eingang, genauer gesagt das Kapselsignal, komplett stumm schaltet. Es handelt sich also um einen reinen Hardware-Mute, der – wichtig – auf die Signale angeschlossener Geräte keine Auswirkung hat.
In der Regel genügen „Low“ und „High“ als Einstellungen für einen praxisgerechten Arbeitspegel. Die 20 dB-Verstärkung von „High“ empfiehlt sich für sehr leise oder besser leiseste gespielte Musikinstrumente – beispielsweise mit den Fingern gezupfte Ukulelen – oder bei leise redenden Sprecherinnen und Sprechern. Sollte das aber nicht genügen, bietet das Studio zusätzliche 15 Dezibel analoger Verstärkung, die sich nur auf die USB-Verbindung auswirkt und deswegen über die entsprechenden Regler – beim Mac über die Systemeinstellung „Ton“ und „Eingangslautstärke“ – einstellen lässt. Folgerichtig wirken die 15 dB-Zusatzpower auf beide USB-Kanäle. In diesem Zusammenhang ist die für ein USB-Mikrofon außergewöhnlich hohe Pegelfestigkeit des Studio zu erwähnen: Maximal 135 dB/SPL verträgt das Mikrofon in der Einstellung „Low“. Damit ist es kraftvollen Vokalakrobaten, Bläsern oder sehr laut spielenden Saitenvirtuosen durchaus gewachsen.
Wozu ist aber jetzt der frontseitige Drehgeber da? Zunächst wird damit die Lautstärke des Signals auf dem Kopfhörerausgang eingestellt. Das Studio hat für den Anschluss eines Monitoring-Hörers die mit „Out“ beschriftete, auf der Rückseite befindliche Buchse vorgesehen. Ein zweiter Kopfhörer lässt sich zusätzlich an der darunter liegenden „In/Out“-Buchse anschließen, sodass zwei Kopfhörer parallel betreibbar sind. Um den Ausgangspegel einzustellen, ist der Drehgeber einmal zu drücken, die LED leuchtet grün und ein Drehen im Uhrzeigersinn erhöht die Lautstärke. Die entgegengesetzte Drehrichtung besorgt den gegenteiligen Effekt bis zur vollständigen Stummschaltung, die mittels Blinkens der LED angezeigt wird. Der Betrieb von hochohmigen und/oder wirkungsgradschwachen Kopfhörern ist nicht zu empfehlen. Der Hersteller empfiehlt Niederohmige mit einer Impedanz bei etwa 25 Ohm. Dass zwei parallel betriebene Hörer insoweit – Impedanz und Wirkungsgrad – zueinander passen sollten sei ergänzend hinzu gefügt.
Latenzfreies Monitoring
Des Weiteren dient der Drehgeber zur Einstellung des Monitorings, also wie laut das Mikrofonsignal im Kopfhörer zu hören ist. Dazu ist der Modus mittels Drückens zu wechseln. Leuchtet die LED rot, kann die Benutzerin oder der Benutzer die Stärke des Mikrofonsignals stufenlos regeln. Musiker freuen sich darüber sehr, denn so können sie genau hören, was das Mikrofon einfängt. Gegebenenfalls nur noch die Positionierung anpassen und dann bei der Aufnahme mithören, was aufgezeichnet wird. Da die Signalverarbeitung noch vor der AD-Wandlung und rein analog erfolgt, gibt es keine Latenz. Wer sich beispielsweise bei einer (Online-)Videokonferenz lieber nicht hören möchte, bewegt den LED-Punkt in der LED-Zeile ganz nach rechts. Dann erfolgt keine Ausgabe des Mikrofonsignals am Kopfhörerausgang.
Eine Besonderheit gibt es, wenn Zusatzgeräte an die „In/Out“-Buchse angeschlossen sind. Jawohl, die trägt ihre Beschriftung mit voller Berechtigung, denn das Studio gestattet neben dem Anschluss eines zusätzlichen Mikrofons wie den beiden MiCreator-Kollegen Satellite und Y-Lav auch das Einstöpseln von Musikinstrumenten, konkret Keyboards oder Gitarren. Allerdings sorgt ein Drehen nach rechts nun dafür, dass das Signal des angeschlossenen Mikrofons oder Instruments im Kopfhörer lauter klingt. Ein zwei Sekunden langer Druck auf das Stellrad sorgt dann schnell wieder für Parität: Das Signal des Studio und des angeschlossenen Zusatzgeräts werden im Kopfhörer anschließend gleichlaut wiedergegeben.
Die ganz Aufmerksamen fragen jetzt: „Damit wird aber nicht die Eingangsverstärkung für externe Signale geregelt, oder?“ Sehr richtig. Da setzt Austrian Audio einmal mehr auf einen zweistufigen Schalter, der zwei Gainstufen „Low“ und High“ bereitstellt. „Low“ ist die richtige Einstellung, sofern ein Zusatzgerät mit dem Studio verbunden ist. Denn die Line Pegel von Keyboards oder Gitarren mit – wohlgemerkt – aktiven Tonabnehmern sind in der Regel stark genug. Gegebenenfalls sollte eine Anpassung über die Preamps der Instrumente erfolgen. „Low“ setzt automatisch die Eingangsimpedanz auf den Höchstwert von 135 kOhm, was optimal für Line-Signale, nicht jedoch für Gitarren und Bässe mit passiven Tonabnehmern ist. Sollen die mitaufgenommen werden, sollte sich eine DI-Box im Handgepäck finden. Ein Instrumentenkabel mit 6,3 und 3,5 mm-Klinkensteckern gehört übrigens zum Lieferumfang des Mikrofons.
Im Duo stereo
Soweit zum Studio, widmen wir uns jetzt den beiden MiCreator-Kollegen Satellite und Y-Lav. Das Satellite ist das Geschwister des Studio, denn die akustischen Eigenschaften der Mikrofone, die Pegelfestigkeit eingeschlossen, sind gleich. So fängt die gleiche elastisch gelagerte und neigbare Elektret-Kondensatormikrofonkapsel das Schallgeschehen ein, weswegen Studio und Satellite sich für Stereoaufnahmen geradezu aufdrängen. Zumal das Satellite über das mitgelieferte MCC2-Kabel geschwind mit dem Studio verbunden ist: Die Verbindung mit dem Studio – oder mit einem Mikrofoneingang ausgestatteten Endgerät – erfolgt über die „Link“-Buchse auf der Satellite-Rückseite. Sogar ein Kopfhörerausgang ist vorhanden. Der dient dazu, die Wiedergabe eines Endgeräts mitzuhören. Die Lautstärke hängt dabei vom Endgerät ab, über einen eigenen Verstärker verfügt das Mikrofon nicht. Dafür ist seine Empfindlichkeit auf die Verwendung mit dem Studio abgestimmt, weswegen es unseres Erachtens weniger sinnvoll ist, das Satellite alleine zu verwenden. Stereoaufnahmen sind einfach realisierbar, da auch das Satellite dank seines sehr ähnlichen Gehäuses wie das Studio – entweder auf dem Stativ montiert oder auf einem Tisch stehend – positionierbar ist. Praktisch ist die Montage der miteinander verbundenen Mikrofone auf der optionalen, sogenannten MCMB Minibar. Das ist nichts anderes als eine Stereoschiene für Aufnahmen im ORTF-Verfahren. Folgerichtig garantiert die MCMB Minibar den Abstand von 17 Zentimetern zwischen den Kapseln, der empfohlene Öffnungswinkel von 110° ist dank entsprechender Markierung umstandslos eingerichtet. Der Kauf der Einzelkomponenten ist überflüssig, denn Austrian Audio bietet für rund 300 Euro das MiCreator System Set an. Das beinhaltet die beiden Mikrofone Studio und Satellite, die Stereoschiene, alle notwendigen Kabel sowie ein stabiles Transportköfferchen. Das ist nicht nur wegen des Preisvorteils ein sehr attraktives Angebot.
Als analoges Elektret-Lavalier-Mikrofon fühlt sich das Y-Lav an Mobil-Recordern wie dem Tascam DR-10 L Pro (Test in Heft 09/2023) oder sonstigen Endgeräten ebenso pudelwohl wie in Verbindung mit dem MiCreator Studio. Seine Empfindlichkeit von 5 mV/Pa wurde bewusst gewählt: Ist es in einer Interview-Situation mittels Clip am Kragen oder Revers befestigt, liefert es den gleichen Pegel wie das auf dem Tisch stehende Studio. Die Verbindung Studio/Y-Lav erfolgt über das mitgelieferten zwei Meter lange Kabel mit 3,5 mm Klinkenbuchsenadapter, der zudem den Anschluss eines Kopfhörers – zum Abhören der Wiedergabe eines Endgerätes – erlaubt. Ein Windschutz gehört selbstverständlich zum Lieferumfang. Wie üblich für diesen Mikrofontyp hat das Y-Lav Kugelcharakteristik und verkraftet wie seine beiden MiCreator-Kollegen auch hohe Pegel: Laut Austrian Audio bis maximal 120 Dezibel, was ein überdurchschnittlich hoher Wert ist. Mehr ist von dem Winzschallwandler nicht zu berichten.
Neben etwas kryptischen Kurzanleitungen, Kabeln und Adaptern, sind zumindest Studio und Satellite bereit für ein kleines „Mikrophönchen wechsel Dich“-Spiel. Die schwarzen Gehäuseabdeckplättchen lassen sich durch mitgelieferte Blenden im Austrian Audio-Rot auswechseln, weitere mit anderen, trendigen Motiven sind in Vorbereitung. Ein, wie wir finden nettes Gimmick. Neben dem bereits erwähnten Zubehör, sind auch Kabel sowie Transportkoffer einzeln lieferbar. Die empfehlen sich als Alternative zu den Verpackungskartons auf jeden Fall. Preise konnte uns der Hersteller aber noch keine nennen.
Klang? Tu felix Austria.
Kommen wir zur Aufnahmepraxis und den Klangeigenschaften des MiCreator-Systems und beginnen mit dem Mikrofonzwerg, dem Y-Lav. Dessen Qualitäten sind nämlich schnell genannt: Das Mikrofon liefert einen angenehmen und gänzlich unverschnupften Sprachklang. Es konkurriert erfolgreich mit teureren Lavalier-Mikrofonen und bietet zudem einen Kopfhöreranschluss. Gar nicht schlecht, oder?
Das Hauptmikrofon des Systems, das MiCreator Studio muss zunächst solo ran. Wir verwenden es für eine Ukulelen-Unterrichtseinheit via Zoom und fertigen zudem einige kurze Videos mit Beispielstücken für die lernwilligen Ukulelen-Schüler an. Beim Abhören geht bei ohrenfällig sehr geringem Rauschen der warme Klang angenehm ins Ohr. USB-Mikrofone sind häufig zugunsten der Sprachverständlichkeit präsenter abgestimmt, was für die Aufnahme von akustischen Instrumenten nicht immer passt. Bläser und auch Sänger mögen eine gewisse Luftigkeit im Aufnahmeklang schätzen, sensible Zupfer mitunter weniger. Uns jedenfalls gefällt der Klang, der im Nagelanschlag mit Konzertgitarrentechnik gespielten Ukulele, den das Studio für die Videos liefert, sehr gut. So gut, dass wir unter Logic Pro und im Team mit dem Satellite zwei Ukulelen-Solostücke im Folk-Jazz-Klassik-Stil aufnehmen. Dabei erweist es sich, dass das Aufnehmen mit dem Mikrofon-Duo, angefangen beim umstandslosen Positionieren bis zum Einpegeln, eine kinderleichte Übung ist. Schon das praktisch rauschfreie Monitoring-Signal klingt so gut wie inspirierend, dass nach nicht mal einer halben Stunde zwei Stücke im Kasten sind. Die erfahren mit etwas Hall etwas Aufwertung, sonstige Effekte bleiben zumindest für die Premasters außen vor. Was das MiCreator System angeliefert hat, passt also und macht klar: Alle von den Musen geküssten, finden mit diesem durchdachten und gut klingenden System leistungsfähige Werkzeuge, um ihre Eingebungen in klingende Kreationen umzusetzen.
Fazit
Durchdacht, leistungsfähig und kostengünstig: Das ist das MiCreator-System um das USB-Mikrofon MiCreator Studio von Austrian Audio. Für Musiker besonders zu empfehlen ist es als Stereo-Set, bestehend aus dem MiCreator Studio und Satellite, um gut klingende Stereoaufnahmen mit den angesagten Endgeräten anzufertigen.



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