Myster-Wandler

In audiophilen Expertenzirkeln wurde er bereits sehnsüchtig erwartet, jetzt ist er da: Myteks neuer DA-Wandler, der sich innerhalb der Spitzengruppe ganz vorne positionieren möchte.

Von Harald Wittig

Mytek Digital erfreute mit seinem achtkanaligen AD/DA-Wandler 8×192 ADDA beim Test in Ausgabe 2/2011 die Ohren der Professional audio-Redaktion, denn der in den USA entwickelte und in Polen gefertigte Wandler schaffte es allein mit seiner hervorragenden Klangqualität die bisherige Wandler-Referenz, den Lynx Aurora 8 zu entthronen.  Folgerichtig gehörte der klanggewaltige Wandler für audiophile Puristen unangefochten zu den Top-Produkten des Jahres 2011 und bekam einstimmig die Editors Choice-Auszeichnung verliehen (siehe Ausgabe 1/2012). Außerdem – die Stammleser wissen es – kommt der Mytek seitdem bei allen Praxis-/Recordingtests analogen Equipments zum Einsatz. Lässt sich diese Qualität noch toppen? Nach Meinung Mytek Digitals durchaus, denn mit dem brandneuen Stereo192-DSD-DAC – was für ein Name – hätten die Entwickler den bis dato bestklingenden und fortschrittlichsten Digital-Analog-Wandler in der immerhin schon rund 20 Jahre währenden Unternehmensgeschichte geschaffen.
Erste Gerüchte über den neuen Star im Produkt-Portfolio gab es bereits Anfang 2011, die offizielle Erstvorstellung erfolgte im Spätsommer letzten Jahres, lieferbar ist der neue Zweikanaler hierzulande seit Anfang 2012. Es gibt drei Modelle: Die Black und Silver Preamp Versionen mit unsymmetrischen Analog-Eingängen – beide unterscheiden sich nur geringfügig – und die Black Mastering Version, unser Testkandidat.

Preislich steht das Testgerät, das für den professionellen Anwender konzipiert ist, mit rund 1.500 Euro an der Spitze des Trios. Die beiden Preamp-Versionen sollen HiFi-Fans sowie Mastering-Profis gleichermaßen begeistern und sind für etwa 1.300 Euro zu haben. Wir konzentrieren uns im Folgenden auf die Mastring Version, werden aber die günstigeren Geschwister immer wieder erwähnen, so dass Sie nach Ihren Anforderungen die passende Ausführung wählen können. Allen Stereo192-Modellen ist gemeinsam, dass die interne Signalverarbeitung mit 32 Bit geschieht, wobei die Mytek-Entwickler auf ein Sabre 32 Bit Chipset von ESS Technology in 8 Mono zu 2 Stereo-Konfiguration vertrauen. Um ganz genau zu sein: Die Analog-Digital-Wandlung übernimmt die allerneuste Ausführung, der ES9016 Sabre 32 Ultra DAC, der bereits den inoffiziellen Beinamen „Wunderchip“ verliehen bekam. Diesem DAC sagen Kenner jedenfalls eine überragende Klangqualität bei einem Dynamikumfang von 128 Dezibel bei praktischer Jitter-Freiheit und geringsten Verzerrungen nach. Wir sehen es ein wenig gelassener, eingedenk der Erfahrungen mit dem TrueMatch von Stage Tec, der diese Werte noch toppt (siehe Test in Ausgabe 5/2011). Allerdings haben unsere durchweg positiven Erfahrungen mit 32-Bit-Wandlern, namentlich Fostex HP-A3 (Test in Ausgabe 11/2011) und die Marian-Karte Seraph AD2 (Test in Ausgabe 12/2011), gezeigt, dass die 32 Bit-Wandlung grundsätzlich einen klanglichen Zugewinn bedeuten kann. Im Pulsmodulationsverfahren PCM beträgt die maximale Abtastrate 192 Kilohertz, die in den Formaten AES/EBU und  S/PDIF zur Verfügung stehen, in den Formaten Toslink/S/PDIF optisch und ADAT ist die Maximal-Samplingrate systembedingt auf 96 Kilohertz begrenzt. Hinzu kommt D(Direct) S(Stream) D( Digital)-Fähigkeit aller drei Versionen, wobei lediglich der Testkandidat auch professionelle DSD-Eingänge in Form von BNC-Buchsen hat. Die beiden Geschwister können DSD-Signale lediglich vom Rechner über die Firewire- und die USB 2.0-Schnittstelle empfangen und verarbeiten.  Folglich ist die Mastering-Ausführung für den digitalen Datentransfer von DSD Aufnahme-Equipment und Profi-SACD-Playern auf die Festplatte des Rechners für die weitere Bearbeitung gedacht. Mytek arbeitet übrigens seit 2005 mit Sony zusammen und macht sich nach wie vor für DSD stark. Angesichts des sehr geringen Marktanteils der SACD – Insider sprechen bereits von einem „Verliererformat“ – sicherlich mutig. Da aber erstens Sony die eigenen Blue Ray-Player seit 2010 mit SACD-Fähigkeiten ausgestattet hat, zweitens DSD beim anspruchsvollen Konsumenten, der Musik über den Rechner mit High End-Equipment hört, noch immer ein Thema ist, sollte DSD nicht von vorneherein abgeschrieben werden.

Ansonsten ist das Mytek-Trio in puncto Rechnerschnittstellen üppig ausgestattet: Wer es ganz unkompliziert wünscht, verbindet Wandler  über die USB 1.1-Schnittstelle mit dem Rechner – Mac oder PC – und kann ohne zusätzliche Treiberinstallation Musik in 24Bit/96Kilohertz-Qualität genießen. Interessanter wird es indes über die Firewire- und die USB 2.0-Schnittstelle, denn beidesmal beträgt die höchstmögliche Abtastrate 192 Kilohertz. Hier müssen aber die von  www.mytekdigital.com herunter zu ladenden  Custom-Treiber installiert sein. Der Vorteil: Der Windows-Treiber ist ein ASIO-Treiber, der den gefürchteten, klangbeeinflussenden Kernel-Mixer zu umgehen hilft. Tatsächlich funktioniert die Wiedergabe von 192 Kilohertz-Material über Firewire und USB 2.0 auf beiden  Systemen anstandslos. Wer aus guten Gründen davon nichts hält, aber ein Anhänger des Upsamplings ist, kann die entsprechende Funktion am Gerät aktivieren und die Musik wird nach passender Voreinstellung in der Player-Software unter Windows oder im Audio-Midi-Setup von Mac OSX in den Wandlern selbst nach 24Bit/192Kilohertz konvertiert. Wegen der Fülle an Digitalformaten und Rechnerschnittstellen gibt es am Gerät einiges einzustellen, wobei der große Drehregler/Drehgeber und die „Menü“-Taste zusammenarbeiten. Das LED-Display liefert die nötigen Informationen und nach kurzer Einarbeitungszeit stellt sich Vertrautheit bei der Bedienung ein. Sind die Grundeinstellungen vorgenommen, wird in der Praxis ohnehin hauptsächlich der Lautstärke-Regler aktiv sein. Mytek bietet dem Anwender zwei Optionen: eine digitale Lautstärke-Regelung und eine rein analoge, die aus klanglichen Gründen – es werden keine Bits beschnitten – zu bevorzugen ist. Auch an den Puristen haben die Entwickler gedacht: Die Lautstärkeregelung lässt sich via Bypass komplett umgehen. Die Stereo192-Modelle sind zusätzlich mit einem Kopfhörerverstärker ausgestattet, dessen Ausgangspegel – dafür ist der Lautstärkeregler einmal zu drücken – unabhängig vom Main Out regelbar ist. Eine praktische Sache, vor allem wenn der Benutzer mit unterschiedlich lauten Kopfhörern arbeitet. Klanglich soll der Kopfhörerverstärker hochwertigen HiFi-Klang liefern – ein vollmundiges Versprechen, dass wir im finalen Hörtest überprüfen werden. Die Silver Preamp-Version kommt ohne die LED-Pegelanzeige der beiden schwarzen Geschwister aus, was ein Zugeständnis an all jene Hörer ist, die sich nicht gerne durch blinkende Lichter-Ketten vom Musikgenuss ablenken lassen wollen. Der Profi findet aber in den beiden anderen Ausführungen eine ausweislich unserer Messungen sehr zuverlässige Signalstärken-Anzeige, die auf Augenhöhe mit dezidierter Metering-Hardware ist.

Klar, immerhin richtet sich die Mastering-Version an Profis, die insoweit Präzision verlangen und erwarten. Apropos Messungen: Mytek hat uns die Silver Preamp- sowie die Black Mastering-Version zur Verfügung gestellt und beide Geräte glänzen mit hervorragenden, praktisch deckungsgleichen Messwerten. Das auf Seite 72 abgedruckte FFT-Spektrum belegt die saubere Signalverarbeitung des Stereo192: Der Noisefloor überschreitet die -90 Dezibel Marke nicht. Auch die Wandlerlinearität ist ausgezeichnet, erste Abweichungen sind erst im Kleinsignalbereich, unter 120 Dezibel, zu erkennen. Die Messwerte für Geräusch- und Fremdspannungsabstand von 89,9 beziehungsweise 87,3 Dezibel, jeweils bezogen auf -9 dBFS, unterstreichen zusammen mit dem Klirrfaktor von maximal 0,005 Prozent, dass die Mytek-Wandler als Saubermänner konzipiert sind, die kein klangverfärbendes Eigenleben führen sollen. Was bietet er denn nun klanglich, der Stereo192? Ganz ehrlich: Dieses Kistchen hat uns vom ersten Takt an überzeugt, was nicht so oft vorkommt. Verbunden mit einem MacBook Pro hören wir zunächst Joscho Stephans fantastisches Album „Django Nuevo“ (siehe Interview in Ausgabe 6/2010) und bereits das eröffnende „Stomp“   tönt mit einer solchen Fülle und Dynamik aus den ADAMs, die einen förmlich in der Musik baden lassen. Im direkten Vergleich wirkt dieselbe Musik, diesmal gewandelt vom –wohlgemerkt – sehr guten Violectric DAC V800 sehr viel künstlicher und scheint, bildlich gesprochen, am Tonträger zu kleben. Zugegeben, das sind starke Worte, aber bislang hat uns kein DAC so schnell für sich eingenommen. Vermutlich offenbart sich hier die Überlegenheit der 32Bit-Wandlung, denn gerade in puncto Dynamik machen wir eine neue Hörerfahrung. Wer bislang glaubte, dass ein weiter Dynamikumfang/eine weite „Dynamic Range“ beim Mastering mehr ein Fall für audiophile Spinner ist, wird eines besseren belehrt: So ermittelt das TTR DR Meter für das Joscho Stephan-Album eine DR von durchschnittlich 8  – bei dem Medley „You are so beautiful/Smoke gets in your Eyes“ beträgt sie sogar 10 – und genau das macht der Mytek auch hörbar. Selbstverständlich reden dabei auch die analogen Ausgangsstufen ein klangbestimmendes Wort mit. In der Summe scheint der Mytek ein Top-Wandler zu sein.

Wir nehmen uns eigene Aufnahmen vor, namentlich die naturbelassenen Test-Takes zu verschiedenen Mikrofontests – und der positive Ersteindruck erhärtet sich. Der Stereo192 gibt alle Nuancen der individuellen Mikrofon selbst und was diese eingefangen haben wieder. Dazu gehören dann auch Nebengeräusche wie leiseste Lüftergeräusche, dezente Schnaufer oder – bei den Gitarrenaufnahmen – die typischen Greif- und Anschlagsgeräusche. Das kann auch schon mal ernüchternd sein, aber bietet beste Voraussetzungen zur Bearbeitung. Die Auswirkungen von Effekten, auch wenn diese äußerst subtil zum Einsatz kommen, präsentiert der Wandler mit professioneller Präzision. Erhöhte Konzentration beim Abhören ist nicht erforderlich, es sei denn, das letzte Glied in der Wiedergabekette, die Monitore, spielen nicht in derselben Liga. Im Grunde erweist sich der Stereo192 als jüngerer Anverwandter des bewährten 8×192 ADDA und folgt auch dessen vornehmster Tugend höchstmöglicher Signaltreue. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass er jedenfalls die Digital-Analog-Wandlung noch besser beherrscht. Es lässt sich nur spekulieren, welchen Mehrgewinn eine 32-Bit-Analog-Digital-Wandlung nach Mytek-Machart für die gesamte Produktion, also von Aufnahme bis zum Mastering bringen würde. Insoweit dürfen wir sehr gespannt sein, immerhin schlafen die Mytek-Entwickler nicht. Der Stereo192 ist das beste Beispiel. Bevor wir allzu sehr jubilieren, kommen wir doch noch etwas runter, wenn wir abschließend noch den Kopfhörerverstärker bewerten: Bei ihm handelt es sich sicherlich um keine Billiglösung, beim Hören über unseren Referenz-Kopfhörer, den AKG K 702, ist alles da, wir vermissen nichts. Bis wir den Referenz-Kopfhörerverstärker Violectric HPA V200 anschließen: Der Klang hat schlichtweg mehr Tiefe, wirkt insgesamt größer und – womit wir wieder beim Thema wären – hat mehr Dynamik. Um mal eben Störgeräusche zu ermitteln, ist der eingebaute Kopfhörerverstärker allemal gut genug. Wenn es aber um das Erhören feinster Nuancen geht, sollte doch ein echter Spezialist ran. Da der Mytek zwei parallele Analog-Ausgänge (symmetrisch XLR und unsymmetrisch RCA/Cinch) hat, ist das letztlich kein Problem und der Wandler lässt sich ohne Schwierigkeiten ins Studio-Setup oder ins High-Ender-Heim integrieren.

Fazit

Der Mytek Stereo192-DSD-DAC ist ein exzellenter Digital-Analog-Wandler, der alle relevanten Digital-Formate mit 32-Bit-Präzision wandelt, in der Mastering-Version auch professionelle DSD-Eingänge bietet, bestens zur Anbindung an den Rechner ausgestattet ist und unterm Strich den audiophile Feinschmecker rundum überzeugt.

Erschienen in Ausgabe 03/2012

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1499 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut