Ein Pult für alle Fälle

Mischpulte für den Live-Einsatz unterscheiden sich in einigen Punkten doch ganz erheblich von Studiokonsolen. Ein Mischpult, das gleichermaßen für Live und im Studio einsetzbar ist – diesen Spagat will Behringer mit dem neuen SX2442FX schaffen.

Von Raphael Hornbruch

Die Zeit der großen Mischkonsolen in Tonstudios scheint vorbei zu sein. An ihre Stelle sind Monitor-Controller, Kopfhörerverstärker und analoge Summierer getreten. Für die alltägliche Arbeit benötigt der Toningenieur darüber hinaus Audioanschlüsse für Zuspielgeräte und eine Vielzahl von Mikrofon-Preamps. All diese Möglichkeiten bietet ein analoges Mischpult sozusagen In-the-Box, so dass diese Gerätegattung, zumindest für Heimstudiobetreiber, nach wie vor eine kostengünstige Alternative zu den Einzelkomponenten darstellt. Mit dem SX2442FX bietet der Studiotechnik-Discounter Behringer ein reichhaltig ausgestattetes 24-Kanalmischpult mit 16 Mikrofoneingängen, vier Subgruppen und üppigen Routing- und Anschlussmöglichkeiten in der Mastersektion für einen erwartungsgemäß günstigen Preis von 816 Euro an. Besonders augenfällig sind die blauen LCD-Anzeigen der Effektprozessoren, von denen gleich zwei an Bord sind, sowie ein grafischer Equalizer, der als Master-EQ den Gesamtmix bearbeitet.

Das Tonstudio soll allerdings nur ein Einsatzfeld des 24-Kanal-Mischers sein. Geht es nach dem Willen der Entwickler, ist das SX2442FX gleichermaßen für Beschallungsaufgaben geeignet. Den budgetorientierten Musiker freut das, braucht er doch nur eine einzige Ausgabe zu tätigen und bekommt dafür ein Allround-Mischpult für den Probenraum, das (Heim-) Studio und den Live-Gig. Das sehr ordentlich verarbeitete Pult aus chinesischer Fertigung ist mit einer Höhe von zehn Zentimetern vergleichsweise flach und vereint auf knapp 70 Zentimetern Breite eine Menge Bedienelemente auf kleinstem Raum. Dementsprechend dicht stehen die etwas klein geratenen Regler beieinander – Fingerspitzengefühl ist also gefragt. Trotzdem kommt es kaum zu versehentlichem Verstellen von benachbarten Reglern, dazu sind diese schwergängig genug. Das gilt auch für die Fader.

Der angenehm zähe Widerstand beim Verschieben der Regler begünstigt zudem punktgenaue Einstellungen der 60 Millimeter kurzen Kanal-, Subgruppen- und Master-Fader. Farbige Poti-Kappen und die mehrfarbig bedruckte Mixeroberfläche machen die Zugehörigkeit der Bedienelemente zu einer Funktionsgruppe klar und erhöhen trotz hoher Packungsdichte die Übersicht. Dennoch ist die Stellung der vielen kleinen Funktionstaster ist je nach Blickwinkel recht schwer zu erkennen, was gerade im Live-Betrieb problematisch sein kann. Dies gilt insbesondere für die Routing-Taster in den Kanälen und Subgruppen. Lediglich die Solo- und Mute-Taster in den Eingangskanälen verfügen über zugehörige LEDs, die auch bei schwierigen Lichtverhältnissen eine eindeutige Rückmeldung über den Schaltzustand geben.

Sämtliche Anschlüsse liegen an der Oberseite des SX2442FX und damit gut im Blickfeld des Anwenders. Für die Monokanäle gibt es jeweils XLR- und Klinkenbuchsen zum Anschluss von Mikrofonen beziehungsweise Geräten mit Line-Pegel. Da sich beide Eingänge den Schaltkreis des Vorverstärkers teilen, sollte man tunlichst nicht den Mikrofon- und den Line-Eingang gleichzeitig belegen. Weiterhin ist es nicht möglich, Line-Signale an den XLR-Eingängen anzuschließen, diese bleiben den Mikrofonsignalen vorbehalten. Grund: Der Regelbereich der Gain-Regler ist bei Belegung der XLR-Eingänge auf niedrige Signalpegel ausgelegt, Line-Signale sind für diese Eingänge zu hochpegelig und führen zu Verzerrungen. Der Verstärkungsbereich für Mikrofone reicht von plus zehn bis plus 60 Dezibel. Wer Line-Signale anschließen möchte, muss die Klinkeneingänge verwenden, die immerhin symmetrisch beschaltetet sind und mit 24 an der Zahl in Fülle vorhanden sind. Ein Pad-Taster würde hier Abhilfe schaffen, denn wer Keyboards via DI-Box und Multicore ans Pult anschließen möchte, muss beim SX2442FX entweder am Mixereingang einen Adapter von XLR auf Klinke einsetzen oder die hoffentlich vorhandene Absenkung der DI-Box einschalten.

Für Line-Signale ist die Verstärkung hingegen mehr als ausreichend, immerhin lassen sich auch pegelschwache Geräte, die lediglich -40 Dezibel ausgeben, problemlos betreiben. Bei der Klangregelung in den Monokanälen handelt es sich um standardgemäße Dreiband-Equalizer mit semiparametrischen Mitten. Die maximale Anhebung beziehungsweise Absenkung beträgt einheitlich in allen Bändern 15 Dezibel. Die Höhen und Bässe werden mit Shelving-Filtern bearbeitet, wobei der High-Regler Frequenzen oberhalb von 12 Kilohertz beeinflusst, beim Low-Regler ist es der Bereich unterhalb von 80 Hertz. Ein zusätzlich schaltbares Hochpassfilter setzt bei 75 Hertz ein und kommt so dem Low-Band nicht ins Gehege, so dass auch bei aktiviertem Rumpelfilter die 80 Hertz hörbar eingreifen. Das Mittenband ist zwischen 100 Hertz und acht Kilohertz durchstimmbar. Mit den Kanal-EQs lassen sich mit wenigen Einstellungen schnell brauchbare Klänge einstellen.

Gespart hat Behringer bei der Phantomspannung, die für alle 16 Mikrofoneingänge nur global schaltbar ist, was einen gemischten Betrieb von Kondensator- und klassischen Bändchenmikrofonen unmöglich macht. Beim Testgerät dauerte es zudem einige Minuten, bis sich die Phantomspannung stabilisiert hat. Bis dahin waren beim Einsatz von Kondensatormikrofonen im Praxistest lautstarke Nebengeräusche zu hören. Unpraktisch ist außerdem, dass der Schalter für die Phantomspannung schlecht zugänglich an der Rückseite des Pults sitzt. Um das Einpegeln zu vereinfachen, verfügt jeder Kanal über einen Solo-Schalter, der anliegende Signale vorhörbar macht. Für die Pegelkontrolle gibt es zusätzlich in jedem Kanalzug eine zweistufige LED-Anzeige. Das SX2442FX hat vier Ausspielwege pro Kanal, von denen die ersten beiden für den Signalabgriff vor oder hinter dem Kanal-Fader umschaltbar sind.

Über die Aux-Sends lassen sich individuelle und faderunabhängige Mischungen für die Musiker erstellen – gleichermaßen für den Kopfhörermix im Studio wie für Monitormischungen auf der Bühne einsetzbar. Die beiden FX Sends sind fest post-fader verdrahtet und leiten ihr Signal, wie die Bezeichnung schon andeutet, zu den internen Effektgeräten. Doch auch das Routing zu externen Effektgeräten ist kein Problem. Hierzu befinden sich in der Mastersektion Anschlüsse für zwei Sende- und zwei Stereo-Rückwege. Die Ausgänge geben das trockene Signal der FX-Busse aus. Genial: So wird eine gleichzeitige Effektbearbeitung sowohl intern als auch extern möglich. Erst wenn die Effektrückwege belegt sind, ist nur noch das von außen zugeführte Signal hörbar.

Dabei werden Effektsignale nicht einfach starr auf die Hauptsumme des Mischers geschickt, sondern lassen sich flexibel zu den Subgruppen und auch zu den Aux Sends zumischen, so dass auch die einspielenden Musiker nicht auf dem Trockenen sitzen müssen. Die Effektauswahl der beiden identisch aufgebauten Effektgeräte im SX2442FX fällt mit 99 Presets sehr opulent aus. Neben den üblichen Hallräumen, Delays, Chorus-, Flanger- und Phaser-Effekten sowie deren Kombinationen finden wir mit Kompressor, Expander, Gate, Excitern und diversen Verzerrungen und Amp-Simulationen auch ausgefallenere Algorithmen. Die Effektprozessoren verarbeiten nur Monosignale. Das gilt auch für die Stereosignale der Kanäle 17 bis 20, da der FX-Abgriff ebenfalls in mono erfolgt. Auch wenn die Prozessoren zum Teil Stereoeffekte erzeugen, sind echte Stereoeffekte damit praktisch nicht machbar. Beim Durchhören der Effekte zeigt sich ein gemischtes Bild. Die Hallräume klingen durchweg gut und sind für Gesang und Solo-Instrumente wie beispielsweise Saxofon und Trompete allesamt brauchbar. Kleine Räume, kurze Erstreflexions- und Ambience-Effekte sind ideal dazu geeignet, Schlagzeuge in einen virtuellen Raum hineinzustellen. Verzögerungs- und Modulationseffekte sind in ausreichender Menge vorhanden, wenn auch nicht alle Variationen gleich gut gelungen sind.

Die spezielleren Effekte sind in einer eigenen Effektgruppe zusammengefasst, die sich Insert-Effects nennt. Sie enthält alle Effekttypen, die normalerweise seriell geroutet werden. Da ein serielles Routing innerhalb des SX2442FX nicht möglich ist, müssen die mit Insert-Effekten bearbeiteten Signale vom Main Mix abgekoppelt werden, damit nur das Effektsignal hörbar ist. Dazu darf in den jeweiligen Kanälen keiner der Routing-Taster gedrückt sein. Wohl dem, der da im hektischen Live-Betrieb die Übersicht behält. Abgesehen davon sind Dynamikeffekte immer pegelabhängig und ein fester Threshold zum Beispiel beim Noise-Gate führt bei Pegeländerungen zu Verschiebungen des Einsatzpunktes – abgeschnittene Ausklingphasen sind die Folge. Insgesamt sind die Insert-Effekte eine nette Dreingabe, die zum Behringer-Motto „Doppelte Features zum halben Preis“ passt, allerdings keine externen Dynamikprozessoren ersetzt.

Auch im Studio sind die Effekte nur begrenzt einsetzbar, fehlt ihnen doch die nötige Flexibilität, weil die Effektparameter nicht editierbar sind. Zwar gibt es für jeden Effekttyp mehrere Presets mit unterschiedlichen Parameter-Voreinstellungen – beim Delay immerhin mit zehn verschiedenen Verzögerungszeiten – dennoch sind die Einstellungen nicht immer passend.

Hinzu kommt, dass speziell die Modulationseffekte ein hörbares Rauschen produzieren. Lediglich die Raumeffekte sind für Kopfhörermischungen sehr nützlich. Glücklicherweise steht dem Einsatz externer Studioeffekte nichts entgegen. Sehr clever ist der Fußschalteranschluss für den Effekt-Bypass, der bei Live-Gigs ohne eigenen Techniker äußerst nützlich ist, um bei Zwischenansagen den Effekt auszuschalten. Trotzdem vermissen wir für schnelle A/B-Vergleiche Bypass-Schalter.

Der grafische Neunband-Equalizer bearbeitet wahlweise den Main-Mix oder den Aux-Send 1. Er ist für gröbere Korrekturen gedacht, um im Live-Einsatz die PA-Lautsprecher an den Raumklang anzupassen. Für Feinjustierungen ist die Oktavauflösung jedoch zu ungenau. Dasselbe gilt für die Feedback-Bekämpfung auf der Bühne. Hier mit einem breiten Oktavfilter zu arbeiten wäre wie mit Kanonen auf Spatzen schießen. In den EQ-Fadern integrierte Feedback-Erkennungs-LEDs gibt ungeübten Live-Technikern eine erste Orientierung, in welchem Frequenzbereich es zu Rückkopplungen kommt. Für präzises Arbeiten empfiehlt sich nach wie vor ein Terzband-EQ, der sich in die vorhandenen Main-Inserts einschleifen lässt. In der Mastersektion mangelt es an Anschlussmöglichkeiten wahrlich nicht.

Außer dem Kopfhörerausgang und den Control-Room-Anschlüssen für Studiomonitore sind symmetrische Main-Ausgänge als XLR-, 6,3-mm-Klinken- und Cinch-Buchsen gleich dreifach vorhanden. Über Letztere ist ein Stereomitschnitt möglich. Allerdings sollte das Aufnahmegerät über regelbare Eingänge verfügen, da der Ausgangspegel nicht vom Masterfader unabhängig regelbar ist. An den Monitor- und Kopfhörerausgängen liegt das in der Controlroom-Sektion gewählte Signal an. Abhören lassen sich neben der Mixersumme die Subgruppen, ein CD-Signal und die mittels Aux Eins und Zwei erstellten Kopfhörer- beziehungsweise Bühnenmixe.

Im Studio wird das Mischen über Kopfhörer dadurch erschwert, dass Kopfhörer- und Monitorsignal nicht getrennt regelbar sind. Zwei Cinch-Eingänge ermöglichen den Anschluss eines CD-Spielers oder ein anderes Zuspielgerät, das, wie bereits erwähnt, in der Control-Room-Sektion auf die Abhöre gelegt werden kann – ein echtes Studio-Feature also. Den Beschallungstechniker wird es dagegen freuen, dass sich das CD-Signal auch auf die Hauptsumme routen lässt. Ein zugehöriger Standby-Schalter ermöglicht die CD-Wiedergabe in den Saallautsprechern, während alle anderen Kanäle gemutet sind. Bleiben noch die Klinkenbuchsen der Subgruppenausgänge zu erwähnen, über die sich vier Einzelsignale oder Signalgruppen aufnehmen lassen – für umfangreiche Live-Recording-Sessions reicht das allerdings nicht aus. Bedauerlicherweise gibt es in den Eingangskanälen keine Direktausgänge, so dass die Mehrspuraufnahme einer kompletten Band in einem Rutsch nicht möglich ist.

Über die zusätzlich zum Main Mix verwendbare Monosumme werden sich in erster Linie Beschallungstechniker freuen, ist es hiermit doch möglich, eine separate Lautsprechergruppe, zum Beispiel einen Center-Fill oder einen Subwoofer, anzusteuern. Für letztere Anwendung ist sogar ein Tiefpassfilter mit regelbarer Frequenz von 30 bis 200 Hertz zuschaltbar.

Die Messwerte aus dem Professional audio-Messlabor sind im Hinblick auf den Preis mehr als zufriedenstellend. Der Frequenzgang verläuft, gemessen für alle Kanäle, über den gesamten Frequenzbereich weitgehend linear. Der Klirrfaktor liegt anstatt der vollmundig versprochenen 0,005 Prozent zwar nur bei 0,02 Prozent, was trotzdem ein sehr guter Wert ist. Auch der Geräuschspannungsabstand entspricht nicht den im Handbuch propagierten Werten. Er beträgt 82 dBu, der Fremdspannungsabstand 78,9 dBu, was für ein Live-Mischpult gute Werte sind. Ganz anders sieht es bei der Gleichtaktunterdrückung aus. Hier zeigen sich große Unterschiede in den Kanälen. Ein Durchschnittswert von -60 Dezibel ist für lange Kabelwege gerade noch akzeptabel.

Im Hör- und Praxistest wollen wir herausfinden, ob sich die Eindrücke aus dem Messlabor bestätigen. Dazu nehmen wir mehrere Gesangsstimmen, eine männliche Sprecherstimme und verschiedene Gitarren auf. Als Recording-Programm verwenden wir Steinberg Cubase 5, als Wandler das Firewire-Interface Lynx Aurora 8. Die Vergleichsaufnahmen machen wir mit dem Vorverstärker F355 von Lake People. Die klanglichen Leistungen des SX2442FX sind für ein Mischpult dieser Preisklasse sehr ordentlich. Es klingt durchweg kräftig und durchsetzungsstark, schwächelt allerdings leicht bei der Auflösung. Der Höhenbereich tönt verwaschener als bei der Referenz – was in Anbetracht des enormen Preisunterschieds aber nicht verwunderlich ist. Die aufgenommenen Gitarren erklingen rund und voll, die höheren Lagen wirken dagegen etwas zugeschnürt.

Bei den Vokalaufnahmen fällt diese Eigenart nicht zu stark ins Gewicht, jedenfalls leidet darunter nicht die Konsonantenverständlichkeit. Auch die Klangeigenschaften der verwendeten Mikrofone vermag der Testkandidat wahrheitsgetreu rüberzubringen. Im Einsatz waren das Sennheiser MKH40, dessen Frequenzverlauf in den Höhen sehr linear ist, und das Oktava MK012, das eine deutliche Höhenanhebung aufweist (siehe Test ab Seite 28). Diese Eigenarten stellt das Behringer-Pult trotz der genannten Schwächen deutlich heraus, die Mikrofone behalten also ihren spezifischen Eigenklang.

Fazit

Die vollmundigen Werbeversprechen hinsichtlich der gleichsam möglichen Verwendung Live und im Studio darf man nicht allzu wörtlich nehmen. Wer ausschließlich in der Beschallungstechnik zu Hause ist, wird die umfangreichen Abhörfunktionen der Control-Room-Einheit nie ausreizen, während er sich über den grafischen EQ, die extra Monosumme und die Effekte freut. Diese wird der Studiotechniker wohl eher links liegen lassen, sich dafür aber Direktausgänge oder zumindest mehr Subgruppen wünschen. Der notorisch unterbezahlte Bandmusiker jedoch bekommt ein gutklingendes, flexibles Mischpult zu einem unglaublich günstigen Kurs.

Erschienen in Ausgabe 09/2009

Preisklasse: Economyklasse
Preis: 618 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut