Das dynamische Duo
Aus den USA kommen zwei Geräte, die angetreten sind, den Markt der Digitalwandler umzukrempeln. Ob sie das Zeug dazu haben, zeigt dieser Test.
Von Georg Berger
Wer für sein Studio einen Digitalwandler benötigt, kann meistens nur aus Geräten wählen, die ein- und ausgangsseitige Wandler in einem Gehäuse enthalten. Die in Syracuse, New York, ansässige Firma Benchmark Media Systems hat vor zwei Jahren diese scheinbar zwingende Einheit aufgebrochen und den Digital-/Analog-Wandler DAC1 vorgestellt. Das knapp 1.000 Euro teure Gerät etablierte sich schnell und wurde zu einem Bestseller. Dieser Erfolg animierte die Entwickler nachzulegen und als passendes Gegenstück den Analog-Digital-Wandler ADC1 zu präsentieren. Der ist seit kurzem auch hierzulande für knapp 1.800 Euro erhältlich. Beide Geräte rangieren preislich also in der gehobenen Klasse.
Durch die Ausführungen der Gehäuse-Dimensionen im halben 19-Zoll Format lassen sich beide Geräte bequem in einer Höheneinheit nebeneinander im Rack montieren. Der Vorteil dieser geteilten Lösung ist offensichtlich: Je nach Einsatzzweck lässt sich ein modulares Wandlersystem mit einer unterschiedlichen Anzahl separater Analog-/Digital- oder Digital-/Analog-Wandler zusammenstellen. Wer beispielsweise mehrere analoge Signale digital wandeln, aber lediglich stereo zurückwandeln möchte, kauft sich die dafür benötigte Zahl an ADC1 Geräten – mehrere Geräte lassen sich bequem miteinander über Wordclock synchronisieren und kaskadieren – und ein DAC1. Wer indes mehrkanalig zurückwandeln möchte, beispielsweise für die Beschallung unterschiedlicher Abhörsysteme, nimmt die entsprechende Zahl von DAC1-Wandlern. Ein anderes Szenario: Sie schließen an ein älteres Digitalmischpult einen DAC1 an und verpassen dem Pult damit ein Wandler-Tuning am Ausgang.
Das Hauptfeature der Geräte ist die von Benchmark Media Systems entwickelte so genannte Ultralock-Technik, die beide Geräte unempfindlich gegen Jitter (siehe Kasten) machen soll. Die Wandler verarbeiten Samplingfrequenzen bis maximal 192 Kilohertz bei einer Wortbreite von maximal 24 Bit und senden respektive empfangen Signale im AES/EBU, S/PDIF-, sowie im ADAT-Format. Damit empfehlen sie sich auch von ihrer Leistung her für den professionellen Einsatz.
Das Innenleben von ADC1 und DAC1 ist in stabilen, vornehm wirkenden schwarzen Metallgehäusen verpackt. Die Drehregler beider Wandler mit ihren massiven Metallknöpfen sind Profi-Klasse und lassen sich angenehm zäh bedienen, wobei sie eine ganz feine 41-stufige Rastung besitzen, die das Reproduzieren von Einstellungen leicht und präzise gestaltet. Die filigranen Kippschalter sind mit ihren genauen und strammen Schaltwegen ebenfalls hochwertig. Netzschalter sucht man an beiden Geräten jedoch vergebens. Das Ziehen der Stromkabel ist also fällig, will man die Geräte komplett ausschalten. Das halten wir für etwas zu puristisch. Die Anschlüsse auf der Rückseite weisen XLR-Buchsen von Neutrik, eine optische Schnittstelle und anstelle von Cinch-Buchsen BNC-Anschlüsse auf. Alle Anschlüsse sind grundsolide in die Geräte verbaut. Wer koaxial über S/PDIF wandeln möchte, wird ebenfalls bedient: Entsprechende Adapter liegen den Geräten bei.
Mit zwei Drehreglern lassen sich am ADC1 die analogen Stereo-Eingangssignale einpegeln. Diese Möglichkeit ist nicht alltäglich, sehen die Konkurrenzprodukte in der Regel eine solche Funktion nicht vor. Das Ablesen der bereits digital gewandelten Eingangspegel erfolgt beim Analog-/Digital-Wandler durch zwei Reihen von LED-Ketten mit jeweils neun Segmenten. Per Kippschalter lassen sich dabei drei Modi anwählen, die eine unterschiedlich feine Auflösung der Pegel ermöglichen.
Die Schaltzentrale des ADC1 besteht aus einem Block mit neun LEDs, der Auskunft über die gewählte Samplingfrequenz, die Synchronisation und das Routing der Ausgänge gibt. Die Einstellung durch Wippschalter ist zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig, da über diese Matrix aus drei Reihen und Spalten die Auswahl etwas verrätselt erscheint. Über diese Matrix werden auch die zwei Modi für die optische ADAT-Schnittstelle angewählt, die außer dem S/MUX2-Modus, der eine Verdoppelung der Samplingfrequenz auf 88,2 und 96 Kilohertz ermöglicht, mit dem S/MUX4-Modus eine maximale Samplingfrequenz von 192 Kilohertz ausgeben kann.
Weiterhin gibt die dritte Spalte LEDs Auskunft über die am separaten Aux-Ausgang eingestellten Werte. Denn der ADC1 erlaubt es, an diesem Ausgang ein, im Vergleich zu den Hauptausgängen unterschiedlich gewandeltes Signal auszugeben. So lässt sich beispielsweise der Hauptausgang mit 24 Bit und 192 Kilohertz betreiben und der Aux-Ausgang mit 16 Bit und 44,1 oder 48 Kilohertz Samplingfrequenz. Der Anschluss eines CD-, MD- oder DAT-Recorders zum Mitschnitt des gewandelten Signals bietet sich dafür an.
Die Verstärkung des Eingangssignals am ADC1 erfolgt in zwei Schritten. Durch einen Kippschalter wird eine erste Vorverstärkung zwischen null, zehn oder 20 Dezibel gewählt, die in einem zweiten Schritt durch einen Drehregler nochmals fein in einem Bereich zwischen -1,3 bis +22 Dezibel justiert wird. Doch es gibt noch eine zweite Möglichkeit. Neben den Reglern befinden sich zwei Löcher, hinter denen sich Zehngang-Potentiometer verbergen. Mit einem Feinmechaniker-Schraubendreher ist die Regelung der zweiten Verstärkerstufe möglich und der Eingangspegel auf eine vorgegebene Verstärkung festlegen. Ein Kippschalter übernimmt die Wahl zwischen den Einstellungen von Spindelschraube oder Drehregler. Das ist ein klug durchdachtes Feature, das all jene Nutzer schätzen werden, die den ADC1 meist mit gleich bleibenden Pegeln versorgen, aber gelegentlich doch Peripheriegeräte anschließen wollen, die eine unterschiedliche Eingangsverstärkung brauchen.
Geradezu spartanisch ist dagegen der Digital-/Analog-Wandler DAC1 ausgestattet. Er kommt mit lediglich einem Drehregler für die Lautstärkeregelung aller Ausgänge und drei Status-LEDs aus. Doch auch er verfügt über ein besonderes Feature: zwei von Benchmark entwickelte Kopfhörerverstärker – HPA2 genannt –, die ebenfalls über den Lautstärkeregler kontrolliert werden. Als weitere Besonderheit bietet der DAC1 zusätzliche Schaltmöglichkeiten durch unterschiedliche Jumper-Belegungen im Inneren des Gerätes. So lässt sich sein Ausgangspegel in einem Bereich zwischen null bis -30 Dezibel absenken, die Impedanz der koaxialen Eingänge ist auf hochohmig umschaltbar (zum Anschluss und Durchschleifen mehrerer Geräte), und das digitale Eingangsformat kann fest vorgegeben werden.
Noch vor dem Hör- und Praxistest unterziehen wir beide Wandler intensiven Messungen im Labor. Die Ergebnisse sind beachtlich. Im Vergleich beider Geräte untereinander weist der modernere ADC1 insgesamt bessere Daten auf als der schon etwas ältere DAC1. Hervorzuheben ist hier speziell die Wandlerlinearität des ADC1, die in einem Bereich bis -140 Dezibel sehr linear verläuft. Der DAC1 schneidet in diesem Punkt sichtbar schlechter ab. Unterhalb von -90 Dezibel verläuft die Linearitätskurve plötzlich waagerecht. Bei -96 Dezibel ist Schluss. Ähnlich verhält es sich mit dem Fremdspannungs- und Geräuschspannungs-Abständen. Der ADC1 glänzt mit 118,5 und 121,3 dBu. Sein digital-analoger Kollege kommt lediglich auf 91 beziehungsweise 90 dBu.
Der Klirrfaktor beider Wandler ist allerdings mit cirka 0,0003 Prozent phänomenal gut und übertrifft sogar die Werte der exzellenten Wandler Apogee Rosetta 200 oder DAD AX24 (siehe Ausgabe 7/2006). Weiterhin auffällig ist die vorbildliche Gleichtaktunterdrückung beim analog-digitalen ADC1, die unser Messgerät (Audio Precision 2722) an seine Leistungsgrenze bringt.
Für den Praxis- und Hörtest benutzen wir dieselben Referenz-Aufnahmen wie beim Test des Apogee Rosetta 200 und DAD AX24. Die analogen Signale werden von der Bandmaschine Telefunken M15A im Verbund mit dem Telcom C4-Rauschunterdrückungssystem in den ADC1 Wandler eingespeist. Das gewandelte Signal nehmen wir über AES/EBU wiederum auf die Festplatte des Alesis Masterlink 9600 CD-Recorder in 24 Bit und 96 Kilohertz Qualität auf. Mit den Aufnahmen, die über den Rosetta 200 und den AX24 entstanden, haben wir eine Vergleichsmöglichkeit zur Beurteilung der Klangqualitäten. Über allem steht dabei als Referenz das analoge Signal. Die digitalen Aufnahmen wandeln wir über die AES/EBU-Schnittstelle abwechselnd mit dem DAC1 und Rosetta 200 ins analoge Format zurück und hören sie sowohl mit den Adam S3A Monitoren, als auch dem elektrostatischen Stax 006T Kopfhörer ab. Somit haben wir eine Vergleichsmöglichkeit geschaffen, um die unterschiedlichen Qualitäten der eingangsseitigen Wandlung bei 96 Kilohertz beurteilen zu können. Eines sei dazu vermerkt: Wir beschreiben Nuancen, keine drastischen Klangunterschiede.
Die Höreindrücke über die Adam-Monitore vermitteln, dass alle drei Wandlersysteme ihre Arbeit perfekt verrichten. Im Vergleich zum analogen Originalsignal – der ADC1 macht da keine Ausnahme – fehlt ihnen dennoch das letzte Quäntchen Silbrigkeit, Souveränität und Transparenz in den Höhen. Auffällig beim ADC1 ist eine gewisse Gefälligkeit im Gesamtklang. Die Aufnahmen klingen sehr schön und wirken angenehm schmeichelnd, weich, ja sogar fast warm. Der Eindruck entsteht, dass im Vergleich zum Rosetta 200 die Aufnahme mehr räumliche Tiefe besitzt. Man meint, dass die für die Aufnahme verwendeten Mikrofone weiter vom Instrument entfernt stehen.
Doch der Vergleich mit dem analogen Original rückt die Relationen wieder zurecht. Das analoge Original klingt direkter und macht klar, der ADC1 schönt ein wenig. Es entsteht der Eindruck, dass der obere Mitten- und der Höhenbereich minimal dezenter klingen, ohne freilich den Eindruck zu vermitteln, es fehle etwas. Die Aufnahme bekommt quasi mehr Luft zum Atmen. Der Rosetta 200 bleibt da im direkten Vergleich mit dem ADC1 eher nüchtern und analytisch, das Signal wird originalgetreuer wieder gegeben. Der Hörvergleich mit dem Stax-System bestärkt noch diese Eindrücke.
Im weiteren Verlauf des Hörtests konzentrieren wir uns auf das klangliche Ergebnis simultan gewandelter und zurück gewandelter analoger Signale bei der maximal möglichen Samplingfrequenz von 192 Kilohertz. Dazu verbinden wir die beiden Benchmark-Geräte direkt über AES/EBU miteinander. Als Vergleich dienen wiederum die analoge Referenz-Aufnahme sowie der Apogee Rosetta 200. Beide Wandlersysteme zeigen bei dieser Abtastrate, dass sie in den Höhen dem Original merkbar näher kommen. Doch der grundsätzliche Klangunterschied zwischen Rosetta und Benchmark bleibt erhalten, wenn auch abgeschwächt.
Schließlich fühlen wir der Ultralock-Technik auf den Zahn, indem wir den ADC1 über den Wordclock-Eingang mit dem externen Audio-Clock-Generator Antelope Isochrone OCX-V verbinden, der uns als Master fungiert. Seine Spezialität: Er kann Samplingfrequenzen um ±0,1 oder ±vier Prozent von den Standard-Raten abweichen lassen, was völlig verhunzte Signale simuliert. Ergebnis des Versuchs: Eine Veränderung bei 192 Kilohertz um 0,1 Prozent verkraften ADC1 und DAC1 problemlos, obwohl die Synchronisations-LED des ADC1 bereits signalisiert, dass er nicht mehr im Takt ist. Doch klanglich sind noch keine Abstriche zu verzeichnen. Erst eine Änderung der Samplingfrequenz um vier Prozent quittiert der DAC1 mit einem Aufleuchten der Fehler-LED und er schaltet stumm. Beim Test mit einer Samplingfrequenz von 44,1 und 48 Kilohertz zeigt er zwar mehr Toleranz, doch bei einer Erhöhung der niedrigsten Samplingfrequenz von 44,1 Kilohertz um 3,9 Prozent klingt das vom DAC1 ausgegebene Signal verzerrt und wackelig. Nach unten hin ist keine klangliche Veränderung feststellbar, was beachtlich ist. Denn es darf nicht vergessen werden, dass sich bei einer solchen Situation andere Digitalwandler längst verabschiedet hätten. Zugegeben, dieser Hardcore-Test ist jenseits studiorelevanter Praxis, er demonstriert jedoch, dass beide Benchmark-Geräte bestens gerüstet sind für problematische Signale.
Fazit
ADC1 und DAC1 haben bei uns einen äußerst positiven Eindruck hinterlassen, wobei der ADC1 als das neuere Gerät in einigen Teilen deutlich bessere Messwerte erreicht. Mit diesen Geräten gewandelte Signale erklingen sehr neutral auf hohem Niveau mit leichter Tendenz zum Schönen. Die beiden Benchmark-Wandler dürften vor allem für diejenigen interessant sein, die Digitalsignale bisher immer als kalt und steril empfunden haben.
Erschienen in Ausgabe 08/2006
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 1798 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut
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