Behringer X32 Digitalmischpult – Game Changed?

Dieser Artikel ist für Euch alle komplett und kostenfrei einsehbar. Viel Freude beim Lesen!

Mit dem X32 stellt Behringer ein Digitalmischpult vor, das mit dem selbstbewussten Aufdruck „powered by Midas“ auch Profis ansprechen soll. Wir untersuchen, ob das erstaunlich preiswerte Gerät diesem Anspruch gerecht wird.

von Igl Schönwitz

Der Hersteller Behringer hat sich vor allem durch extrem preiswerte und trotzdem praxisgerechte Produkte einen Namen gemacht. Obwohl im Profilager ab und an die Nase gerümpft wurde, war diese Philosophie wirtschaftlich sehr erfolgreich. So wurde in China eine ganze Produktionsstadt erschaffen, in der heute die verschiedensten Geräte vom Lichtmischpult bis zum Gitarrenverstärker in großen Stückzahlen kostengünstig produziert werden. Im Jahre 2009 konnte Behringer schließlich mit dem Kauf der legendären High-End-Companys Midas und Klark Technik jede Menge Know-how dazu erwerben und sein Image kräftig aufpolieren.

 

Das Mischpult X32 wurde als erstes Behringer-Produkt in enger Zusammenarbeit mit den erfahrenen Midas Ingenieuren entwickelt. Insbesondere die Mikrofonvorverstärker und das digitale Signalprozessing stammen von den Midas-Entwicklern, Behringers Produktionsstätten hingegen erlauben die preisgünstige Fertigung.
Das Behringer-Pult ist in drei Ausstattungs-Varianten zu haben. Zum einen das voll ausgestattete Flaggschiff-Modell (wie hier im Praxistest beschrieben) mit stolzen 32 Mikrofoneingängen, 25 Bussen, 25 Motorfadern, serienmässiger 32-Spur Recordingkarte sowie zwei AES-50-Schnittstellen zur Anbindung optionaler digitaler Stageboxen über Ethernetkabel – für einen rekordverdächtigen Preis von nur rund 3.600 Euro (unverbindlicher Richtpreis). Zum anderen sind mit dem X32 Compact, das wir im Testlabor en Detail unter die Lupe nahmen, sowie dem X32 Producer zwei kompaktere Varianten erhältlich, die mit 16 Mikrofon-Eingängen, acht Ausgängen und 17 Motorfadern etwas überschaubarer ausgestattet sind. Diese sind für rund 3.000 beziehungsweise 2.400 Euro erhältlich, wobei das X32 Compact mit etwas größerem Funktionsumfang daherkommt und das X32 Producer für die Montage ins Studio-Rack geeignet ist.

Das große X32 verfügt über insgesamt 40 Eingänge (32 x Mic in, 6 x Aux in, 2 x USB Playback), eine Stereo- und eine Monosumme sowie neben 16 wahlweise als Pre/Post-Fader-Auxes oder Subgruppen konfigurierbaren Bussen noch sechs Matrix-Ausspielwege, all dies komplettiert von 8 DCA- und 6 Mute-Gruppen. Desweiteren gibt es ein virtuelles Side-Rack mit acht Stereo-Effektslots.

Als Sample Rate stehen wahlweise 44,1 oder 48 Kilohertz bereit, die Konsole lässt sich wahlweise auf interne Wordclock oder einen der beiden AES-50 Ports synchronisieren. Ein externer Wordclock-Input steht ebenso wenig zur Verfügung wie die Möglichkeit einer Taktung auf höhere Samplefrequenzen. Bei einem High-End-Recording-Interface wäre dies ein Kritikpunkt, beim angestrebten Einsatzbereich vor allem als Livekonsole geht das aber völlig in Ordnung – selbst die etablierten und ungleich teureren Digidesign D-Show Consolen bieten nur 48 Kilohertz Sample-Rate. Viel wichtiger ist die Tatsache, dass alle X32-varianten mit 24 Bit Auflösung arbeiten.

Zur Verbindung mit der analogen Welt stehen 32 Mikrofoneingänge mit XLR-Anschlüssen und „Midas-designed“ Preamps zur Verfügung. Darüber hinaus steht auf der Oberseite noch ein XLR-Eingang für ein Talkback-Mikrofon bereit, für Studioanwendungen ist hierfür sogar ein Mikrofon eingebaut. Ausgangsseitig gibt es neben 16 frei belegbaren analogen Outputs (XLR symmetrisch) noch einen Stereo-Monitoroutput, der parallel als XLR und TRS-Klinke vorliegt. Desweiteren bietet das Pult je sechs analoge Line Ein- und Ausgänge, die als TRS-Klinken aufliegen und mit „Aux 1-6“ benannt sind. Aux 5 und 6 sind hierbei jeweils zusätzlich als Cinch ausgeführt – sehr praxisgerecht. Der kleinere Bruder X32 Compact offeriert übrigens im Vergleich dazu 16 Mikrofoneingänge, acht XLR-Ausgänge und 17 Motorfader und ist ansonsten weitestgehend identisch ausgestattet.

Komplettiert werden die Anschlussmöglichkeiten durch das serienmäßige bi-direktionale 32 Kanal-Recording-Interface (USB und Firewire) sowie die bereits erwähnten beiden AES50 Ports. Maximal können hier je drei der „S 16“ getauften digitalen Stageboxen angeschlossen werden, woraus sich maximal 96 Ein- und 48 Ausgänge ergeben. Die zugrundeliegende Netzwerktechnik stammt übrigens von der Konzerntochter Klark Teknik. Darüber hinaus gibt es noch einen Ethernet- und USB-Port zur Fernbedienung, eine weitere, „Ultranet“ betitelte Ethernet-Buchse zur Verbindung mit Behringers P16M Personal Monitor Mixer, sowie einen AES/EBU Digitalausgang und eine MIDI-Schnittstelle. Zusätzlich steht auf der Oberseite ein weiterer USB-Port zur Verfügung, der neben der Szenenarchivierung auch für Aufnahme und Wiedergabe von Stereosignalen in den Formaten WAV oder MP3 verwendet werden kann. Für die Pausenmusik beim Live-Event reicht also eine Playlist auf dem USB-Stick – sehr schön.

Die Oberfläche des X32 wird bestimmt von 25 100 Millimeter-Motorfadern (17 bei der X32 Compact), großen beleuchteten Tastern und Endlosdrehgebern sowie einem sieben Zoll-Farbdisplay mit 800×480 Pixeln. Die Verarbeitung aller Bedienelemente macht ebenso wie das Stahlblechgehäuse des Pultes mit seinen Kunststoffseitenteilen einen sehr wertigen Eindruck.
Das Display wird flankiert von acht Tastern zur Anwahl der einzelnen Menus, sechs Endlosdrehgebern mit Push-Funktion sowie je zwei Pfeiltasten zur Navigation durch Sub-Menüs („Page“) und Parameter-“Layers“ auf Seiten, die mehr als sechs Parameter enthalten. Es ist kein Touchscreen Display, was wir positiv finden, da Touchscreens in dieser Preisklasse allgemein eher verschleißanfällig sind. Die Menüstruktur und die Subnavigation wirken auf den ersten Blick stellenweise zu wenig intuitiv – als Neuling sucht man einige speziellere Funktionen zu lange. Nach kurzer Eingewöhnungszeit geht die Bedienung allerdings flott von der Hand.

Die Motorfader teilen sich folgendermaßen auf: in einen Block von 16 Fadern für Inputkanäle, Aux Inputs und FX-Returns und in einen Achterblock für Busmaster, Matrizen und DCAs sowie den Master. Oberhalb der Fader finden sich je drei beleuchtete Taster für Mute, Solo und Channel Select, eine LED-Pegelanzeige, die auch die Aktivität der Dynamiksektionen visualisiert, sowie ein beleuchtetes LCD-Display zur Kanalbeschriftung. Diese Beschriftung verdient ein Sonderlob: Hier kann man kleine Grafiken mit verschiedenen Instrumenten, aber auch Bus-, Effekt- und andere Symbole auswählen und bekommt dann direkt Namensvorschläge wie „Kick“, „Snare“, „Vocals“ und so weiter geliefert, welche die Kanalbeschriftung in der Praxis deutlich beschleunigen. Selbstverständlich können die Kanalnamen auch frei editiert werden. Zusätzlich lassen sich acht verschiedene Hintergrundfarben für die einzelnen Fader-Displays vergeben, sodass sich einzelne Kanalgruppen übersichtlich farblich voneinander absetzen. Mit der Farbe „black“ kann man das betreffende Display auch komplett abschalten, sehr nützlich für nicht verwendete Kanäle oder Busse. Leider verbirgt sich das Menu zur Kanalbeschriftung auf dem fünften „Page“-Reiter des Setup-Menus anstatt auf der Channel-Page – ich hätte bei meinen ersten Liveshows fast wieder das analogbewährte Klebeband und den Edding-Marker herausgeholt, bis ich diese nützliche Funktion gefunden hatte.

Die restliche Oberfläche des Pultes ist in einzelne dunkelgrau unterlegte Sektionen für verschiedene Funktionsbereiche gegliedert. Jede dieser Sektionen verfügt über einen kleinen „View“-Taster, mit dem sich das entsprechende Bildschirmfenster direkt aufrufen lässt. Dieses Konzept macht die Bedienung der wesentlichen Features der Konsole extrem übersichtlich und schnell, hier wurde augenscheinlich mit viel Praxisbezug entwickelt.

Die 32 Mikrofonkanäle verfügen über einen speicherbaren analogen Gain, der sich von
-12 dB bis +60 dB regeln lässt. Ein Pad ist nicht vorgesehen, wir hatten im Praxistest aber keine Probleme mit zu hohen Inputpegeln. Einzeln schaltbare Phantomspeisung, Phasenumkehr und ein stufenloses bis 400 Hz regelbares HighPass-Filter komplettieren die Eingangsstufe. Darüber hinaus verfügt jeder Kanal über ein Noise Gate und einen Kompressor, beide mit Key Filter, sowie über einen Vier-Band vollparametrischen EQ.

Die Bedienung der Kanalparameter erfolgt über vier Sektionen oberhalb der Kanalfader, die grob dem Signalfluß entsprechend angeordnet sind. Die wichtigsten Parameter sind dabei jeweils im Direktzugriff, weitere Eingriffsmöglichkeiten erreicht man über die „View“-Buttons. Dies ist insgesamt praxisgerecht gelöst, insbesondere die EQ-Sektion weiß zu gefallen. Hier gibt es dezidierte Regler für Frequenz, Güte und Gain, das Filterband und die jeweilige Charakteristik (Cut, Shelf, VEQ, PEQ) lassen sich über Taster umschalten. Jeder Kanal verfügt über ein Channel Delay (bis 500 Millisekunden) sowie einen Insertpunkt, der auf einen der pultinternen Effektslots oder auch auf die analogen Aux-IOs zugreifen kann. Die Reihenfolge von EQ, Kompressor und Insertpunkt kann man variieren, ein nützliches und in dieser Preisklasse nicht alltägliches Feature.

Die sechs Aux-Inputs sowie der USB-Playbackkanal haben eine reduzierte Ausstattung, hier gibt es keine Dynamics und keine Inserts. Den Return-Kanälen für die internen Effekte fehlt es leider auch an Equalizern.

Die 16 Busse sowie der Mixbus sind ebenfalls mit Kompressoren und parametrischen Equalizern ausgestattet, die hier erfreulicherweise sogar sechs Filterbänder besitzen – so kann manche Beschallungsanlage auch über die Parametrik entzerrt werden, was exaktere Ergebnisse ermöglicht als die Festfrequenzen eines Grafik-EQs. Auch die Ausgangsbusse besitzen Delays, allerdings findet man diese nur auf der Routing-Page unter dem Reiter „Analog Out“, während sie in den Inputkanälen direkt auf der Channel-Konfigurationsseite zu finden sind. Von der pultinternen Logik her macht das insofern Sinn, da physikalische In- beziehungsweise Outputs delayed werden. Der Praktiker im hektischen Livebetrieb wird dies allerdings auf der entsprechenden Buspage suchen. Durch diese Architektur ergibt sich zudem, dass sich die Delays des linken und rechten Stereosummenkanals nicht bei Bedarf verlinken lassen, was in der Praxis ein gravierender Nachteil sein kann: Gerade bei Beschallungen in kleineren Clubs ist es häufig sinnvoll, die Haupt-PA auf die Höhe der lauten Backline zu verzögern, um Laufzeitunterschiede auszugleichen. Der richtige Wert lässt sich dabei meist nur experimentell ermitteln – ohne Verlinkung der Delays für linken und rechten Kanal ein aussichtsloses Unterfangen. Sicher, ich mahne hier Profi-Features an, angesichts des Anspruchs der Konsole sollte man so etwas aber durchaus erwähnen.

Die Aux-Busse lassen sich für den jeweils selektierten Kanal komfortabel über die Sektion „Bus-Sends“ auf der Pultoberfläche regeln. Hier stehen vier Drehgeber zur Verfügung, die sich per Taster auf die 16 Busse schalten lassen. Darüber hinaus gibt es über den entsprechenden Button zwischen den Fader-Blöcken eine interessante „Sends on Fader“ Option, die bi-direktional wirkt: Nach Anwählen eines Kanals kann man hier über die Masterfader die Busse für diesen Kanal regeln – wählt man einen Master an, so lassen sich Kanäle mit den Kanalfadern auf diesen Bus schicken. Diese Betriebsart ist zwar nicht neu, aber gerade im Live-Monitorbetrieb sehr hilfreich.

Die 16 Busse lassen sich global oder pro Kanal zwischen den Betriebsarten „Pre Fader“, „Post Fader“ und „Sub Group“ umschalten. Bemerkenswert ist, dass sich man auch Pre- oder Post-Fader-Auxbusse auf die Stereosumme routen kann. Auch das Routing auf die Subgruppen ist ungewöhnlich gelöst: In der Kanal-Bus-Page wird der entsprechende Bus als „muted“ angezeigt, man schaltet also die Mutefunktion aus anstatt das Gruppenrouting ein, was gewöhnungsbedürftig ist. Eine Möglichkeit, mehrere Kanäle schnell auf eine Gruppe zu routen, wäre hier schön gewesen, so muss man jeden Kanal einzeln auf den entsprechenden Bus schalten.

Während die Zuordnung der Kanäle zu DCA-Gruppen selbsterklärend ist, ist das bei Mute-Gruppen leider nicht der Fall. Der „Mute Group“-Button neben dem Display ruft nämlich hier nicht die entsprechende Seite auf, sondern fungiert als „Mute Group Assign“ Button, der die Anwahl der Gruppenmitglieder ermöglicht. Auch fehlt der „Mute Group“-Sektion auf der Pultoberfläche dementsprechend der „View“- Button. Das Prozedere ist praktikabel, wenn man es kennt, aber eben nicht selbsterklärend und auch nicht wirklich dem sonstigen Bedienkonzept der Konsole entsprechend. Leider legen die Mute-Gruppen auch anderweitig ein wenig praxisgerechtes Verhalten an den Tag: Angenommen, Kanäle eins bis zehn bilden eine Mute-Gruppe. Jetzt wird Kanal fünf manuell gemutet, beispielsweise, weil ein Kabel noch nicht im Instrument eingesteckt ist. Aktiviert man jetzt die Mute-Gruppe und deaktiviert sie wieder, so wird Kanal fünf mit freigeschaltet. Hier sollte per Update dringend nachgebessert werden. Schade ist in der Praxis auch, dass per DCA-Mute stummgeschaltete Kanäle nicht durch beispielsweise blinkende „Mute“-Taster gekennzeichnet werden.

Die acht Stereo-Slots im virtuellen Effektrack sind zwei Gruppen aufgeteilt; 1-4 sind sowohl als Send wie auch als Insert-Effekte, 5-8 nur als Inserts nutzbar. Daher lassen sich die Hall- und Delayprozessoren nur in ersten vier Slots einsetzen, denen dementsprechend die acht Returnkanäle auf der letzten Inputfaderbank fest zugeordnet sind. Die Prozessoren offerieren sieben unterschiedliche Reverb- und zwei Delayeinheiten, außerdem stehen Chorus, Flanger, DeEsser, Enhancer, TubeAmp-Simulationen, Rotary Speaker und vieles mehr zur Verfügung. Sogar ein Summenlimiter ist an Bord. Viele Prozessoren sind optisch an berühmte Hardware angelehnt; so erinnern Enhancer und DeEsser verdächtig an SPL; das „Ambience“-Hallgerät visualisiert den legendären Quantec QRS – allerdings nur optisch, klanglich reicht er an unser Original nicht heran. Trotzdem sind die Hallräume mehr als brauchbar, die „Plate“-Programme (optisch Lexicon PCM) und insbesondere der „Vintage Room“ („Weltraumheizung“ EMT 250) überzeugen auf der ganzen Linie. Selbst kritische Prozessoren wie der Enhancer und der Summen-Limiter oder auch der hier „Wave Designer“ getaufte Transient Designer sind weit besser als ich erwartet hätte – vergleichbares findet man meines Wissens erst bei Digidesign- und Digico-Consolen, die Third-Party-PlugIns laden können, dabei allerdings ein Vielfaches der X32 kosten.

Die grafischen Equalizer stehen entweder in einer Dual-Mono oder in einer Stereovariante zur Verfügung. Sie lassen sich wie die anderen Prozessoren in die Effektslots laden, so dass maximal 16 Mono beziehungsweise acht Stereo-EQs verfügbar sind. Die Stereovariante bearbeitet stets beide Kanäle gleich, eine Link/Unlink-Funktion gibt es nicht. Darüber hinaus stehen die EQs in wahlweise einer „Graphic-EQ“ oder einer „TrueEQ“-Version zur Verfügung. Die „Graphic“-Variante verhält sich dabei wie ein analoger EQ, das heißt, wenn mehrere benachbarte Bänder gleich abgesenkt oder angehoben werden ergibt sich praktisch eine Überhöhung um den mittleren Regler herum, da sich die aufgrund der endlichen Flankensteilheit mit angehobenen Nachbarfrequenzen der einzelnen Bänder aufaddieren. Der „TrueEQ“ gleicht dies aus, sodass die resultierende Frequenzkurve eher der durch die Faderstellung beschriebenen Kurve entspricht. In der Praxis lässt sich mit dem TrueEQ feinfühliger arbeiten, man muss naturgemäß oft mehr ziehen um ein entsprechendes Ergebnis zu erreichen. Wer analoge Grafikequalizer gewohnt ist, wird vielleicht mit dem „normalen“ Equalizer besser zurechtkommen, letztlich bleibt das Geschmackssache. Die EQs lassen sich auf die Bus-Masterfader legen und hier komfortabel bedienen, klanglich tun sie was sie sollen und haben keinerlei Auffälligkeiten.

Rechts vom Display finden sich die beiden Sektionen für Monitor und Talkback. Über erstere lassen sich diverse Solo-Optionen und Klangquellen für die Monitoroutputs und die Kopfhörerausgänge definieren. Diese befinden sich in den Griffschalen der Pultseitenteile, das sollte gegebenenfalls beim Casebau berücksichtigt werden. Die Talkback-Sektion schickt ein externes oder das interne Talkbackmikrofon wahlweise auf zwei einzeln programmierbare Ziele (Bus-Sends oder Summe). Darüber hinaus steht sogar ein Testtongenerator bereit, der zwei frei definierbare Sinustöne oder auch Pink und White Noise erzeugen kann.

Über die „Scene“ Sektion lassen sich erwartungsgemäß Szenen innerhalb des Pultes oder auf USB-Stick speichern. Einzelne Parameter, Kanäle oder Busse sind Recall-Safe schaltbar. Über das „Library“-Menu gibt es die Möglichkeit, Effekte, EQs oder komplette Channelstrips und I/O-Routings einzeln zu speichern.

Unterhalb der Scene-Section befindet sich ein weiteres Highlight der X32: Hier gibt es nicht weniger als vier Endlosdrehgeber und acht beleuchtete Taster, die völlig frei mit Parametern belegt werden können. Vier der schon erwähnten Minidisplays geben im Klartext Auskunft über die jeweilige Funktion der Controller – selbst hier kann die Displayfarbe geändert werden. Die Assignable Controllers-Sektion verfügt über drei Bänke, so dass insgesamt zwölf Drehgeber und 24 Taster zur Verfügung stehen. Das ist Rekord und bringt ungeahnten Bedienkomfort – neben allen Effektparametern und dem Tap-Tempo lassen sich auch bestimmte Displayseiten auf Taster legen, sodass man sich hier seine ganz persönliche Bedienumgebung schaffen kann – Klasse.

Der Vollständigkeit halber möchte ich noch einige Features der X32 erwähnen, die wir aus Platzgründen in diesem Test nicht näher beleuchten können. So gibt es eine komfortable Remotesoftware für iPhone und iPad, die nach Auskunft einiger Kollegen sehr gut funktionieren soll – selbst hatte ich leider keine Gelegenheit, dies zu verifizieren. Darüber hinaus kann das Pult im Studio auch als DAW-Controller fungieren, unterstützt werden HUI, Mackie Control sowie MIDI Control changes. Auch diese Funktionalität konnten wir im gegebenen Rahmen leider nicht testen.

 

Im Messlabor machte das X32 Compact, das wir stellvertretend für die X32-Familie untersucht haben, eine gute bis sehr gute Figur. Beispielsweise liegen die Geräusch- und Fremdspannungsabstände jenseits der 86-Dezibel-Marke, was absolut praxisgerecht ist und selbst für anspruchsvolle Recordings ausreicht. Die Eingangsempfindichkeiten für Mikron- und Line-Eingänge betragen knapp -60 Dezibel, sind also praxisgerecht ausgelegt und haben auch für leise Mikrofone genügend Reserve. Die Messwerte für Gleichtaktunterdückung und Wandlerlinearität sind ohne Fehl und Tadel, die Klirrwerte liegen ab 50 Hertz unter guten 0,01 Prozent. Der leichte Abfall des Mikronfrequenzgangs unterhalb von 30 Hertz ist für Livebetrieb eher vorteilhaft und entspricht der gängigen Praxis.

Auch die technischen Daten der neuen Konsole lesen sich erst einmal vielversprechend: alle A/D und D/A-Converter arbeiten mit 24 Bit, intern macht die 40 Bit Fließkommaberechnung Übersteuerungen unmöglich. Trotz der vielen schönen Features und der guten Messwerte, die entscheidende Frage ist und bleibt: Wie klingt Uli Behringers Einstieg in die Profiliga denn nun? Und so sind wir flugs in die Amazing Sound Studios geeilt, um das Klangverhalten unter ausgemessenen Studiobedingungen auf die Probe zu stellen. Erster Eindruck: Auf dem direkten Signalweg über das analoge Studiopult klang der Zuspieler (gehört wurde diverses High-End-Material von Stockfish Records/ Pauler Acoustics, meiner Meinung nach einem der Top-Produzenten in Deutschland für audiophiles Material) direkter, räumlicher und feiner aufgelöst als über die X32-Console, deren Signalverarbeitungsfunktionen selbstverständlich abgeschaltet waren. Da auch bei Behringer und Midas niemand zaubern kann, war das allerdings auch nicht anders zu erwarten, und fürs High End-Studio ist diese Console auch nicht gebaut.

Für sich gesehen klingt die Konsole nämlich wirklich sehr gut und muss sich nicht nur in ihrer Preisklasse sicherlich vor keinem Mitbewerber verstecken. Die Mikrofonvorverstärker sind unauffällig, klanglich absolut in Ordnung und haben genügend Headroom. Die Kompressoren in den Kanälen finde ich ausgesprochen gut, man kann sehr differenziert mit Attack- und Release-Times arbeiten und Signale in einem Mix integrieren. Die Equalizer in Kanälen und Bussen meistern sowohl Raumakustikprobleme wie auch Kanalbearbeitungen problemlos und ohne hörbare Artefakte oder Phasenprobleme. Sehr positiv fiel auf, dass sich das Klangverhalten des X32 auch dann nicht ändert, wenn viele Kanäle oder Effekte im Betrieb sind. Das Prozessing scheint hier also ausreichend stabil zu sein – das ist leider auch heute noch nicht bei allen Digitalkonsolen selbstverständlich. Inzwischen habe ich ungefähr 20 Liveshows mit dem X32 gemischt, davon eine mit der externen Stagebox über AES50-Digitalmulticore. Das Pult hat sich dabei als zuverlässiges Arbeitstier bewiesen und immer absolut zuverlässig funktioniert, es gab keinerlei Bugs oder Ausfälle, die Bedienung war im Alltag on the Road immer ausreichend schnell und intuitiv.

Fazit
Manchmal ist es an der Zeit, liebgewonnene Vorurteile über Bord zu werfen. Dieses Mischpult ist – trotz kleinerer Ungereimtheiten – insgesamt hervorragend zu bedienen, vollständig ausgestattet, klanglich prima und zuverlässig in der Praxis. Bei einem Preis, der für das Gebotene nur als sensationell bezeichnet werden kann, leistet es sich keine ernsthaften Schwächen. Die dreijährige Werksgarantie zeugt dabei von Vertrauen in die hauseigene Fertigung. Chapeau, Herr Behringer!

 

Alle Messwerte samt Messkurven finden Sie wie immer in unserer Print- und Digitalausgabe!

 

Erschienen in Ausgabe 07/2014

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 3624 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: überragend