Dänen lügen nicht

Der dänische D/A-Wandler trumpft mit Traumdaten auf. Ist er der ultimative Analog-Killer? 

Von Hans-Günther Beer 

Höchste Klangqualität bei allen Wandlungsprozessen analoger in digitale und digitaler in analoge Signale haben sich die Entwickler von Digital Audio Denmark auf die Fahnen geschrieben. Als Mikael Vest und Peter Scheelke ihr Unternehmen vor knapp zehn Jahren in Taastrup in der Nähe von Kopenhagen gründeten, befand sich die digitale Studiowelt gerade im Umbruch. Die jahrelang geltenden digitalen Tugenden wie totale Rauscharmut und klarer, sauberer Klang galten nicht mehr als der heiliger Gral. Vielen Toningenieuren war der Digital-Klang zu klinisch abstrakt, zu kalt, zu unemotional. Röhrengeräte zogen folglich wieder in die Studios ein, zuerst die ehemals ausgemusterten, dann auch Neuentwicklungen. Sie sollten mit ihrem warmen und anheimelnden Klang die digitale Kälte kompensieren und die vermisste Emotionalität in die Aufnahmen zurückbringen.

Doch für Scheelke war dieser „Hybrid of perfection and imperfection“ der falsche Weg. „Wir von DAD sind nicht der Meinung, dass die bewusste Einführung von klanglichen Unzulänglichkeiten in den Studio-Workflow die richtige Lösung ist“, so der Entwickler. Vielmehr müsse man an der Qualität der Wandler arbeiten, also an dem zentralen Baustein, der die Klangqualität im Studio maßgeblich bestimmt. Die Lösung dazu heißt vor allem: Erhöhung der Samplingfrequenz. Statt der inzwischen selbst bei Amateurprodukten als Standard geltenden Samplingfrequenz von 96 kHz braucht es nach Scheelkes Ansicht Abtastraten von 192 kHz oder gar 384 kHz. Selbstverständlich reicht die Erhöhung der Samplingfrequenz allein nicht aus, wirklich gute Wandler zu bauen, sondern Wandlerbausteine, Schaltungsdesign oder Stromversorgung spielen eine ebenso entscheidende Rolle.

Der von Professional audio Magazin getestete Studiowandler AX24 beherrscht alle diese Formate. Darüber hinaus sind optional jedoch weitere Ausbaustufen möglich. Zum Beispiel das DSD-Format (Digital Stream Digital), das mit einer Bitrate von einem Bit, aber Sampling-Frequenzen von 2,8 MHz arbeitet und für die Produktion von Super Audio CDs (SACD) eingesetzt wird (siehe auch Kasten Seite 84). Außerdem beherrscht er das DXD-Datenformat, das mit einer Samplingfrequenz von 352,8 kHz exakt um den Faktor acht und nicht wie beim regulären Standard von 384 Kilohertz um den krummen Faktor 8,707 über der Samplingfrequenz der CD von 44,1 kHz liegt (siehe auch Kasten Seite 84).

Rein äußerlich wirkt der AX24 zwar edel und gut verarbeitet, die dicke, goldfarben eloxierte Alufront sticht in jedem Outboard-Rack sofort hervor, doch finden sich keinerlei Bedienungs-Elemente auf der von einem blau hinterleuchteten DAD-Zeichen dominierten Front. Dies mag auf den ersten Blick befremden, ist aber die logische Konsequenz aus dem Grundkonzept des AX24. 

Der zwei Höheneinheiten hohe Wandler ist vollständig modular aufgebaut. Fest integriert sind lediglich acht Analog-Eingänge, wahlweise als Line- oder als Mikrofon-Eingang zu betreiben. Acht Steckplätze nehmen spezielle Einschübe aus einem großen Angebot an Zusatzmodulen auf. Eines unsere beiden Testgeräte beispielsweise ist mit analogen Ausgangsmodulen – jeweils zwei Steckplätze belegend – einem MADI-Modul und je einem TDIF- und SDIF3-Modul bestückt. Testexemplar Nummer zwei ist mit einem achtkanaligen AES/EBU-Modul, auf eine Sub-D-Buchse rausgeführt, ausgestattet. Nachträglich bauten wir noch eine zweikanalige AES/EBU-Karte mit S/PDIF- und ADAT-Anschlüssen ein.

Außerdem lieferbar sind Module für die Anbindung an Pro Tools Mix24-Systeme oder vierkanalige DAC-Module für Axion. Alle Optionen hier aufzuführen und zu beschreiben, dafür fehlt der Platz. Deshalb unsere Empfehlung: Suchen Sie nach der Testlektüre auch die Website von DAD (www.digitalaudio.dk) auf. Sie bietet eine Fülle weiterer Detailinformationen. 

Die Preisgestaltung entspricht dem Aufbaukonzept und ist dem entsprechend ebenfalls modular. So reicht die Spanne von rund 3.000 Euro für ein Modell mit zwei Line-Eingängen, entsprechenden Analog-Digital-Wandlern und beispielsweise einem AES-Interface und 48 kHz Samplingfrequenz bis hin zum AX24 in DSD-Ausführung mit acht Mikrofon- und Line-Ein- und Ausgängen und den entsprechenden Wandlern für knapp 12.000 Euro. Durch Zukauf weiterer Module lässt sich selbst dieser Preis noch deutlich nach oben schrauben.

Der modulare Aufbau erfordert zwangsläufig ein entsprechendes Bedienkonzept: Der AX24 ist vollständig vom PC und vom MAC aus fernsteuerbar. Die Software DADman nimmt via RS 422 Interface-Kabel mit dem AX24 Kontakt auf, dessen RS 422-Anschluss einen der acht Steckplätze deshalb immer belegt. In mehreren Fenstern im DADman lassen sich alle nötigen Anpassungen per Mausklick erledigen. Dort wählt man beispielsweise die Samplingfrequenz, schaltete die Analog-Eingänge auf Mikrofon oder Line, aktiviert die Phantomspeisung für angeschlossene Kondensatormikrofone und so weiter. Die Feinanpassungen von Ein- und Ausgangspegeln der analogen Anschlüsse lassen sich auf der Rückseite über Spindelpotentiometer per Uhrmacher-Schraubendreher vornehmen. 

Ein Blick ins Geräteinnere zeigt eine hochprofessionelle Fertigungsqualität und offeriert, dass ausschließlich feinste Bauteile Verwendung finden. Über die Details der verwendeten Schaltungen und des prinzipiellen Aufbaus schweigen sich die Entwickler jedoch hartnäckig aus. Der Markt hochwertiger, digitaler Wandler sei heiß umkämpft und man gebe deshalb Firmengeheimnisse nicht in die Öffentlichkeit, heißt es dazu aus dem Haus D.C. Electronic in Neustadt/Riesengebirge, dem deutschen Vertrieb der DAD-Produkte. 

Folglich muss der AX24 seine Geheimnisse auf andere Weise preisgeben. Im ersten Schritt am Messgerät Audio Precision Sys-2722. Das allerdings kann Digital-Geräten lediglich mit Sampling-Frequenzen bis 192 kHz auf den Zahn fühlen, die 384 kHz des AX24 entziehen sich seinem Zugriff. Auch ansonsten kommt der Sys-2722 in einigen Messkriterien den Grenzen seiner eigenen technischen Spezifikationen sehr nahe. Zwar liegen die beim AX24 ermittelten Fremd- und Geräuschspannungsabstände der Mikrofon-Eingänge mit Werten über 100 Dezibel immer noch 20 bis 30 Dezibel unter der Messgrenze des Audio Precision, doch so nahe kam bislang noch kein Testgeräte von Professional audio Magazin. Auch die Empfindlichkeit für die Mikrofon-Eingänge ist mit -72 Dezibel hervorragend. Einen solchen Spitzenwert erreichte beispielsweise kaum einer der unlängst getesteten Mikrofon-Vorverstärker (siehe Ausgabe 6/2006). 

Doch die Domäne des dänischen Herstellers sind seine Wandler, und Uli Apel, Ressortleiter Test und Technik, widmet sich ihnen deshalb mit besonderer Hingabe. Die Wandlerlinearität [G] beispielsweise, deren geradliniger Verlauf ohne Zacken in der Geraden im Pegelbereich unterhalb von 110 Dezibel von sauberer Wandlung auch kleinster Signale kündet, gerät beim AX24 vorbildlich. Fairer Weise sei allerdings angemerkt, dass sich in dieser Disziplin auch der Motu Ultralite (siehe Test Seite 86) vorzüglich in Szene setzt. Dennoch: Der AX24 setzt hier Maßstäbe. Sehr gute Werte bringt der kühle Däne auch im Messdurchlauf Jitterdämpfung [G]. Der Jitter, also die Abweichungen von der Soll-Samplingfrequenz verursacht typische, hörbare Verzerrungen Die Resultate dieser Messung sind ähnlich zu interpretieren, wie die THD+N-Messungen, also das Ermitteln der Klirrdämpfung. Beim AX24 erkennt der Sys-2722 eine Jitterdämpfung von etwas über 80 Dezibel, das entspricht etwa einem Prozentsatz von 0,01 Prozent an Jitter bedingten Verzerrungen – der beste bislang im Messlabor von Professional audio Magazin ermittelte Wert. 

Die Messung der schon besagten THD+N-Werte, über die Frequenzbereich 20 Hz bis 20 kHz, überzeugt ebenfalls. Bis auf eine marginale Anhebung unterhalb von 100 Hertz verläuft die Messkurve völlig linear bei 0,001 Prozent. Das Klirrspektrum (oberste Messkurve Seite 85) zeigt bei einer Eingangsspannung von +6 dBu über die Line-Eingänge eine völlig harmlose, einsame K3-Spitze bei 1.900 Hertz, 105 Dezibel unter dem Nutzsignal. Um das Maß voll zu machen glänzt der AX24 auch bei den Frequenzgängen, gleichgültig bei welcher Samplingfrequenz gemessen wird. Auffallend ist bei den Messungen mit 96 kHz und 192 kHz der völlig gerade Verlauf bis zu einem Frequenzwert nahe der halben Samplingfrequenz, also der jeweilig maximal möglichen Audio-Frequenz. Bei 44 kHz (96 kHz Samplingfrequenz) beträgt der Pegelabfall lediglich 0,1 Dezibel. Bei anderen Wandlern setzt der Abfall oft schon deutlich früher ein.

Der umfangreiche Hörvergleich stellte die zweite wichtige Disziplin im Test des AX24 dar. Zuerst untersuchen die Tester die Qualität der Mikrofon-Verstärker im Vergleich zum Millennium HV-3C (Test in Ausgabe 6/2006) Dabei zeigt sich, dass der AX24 äußerst hochwertige analoge Eingangsmodule besitzt, aber die Qualität des Millennia nicht ganz erreichen kann. Am besten lässt sich der Unterschied in den Höhen und in der Räumlichkeit beschreiben. Der AX24 produziert sehr klare und feine Höhen, denen aber – immer im Vergleich zum HV-3C natürlich – das letzte Quäntchen Körper und Mühelosigkeit fehlt. Ohne direkten Vergleich wird man vermutlich nichts vermissen. In der Räumlichkeit fächert der Millennia minimal besser in der Tiefe auf. 

Zum Überprüfung der Wandler-Qualitäten haben sich die Redakteure für einen Teil des Tests ein Verfahren einfallen lassen, das einen einwandfreien, jederzeit reproduzierbaren A/B-Vergleich ermöglicht. Zu diesem Zweck zeichnen Sie mit einer generalüberholten und penibel eingemessenen Analog-Bandmaschine Telefunken M15A, die mit dem vierbandigen Rauschunterdrückungssystem Telcom C4 verschaltet wird, verschiedene Musikinstrumente auf. Als Mikrofon-Vorverstärker dient der Millennia HV-3C, als Mikrofon kommen Sennheiser MKH 40, Microtech Gefell M300 (siehe Test Ausgabe 5/2006) und Nevaton M51 zum Einsatz. Diese Aufnahmen werden mit 96 kHz Samplingfrequenz gewandelt und dann auf einen Festplattenrecorder Alesis 9600 Masterlink (siehe auch Test Apogee Rosetta 200, Seite 16) aufgezeichnet – das ganze findet ohne Computer-Unterstützung, also ausschließlich mit Hardware-Komponenten statt. Bei der Wiedergabe nehmen die Tester genau den umgekehrten Weg. Auf diese Weise ist der direkte Vergleich zwischen dem analogen Original und der digitalen Aufzeichnung möglich und vor allen Dingen jederzeit reproduzierbar, was bei den zu erwartenden geringen Unterschieden notwendig ist. Außerdem ermöglicht dieses Verfahren den Vergleich mehrerer Wandler untereinander, zum Beispiel mit dem Rosetta 200. 

Im direkten Vergleich analog versus digital behält die Analogwiedergabe immer noch die Nase vorn. Der Unterschied ist aber selbst bei nur 96 kHz Samplingfrequenz sehr gering. Das Auflösungsvermögen in den Höhen des AX24 ist ausgesprochen gut. Selbst feine Details, wie das Anschlagen eines Beckens oder leise Anzupfen einer Gitarrensaite arbeitet er sehr körperhaft, sozusagen dreidimensional heraus. Aber analog klingt es, abgehört über die Boxen Adam S3A und noch mehr über den Stax-Kopfhörer SRM 006T, noch natürlicher, griffiger, selbstverständlicher. Dieser Unterschied bleibt zwar winzig, ist aber nach einiger Übung sofort hörbar. 

Der Vergleich bei 192 kHz und 384 kHz muss anders organisiert werden. Mangels Hardware, die mit höheren als 96 kHz Samplingfrequenz digital aufzeichnen kann, muss so zusagen on the fly analog direkt mit zwei hintereinander geschalteten Wandlern verglichen werden – digital raus und wieder digital rein. Bei 196 kHz schmilzt der Unterschied zu analog nochmals etwas. Alles wirkt ein wenig feiner, differenzierter und selbstverständlicher. Der Schleier, der beim Umschalten von digitaler auf analoge Wiedergabe weggezogen wirkt, wird merklich dünner, bleibt aber erhalten. 

Der nächste Schritt ist das Umschalten auf 384 kHz Samplingfrequenz bei ansonst identischem Prozedere. Unterschiede zum Durchgang mit 192 kHz erahnt man bestenfalls, als dass man sie tatsächlich wirklich wahrnimmt, doch auch hier bleibt eine minimale, aber feine Differenz zu analog bestehen. Die Unterschiede sind zwar wahrnehmbar, lassen sich aber nicht eindeutig verifizieren – geschweige denn beschreiben. Noch hat die Analogaufnahme nicht ihren Meister gefunden. Eines ist aber klar geworden. Wir wollen auch die letzten verbliebenen Differenzierungen ergründen, doch dazu braucht es ein besonders ausgetüfteltes Testverfahren – wir arbeiten daran.

Fazit

Der AXC24 von Digital Audio Denmark ist ein ausgezeichneter Wandler mit überragenden Klangqualitäten. Sein modulares und skalierbares Ausstattungs-Konzept macht ihn für jede Studioumgebung zu einem heißen Kandidaten. Man kann ja klein und günstiger anfangen und Schritt für Schritt ausbauen. Sein Geld ist er allemal wert.

Erschienen in Ausgabe 07/2006

Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 7830 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut