Wolke Sieben

Mit der aktuellen Neuauflage von Cakewalks MIDI- und Audio-Workstation schweben Musiker im Produzentenhimmel auf Wolke Sieben.

Von Harald Wittig

Alljährlich, pünktlich zum Weihnachtsgeschäft, stellt Cakewalk eine neue, gründlich überarbeitete Version seines Software-Sequenzer-Flaggschiffs Sonar vor: Sonar 7 heißt das neue Programm und soll nach dem Willen seiner Entwicklung die perfekte DAW sein – sowohl für MIDI-fixierte als auch für traditionelle Musiker und Produzenten. Dabei gab es schon an Sonar 6, wie der ausführliche Test in Ausgabe 11/2006 von Professional audio Magazin bewiesen hat, fast nichts auszusetzen und die sechste Auflage verdiente sich ein souveränes „Oberklasse sehr gut“ bei einem fast überragenden Preis-Leistungs-Verhältnis. Dennoch hat Sonar 7 neben nützlichen Detailverbesserungen einige Neuheiten zu bieten, die das schon pralle Ausstattungspaket noch fester schnüren. Dennoch bleibt Sonar weiterhin eine der kostengünstigsten Komplettlösungen für die Musikproduktion: Die Vollversion, Producer Edition genannt, schlägt gerade mal mit knapp 500 Euro zu Buche. Im Vergleich dazu sind die unmittelbaren Sonar-Konkurrenten, Cubase 4 und Samplitude 9 mit knapp 900 beziehungsweise 1.000 Euro deutlich teurer. Die abgespeckte  Sonar Studio Edition gibt es bereits für rund 300 Euro, Sonar 6-Anwender können zum selben Preis upgraden.   Sonar 7 baut auf der Vorversion auf und enthält selbstverständlich alles, was bereits Sonar 6 so attraktiv macht.

Dazu gehört ACT (Active Controller Technology), womit es vergleichsweise einfach ist, einen Hardware-Controller oder ein MIDI-Controller-Keyboard so zu konfigurieren, dass jedes Sonar-Element an- und ferngesteuert werden kann. Gab es beim Test von Sonar 6 noch Probleme mit Frontier Designs Controller Tranzport, so sind diese Dank eines neuen Presets Vergangenheit. Auch Audio-Snap, ein enorm leistungsfähiger Werkzeugkasten, der zu tighten Arrangements verhilft, ist ebenso dabei wie der hochmusikalische virtuelle Kanalzug VC-64 Vintage-Channel. Letzteren gibt es allerdings nur in der Producer Edition, wer sich nur die Studio Edition leisten kann und will, geht insoweit leer aus.  Bevor wir uns eingehend mit den Neuheiten und Leckerlis des neuen Sonars befassen, ein Wort zur Installation. Sonar 7 ist nicht mehr ausschließlich auf Windows-Rechner beschränkt, sondern läuft auch auf Intel-Macs. Auf dem PC funktioniert Sonar 7 sowohl mit Windows XP als auch mit Vista – wahlweise mit 32 oder 64 Bit, Mac OS X mit Bootcamp wird ebenfalls unterstützt. Es empfiehlt sich in jedem Fall die Vollinstallation des Programms, die nach 3,5 Gigabyte Festplattenspeicher verlangt (Sonar 6 nur ein Gigabyte), ansonsten gibt es keinerlei Schwierigkeiten. Ganz wichtig: Wer Sonar 7.0 gekauft hat und seine Version registrieren ließ, muss das aktuelle 7.01-Patch auf www.cakewalk.com herunterladen und installieren, denn 7.0 enthält noch einige Kinderkrankheiten: Beispielsweise geben Audiospuren nach beim Einschleifen eines Effekt-Plug-ins manchmal keinen Ton mehr von sich, obwohl die Spur weder stumm geschaltet noch eingefroren ist. Außerdem liefert Cakewalk mit dem Patch noch Presets für neue, nicht ganz einfach zu bedienende Plug-ins mit, die in Sonar 7.0 noch fehlen.  Ein Schwerpunkt der Sonar-Praxis war seit jeher das Arbeiten mit MIDI. Sonar 7 erleichtert den Arbeitsfluss bei der MIDI-Programmierung dank neuer Werkzeuge erheblich und verhilft auch alten MIDI-Hasen zu gut programmierten MIDI-Files in wesentlich kürzerer Zeit. Abgesehen von konservativen Notenfuchsern, die vorzugsweise in der Partitur-Ansicht arbeiten, findet das Bearbeiten oder Programmieren von MIDI-Befehlen in der Pianorollen-Ansicht statt. Wie bisher, bietet Sonar 7 dort drei Mauswerkzeuge. Neu ist, dass der Anwender nicht mehr auf das Auswahl-, das Zeichen- und das Löschwerkzeug festgelegt ist. Jetzt ist es möglich, jedes der drei Werkzeuge auf fast 20 verschiedene Mausaktionen anzupassen, wobei sich die Funktionen, sofern es gewünscht ist, auch überschneiden können. Im Endeffekt muss der Benutzer damit nicht mehr wie bisher zwischen verschiedenen Werkzeugen umschalten. Zusammen mit den Maustastenbelegungen und den sogenannten Modifikatortasten – das sind die Strg-, die Umschalt- beziehungsweise Shift- und die Alt-Taste der Rechner-Tastatur – stehen eine Unmenge an Varianten zur Verfügung.

Für die selbst definierbare Anpassung der MIDI-Werkzeuge an die Mausfunktionen gibt es die Dialogbox „Pianorollenansichts-Werkzeug konfigieren“, zu finden unter „Optionen“ in der Sonar 7-Werkzeugleiste. Jedes Werkzeug, also Auswahl-, Zeichen- und Lösch-Werkzeug lässt sich einzeln über ein Drop-Down-Menü auswählen und nach Lust und Laune anpassen. Allein für die Mausposition stehen sieben Optionen zur Verfügung. Beispielsweise lässt sich die linke Maustaste so belegen, dass auf einen Mausklick das Auswahlwerkzeug direkt an den Anfang einer Note springt, ein Rechtsklick aktiviert dann blitzschnell das Zeichenwerkzeug. Der möglichen Varianten gibt es viele und es würde bei weitem den Rahmen des Tests sprengen, alle darzustellen. In jedem Fall ist die Einrichtung über die Dialogbox sehr einfach und das praktische Arbeiten mit MIDI-Files geht spürbar bequemer, schneller und damit effizienter von der Hand. Alle persönlichen Einstellungen können als Preset abgespeichert werden. Cakewalk hat sogar an diejenigen gedacht, die auf verschiedenen Plattformen arbeiten oder von einer anderen DAW auf Sonar umsteigen: Die Dialogbox enthält Werkzeugvoreinstellungen für Cubase, Logic Pro 7 und Digital Performer. Somit ist niemand gezwungen, seine gewohnte Arbeitsweise aufzugeben. Mit der Lupenfunktion, in der Sonar-Nomenklatur „Mikroskopmodus“ genannt, vergrößern sich einzelne Bereiche in der Pianorolle via Mauszeiger zur bequemeren Bearbeitung, ohne dass ein Hineinzoomen notwendig ist, was gerade bei notenreichen Ereignissen wie Drum-Maps sehr nützlich sein kann. Zur Visualisierung von verschiedenen Anschlagsstärken gibt es die standardmäßige Ansicht „Noten/Anschlagsstärke“, die einzelne Noten automatisch entweder dunkler (hohe Anschlagstärke) oder heller (niedrige Anschlagstärke) einfärbt. Noch besser ist die Möglichkeit der Quantisierung per Maus. Es genügt unter Sonar 7 mittels Auswahlwerkzeug, eine Note auszuwählen und bei gedrückter STRG-Taste mit der mittleren Maustaste auf das ausgewählte MIDI-Event zu klicken und einfach zu ziehen. Wer keine mittlere Maustaste hat – das kommt in den besten Familien vor – ändert einfach die Maustastenbelegung in der Dialogbox „Pianorollenansichtswerkzeug konfigurieren“. Sehr gut ist auch die Sonar 7-Neuerung, einzelne Noten- oder Notengruppen innerhalb einer MIDI-Spur stumm zu schalten. Auch dies funktioniert standardmäßig mit einer Kombination aus SHIFT- und mittlerer Maustaste, wobei auch hier die Tastenbelegung an den eigenen Geschmack anpassbar ist.  

Eine echte Sonar-Premiere ist der Stepsequenzer, der in erster Linie zur Programmierung von Drum-Patterns vorgesehen ist.

Sonar ist zwar traditionell – dank seiner flexiblen Pianorollenansicht – bestens für die Programmierung von Drum-Maps eingerichtet, allerdings ist das Erstellen von Schlagzeug-Grooves auf dieser Ebene nicht jedermanns Sache. Vor allem Musiker, die in der Vergangenheit mit Hardware-Drumcomputern gearbeitet haben, finden mit dem Stepsequenzer eine virtuelle Entsprechung. Er lässt sich praktisch intuitiv bedienen und verhilft auch Unerfahrenen schnell zu einem Erfolgserlebnis. Die grundlegende Vorgehensweise: Laden Sie zunächst ein virtuelles Instrument, am Besten Sessiondrummer 2, in das Synthesizer-Rack und suchen aus der Library ein Drumkit oder einen passenden Style heraus. Wählen Sie eine MIDI-Spur aus und routen den Ausgang auf „Sessiondrummer 2“. Schalten Sie Sessiondrummer 2 und die MIDI-Spur auf Solo und rufen danach den Stepsequenzer über „Ansicht-Stepsequenzer“ auf. Die Benutzeroberfläche von Stepsequenzer enthält jetzt alle Instrumente des zuvor gewählten Drum-Kits nacheinander in einzelnen Zeilen sortiert. Wenn Sie auf eines der Kästchen klicken, hören Sie den entsprechenden Klang des Instruments, beispielsweise die Snare oder die Hi-Hat. In der Symbolleiste wählen Sie erst mal Grundsätzliches wie Pattern-Länge, Zählzeiten pro Takt und so weiter. Danach wählen Sie mit der Maus die Instrumente beziehungsweise die Reihenfolge. Über „Play“ können Sie sich das erstellte Pattern jederzeit zur Kontrolle anhören. Fällt es zu Ihrer Zufriedenheit aus, schließen Sie den Stepsequenzer. In der Spuransicht sehen Sie jetzt ein neues Symbol, denn Sonar hat automatisch einen Stepsequenzerclip angelegt. Dieser enthält freilich nur ein kurzes Muster. Ziehen Sie es einfach mit der Maus im Spurbereich auf die gewünschte Länge und schon wird aus dem kurzen Pattern eine komplette Drum-Spur. Am Besten spielen Sie jetzt die anderen Instrumente ein. Sobald alles passt, können Sie jederzeit den Schlagzeugpart überarbeiten – ein Klick auf das Stepsequenzerclip-Symbol öffnet den Stepsequenzer aufs Neue. Seine Flexibilität kennt keine Grenzen, denn die Instrumentenzeilen lassen sich beliebig erweitern. Wer möchte, kann sich also regelrechte Monster-Pattern zusammenbasteln. Der Stepsequenzer ist eine wirklich gelungener Neuzugang in Sonar, denn mit diesem cleveren Gerät beschleunigt sich der Arbeitsfluss erheblich: Er erfordert keine monatelange Einarbeitungszeit in die Feinheiten der Schlagzeug-Programmierung und erhöht deswegen den Spaß-Faktor bei der Arbeit beträchtlich. 

Was wäre ein Software-Sequenzer ohne klangstarke virtuelle Instrumente und Effekt-Plug-ins? Cakewalk hat sich wieder einmal nicht lumpen lassen und dem neuen Sonar eine Reihe feiner Instrumente und Effekte beigepackt. Zur besseren Übersicht seien, beginnend mit den virtuellen Instrumenten, die klangstarken Neuzugänge kurz portraitiert: 

Z?TA+ ist ein Analogsynthesizer, der ausschließlich der Producer Edition vorbehalten ist. Von warmen und vollen Pads für atmosphärische Flächen, über Klänge, die sich sehr gut für Old-School-Techno eignen, bis hin zu wüsten Leadsounds hat dieses virtuelle Instrument Vieles an Bord, was Synthie-Freunde auf der Suche nach immergrünen Analogklängen begehren. Das Besondere an diesem Synthesizer: Es handelt sich um eine Vollversion mit umfangreichen Editierungsmöglichkeiten und einer gewaltigen Menge an Presets, in die sich Musiker monatelang eingraben können. 

Rapture LE, der zweite Neuzugang im Synthesizer-Bunde, ist Z?TA+ nicht unähnlich, allerdings beschränkt auf sehr kurze Samples und klanglich geht es eher in die zeitgenössische Dance- und Elektro-Richtung. Zu großer Form läuft Rapture auf, wenn knallharte Elektrobässe und Grooves gefragt sind. Obwohl es sich „nur“ um eine Light-Version handelt, dürften auch ambitionierte Klangschrauber ihre Freude an Rapture haben. Außerdem ist dieser Synthesizer auch Teil der Studio Edition.

Dimension LE bietet hingegen so gut wie keine Möglichkeiten, aktiv in das Klanggeschehen einzugreifen. Nun ja, niemand verlangt, dass Cakewalk all seine Produkte zum Dumping-Preis verschleudert. Schließlich kostet die Vollversion, Dimension Pro genannt, immerhin knapp 250 Euro. Die abgespeckte Version in Sonar 7 ist dafür mit Gewinn zum Einspielen von MIDI-Spuren einsetzbar: Mit dem Garritan Pocket Orchestra ist eine wirklich gut klingende Sample-Library mit Orchesterinstrumenten dabei. Speziell das feine Cembalo und die angenehm weiche Harfe gefallen. Hinzu kommen überzeugende Solostreicher- und Holzbläser-Klänge, die gerade im Jazz-, Pop- oder Weltmusikbereich Spaß machen. Im Gegensatz zur Vollversion fehlen Klavierklänge und Blech- und Holzbläsersounds für Poppiges und Jazznahes – diese bleiben der Vollversion vorbehalten.

Dropzone schließlich ist ein Sample-Player, in den beliebige Samples und auch REX-Loops geladen werden können. In erster Linie sollte Dropzone für Pattern- und Groove-orientierte Parts eingesetzt werden. Allerdings ist dieser Synthie auch gut für Soli zu gebrauchen, sofern niemand von der Library authentische Naturklänge erwartet. Hier hat Dimension LE die Nase vorn.

V-Vocal, der enorm leistungsfähige Audio-Prozessor für homophone, also einstimmige Gesangs- und Instrumentalspuren ist zwar ein alter Bekannter, hat aber in der neuen Version 1.5 etwas ganz Besonderes zu bieten: Die Konvertierung von Audio in MIDI. Das funktioniert verblüffend gut, sofern es sich wirklich um eine einstimmige Linie handelt. Damit ist es tatsächlich möglich, beispielsweise ein improvisiertes Solo zu transkribieren. Mehr dazu im Praxisabschnitt. 

Seit Version 5 erfreuen sich Sonar-User an klanglich überzeugenden Plug-ins. Hervorzuheben ist der gute Faltungshall Perfect Space und die Sammlung von Sonitus-Effekten. Mit der Producer Edition von Sonar 6 gab es in Form des VC-64 Vintage Channel ein Sonar-exklusives Plug-in mit beeindruckendem Analog-Klang. Der Vintage-Channel und die vor genannten Plug-ins fehlen auch in der siebten Auflage nicht. Neu ist, dass Sonar 7 erstmals Plug-ins mit mehreren Eingängen unterstützt, namentlich handelt es sich hierbei um Sidechain-Plug-ins, also solche mit zwei Eingängen: Einem primären und einem Eingang für Steuersignale, dem sogenannten Sidechain-Eingang. Wird ein solches Plug-in in eine Spur eingeschleift, also in den jeweiligen Effekt-Container geladen, richtet Sonar 7 automatisch einen virtuellen Ausgangs-Port ein. Die Ausgänge von Audiospuren, Bussen und Sendkanälen können wiederum auf die Sideachain.Eingänge geroutet werden, um bei Kompressor-Anwendungen ein Signal, basierend auf dem Pegel eines anderen Signals zu begrenzen. Typische Beispiele: Absenkung des Pegels der E-Bass-Spur, wenn die Bass-Drum angeschlagen wird oder die Reduzierung der Lautsärke eines Musiksignals, wenn der Sprecher einsetzt. Letzteres ist auch unter dem Begriff „Ducking“ geläufig und vor allem im Rundfunk eine Standardanwendung. Der VC-64, das Sonitus Gate, der Sonitus Compressor und auch das brandneue Plug-in Boost 11 verfügen über Sidechain-Eingänge. Boost 11 ist ein optisch schlichter, dafür um so effektiverer Mastering-Kompressor/Limiter, der – nomen est omen – die Lautheit der Musik auf die gefühlte Reglerstellung 11 bringen kann. Wie stets bei solchen Maximierern, sollte Boost 11 behutsam eingesetzt werden, schlimmstenfalls wird die sorgfältig erstellte Mischung zu Tode komprimiert und gegen zu hoch ausgesteuerte Spuren, die vereinzelt verzerren, hilft auch Boost 11 nicht.

Das gilt auch für die beiden Plug-ins LP-64 EQ und LP-64 Multiband. Beide bilden ein kompetentes Paar und sind die ersten dezidierten Mastering-Plug-ins in Sonar. Es handelt sich um einen phasenlinearen Equalizer und einen ebenfalls phasenstarr arbeitenden Multibandkompressor. Damit verfärben beide Plug-ins den Klang nicht, sondern erlauben gezielten operativen Feinschliff. Da Phasenlinearität mit einem sehr hohen Rechenaufwand verbunden ist (ausführlich hierzu der Test „Phasenlineare Equalizer“ in Ausgabe 8/2007), sind beide Plug-ins echte Leistungsfresser. Wenn sie aber bestimmungsgemäß eingesetzt werden, also nicht als Spur-Insert-Effekt, sondern ausschließlich auf der Summe beziehungsweise Mastering-Spur, kommt recht schnell Freude auf: Vor allem der LP-64 Multiband sorgt lediglich für das letzte Quäntchen Feinschliff bei einer Mischung. Erst wenn er ausgeschaltet ist, fällt auf, dass etwas fehlt. Das gleiche gilt für den Equalizer und bei beiden Plug-ins ist Cakewalk ungewöhnlich sparsam mit Presets. Der Kompressor hat gerade mal zwei, „Mastering strong“ und „Mastering light“, der Equalizer ein Dutzend, darunter auch solche mit selbsterklärenden Namen wie „Warm Analog Sound„. Es lohnt sich – gerade für Einsteiger – zunächst diese Presets aufzurufen, auf sich wirken zu lasen und auf dieser Basis Änderungen nach persönlichem Geschmack vorzunehmen. Wichtig: Obwohl LP-64 EQ und LP-64 Multiband hervorragende Mastering-Werkzeuge sind, verwandeln sie einen schlechten Mix nicht in einen guten.  Interessanterweise bekamen die eigentlich eher für ihre hohe Neutralität bekannten Sonitus-Plug-ins neue Presets spendiert, die ganz im Zeichen des Analogen stehen. Der Kompressor beispielsweise enthält Werksvoreinstellungen mit so klangvollen Namen wie UREI 1176 oder Teletronix LA-2A. Professional audio Magazin hatte in Ausgabe 4/2007 die Replikas dieser beiden Legenden im Test und daher lautet unser Urteil: An die Originale können diese Presets nicht ansatzweise heranreichen, gerade der typische Biss des UREI 1176 bei Transienten geht dem Sonitus Compressor völlig ab. Da wäre es doch schön, wenn ein solcher Hardware-Nachbau in Sonar eingeschleift werden könnte. Bisher gelang dies nicht überzeugend, denn Sonar bot bis einschließlich zur Version 6 – ganz anders als Steinberg seit Cubase SX3 – keine ausgewiesene Funktion, um externe Effekgeräte in ein Projekt einzubinden. Ein echter Schwachpunkt, der nicht nur bei uns, sondern auch im Cakewalk-User-Forum heftig kritisiert wurde.

Die Entwickler beweisen mit dem neuen Plug-in „External Insert“,dass sie diese Kritik ernstgenommen haben. Tatsachlich gelingt das Einschleifen eines externen Hardware-Effektgeräts mit dem neuen Plug-in praktisch spielend, der integrierte Latenzausgleich arbeitet nach unseren Erfahrungen absolut hervorragend (siehe den Screenshot auf Seite 40 für Details).  Das Arbeiten mit Sonar 7 ist das reine Vergnügen – jedenfalls nachdem das Update-Patch 7.01 installiert ist. Neben den zuvor beschrieben Hauptverbesserungen, gibt es nämlich noch Detailverbesserungen, die in der Praxis besonders wertvoll sind: Noch bei Sonar 6 war die Zuweisung der Ein- und Ausgänge von Audio- und MIDI-Spuren vergleichsweise umständlich, da sich der Benutzer hierfür erst durch die jeweiligen Kontextmenüs klicken musste. Damit ist jetzt Schluss: Jede Spur hat neuerdings ein eigenes Drop-Down-Menü, das per Mausklick alle verfügbaren Ein- und Ausgänge auflistet. Damit ist ein Projekt sehr viel schneller als bisher eingerichtet und auch das Routen von MIDI-Daten auf den Eingang eines der virtuellen Instrumente ist in sekundenschnelle erledigt. Sehr gut. Zum ersten Kennenlernen laden wir zunächst ein älteres Cakewalk-Projekt, das in Sonar 6 entstanden ist. Eingespielt wurde das Stück seinerzeit beim Test des Guitar-To-MIDI-Converters Axon AX 50 USB (siehe Ausgabe 8/2007) in der klingenden Besetzung Violine und Cembalo. Gerade die eingespielte MIDI-Violine bedarf einer klanglichen Überarbeitung, denn das bisher verwendete Violin-Sample des Terratec Wave XTable VI kann klanglich so gar nicht überzeugen. Daher laden wir Dimension LE ins Syntheziserrack, wählen aus der Library Carritan Pocket Orchestra das Programm/Sample „Solo Violine Legato“ – und die Ohren machen Augen: Das klingt richtig gut und allenfalls die Eigentümer sündhaft teuerer String-Libraries wie VSL dürften was zu mäkeln haben. Wir konvertieren die MIDI-Spur über „Bearbeiten – Auf Spuren abmischen“ in eine Audio-Datei. Der Faltungshall Perfect Space sorgt als Send-Effekt für die nötige Tiefenstaffelung und Konzertatmosphäre. Auch wenn das Sonar-eigene Faltungshall-Plug-in nicht am Thron des vorzüglichen Altiverb 6 kratzen kann: Gut klingt dieser Hall allemal, außerdem erweist er sich auch auf schwachbrüstigen Rechnern als erstaunlich ressourcen-schonend. Von diesem ersten Eindruck inspiriert, geht es als nächstes an die Erstellung eines ganz neuen Projekts, um einen Teil des neuen Sonar-Klangpotentials auszuschöpfen. Dafür wird ein Smooth-/Fusion-Jazz-Arrangement in der klingend Besetzung Synthesizer, Saxophon, Kontrabass, E-Piano und Gitarre erstellt und eingespielt. Abgesehen von der Gitarre entstehen alle anderen Instrumentenklänge via MIDI plus virtuellen Instruments. Für die orchestrale Synthietextur im A-Teil vertrauen wir auf den klanggewaltigen Z?TA+ und ein ausgesprochen satt und groß klingendes Analog-Pad. Allein dieser Synthesizer rechtfertigt das Upgrade auf Sonar 7, denn er klingt schlichtweg großartig. Für den Kontrabass bewährt sich einmal mehr Dimension LE. Für das Tenorsaxophon und das Fender-Rhodes verwenden wir nach stundenlangem Durchsuchen der Klänge aller Software-Synthies allerdings Dimension Pro, der einfach über die deutlich bessere Klangbibliothek verfügt. Gerade MIDI-fizierte Musiker, für die klangliche Authentizität ganz zu oberst steht, sollten, sofern es noch im Budget drin ist, Dimension LE für 150 Euro auf die Vollversion upgraden. Zum Dank gibt es dann eine sieben Gigabyte große Library, die klanglich mit allen Wassern von Rock, Pop, Elektro bis Jazz gewaschen ist. Bei unserem Arrangement geht das Saxophon ein wenig in den Synthiefluten unter. Wie gut, dass der Vintage Channel VC-64 jetzt über Sidechain-Eingänge verfügt. Wir laden das Plug-in in den Effekt-Container der Saxophonspur und routen den Ausgang der Synthesizer-Spur über die Drop-Down-Liste auf den Sidechain-Ausgang des VC-64 und der dominante Synthesizer duckt sich hinter dem Saxophon  weg. So einfach kann das Arbeiten mit einer DAW sein: Kein umständliches Einrichten von Send- und Return-Bussen, vom zeitaufwändigen Verkabeln ganz zu schweigen. Im A-Teil des Teststückes kommt der Kontrabass solistisch mit einem improvisierten Solo zu Wort, das es wert ist, gelernt zu werden. Um zu testen, was V-Vocal bei der Konvertierung von Audio- in MIDI-Daten leistet, mischen wir das Bass-Solo auf eine Audio-Spur ab und generieren einen V-Vocal-Clip und fügen eine neue MIDI-Spur in das Projekt ein. Das Prozedere ist kinderleicht: Einfach in den Arbeitsbereich von V-Vocal rechts klicken und die Standardeinstellungen übernehmen. Danach bedarf es nur noch eines Klicks auf die Schaltfläche „Tonhöhen als MIDI-Daten“ und des Ziehens des Mauszeigers in die neue MIDI-Spur – fertig. Obwohl wir anfangs skeptisch gewesen sind, beweist die Partitur-Ansicht der neuen MIDI-Datei, dass die neue Funktion von V-Vocal perfekt ist. Damit hat der Sonar 7-Benutzer jetzt tatsächlich ein Werkzeug für die Erstellung exakter Transkriptionen von einstimmigen Linien unter der Maus und das nächtelange Herausfrickeln von hypervirtuosen Bläsersoli gehört der Vergangenheit an. Gerade dafür ist es praktisch, dass Sonar 7 jetzt auch den Direkt-Import von CD-Titeln erlaubt. Widmen wir uns nach diesem kleinen Exkurs dem finalen Feinschliff. Den besorgt der klanglich vollkommen überzeugende Mastering-Kompressor LP-64 Multiband als Insert in der Masterspur. Dieses Plug-in arbeitet so unauffällig wie kompetent, soll heißen: Erst wenn es auf Bypass geschaltet ist, fällt auf, dass unser Arrangement zu schrumpfen scheint und an Offenheit verliert. Solange Sie noch am Mischen sind, sollten Sie aber in jedem Fall auf Bypass schalten, denn das Plug-in verlangt dem Host-Rechner doch einiges ab. Sonar 7 läuft zwar auch auf einem Notebook mit 1,8-Gigahertz-Prozessor und 512 Megabyte RAM grundsätzlich sehr stabil. Dennoch fängt der Rechner beim Programmieren der Drum-Spur für den B-Teil des Teststücks mit dem Stepsequenzer zu stottern an. Das legt sich erst, als der LP-64 Multiband deaktiviert ist. Beim Abhören erweist sich wie schon beim Test von Sonar 6, dass die 64-Bit-Audio-Engine auch das letzte Quäntchen an Dynamik und Feinzeichnung aus einem Arrangement herausholt. Wer auf höchste Qualität Wert legt, sollte sie deswegen unabhängig von der Bit-Tiefe und Samplingrate des aktuellen Projekts eingeschaltet lassen.  Der Export des fertigen Stücks ist wie bisher möglich – zur Verfügung stehen die verschiedensten Datei-Formate (siehe Tabelle). Wer seine Musik sogleich ohne Umwege auf CD bringen möchte, kann dies mit dem neuen integrierten Brennprogramm tun. Mit dem neuen Publisher können Sie ihre Werke auch direkt im geeigneten Format ins Internet hochladen, dabei erzeugt er gleichzeitig ein HTML-Tag, das Musiker in den Code ihrer Website eintragen können, um einen Flashplayer einzubetten. Auch insoweit hat Cakewalk an alles gedacht. 

Fazit

Sonar 7 ist das Rundum-Sorglos-Paket für Musiker und Produzenten, die alle erdenklichen Aufgaben, vom Aufnehmen, Arrangieren, Mischen bis hin zum Mastering und Webpublishing selbst erledigen möchten. Angesichts seines intuitiven Bedienkonzepts, der prallen Ausstattung, den cleveren Detaillösungen, der nach wie vor sehr guten Audio-Engine, ist die Neuauflage das beste Sonar aller Zeiten.

Erschienen in Ausgabe 01/2008

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 499 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: überragend