Produzenten-Glück
Alle Jahre wieder – und nicht nur zur Weihnachtszeit – gibt es eine neue Version von Cakewalks Sequenzer-Programm Sonar für Windows-Rechner. Jetzt war bereits der sechste Streich fällig. Sonar 6 nennt sich die Neuauflage.
Von Harald Wittig
Die Entwickler des amerikanischen Herstellers Cakewalk arbeiten seit der Unternehmensgründung im Jahre 1987 kontinuierlich an Software-Lösungen für die rechnerbasierte Musik-Produktion. Dabei hat sich Cakewalks Komplett-Paket, der Audio- und MIDI-Sequenzer Sonar spätestens mit der Version 5 als ernstzunehmende Größe auf dem umkämpften DAW-Markt etabliert. Produzenten wie Todd Mark Rubenstein oder Chuck D und DJ Johnny Juice von Public Enemy vertrauen bei ihrer Arbeit auf Sonar, nicht zu vergessen die unzähligen Heim-Produzenten, für die Sonar erste Wahl bei der Realisierung ihrer Projekte ist.
Sonar ist eine reine Windows-Anwendung; entwickelt um praktisch jede erdenkliche Aufgabe im Produktionsalltag von der Audio-Aufnahme bis zum Mastering zu bewältigen, ohne dass hierfür das Studium telefonbuchdicker Handbücher nötig wäre.
Mit der Veröffentlichung von Sonar 5 setzten Cakewalk bereits Maßstäbe, denn das hauseigene Sequenzer-Flagschiff war die weltweit erste Anwendung, die alle Bit-Tiefen bis einschließlich 64 Bit unterstützte und damit vorausschauend den Anschluss an die 64-Bit-Version von Windows XP beziehungsweise an Rechner mit 64-Bit-Architektur wahrte. Neu war auch die Audio-Engine, die auch auf 32-Bit-Systemen das Mischen mit 64 Bit-Fließkomma-Verarbeitung ermöglichte. Von Cakewalk sinnigerweise als „64-Bit Engine mit doppelter Präzision“ bezeichnet, sei damit – zumindest theoretisch – ein bestmöglicher Dynamikumfang und höherer Rauschabstand gewährleitstet, der die Klangqualität der Mischung deutlich verbessere. Ansonsten standen dem Anwender, in Abhängigkeit von der benutzten Hardware, eine schier unbegrenzte Anzahl von MIDI- und Audio-Spuren zur Verfügung, das Programm unterstützt VST-VST- und Direct X-Plug-ins und gewährleistet die Verwendung von Rewire-Instrumenten. Ebenso ist Aufnehmen in allen Samplingraten möglich. Sonar 6 baut auf der Vorversion auf, enthält aber einige Neuerungen, die es noch leistungsfähiger machen sollen.
Sonar 6 wird mit einer DVD und einem Benutzerhandbuch ausgeliefert. Die Installation ist dank der guten Installations-Anleitung narrensicher. Für Einsteiger empfiehlt sich die Komplettinstallation, denn Cakewalk hat auf die DVD eine Reihe von hilfreichen Tutorials gepackt. Zur uneingeschränkten Nutzung des Programms verlangt Cakewalk eine Produktregistrierung, die am schnellsten online geschieht. Etwas umständlicher ist die telefonische Registrierung, die hierzulande am Besten über den deutschen Vertrieb Edirol erfolgt.
Zusätzlich zur DVD gibt’s auch ein gedrucktes Handbuch. Hierbei handelt es sich aber nicht um die Sonar-Referenz, sondern eher um einen erweiterten Schnelleinstieg. Das eigentliche über 900 Seiten umfassende Handbuch findet sich als pdf-Datei auf der DVD. Es wird am besten lokal auf dem Rechner gespeichert.
Beim ersten Programmstart prüft Sonar 6 das System und sucht nach der Audio-Hardware. Dabei wählt das Programm bei mehreren zur Verfügung stehenden Geräten automatisch dasjenige aus, das für Audio-Anwendungen am besten geeignet ist. Gleichzeitig wird der Rechner nach Plug-ins durchsucht. Neu bei Sonar 6 ist die direkte Unterstützung des VST 2.4-Standards, das für Sonar 5 benötigte Hilfsprogramm VST-to-DX-Adapter zur Einbindung von VST-Plug-ins ist nicht mehr nötig. Ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt: Sonar 6 läuft nun auch bei der Einbindung rechenintensiver Plug-ins wie beispielsweise dem Faltungshall Altiverb 5 von Audio Ease wesentlicher stabiler.
Das Aufnehmen einer Audio- oder MIDI-Spur ist denkbar einfach: Lediglich die Spur mit der Maus auswählen, mit einen zweiten Klick auf „R“ (Record) scharf stellen, den Aufnahme-Knopf in der Werkzeugleiste drücken und spielen. Bei Aufnahme und Wiedergabe markiert Sonar automatisch die Pegelspitzen der Spuren (in der Cakewalk Nomenklatur „Clip“ genannt): Eine grüne Markierung kennzeichnet eine Pegelspitze, also ein überdurchschnittlich lautes Signal, was grundsätzlich unproblematisch ist. Ist die Markierung allerdings rot, müssen Sie von Übersteuerung ausgehen. Gerade beim Kontrollabhören der Spuren erweist sich diese Funktion als sehr nützlich, da bei Übersteuerung auch ein Limiter nichts mehr retten kann.
Mit dem Tastaturbefehl „F4“ öffnet sich die überarbeitet Transport-Symbolleiste, deren Schaltflächen in Aussehen und Funktion vergleichbar mit den Bedienelementen eines Kassettenrekorders sind – davon abgesehen, dass es keine Vor- und Rückspulknöpfe gibt. Damit lässt sich leben, denn per Maus-Klick kann problemlos jede Zeitposition innerhalb der ausgewählten Spur/Clip angewählt wählen, ebenso einfach können Marker, Punch-Ins/Outs und Loops gesetzt beziehungsweise erzeugt werden. Die Transport-Symbolleiste lässt sich – wie übrigens sämtliche Schaltflächen – auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Das Programm behält die jeweils letzte Einstellung bei, ohne dass sie gespeichert werden müsste.
Das virtuelle Mischpult ist grundlegend überarbeitet und sieht nicht nur besser als der alte Mischer aus. Mit der Unterteilung in separate Kanalzüge für die Audio- und MIDI-Spuren, Busse, Send- und Ausgangs-Kanäle (Master- und Hardware-Out) sowie der Möglichkeit, verschiedene Anzeigen und Funktionen, wie beispielsweise die vier Equalizer-Bänder pro Kanalzug zu aktivieren, lässt sich das Mischpult gemäß der eigenen Vorstellungen einrichten. Allerdings benötigt der neue Mischer bei dieser opulenten Ausstattung Platz auf dem Monitor. Auf dem 15-Zoll-Display eines Notebooks geht nichts ohne die Scroll-Balken, was nach kurzer Eingewöhnungszeit zwar nicht mehr stört, richtig bequem lässt sich dennoch erst mit einem 19-Zoll-Display arbeiten.
Im so genannten Spur-Inspektor, das ist die Anzeige links neben den Spuren, sind alle Bedienelemente der aktuell ausgewählten Spur und auch die der Mischpultansicht enthalten. Damit ist es beispielsweise problemlos möglich, am Equalizer des jeweiligen Kanalzugs zu schrauben oder den Pegel eines Send-Effekts einzustellen. Solange ein Projekt noch auf wenige, überschaubare Spuren beschränkt ist, kann ohne Weiteres auch auf dieser Ebene gearbeitet und gemischt werden, bei Projekten ab sechs Einzelspuren ist die Mischpult-Ansicht vorzuziehen, da hierüber unter anderem die Pegel-Anpassung dank Zugriffs auf die virtuellen Spurfader schneller bewerkstelligt ist. Den erfahrenen Sonar 5-Anwender reißen solche Modifikationen vielleicht noch nicht vom Hocker gerissen. Gemach, das war erst der Anfang. Echte Sonar 6-Spezialitäten folgen sogleich.
Gerade Einzelkämpfer schätzten die Fernsteuerbarkeit ihrer computerbasierten DAW über einen Hardware-Kontroller. Um den Bedienkomfort noch weiter zu verbessern, haben die Cakewalk-Entwickler mit der so genannten Active Controller Technology, kurz ACT genannt, die neue Version aufgewertet. ACT macht es möglich, einen Hardware-Controller oder ein MIDI-Controller-Keyboard so zu konfigurieren, dass damit jedes Element von Sonar 6, seien es Kanalzüge, Plug-ins oder virtuelle Instrumente an- und ferngesteuert werden. Eng mit ACT verbunden ist die so genannte WAI-Anzeige („Where I Am“). Sie informiert in der Spur- und Mischpult-Ansicht über farbige Markierungen, welche Spur- oder Busgruppen der Controller gerade steuert. Die ACT-Anzeige ist zudem zuständig für Effekt-Plug-ins und virtuelle Instrumente. Werden mehrere Controller verwendet, bekommt jedes Bedienfeld automatisch eine eigene Farbe zugewiesen. Damit behält der Anwender die Übersicht.
Sonar 6 enthält bereits Werks-Presets für Edirol PCR-Controller-Keyboards und Mackie Hardware-Controller, so dass damit, unter Zuhilfenahme der zuverlässigen Bedienungsanleitung, die Arbeit mit ACT sehr einfach ist: Einfach die Hardware mit dem Rechner verbinden, im Menü „Optionen – Controller/Bedienfelder“ die Registrierkarte „Neues Bedienfeld hinzufügen“ aufrufen: Im jetzt angezeigten Dialogfeld „Einstellungen für Controller/Bedienfelder“ den Namen des Edirol-Bedienfelds auswählen, danach in den Feldern „Eingangsport“ und Ausgangsport“ für den vom Controller/Bedienfeld verwendeten MIDI-Ein- und Ausgang auswählen, auf „OK“ klicken – fertig.
ACT ist grundsätzlich für die Zusammenarbeit mit jedem Controller konfigurierbar. Dafür gibt es das ACT MIDI-Controller Plug-in, das bereits eine Reihe von Presets für beliebte Controller wie beispielsweise Behringer BFC und BCR 2000, M-Audio Oxygen 8, Korg micro-Kontrol und einige andere. Eine aktuelle Übersicht gibt es jedoch weder im Handbuch noch in der Sonar 6 Referenz, sondern lediglich auf der Cakewalk-Website.
Leider ist die manuelle Einrichtung eines MIDI-Controllers für den es keine Cakewalk-Preset gibt, eine recht umständliche und nervenaufreibende Angelegenheit. So ist es im Test zwar letztlich gelungen, Frontier Desings Tranzport mit ACT unter Sonar 6 zu nutzen, allerdings fällt die Anleitung im Handbuch reichlich karg aus, zumal der Hersteller gänzlich auf Illustrationen verzichtete. Erst mit dem von der Cakewalk-Website ausgedruckten FAQs zu ACT und den dazugehörenden Screenshots waren die Bemühungen von Erfolg gekrönt. Sicher, wer wenig mit virtuellen Instrumenten arbeitet und Effekte erst nachträglich einsetzt, benötigt ACT nicht. Elektronische Musiker werden ACT aber schätzen lernen, denn es erleichtert die Arbeit vor allem beim Hin-und-Herspringen zwischen der Steuerung eines Software-Synthies und einzelner Effekt-Plug-ins durchaus.
Es gibt Situationen im Leben des Homerecordlers, da läuft es einfach nicht wunschgemäß. Auch der 40ste Take der Basis-Spur passt rhythmisch einfach nicht, trotz Einspielens mit dem Metronom. Was tun? Auf eine bessere Tagesform warten? Das kann dauern, außerdem klingt die Aufnahme doch gut. Das Timing müsste nur besser sein. Mit Audio Snap, einer der bemerkenswertesten Neuheiten in Sonar 6 naht kompetente Hilfe, denn Audio Snap erlaubt die Steuerung von Rhythmus und Tempo der Audio- und MIDI-Daten. Das Programm erkennt automatisch die Stellen innerhalb einer Aufnahme, an denen der Pegel plötzlich stark ansteigt. Davon ausgehend überprüft Audio Snap die Spur auf rhythmische Strukturen, um auf diese Weise Zählzeiten zu erkennen. Damit können alle aufgenommenen oder importierten Audio- und MIDI-Dateien überprüft und bearbeitet werden. Hierfür bietet das Programm eine ganze Palette von Werkzeugen an, wobei das Ziel immer die Festlegung eines einheitlichen Grooves ist, der auf ein Projekt angewendet wird.
Die Audio Snap-Werkzeuge stehen nur für Spuren/Clips zur Verfügung, für die Audio Snap aktiviert ist. Die Aktivierung ist wahlweise für jeden einzelnen Clip innerhalb eines Projektes, für mehrere oder alle gemeinsam möglich. Ist Audio Snap aktiviert, ändern sich weder Clips noch das Projekt. Die Clips sind nur zur Bearbeitung mit den Audio Snap-Werkzeugen freigegeben. Die Bearbeitung ist nicht destruktiv: Es ist möglich, einen Clip komplett zu verbiegen, genauso können einzelne oder alle Bearbeitungs-Schritte folgenlos entfernt werden.
Natürlich wollten wir wissen, wie sich Audio Snap in der Praxis bewährt. Dazu erweist sich das Handbuch mit den Tutorien als sehr wertvoll. Außerdem gibt es ein nützliches, allerdings englischsprachiges Praxis-Video auf der Sonar 6-DVD. Wir empfehlen jedem Sonar 6-Benutzer sich Zeit für die Tutorien und das Lehr-Video zu nehmen.
Zu unserem Test öffnen wir das Projekt, das wir im Rahmen des AXON MK II-Tests (siehe Seite 100) unter Sonar 6 erstellt haben: Beim Arrangement missfällt uns, dass der Kontrabass seinen Einsatz um wenige Millisekunden verpasst, außerdem könnte die Synthie-Spur rhythmisch präziser sein. Also versuchen wir, mit Hilfe von Audio Snap die gemeinsame Rille – geläufiger unter der Bezeichnung Groove – herzustellen. Wir wählen zuerst die erste Spur mit dem Klavierpart, der für das Arrangement nicht nur das harmonische Gerüst hat, sondern eben auch den Master-Groove für das Projekt vorgeben soll. Diesen wollen wir extrahieren und auf die Bass- und die Synthie-Spuren anwenden, indem wir diese quantisieren, also am Raster des vorher erstellten Master-Grooves ausrichten.
Mit einem Rechtsklick in den Spurbereich des Klavier-Clips öffnet sich ein Kontextmenü worüber Audio-Snap für diese Audio-Datei aktiviert werden kann. Es erscheint das Audio Snap-Fenster, wir klicken in der Werkzeugleiste das Symbol „Transienten einblenden“ an – die Transienten-Marker für die Klavier-Spur erscheinen im Clip. Da der Klavierpart durchgängig aus Achtel-Arpeggios besteht, hat Audio Snap für jedes Viertel einen Marker gesetzt. Für unseren Master-Groove müssen wir die Transienten-Marker zum so genannten Pool hinzufügen. Das ist eine Sammlung von benutzerdefinierten Transienten-Markern, die als Groove extrahiert werden können und Einrastpositionen für die Marker anderer Clips angeben: Über diese Einrastpositionen werden Clips auf den Master-Groove synchronisiert.
Doch der Reihe nach: Zunächst müssen wir alle Marker mit Ausnahme derjenigen, die pro Takt die Eins markieren, deaktivieren. Das ist einfach geschehen, indem wir den Schieberegler „Schwellwert“ in der Audio Snap-Platte verschieben: Die Marker an den leiseren Transienten werden dadurch deaktiviert, übrig bleiben die Marker für den tiefen Ton jedes arpeggierten Klavier-Voicings. Fertig ist unserer Master-Groove, der als Raster für die übrigen Clips fungieren soll. Diesen Groove müssen wir extrahieren: Wir fügen über die Schaltfläche „Transienten zu Pool hinzufügen“ die Marker zum Pool hinzu, klicken danach auf das Optionsfeld „Groove extrahieren“. Die Schaltfläche „Als Groove speichern“ erscheint. Ein erneuter Klick öffnet das Dialogfeld „Groove definieren“, wir wählen hier „Datei“ aus, nennen das Ganze „Master-Groove“ und bestätigen mit „OK“.
Um die Bass-Synthie-Spuren am Raster des Klavier-Parts auszurichten, aktivieren wir für beide Clips Audio Snap und denken daran, die Transienten für die Clips anzeigen zu lassen. Um diese an das Raster des vorher festgelegten Grooves anzupassen, klicken wir auf das Optionsfeld „Quantisieren“: Die Schaltfläche „Groove-Quantisierung wird angezeigt. Im Feld „Groove-Datei“ wählen wir unseren Master-Groove auf, wählen unter „Auflösung“ den Quantisierungs-Wert – hier entscheiden wir uns für Viertel-Noten, vergewissern uns, dass das Kontrollkästchen „Audio Snap-Zählzeiten“ aktiviert ist und klicken zur Fertigstellung auf „OK“. Wir hören uns das Ergebnis an: Audio Snap hat wie gewünscht die beiden Clips an den Master-Groove angepasst, das Timing ist nun besser, allerdings hat sich der Klang des Kontrabasses wegen der erforderlichen Dehnung hörbar verschlechtert: Der Bass klingt an manchen Stellen sehr künstlich und elektronisch verbogen. Das lässt sich freilich ändern.
Um auch klanglich zu überzeugen, müssen die gedehnten Clips nachträglich noch einmal offline gerendert werden. Das ist zwar ein rechenintensiver Vorgang und beansprucht einige Minuten, das Ergebnis kann aber voll überzeugen. Im Vergleich zur ursprünglichen gedehnten Bass-Spur klingt der Kontrabass wieder sehr viel besser und natürlicher. Unterm Strich ist Audio Snap also ein sehr gutes Programm, das für einige Anwender zu den unverzichtbaren Helfern im Produktions-Prozess werden dürfte.
Sonar-Kenner wissen es bereits: Cakewalk gehört zu den Unternehmen, die kein Problem damit haben, virtuelle Instrumente und Effekt-Plug-ins von Dritt-Hersteller mitzuliefern (siehe hierzu den Kasten „Sonstige Sonar Highlights“). Exklusiv für die Sonar 6 Producer-Edition gibt es jetzt ein neues Plug-in, den so genannten VC64 Vintage Channel. Dabei handelt es sich um den Golden Channel der dänischen Software-Schmiede Kjaerhus Audio, ihrerseits Modeling-Spezialisten für Analog-Equipment, der für den Einsatz in Sonar 6 überarbeitet und optimiert wurde. Das Plug-in nutzt Sonars interne 64 Bit-Audio-Engine voll aus, daher auch der neue Name, VC64.
Der VC64 ist ein kompletter Channel-Strip, der folgende Effekte bietet: Ein Noise-Gate, einen De-esser, zwei Kompressoren und zwei Equalizer. Das klingt für den erfahrenen Sonar-Benutzer erst mal unspektakulär – immerhin hat er mit der hochwertigen Sonitus Effekt-Sammlung diese und noch einige Effekte mehr bereits an Bord. Während aber die Sonitus-Plug-ins vor allem möglichst neutral klingen sollen, soll der neue VC64 klingen und nach Wunsch ein Projekt mit einem guten Schuss Vintage-Sound bereichern.
Das Plug-in und alle seine Effekte werden in einem Fenster in ansprechendem Vintage-Design bedient und eingestellt. Die Oberfläche ist erfreulich übersichtlich: Auf der linken Seite finden sich das Noise-Gate und der De-esser nebst ihren virtuellen Reglern, die Mitte wird von den Reglern und dem Zeiger-Instrument für die Kompressoren dominiert, rechts sind die Regler für die beiden vierbandigen Equalizer. Oberhalb der Kompressor- und Equalizer-Abteilung gibt es jeweils einen Anschalt-Knopf, zwischen den Kompressoren und Equalizern können Sie mit „C1“ und „C2“ beziehungsweise „E1“ und „E2“ umschalten. Eigentlich klar und einfach. Allerdings bietet das Plug-in einige außergewöhnliche Routing-Möglichkeiten, was seine Einsatzmöglichkeiten beträchtlich erweitert. So ist es beispielsweise möglich, beide Kompressoren in Serie oder parallel zu schalten: Letzteres erweist sich beispielsweise bei der Bearbeitung von Schlagzeug-Stereo-Spuren als nützlich. Der Kompressor auf der linken Seite komprimiert heftiger, während der auf der rechten Seite sanfter zu Werke geht, um die perkussiven Impulse noch zu erhalten. Das Verhältnis der stark beziehungsweise weniger stark komprimierten Signale wird über eine entsprechende Einstellung der jeweiligen Gain Out-Regler eingestellt. Auch nicht ohne Reiz ist die Möglichkeit des so genannten Zweiband-Kompressor-Routings. Das stellt eine Variante des Parallel-Routings dar, nur dass die Signale zuvor noch einen Equalizer durchlaufen. Damit ist es möglich, ganz gezielt einzelne Frequenzen zu komprimieren: So setzten wir in der Kontrabass-Spur des Axon II-Projekts ein Notch-Filter bei 100 Hertz am das Bogenaufsatz-Geräusch hervorzuheben, während der bewusst sanft eingestellte Kompressor für Gleichgewicht bei der Dynamik sorgt. Die jeweiligen Routings zeigt VC64 auf der linken Seite des Bedienfensters an.
Die recht vielfältigen Routing- und Kombinations-Möglichkeiten erschließen sich dem unbedarften Neuling natürlich nicht. Da ist schon das VC64-Handbuch vonnöten, das allerdings nicht in der Sonar 6 Referenz zu finden ist. Stattdessen müssen Sie im Plug-in-Fenster auf den Schriftzug Manual klicken und sich durch die deutschsprachige Anleitung arbeiten. Das kann zwar durchaus Spaßmachen, gleichwohl ist es bedauerlich, dass Cakewalk für dieses wirklich gute Plug-in kein Tutorium erstellt hat.
Im Test verlassen wir uns beim Abmischen allein auf den VC64: Während die Solo-Klarinette mit dem Preset Soft Vocal with Air hörbar gewinnt, wählen wir für die Masterspur Gentle M-S-Mastering – und sind von den Ergebnissen sehr angetan. Wir schneiden die Clips noch ein wenig zurecht, setzten am Schluss noch schnell mit der Maus ein schnelles Fade-Out im Klarinetten- und Synthie-Clip – fertig. Das komplette Stück exportieren wir in zwei Varianten, einmal mit einer Bit-Tiefe von 16, als CD-Master, einmal mit 32 Bit.
Ein sehr wichtiges Detail sollten Sie beim Exportieren, aber nie vergessen: Beim Dithering sollte die Option POW-r ausgewählt sein – die Klangqualität ist erheblich besser als beim einfachen Dreieck-Dithering. Die automatisierte Abmischung erledigt Sonar sehr geschwind. Beide Down-Mixes klingen überzeugend – einen Unterschied können wir nicht hören. Dafür wirkt sich nach unserem Höreindruck die 64Bit-Audio-Engine schon aus: Ist sie deaktiviert, klingt die versuchsweise exportierte Datei eigenartigerweise flacher und undynamischer. Allerdings handelt es sich nur um Nuancen, die letztlich nur dem Interpreten/Produzenten auffallen.
Fazit
Sonar 6 ist ein mächtiges Programm; hervorragend ausgestattete, einfach zu bedienen – kurz ein Programm, das Produktionen von hoher Qualität ermöglicht und eine ernstzunehmende Alternative zu anderen Sequenzern darstellt. Dabei läuft Sonar 6 Producer Edition erfreulich stabil und kann mit seinen neuen Features – ACT, Audio Snap, VC64 Vintage-Channel und Session Drummer 2 – überzeugen. Für Sonar 5-Anwender lohnt sich das Upgrade allerdings nur, wenn sie die Neuheiten auch einsetzen wollen. Ansonsten mischt Sonar 6 rein qualitativ kräftig in der Oberklasse mit und ist nicht zuletzt wegen des vergleichsweise günstigen Preises von rund 570 Euro ein ganz heißer Tipp für Windows-Nutzer mit hohen Ansprüchen.
Erschienen in Ausgabe 01/2007
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 569 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut – überragend
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