
Portabel, praktisch, wow
Durchdacht, selbsterklärend, überaus professionell – so hätte die Überschrift auch lauten können, denn all das trifft auf den CEntrance Portcaster zu. Das kann allerdings auch die zahlreiche Konkurrenz im Bereich Sprach- und Podcast-Produktion von sich behaupten. Was den Portcaster einzigartig macht und warum mir im Test buchstäblich die Kinnlade runterklappte, erfährst du im Test.
von Carina Pannicke

Die Frage, ob es auf einem umkämpften Markt wie dem der Sprach- und Podcast-Produktion, der meistens auch noch sehr budgetorientiert ist, einen weiteren mobilen Audio-Recorder braucht, bleibt einem bei unserem Testkandidaten schon kurz nach dem Auspacken quasi im Halse stecken. Denn erstens, handelt es sich beim Portcaster gar nicht vorrangig um einen Recorder, sondern um ein „Broadcasting Interface“ mit zusätzlicher Recorder-Funktion. Und zweitens kommt das gute Stück, ich kann es nicht anders sagen, so anachronistisch daher mit seinen versenkten, analog anmutenden Schaltern und dem vollständigen Fehlen eines Displays, dass ich bereits an dieser Stelle sagen kann: Oh ja, so ein Gerät sollte es auf jeden Fall geben. Doch der Reihe nach.
Ein beeindruckendes Portfolio
Ich muss zugeben, dass mir der Name CEntrance bislang unbekannt war. Das ist allerdings auch nicht so erstaunlich, denn in den ersten Jahren widmete sich das 2000 gegründete Unternehmen mit Sitz in Chicago ausschließlich der Entwicklung und dem Design von Audio-Systemen für andere Unternehmen: von analog bis digital, von Hardware über Software bis Firmware finden sich CEntrance-Entwicklungen in einer Vielzahl von Audio-Produkten bekannter Größen wie Korg, Mackie, Behringer, Zoom oder Line6, um nur einige zu nennen. Erst seit 2007 produziert CEntrance auch Audio-Geräte unter eigenem Namen, und das in zwei Sparten: zum einen kleine und innovative Hardware-Lösungen für den Audio-Profi und Semi-Profi, hauptsächlich im Bereich mobile Aufnahmen – zum Beispiel gibt es mit dem Courtcaster einen Recorder, der speziell für die Aufnahme von Telefon- oder Online-Interviews konzipiert ist – und zum anderen ebenso kleine und innovative Lösungen für den audiophilen HiFi-Enthusiasten, wie zum Beispiel portable Kopfhörer-Verstärker oder D/A-Konverter.
Kein Wunder also, dass das CEntrance-Team über ein beeindruckendes Portfolio an Know-How und Entwicklungserfahrung zu verfügen scheint.
Dabei folgen alle bisherigen CEntrance-Geräte derselben Philosophie. Ob Recorder, Mixer oder Kopfhörer-Verstärker, alle kommen sie nicht nur komplett ohne Display aus, sondern mehr noch, sind sie sogar für den DAW-losen Einsatz gedacht. Was nicht bedeutet, dass sie nicht an Smartphone, Tablet oder Rechner angeschlossen werden können. Außerdem passt jedes CEntrance-Gerät in eine Hand- oder geräumige Jackentasche.
Kleiner als so manches Smartphone
Genau so ist es auch bei unserem Testkandidaten, dem Portcaster: der liegt perfekt und angenehm schwer in meiner Hand und ist sogar kleiner als mein Smartphone, ein Sony Xperia 5. Schon der erste Eindruck ist ein sehr wertiger; das Gehäuse aus sogenanntem „Aircraft-grade“-Aluminium macht echt etwas her, vor allem ist es sehr unempfindlich gegen Gebrauchsspuren. Da wirkt mein Vergleichsgerät, der Zoom Podtrak P4, mit seinem grauen Kunststoffgehäuse fast wie aus dem Spielzeugladen. Dafür hat der wiederum eben ein kleines Display, denn immerhin ist es ein digitaler Recorder mit allerlei Möglichkeiten, die frau ja irgendwie auch einstellen muss.
„Kein Problem, geht alles auch ohne Display!“, hat sich wohl das CEntrance-Entwicklerteam gedacht und – voilà! – den Portcaster dafür neben Potis mit zahlreichen Schaltern und Tasten sowie einigen wenigen LEDs versehen. Die Schalter sind dabei ins Gehäuse vertieft und so winzig, dass ich spontan Sorge habe, keinen Feinmechaniker-Schraubendreher im Haus zu haben. Dem kommt CEntrance allerdings zuvor, denn im Lieferumfang befindet sich, unscheinbar an den Deckel des Pappkartons geklebt, ein SIM-Tool, mit dem sich sämtliche Schalter bequem bedienen lassen. Praktischerweise sind das Funktionen, welche die Anwenderin nicht oft benötigt: die Aktivierung der Phantomspeisung, des Hochpassfilters hinter den Mikrofoneingängen oder des Limiters vor dem Signal-Ausgang zum Beispiel. Hier wurde also doppelt mitgedacht, wunderbar! Zum weiteren Lieferumfang gehört auch eine schwarze Samt-Hülle zum staubfreien Verstauen des Portcasters sowie ein hochwertiges USB-C-Kabel und vier selbstklebende Gummi-Noppen für die Unterseite des Gehäuses, die für (noch) besseren Halt des Geräts auf glattem Untergrund sorgen.
Class Compliance und Remote Call mit Mix-Minus-Feature
Was genau kann also der Portcaster? Wie bereits angeklungen handelt es sich vorrangig um ein USB-Audio- oder Broadcasting-Interface, wie CEntrance es nennt, mit zwei XLR-Mikrofonanschlüssen und einem 3,5 mm TRRS-Anschluss, der anstelle des zweiten Mikrofoneingangs gewählt werden kann.
Eine Besonderheit des Portcasters ist, dass er class-compliant ist, also ohne jegliche Treiber auskommt und sich somit besonders für den Anschluss an Smartphones und Tablets eignet, was mit „normalen“ Audio-Interfaces nicht wirklich funktioniert. Selbstverständlich kann der Portcaster auch am Rechner als Audio-Interface betrieben werden. Dazu im Praxistest noch ein wenig mehr.
Das kleine Gerät verfügt über zwei analoge Ausgänge im 3,5 mm-Klinkenformat: einen für den obligatorischen Kopfhörer und einen zusätzlichen Ausgang, der dank optionaler 46 dB-Absenkung zum Beispiel für den Anschluss an DSLR-Kameras geeignet ist.
Eine weitere Besonderheit des Portcasters ist wie bereits angedeutet, seine Fähigkeit, statt eines Mikrofonsignals, das Audio-Signal eines Smartphones verarbeiten zu können. Dies ermöglicht, dass Gesprächs- oder Interviewpartner auch per Anruf (Remote) zugeschaltet werden können. Es überrascht nach den bisherigen Erfahrungen nicht, dass CEntrance den Portcaster für solche Zwecke mit dem so genannten Mix-Minus-Feature ausgestattet hat: normalerweise würde der Anrufer nämlich über sein Kabel den Monitor-Ausgang des angeschlossenen Interfaces hören, also auch sich selbst. Das wiederum ergäbe eine unschöne Feedbackschleife. Die Mix-Minus-Funktion verhindert dies schlicht und einfach und zwar ohne, dass die Anwenderin dazu irgendetwas einstellen muss, die Funktion ist fest mit dem TRRS-Eingang des Portcasters „verdrahtet“.
Bestens gerüstet für Streaming und Aufnahme
Damit sind wir allerdings noch nicht am Ende der Feature-Liste angelangt. Da der Portcaster vom Hersteller auch für die Podcast-Produktion und sogar für das Live-Streaming empfohlen wird, verfügt er entsprechend über einen zusätzlichen 3,5 mm-Stereo-Klinkeneingang mit dem beispielsweise weitere Klangquellen, wie Intro-Musik oder vorproduzierte Einspieler, eingespeist und via Poti präzise eingepegelt werden können. Allerdings eben nur in analoger Form. Zwar lässt sich auch hier ein Smartphone anschließen, diese analoge Lösung empfinde ich persönlich jedoch als nicht ganz so praktikabel. Einspieler in Live-Settings lassen sich mit dem Zoom Podtrak P4 meiner Meinung nach deutlich einfacher umsetzen, da hier vier separate Pads extra für diesen Zweck zur Verfügung stehen, die mit entsprechenden Files auf der SD-Karte verknüpft werden. Dafür benötigt man jedoch wiederum, richtig: ein Display.
Apropos: Zum Anwenderkreis von CEntrance-Geräten gehören auch zahlreiche sehbehinderte Menschen, wie mir Gründer und CEO Michael Goodmann verrät. Diese Kunden wissen Geräte überaus zu schätzen, die ohne Display auskommen und einfach mit den Händen, quasi fühlbar, zu bedienen sind, was ich mir lebhaft vorstellen kann.
Sozusagen blind zu bedienen ist deswegen auch die eingebaute Recorder-Funktion des Portcasters. Vier winzige Buttons, eine LED und ein Micro-SD-Kartenslot, mehr ist es nicht. Die rote Rec-Taste steht dabei sogar etwas weiter vom Gehäuse ab, sodass die Bedienung tatsächlich fühlbar wird. Ob und wie sich das in der Praxis bewährt, schauen wir uns im Folgenden an.
Praxis-Einsatz: Podcast-Produktion und Singer-Songwriter-Session
Um dem Portcaster in der Praxis auf den Zahn zu fühlen, kommt er in zwei verschiedenen Szenarien zum Einsatz: Zum einen in einer Podcast-Produktion mit zwei Sprechern in einem Live-Setting und zum anderen in einer Demo-Aufnahmesession mit Singer-Songwriter Martin Milner (Everydaymusic.de), der einen Song auf seiner wohlklingenden Lowden F23 Steelstring-Gitarre performt – in seinem nicht minder wohlklingenden Wohnzimmer. Für den Podcast benutze ich zwei DPA 4080-Lavaliermikrofone, in der Song-Session zwei Neumann KM184 für Gitarre und Gesang.
Mit beiden Mikrofontypen kommen die Portcaster-Preamps hervorragend zurecht. Sie verfügen mit 65 dB über genügend Reserven, um auch eher unempfindliche dynamische Mikrofone adäquat zu verstärken.
Übrigens: diese Preamps in diskreter Transistor-Bauweise sind genau genommen ebenfalls eine Besonderheit, da sie nicht von der Stange, sondern eine patentierte CEntrance-Eigenentwicklung darstellen.
Für einen direkten Klangvergleich ziehe ich den bereits erwähnten Zoom Podtrak P4 heran.
Darüber hinaus verwende ich den Portcaster gleichzeitig als Audio-Interface, um eine Backup-Aufnahme anzufertigen, hierfür kommt ein Asus Zenbook mit Windows 11 und Pro Tools zum Einsatz. Für die Verwendung des Portcasters mit einer DAW unter Windows wird dann allerdings doch ein ASIO-Treiber benötigt, der auf der CEntrance-Seite zu finden ist. Dieser ermöglicht die vollkommen reibungslose Aufnahme von zwei separaten Tracks. Das ist deswegen erwähnenswert, weil die Aufnahme mit Pro Tools und dem Podtrak als Audio-Interface nicht ganz so glatt abläuft. Für diesen gibt es nämlich keinen ASIO-Treiber und die Standard-Treiber des Betriebssystems sind bekanntermaßen alles andere als performant, sodass die Aufnahme unter Pro Tools zum Glücksspiel mutiert. Aber das nur nebenbei.
Das Einpegeln empfinde ich zu Beginn als herausfordernd, denn der Portcaster gibt mit nur jeweils drei LEDs pro Eingang Rückmeldung zur Signalstärke, wovon die dritte blau leuchtend das Eingreifen des Limiters anzeigt, was frau ja eigentlich vermeiden möchte. Schnell ist jedoch klar, dass die Thresholds der LEDs sehr sinnvoll gesetzt sind. Die Haptik des Portcasters empfinde ich als angenehm professionell: gummierte, in richtigem Maß schwergängige Potis, sicherer Halt auf dem glatten Tisch, dank der Noppen verrutscht überhaupt nichts, obwohl das kleine Gerät nun ganz schön mit Kabeln gespickt ist.
Als überaus vorteilhaft erweist sich der eingebaute Akku. Er ist äußerst leistungsstark, hält je nachdem wie viele und welche Mikrofone angeschlossen sind, bis zu acht Stunden und kann einfach via USB-C aufgeladen werden. Während der gesamten Test-Phase habe ich ihn überhaupt nicht laden müssen. Beeindruckend!
Die kleine rote LED, die rückmeldet, dass nun die Aufnahme läuft, ist für mich, die es gewohnt ist, während der Aufnahme einer DAW oder wenigstens einem laufenden Timecode zuzusehen, kurzzeitig eine weitere Herausforderung, da dies, wie erwähnt die einzige optische Rückmeldung darstellt, dass alles seinen gewünschten Gang geht.
Wobei das nicht ganz korrekt ist: bei der Verwendung des Portcasters als Audio-Interface bietet der mit „Input/USB“ bezeichnete Poti die Möglichkeit, das aufgenommene Signal der DAW sozusagen „Hinterband“ abzuhören und auf diese Weise eine fehlerfreie Aufnahme sicherzustellen, wenn frau es denn braucht. Der interne Portcaster-Recorder operiert dabei übrigens fest mit 24 Bit, 48 kHz-Broadcast-Standard und erstellt Stereo-Files. Als Audio-Interface sind dagegen alle gängigen Sampleraten in der DAW wählbar.
Ein kleiner Fallstrick verbirgt sich hinter dem Mono/Stereo-Poti. Um beide Sprecher beziehungsweise Gitarre und Gesang auf „separaten“ Spuren, also Sprecher 1 links, Sprecher 2 rechts, aufzunehmen, sollte dieser stets auf Stereo gedreht sein. Für mich ist das in der Postproduktion essentiell. Die Mono-Funktion ist gedacht für Streaming-Apps, die kein Stereo unterstützen. In diesem Fall landen beide Signale zu gleichen Teilen auf der Stereo-Spur des Rekorders, was unter Umständen unpraktisch sein kann.
Schon während der Aufnahmen wird für mich deutlich, welch hohe Qualität nicht nur die Preamps, sondern sämtliche (analogen) Elemente aufweisen: sowohl die Vorverstärker als auch der Monitor-Amp rauschen im Gegensatz zu denen des Podtraks praktisch gar nicht wahrnehmbar.
Insgesamt erweist sich der gesamte Aufnahmeprozess mit dem Portcaster so herrlich unkompliziert und entspannt, dass sich quasi der alte Studio-Spruch bewahrheitet: „Set it and forget it“ – Portcaster einschalten, Mikros anschließen, Record drücken – und zurücklehnen. Wow!
Ein Klang wie fertig produziert
Bleibt noch die spannende Frage: wie klingt das kleine Gerät? Die hohe Qualität der Bauteile wirkt sich selbstverständlich auch auf den Klang aus. Die Höranalyse offenbart: die Sprach-Aufnahmen mit dem Portcaster klingen wie „fertig produziert“, könnte man sagen. Interessanterweise klingen genau jene Frequenzbereiche, denen ich bei Sprach- und Podcast-Aufnahmen üblicherweise besondere Aufmerksamkeit widme, mit dem Portcaster bereits ohne EQ genau so, wie ich sie für dieses Genre als „richtig“ empfinde. Ein vergleichender Blick auf den Analyzer bestätigt dies: 150, 400 und 1.500 Hz sind im drei Dezibel-Bereich hervorgehoben, ebenso der wichtige Präsenzbereich zwischen vier und fünf Kilohertz. Bei den Podtrak-Aufnahmen klingt dagegen der Bereich zwischen sechs und acht Kilohertz präsenter. Insgesamt wirken letztere etwas matter und nicht ganz so warm und knackig wie die mit dem Portcaster. Übrigens kann sich auch der eingebaute Limiter des Portcasters hören lassen. Er ist genau genommen ein optischer Soft-Knee Kompressor mit einem Threshold bei 0 dB und progressiver Ratio bis zu 2:1 – er agiert unhörbar und selbst wenn man ihn das Signal so richtig verzerren lässt, klingt das irgendwie gut und wäre als Overdrive-Effekt vorstellbar.
Auch Gitarre und Gesang profitieren von den klanglichen Eigenschaften der Preamps. Abgesehen davon, dass es sich bei der Lowden F23-Gitarre per se um ein hervorragend klingendes Instrument handelt, so zaubert die Kombination aus Mikros und Preamps eine Aufnahme, die kaum klanglich verbessert, sondern bestenfalls veredelt werden kann. Diese Art der Klangfärbung in so einem kleinen Gerät haut mich tatsächlich ein bisschen vom Stuhl.
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