Avantone PRO aus New York hat sich mit guten Produkten zu moderaten Preisen einen Namen gemacht. Das Produktportfolio umfasst hauptsächlich Mikrofone und Studiomonitore, die sich im Fall der CLA-10 und der MixCubes an Klassikern wie den Yamaha NS-10 oder den 5C Sound Cubes von Auratone orientieren. Die Gauss 7 überzeugten im vergangenen Jahr in unserem Vergleichstest von Monitorpaaren bis 1000 Euro mit sehr gutem Auflösungsvermögen und hervorragender Abbildung der Räumlichkeit. Anfang 2021 hatten wir ebenfalls den magnetostatischen Kopfhörer Avantone Planar im Test, der mit analytischem und neutralem Klang für unter 500 Euro aufhorchen ließ. Das zweite im Sortiment befindliche und nun zum Test vorliegende Kopfhörermodell MixPhones MP-1 wird vom Hersteller als Allrounder, geeignet für Livesound, DJing, Aufnahmen, Mixing und Easy-Listening ausgewiesen.
Lieferumfang und Bauweise des MP-1
In einer mit dem Produktbild, technischen Angaben sowie Infos zum Kopfhörer bedruckten Umverpackung befindet sich eine schlichte schwarze, quadratische Schachtel. Deren Deckel ist mit dem Firmenschriftzug versehen und lässt sich nach oben aufklappen. In die Schachtel ist harter Schaumstoff mit Aussparungen für die Hörer eingelegt, welche den Testkandidaten fixieren. Zum Lieferumfang gehören die MixPhones MP-1, ein gerades Kabel mit drei Metern sowie ein Spiralkabel mit einem Meter Länge, weiterhin ein vergoldeter 6,35-Millimeter-Adapter, ein Aufbewahrungsbeutel und eine Kurzanleitung samt der Garantiebestimmungen (5 Jahre). Die mitgelieferten Kabel machen einen hochwertigen Eindruck.
Der MP-1 versprüht einen gewissen Retro-Charme, ohne ein direktes Designvorbild erkennen zu lassen, optisch erinnert er mich an den Stil der 1970er Jahre. Mit flachen, leichten und mitunter faltbaren Kopfhörern hat er nichts gemein, er ist ein großer, massiver, etwas sperriger Vertreter seiner Gattung. Kopfbügel und Aufhängungen der Ohrhörer sind aus Metall gefertigt, ebenso wie die beidseitig mit den aus Kunststoff gefertigten Ohrmuschelgehäusen vierfach verschraubten Ringe, in deren Mitte jeweils eine pinke Abdeckung angebracht ist. Wir haben es mit einem ohrumschließenden Kopfhörer zu tun, der sich ob der geschlossenen Bauweise auch zum Aufnehmen eignet. Schönheit liegt gewiss im Auge des Betrachters, ich kann der Form- und Farbgebung des MP-1 durchaus etwas abgewinnen, wenngleich mir die zweite Variante mit schwarzen anstatt cremefarbenen Ohrmuscheln mehr zusagt.
Die Konstruktion wirkt robust und langlebig. Die Ohrhörer lassen sich geringfügig drehen und circa einen Zentimeter kippen. Die obere Seite des Kopfbandes ist mit Kunstleder überzogen, verziert von einem fühlbaren Avantone-Schriftzug. Die Unterseite des Kopfbügels und die Ohrmuscheln sind angenehm weich gepolstert. Das Innere der Kopfhörerpolster ist ebenfalls pink, aber in einem leuchtenderen Ton als die Abdeckungen auf den Außenseiten.
50 Millimeter Neodym-Treiber wandeln die elektrischen Impulse in Schallwellen. Mit 16 Ohm Widerstand stellt der Kopfhörer nahezu keinen Anspruch an den verwendeten Verstärker, schon bei minimaler Amplifikation liefert der MP-1 ordentliche Lautstärke. In lauten Umgebungen dürfte sich das positiv auswirken und die Eignung für DJing und Livesound begründen. Am linken Hörer wird das Kabel eingesteckt und verschraubt, rechts befindet sich der Kippschalter für die Wahl des Abhörmodus. In Mittelstellung hört man Stereo, die vordere Position wechselt in den Mono- und die hintere in den MixCube-Modus.
Klang, Abhörmodi & Tragekomfort
Der MixPhone präsentiert sich als ein in hohem Maße neutraler Kopfhörer. Meine eigenen Mixe, beispielweise für das Projekt Liquid Lunch erstellt, klingen über den MP-1 im Grunde exakt so, wie ich es beabsichtigte. Gegenüber dem mir vom Mischen mit dem offenen Sennheiser HD 650 vertrauten Klang kann ich kaum einen Unterschied feststellen. Wenn überhaupt lässt die geschlossene Bauweise des Probanden den Bass und die tiefen Mitten etwas kräftiger wirken, als ich es gewohnt bin, wohingegen der (obere) Mittenbereich geringfügig zurückgenommen erscheint. Das Auflösungsvermögen überzeugt ebenfalls, die subtil hinzugemischte Synthiemelodie in „All the small things“ von Blink 182 ist zum Beispiel recht mühelos wahrnehmbar. Der Bass reicht wirklich tief hinab, wie Korns „Freak on a Leash“ verdeutlicht. Die Höhen erscheinen klar und unaufdringlich.
Sehr gute Produktionen klingen vom MP-1 wiedergegeben hervorragend. Ein völlig überkomprimiertes Werk wie Metallicas „Death Magnetic“ (originale CD-Version) hingegen ertönt einfach grauenhaft, aufgrund der deutlichen Verzerrungen im Grunde ungenießbar. Längst nicht alle Kopfhörer geben das so schonungslos wieder, manche um einiges teurere eingeschlossen. Überhaupt beschönigt der Testkandidat nichts, weshalb es länger dauern kann, bis man zufriedenstellend abgemischt hat. Wenn es dann aber mit dem MP-1 gut klingt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Mix ob der Vertrauenswürdigkeit des MixPhone auf verschiedensten Systemen wie beabsichtigt ertönt. Nicht zuletzt, weil man ihn in drei Abhörmodi prüfen kann.
Die Modi Stereo und Mono bedürfen wohl keiner Erklärung, die dritte Abhörart soll kurz erläutert sein: Der Modus MixCube verspricht den Klang der gleichnamigen Kleinlautsprecher von Avantone nachzuempfinden und so den Fokus auf die mittleren Frequenzen zu legen. Das ist durchaus nützlich, um einschätzen zu können, wie ein Mix auf kleinen Boxen klingt, die weder das tiefste noch das höchste Frequenzspektrum wiederzugeben imstande sind, denn auch über solche Lausprecher soll die Musik ausgewogen und vollständig klingen. Wie nah der Modus an die Vorbilder heranreicht, vermag ich nicht zu beurteilen, da ich sie schlicht nicht kenne. Ein hör- und brauchbarer Unterschied zur Stereo- und Monowiedergabe ist jedoch – in Abhängigkeit des verwendeten Kopfhörerverstärkers – gegeben.
Angeschlossen an die Phones-Buchse meines Interface oder den Line-Ausgang meines Arbeitsrechners (Dell Latitude 7420) verringert sich der Pegel, Bässe und Höhen treten merklich zurück. Direkt verbunden mit einem 2015er MacBook ist der Unterschied deutlich weniger ausgeprägt, mitunter nur noch schwer festzustellen. Mit weiteren Apple-Geräten (iPad 5. Gen. 2017 / iPhone SE1) verhielt es sich ebenso. Wer also mit der Anschaffung eines MP-1 vor allem deswegen liebäugelt, weil er (auch mobil) ohne weiteres Equipment drei Audioperspektiven in einem Kopfhörer vereint zum Mischen nutzen will, muss testen, ob das in ausreichendem Maß möglich ist. Einen Mix im Monomodus zu beginnen und ihn später zwischen Stereo- und MixCube-Modus wechselnd zu beenden, hat sich für mich als praktikabel und zielführend erwiesen.
Wie gut Mono klingen kann, besser beziehungsweise natürlicher als eher pflichtschuldig und lieblos nebenbei erstellte Mixe für das damals neue Stereoformat, in denen oft die Drums komplett auf die eine und sonstige Instrumente auf die andere Seite gemischt wurden, verdeutlichen zum Beispiel Alben der Stones, Beatles und Doors und anderer aus den 1960ern, wenn man sie zu „Forschungszwecken“ im Monomodus hört.
In puncto Tragekomfort überzeugt mich der Kopfhörer nicht uneingeschränkt. 550 Gramm bringt der MP-1 auf die Waage und dafür sitzt er wirklich bequem. Dass ein halbes Kilogramm auf dem Kopf aber nicht unerheblich ist, spürt man dann doch bei jeder Pause, wenn man den MP-1 abnimmt.
Für mein Empfinden ist es weniger das Gewicht, das den Tragekomfort etwas mindert, als eher der geringe Abstand zwischen Ohr und Gehäuse, das eine Wölbung Richtung Ohr aufweist, die man durch den pinken Bezug ertasten kann. Nun mag es daran liegen, dass ich recht große, etwas abstehende Ohren habe, aber die Kombination aus diesem Konstruktionsdetail und meiner Ohrform lässt den eigentlich ohrumschließenden Kopfhörer auf mich wie einen ohraufliegenden wirken. Dieser Bauart bin ich nicht sonderlich zugeneigt.
Daher ist der bequeme Sitz des Kopfhörers über wirklich lange Zeiträume für mich nicht in dem Maße gegeben, wie von Avantone PRO versprochen („comfortable fit for all day wear“). Die kleinen Komfort-Einschränkungen kann man sich aber auch wieder zunutze machen, indem man sich durch sie erinnern lässt regelmäßige Pausen einzulegen, was immer zu empfehlen ist, um das Gehör nicht über Gebühr zu strapazieren, damit man gute Mixentscheidungen zu treffen imstande ist. Alles in allem kam ich prima mit den MixPhones MP-1 zurecht.
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