The next Beat Generation
Arturia erweitert mit Beatstep seine Hardware-Palette um einen universellen Controller mit dem sich völlig unkompliziert Beats basteln, Bass-Sequenzen programmieren, Synthesizer und sogar DAWs steuern lassen sollen. Hinzu kommen ein günstiger Verkaufspreis und eine in dieser Klasse bemerkenswerte Kommunikations-Freudigkeit, die nicht nur ambitionierten Dancefloor-Aktivisten das kreative Leben leichter machen sollen.
Von Georg Berger
Wer sich ein wenig mit den Produkten des französischen Herstellers Arturia auskennt, der weiß, dass neue Hardware-Produkte – sieht man einmal von den reinrassigen Synthesizern Origin und Mini/MicroBrute ab – immer gezielt auf die Steuerung der hauseigenen Emulations-Software ausgelegt sind und im Bundle angeboten werden. Als Beispiel seien Spark LE (Test in Heft 6/2013) und Minilab (Test in Heft 10/2013) genannt. Mit dem USB-Controller Beatstep präsentiert das Unternehmen erstmals einen reinrassigen, universellen Controller, der mit seiner Ausstattung gezielt in Richtung Dancefloor schielt und das sowohl im Studio, als auch Live. Hinzu kommt eine Ausstattung und Funktionalität, die in diesem Preissegment – für den Beatstep verlangt der Hersteller rund 100 Euro – nicht selbstverständlich ist. So beherrscht der Controller nicht nur die klassischen Funktionen eines Instrumenten-Controllers, sondern verfügt auch über einen monophonen Step-Sequenzer mit maximal 16 Schritten. Überdies kann er problemlos mit den analogen Synthesizer-Boliden der Prä-MIDI-Ära in Kontakt treten.
Beim Erstkontakt mit Beatstep werden wir unweigerlich an den Minilab-Controller erinnert. Großer Unterschied: Anstelle der Klaviatur und der beiden Controller-Räder bietet er eine weitere Reihe an halbtransparenten, farbig hinterleuchteten Pads. Insgesamt versammeln sich also 16 Spielflächen zum Einspielen von Grooves oder zum Einstarten von Samples auf der Oberseite. Direkt darüber sind ebenso viele Endlos-Drehregler mit leichter Rastung eingelassen, um virtuelle Instrumente, Effekte oder DAWs editieren zu können. Links ist noch ein größerer Endlos-Drehgeber montiert sowie acht Funktionstasten zum Ausführen diverser Operationen.
Auffällig: Obwohl die Oberseite aus einer Kunststoff-Abdeckung besteht, ist der Beatstep-Controller für seine Dimensionen – er nimmt gerade mal die Breite eines Laptops ein – recht schwer. Kein Wunder, denn die Unterseite besteht aus stabilem Blech, die dem Gerät, zusammen mit den Gummifüßen, einen sicheren Stand beschert. Damit ist er bestens auch für harte Live-Einsätze gerüstet. Einzig die aufgeklebten Kunststoff-Furniere auf den beiden Schmalseiten fallen fragil aus. Zudem sind sie nicht akkurat angeklebt worden und dürften sich über kurz oder lang ablösen. Aber das ist noch verschmerzbar.Sämtliche Anschlüsse finden sich auf der linken Schmalseite des Controllers. Außer der Mini-USB-Buchse, über die der Controller sowohl MIDI-Daten sendet und empfängt als auch seinen Strom bezieht, sind drei Mini-Klinken-Buchsen integriert, über die Steuerdaten vom Controller gesendet werden. Eine Buchse dient zum Anschluss des mitgelieferten MIDI-Adapters, der am Ende einen klassischen Fünf-Pol-Anschluss besitzt. Darüber lassen sich Synthesizer und Effektgeräte, die ausschließlich über diese Schnittstelle verfügen, problemlos ansteuern. Die beiden anderen Klinken-Buchsen führen die Steuerdaten mittels CV/Gate-Signale nach außen. Dabei übersetzt der Beatstep-Controller die digitalen MIDI-Daten in analoge Steuerspannungen und Start/Stop-Impulse. Diese Prä-MIDI-Schnittstelle wirkt zwar auf den ersten Blick veraltet, ist es aber nicht. Denn viele aktuelle Synthesizer setzen nach wie vor auf diese Art der Steuerung. Zu nennen wären hier Arturias Mini/MicroBrute-Synthesizer oder Modular-Synthesizer wie das A-100 System von Doepfer, aber auch der kompakte Dark Energy-Synthesizer, ebenfalls von Doepfer (Test in Heft 11/2009). Schließlich kann Beatstep dank Class compliant-Fähigkeit auch Stand-alone eingesetzt werden. Dafür ist lediglich ein USB-Netzgerät erforderlich, wenn die Kommunikation über die Fünf-Pol- oder CV-Anschlüsse erfolgen soll. Mit dem iPad plus Camera Connection Kit versteht sich Beatstep übrigens ebenfalls prächtig.
Software-Ausstattung
Zum Lieferumfang gehört auch eine Editor-Software, das sogenannte MIDI Control Center (MCC), um den Beatstep-Controller auf die eigenen Bedürfnisse anpassen zu können. Die gleiche Software gibt’s übrigens auch für die Hybrid-Produkte von Arturia, um auch diese Hardware universell einsetzen zu können, wenngleich das dort eher eine Nebenrolle spielt. Für Beatstep ist das MCC jedoch unverzichtbar. Die Bedienung ist denkbar einfach. Das GUI zeigt eine virtuelle Kopie der Hardware-Oberfläche. Durch Klick auf die einzelnen Bedien-Elemente können die üblichen Parameter eingestellt werden, also MIDI-Controller-Nummer, MIDI-Kanal, Wertebereich, Art der Controller-Funktion (Noten auslösen, Schaltfunktion, Program Change). Unterhalb der Controller-Oberfläche ist ein Notensystem integriert über das sich der Step Sequenzer programmieren lässt. Rechts daneben besteht die Möglichkeit, eine Skala nach eigenen Wünschen zu kreieren. Dazu später mehr.
In der linken Spalte lassen sich Presets verwalten, wobei sich der Beatstep-Controller 16 Settings in seinem internen Speicher merken kann. Wichtig: Jede Preset-Datei speichert auch das momentan eingestellte Controller-Routing und die Step Sequenz. An der Hardware lassen sich aber Routings und Pattern unabhängig voneinander im laufenden Betrieb austauschen.
Die rechte Spalte hält eine Reihe einstellbarer Grundfunktionen bereit: So kann man einen separater MIDI-Kanal für den CV/Gate-Ausgang definieren. Das Ansprechverhalten der Pads und Drehgeber ist einstellbar sowie wichtige Parameter zum Steuern des Step Sequenzers (unter anderem: Pattern-Länge, Taktraster, Abspielrichtung, Swing-Funktion, MIDI Ausgabekanal).
Bedienung
Abseits vom MCC ist ein Gutteil der Funktionen direkt an der Hardware ausführbar. Beatstep verfügt über zwei Betriebs-Modi: Control und Seq, die über einen dezidierten Taster abwechselnd aufrufbar sind. Die Beleuchtung der Tasten ändert sich dabei: rot im Controller-Modus. blau im Step Sequenzer-Modus. Änderungen sind per Store-Taste speicherbar und die in der Hardware abgelegten Presets per Recall-Taste rasch aufgerufen. Mit dem Channel-Taster lässt sich schließlich bei Bedarf auch blitzschnell der MIDI-Kanal ändern.
Die Start-, Stop- und Shift-Tasten dienen ausschließlich zum Steuern des Step Sequenzers. Ausnahme: Ist der Sync-Taster aktiv kann der Beatstep mit Hilfe der Transport-Tasten auch zum Steuern der DAW genutzt werden, wahlweise via MIDI oder per MMC-Protokoll. Im Step Sequenzer Modus sind mit Hilfe der Pads in Kombination mit der Shift-Taste die wichtigsten Sequenzer-Funktionen einstellbar (Laufrichtung, Taktraster, Skala, Pattern-Länge).
Praxis
Im Praxistest haben wir die wichtigsten Funktionen des Beatstep-Controllers auch schon ohne Studium des Handbuchs sofort im Griff. Das Spielen auf den Pads funktioniert nach Angleichen der Anschlagsdynamik für unsere Zwecke optimal, wir haben dynamisch alles im Griff. Das Programmieren von Routings ist zwar anfangs etwas lästig Ist das aber erst einmal erledigt, haben wir die gewünschten Routings unserer Lieblings-Instrumente sofort per Regler im Zugriff. Schade ist, dass es ab Werk keine Presets zumindest für die Software-Instrumente von Arturia gibt. Zum Zeitpunkt des Tests gab es jedenfalls noch keine Presets zum Download auf der Arturia-Homepage. Aber das könnte sich ja noch ändern.
Ebenso leicht und unkompliziert gestaltet sich auch die Arbeit im Sequenzer-Modus. Wir definieren durch Druck auf die Pads die Einsätze der Noten. Die Tonhöhe wird über die Drehgeber eingestellt. Genial: Außer einer chromatischen Skala stehen eine Reihe weiterer Skalen, etwa dorisch, Dur und Moll, zur Auswahl, so dass das Drehen an den Reglern stets die harmonisch richtigen Töne aufruft und zu einem klanglich ansprechenden Ergebnis führt. Wer mag, kann, wie oben kurz erwähnt, auch eine selbst definierte Skala dafür aufrufen. Das Eintippen und Einstellen der Noten macht im Test einen Heidenspaß und wirkt auf Anhieb sehr inspirierend. Im Test programmieren wir in Windeseile eine pumpende Bass-Sequenz, schalten in den Controller-Modus um und können bei laufendem Beatstep-Sequenzer schließlich die üblichen Filter-Sweeps vornehmen. Das ist glänzend gelöst. Bemerkenswert: Der große Drehgeber, der im Controller-Modus primär zur Lautstärke-Steuerung dient, nimmt im Sequenzer-Betrieb Einfluss auf das Tempo und es ist auch möglich, die Sequenz zu transponieren. So muss das sein. Der Clou: Dank der Option, die Step Sequenzer-Signale auf einem anderen Kanal zu senden als die Signale im Controller-Modus, ist es möglich, einen zweifachen MIDI-Multimode zu realisieren, indem wir per Sequenzer eine Basslinie von einem virtuellen Synthesizer spielen lassen und bei aktivem Controller-Modus gleichzeitig live einen Drumsampler ansteuern. Gleiches gilt auch für die physikalischen Ausgänge des Beatstep, wobei der selbe Kanal via USB und Fünf-Pol-Ausgang ausgegeben, bei Bedarf aber ein anderer Kanal am CV/Gate-Ausgang gesendet werden kann. Damit mutiert Beatstep trotz überschaubarer Ausstattung zu einer flexibel einsetzbaren Schaltzentrale. Notorische Kritiker mit Erbsenzähler-Mentalität dürften zwar in Sachen Anschlüsse und hinsichtlich der Step Sequenzer-Fähigkeiten das eine oder andere Feature vermissen – auch wir würden gerne mehr als ein Sequenz-Pattern simultan abspielen – doch das trifft es nicht. Denn Beatstep ist im direkten Vergleich etwa mit dem Spark LE Controller auf schnörkelloses Handling getrimmt, zumal das eine oder andere Feature sich mit Sicherheit per Firmware-Update nachrüsten lässt. Den Spaß hat das jedoch während der Testphase nicht getrübt.
Im Praxistest überprüften wir auch die CV/Gate-Anschlüsse, die zusammen mit dem Sequenzer-Modus zu den Highlights von Beatstep zählt. Denn so ganz nebenbei fungiert der Arturia-Controller so auch als MIDI-to-CV-Interface, wenngleich auch nur in eine Richtung, aber immerhin. Also flugs unseren altehrwürdigen Doepfer MS-404 angestöpselt, et voilà: Mit einem Mal wird der MS-404 aktiviert und gibt eine amtliche Basslinie aus. Das gleiche Prozedere mit dem Korg Mono/Poly scheitert allerdings. Grund: Beatstep sendet die Signal im Volt/Oktave-Schema, während der Korg-Synthie das eher exotische Hertz/Volt-Schema nutzt, was zu inkorrekten Tonhöhen führt. Wer Beatstep verstärkt für diese Zwecke nutzen will, sollte daher vorher überprüfen, auf welche Art die CV/Gate-Signale im Instrument realisiert werden.
Fazit
Arturia wagt sich mit Beatstep erstmals ohne Netz und doppelten Boden auf das Terrain der Universal-/Instrumenten-Controller und legt ein Produkt mit attraktiven Features vor, das trotz übersichtlicher Ausstattung mit einer Vielfalt an Möglichkeiten aufwartet. Highlights sind ohne Zweifel der integrierte Step Sequenzer und die CV/Gate-Buchsen mit denen sich der Arturia-Neuling markant von den Mitbewerbern absetzt. Spaß macht das Arbeiten mit Beatstep trotz oder gerade wegen der Konzentration auf das Wesentliche obendrein auch noch.
Erschienen in Ausgabe 08/2014
Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 99 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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