Hui …
… ist nicht nur die Abkürzung für Human User Interface und einer der 56 Nationalitäten der Volksrepublik China, sonder bedeutet umgangssprachlich – „in einem Hui“ – auch sehr schnell. Lesen Sie selbst, wie dies mit dem neuen D.A.W.-Controller von Presonus zusammenhängt.
Von Michael Nötges
Nun, der amerikanische Hersteller Presonus aus Louisiana lässt den Faderport im fernen China fertigen. Die Intention liegt, wie bei vie-len anderen Herstellern auch, klar auf der Hand: die kostengünstige Produktion. Für 239 Euro ist der D.A.W.-Controller erhältlich, um Musikern und Produzenten das mitunter nervige Arbeiten mit Maus und Tastatur zu ersparen, sowie einen effektiveren Workflow und gefühlvolleres Handling beim Mischen und Aufnehmen zu ermöglichen. Das Platz sparende Konzept ist eine Kombination aus einem einzigen Faderzug mit Panorama-Regler, der durch die wichtigsten Bedienelemente für den reibungslosen Produktionsprozess ergänzt wird. Die Parameter-Einstellungen (Lautstärke und Panning) sind komfortabel vorzunehmen. Neben den Transportfunktionen lassen sich Automations-Verläufe realisieren, Marker setzen und das Umschalten zwischen den Hauptfenstern des Sequenzer erreichen. Über eine USB-Schnittstelle an die D.A.W. angedockt, benutzt der Faderport aufgrund der unterschiedlichen Standards und Übertragungsprotokolle der Sequenzer zwei Modi: den Native Mode für Nuendo und Cubase, sowie den HUI Emulation Mode für Logic und Pro Tools. Unter Cubase und Nuendo bedeutet dies die direkte Einbindung des Controllers als USB-Audio-Device. Ohne separaten Treiber wird die volle Funktionalität unterstützt, was unser Test für Cubase SX3 und Cubase 4 bestätigt. Für die beiden anderen D.A.W.-Lösungen wird das von Mackie 1997 für ihren eigenen Controller, dem Human User Interface, entwickelte und mittlerweile weit verbreitete Übertragungsprotokoll verwendet, das es ermöglicht über MIDI-Befehle die virtuellen Bedienelemente der Audio-Software fernzusteuern. Laut Hersteller steht allerdings der Output- und User-Button nicht zur Verfügung. Voll funktionstüchtig zeigt sich die von uns getestete Kombination mit Sonar 6. Allerdings ist unbedingt zu beachten, dass auf die Version 6.2 upgedatet wurde und der se-parater Treiber installiert ist. Dieser steht auf der Homepage von Presonus (www.presonus.com) zum Download bereit. Der Versuch den Faderport in Samplitude 9 zu integrieren schlägt fehl. Über den Deutschen Vertrieb von Presonus erfahren wir, dass ein Treiber für Digital Performer 5 in Arbeit sei. Wie es in Zukunft mit der eingeschränkten Funktionalität des HUI-Protokolls und der Kompatibilität mit anderen Sequenzern, wie Samplitude 9 oder Live 6 aussieht, konnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend ge-klärt werden.
Betrachten wir den handlichen Controller aus nächster Nähe. Die in unterschiedlichen Grau-tönen gestaltete Metall-Abdeckplatte ist auf eine Kunststoffwanne geschraubt, die bequem auf eine Handfläche passt. Der Faderport ist gerade so lang, dass der leichtgängige motori-sierte 100-mm-Fader, mit seinem griffigen nach innen gewölbten Bedienelement darauf Platz findet. Presonus verwenden hier Fader des Japanischen Herstellers Alps, die auch in der D-Command-Serie von Digidesign Verwendung finden und als hochwertig bekannt sind. Das so genannte Dual Servo Motorized Belt System bewegt das Potentiometer mittels einer Art Keilriemen, dessen Oberfläche an eine Millimeter-breite Panzerketten erinnert.
Eine Schlaufe dieses Bandes läuft über ein Zahnrad das auf einer Welle befestigt, direkt mit dem Poti verbunden ist und damit exakte Einstellungen über den gesamten Faderweg gewährleistet. Das Fader-System erinnert an die feinmechanische Präzision eines Uhr-werks, was von dem etwas lieblosen Kunststoffuntersatz nur bedingt behauptet werden kann, da die Bohrlöcher der Schrauben – das stellen wir beim Öffnen des Gerätes fest – nicht exakt über die dazugehörigen Gewinde passen. Der Endlos-Panorama-Regler aus blau eloxiertem Aluminium ist aufgrund seiner angerauten Oberfläche und der leise klickenden Positionsrasterung sehr gut für punktgenaue Einstellungen geeignet. Die 24 Tast-Schalter sind gerade so groß, dass eine komfortable Bedienung noch möglich ist und bestätigen jeden Druck durch ein präzises helles Klicken.
Die einzelnen Funktionen lassen sich am bes-ten im Einsatz erklären. Dafür verbinden wir den Faderport über die USB-Schnittstelle mit dem PC. Das mitgelieferte Kabel – es ist nur einen Meter lang – reicht in unsrem Fall nicht aus, um vom Arbeitsplatz zum USB-Port des Computers zu gelangen. Um etwas mehr Bewegungsfreiheit zu haben, wäre eine längere Variante wesentlich sinnvoller. Auf der Installations-CD befindet sich eine dll-Datei, die in das Verzeichnis Komponenten Steinberg(Nuendo)/Components kopiert werden muss. Jetzt starten wir Cubase SX, navigieren in das Menü Geräteeinstellungen und klicken auf das große „+“ am oberen linken Rand. Ein Pop-Up-Menü öffnet sich mit einer Liste verfügbarer Geräte, aus der wir dann den Presonus Faderport auswählen. Jetzt müssen nur noch die MIDI-Ein- und Ausgänge auf USB Audio Device gestellt werden und es kann losgehen. Wir öffnen ein bereits bestehendes Projekt und nehmen uns vor Maus und Tastatur nicht zu nutzen. Aus Gewohnheit fällt es anfangs noch ein wenig schwer, aber schnell konzentrieren wir uns nur noch auf den Faderport und lernen seine Vorzüge kenne.
Zunächst öffnen wir mit dem Mix-Button den internen Mixer von Cubase, um die Ein- und Ausgänge für die Spuren festzulegen. Durch Drücken des Proj-Tast-Schalters gelangen wir in das Arrangement-Fenster zurück. Um freie Sicht auf die Spuren zu haben, lassen wir die Transportleiste verschwinden, indem wir den Trns-Button betätigen, schließlich haben wir die Steuerfunktionen praktisch auf dem Cont-roller liegen (Start, Stop, Fast Forward, Rewind, Record). Wir starten die Wiedergabe und passen die einzelnen Spuren im Pegel an, um einen ausgeglichenen Mix zu erhalten. Der Fader steuert immer automatisch den aktiven Kanal, der über die Channel-Select-Buttons zu bestimmen ist.
Für die richtige Positionierung im Stereopanorama, sorgt der blaue Pan-Pot. Um in die Ausgangssektion von Cubase zu gelangen reicht ein Druck auf den Output-Button. Das ist sehr praktisch, um schnell die Gesamtlautstärke anzupassen. Die Solo- und Mute-Funktion erleichtert es uns, einzelne oder bestimmte Tracks anzuhören und für den Mix zu optimieren. Für die Dramaturgie des Projek-tes sind fließende Pegeländerungen wichtig. Eingespielte Instrumente müssen an bestimmten Stellen mehr im Vordergrund stehen, an anderen leicht zurückgenommen werden. Wir nehmen uns eine Spur vor, schalten den Sequenzer in den Aufnahme-Modus – dafür dient der Rec-Button in der oberen rechten Ecke – und aktivieren den Wri-te-Modus durch Drücken des gleichnamigen Tast-Schalters. Während der Wiedergabe bewegen wir den Fader, um einen dynamischen Verlauf der ausgewählten Gitarrenaufnahme zu erreichen. Der lange Faderweg und die Leichtgängigkeit des Faders führen zu sehr einfühlsamen Korrekturen, die mit der Maus im Mix-Fenster nur schwerlich zu erreichen wären. Beim erneuten Abspielen hören wir uns das Ergebnis an, indem wir in den Read-Modus wechseln. Der Fader bewegt sich wie von Geisterhand und reproduziert die vorgenommenen Anpassungen. Damit sich der motoriesierte Fader bewegt, ist die zusätzliche Stromversorgung über das externe Netzteil notwendig. Einige Stellen gefallen uns noch nicht so recht und wir wollen einen Fade-Out am Ende der Spur bewerkstelligen. Um unsere bisherigen Einstellungen aber nicht komplett zu löschen schalten wir in den Touch-Modus. Jetzt werden Änderungen nur dann vorgenommen, wenn der Fader tatsächlich bewegt wird, die übrige Automationskurve bleibt unberührt. Im Off-Modus bewegt sich der Fader beim Abspielen nicht, um bei Aufnahmen im selben Raum das Fadergeräusch nicht mit aufzuzeichnen. Mit Hilfe des Shift-Tast-Schalters sind weitere Funktionen – Doppelbelegungen der Buttons – abzurufen. Es lassen sich Marker für eine schnelle Navigation (Next, Preview) im Arrangement setzen und den Undo-Tast-Schalter mit der Redo-Funktion belegen. Um eine weitere Gitarre aufzunehmen schalten wir eine Spur scharf und markieren den ge-wünschten Bereich. Der Loop-Button gewährleistet das wiederholte Abspielen des Parts und ermöglicht es uns mehrere Versionen nacheinander einzuspielen und dann den besten auszuwählen. Praktisch ist auch die Punch-In-Funktion, die über den Faderport aktiviert werden kann. Ist man bei der Aufnahme auf sich allein gestellt, hilft ein Fußschalter – der Anschluss befindet sich auf der Rückseite des Gerätes – an der Richtigen Stelle die Aufnahme zu aktivieren und dabei trotzdem beide Hände zum Spielen frei zu haben. Der User-Button ist für eine freie Belegung vorgesehen, die in den MIDI-Einstellungen auszuwählen ist und ermöglicht damit eine individuelle Konfiguration des Fa-derports. Logic- und Pro Tool-User müssen auf diesen Tast-Schalter und den Output-Tast-Schalter verzichten, da er im HUI-Protokoll nicht unterstützt wird.
Fazit
Der Faderport von Presonus bietet für 239 eine Controller-Lösung für D.A.W.s, die sich durch guten Bedienkomfort auszeichnet. Für Aufnah-men und zum Mischen sind die wichtigsten Funktionen kompakt zusammengefasst. Beim Handling von Automationskurven und Panoramaeinstellungen ermöglichen die handlichen Bedienelemente exakte und gefühlvolle Einstellungen und der Produktionsprozess gestaltet sich insgesamt schneller und komfortabler.
Erschienen in Ausgabe 03/2007
Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 239 €
Bewertung: gut
Preis/Leistung: befriedigend – gut
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