Digital-Power mit Analog-Feeling
Bereits vor zwei Jahren stellte Presonus den Prototypen des Digital-Mischpults StudioLive 16.4.2 erstmals der Öffentlichkeit vor und erntete viel Aufmerksamkeit angesichts des besonderen Konzepts. Jetzt ist es endlich erhältlich und will mit einem eigenen Bedienkonzept und exzellentem Klang die Mär von kühl klingenden Digitalpulten mit komplizierter Bedienführung Lügen strafen. Ob’s klappt, erfahren Sie im Test.
Von Georg Berger
Der Vorteil liegt auf der Hand: Digital-Mischpulte warten im Vergleich zu preislich vergleichbaren reinen Analog-Konsolen mit deutlich mehr Features und Funktionen auf. Nachteil: Der Bedienkomfort lässt oftmals zu wünschen übrig. Denn um die Fülle an Einstellmöglichkeiten und Features auf das zur Verfügung stehende Arsenal an Bedienelementen zu verteilen, sind Doppelbelegungen von Schaltern und Reglern an der Tagesordnung, oder ein zentrales LC-Display mit weit verzweigten Menü-Strukturen erfordert ein gutes Gedächtnis und schränkt den Work-Flow ein. Der amerikanische Pro-Audio-Hersteller Presonus will mit seinem jüngsten Wurf, dem Digital-Mischpult StudioLive 16.4.2 in diesem Marktsegment ab sofort ein gewichtiges Wörtchen mitreden und dabei die Nachteile mit einem eigenen Bedien-Ansatz egalisieren. Das rund 2.500 Euro teure Pult bietet unter anderem 16 analoge Eingangskanäle, wahlweise Mikrofon oder Line, vier Subgruppen, eine Stereosumme, sechs Aux-Wege, zwei Stereo-Returns, einen Control-Room-Ausgang und wartet darüber hinaus mit einer Phalanx von Hochpassfilter, Noise Gate, Expander, Kompressor und Equalizer nicht nur in den Channelstrips auf. Besonderheit: Die Effekte stehen auch in den Aux-Wegen, den Subgruppen und im Summen-Ausgang zur Verfügung und lassen sich dort individuell einstellen. Eine Master-Effektsektion, bestehend aus zwei Prozessoren, offeriert in den eigens dafür reservierten Effekt-Sends zudem eine Reihe von Echo- und Hall-Algorithmen und sorgen so für die weitere Veredlung der anliegenden Signale. Ein angekündigtes Firmware-Update, das zum Zeitpunkt unseres Tests noch in der Betaphase ist, wird überdies in den Summenausgang einen 31-bandigen Graphik-Equalizer implementieren. Außer Annehmlichkeiten wie dem Abspeichern und Aufrufen von Mischpult-Einstellungen, Scenes genannt, verfügt das StudioLive-Pult zusätzlich über ein integriertes Firewire-Audio-Interface, das tief in die Struktur der Konsole eingebettet ist. Ganze 32 Kanäle lassen sich so in den Computer einspeisen und dort aufzeichnen. Umgekehrt lassen sich 18 Kanäle wieder ans Pult zurücksenden, dort inklusive der Mixer-Effekte bequem abmischen und gleichzeitig als Stereo-Signal wieder im Sequenzer aufzeichnen.
Mit diesem Konzept setzt sich das StudioLive-Pult in direkte Konkurrenz zu den n8- und n12-Digital-Konsolen von Yamaha (Test in Heft 9/2007), denen der Presonus-Mischer allerdings allein ausstattungstechnisch wie überlegen ist. Bemerkenswert: Das Presonus-Pult lässt sich nicht nur im Verbund mit jedem beliebigen Sequenzer betreiben. Im Lieferumfang findet sich mit Capture eine einfach bedienbare Recording-Software mit überschaubarer Ausstattung, die speziell auf das StudioLive 16.4.2 angepasst ist. Capture kann zwar nicht mit der Ausstattung und den Möglichkeiten von typischen Sequenzern mithalten, man kann zwar maximal 18 Spuren aufnehmen und zwar die 16 Channelstrips plus die Stereosumme. Doch die Aufnahme von MIDI-Spuren sowie der Einsatz von Plug-ins ist nicht möglich. Doch wenn es um das einfache Aufzeichnen und grobe Bearbeiten von Audio-Signalen etwa im Live-Betrieb geht, ist die Software eine willkommene und gelungene Alternative. Dafür kann Capture die aufgezeichneten Spuren wahlweise als einzelne wav-Files oder im OpenGL-Format exportieren, um sie anschließend in einem Sequenzer weiterzubearbeiten. Der Anwender erhält also eine Rundum-Lösung zum Aufnehmen und Abmischen von Musik, ganz gleich ob bei einem Live-Konzert, im Proberaum oder im Projekt-Studio. Wer mehr Kanäle braucht, kann über die Firewire-Schnittstelle übrigens ein zweites StudioLive-Pult anschließen und mit dem ersten kaskadieren. Äußerlich gibt sich das Presonus-Pult eindeutig als Kompakt-Mischer zu erkennen. Mit einem Kampfgewicht von knapp zehn Kilogramm ist es jedoch kein Leichtgewicht, was die robuste und stabile Verarbeitung nochmals unterstreicht. Durch Anschrauben der mitgelieferten Schienen lässt es sich bequem in ein Rack schrauben. Abseits dessen macht der Presonus-Mischer als Desktop-Gerät eine sehr gute Figur. Anders als bei den meisten Kompaktpulten, ist beim StudioLive 16.4.2 mit Ausnahme der Faderbank, der Großteil der Bedienoberfläche ergonomisch vorteilhaft angeschrägt. Das Bedienen und Ablesen der Regler geschieht dadurch vor allem im Sitzen sehr komfortabel. Die Taster, Drehregler und Fader wirken wertig, wenngleich uns der Lauf der Fader zu leicht ausfällt, ähnlich wie die Regler der TL Audio-Pulte. Doch das ist Geschmackssache. Auffällig: Die Fader sind nicht motorisiert und bewegen sich bei Aufruf einer neuen Mixer-Scene daher nicht automatisch in die entsprechenden Positionen, was auf den ersten Blick negativ erscheint, aber angesichts des vergleichsweise niedrigen Preises nicht verwundert. Zumal der Hersteller eine eigene Lösung ersonnen hat. Denn nach Aufruf der Scene können wir mit Hilfe sämtlicher LED-Meter-Ketten die Fader exakt mit den in der Scene abgespeicherten Positionen abgleichen. Dabei müssen sie solange bewegt werden, bis nur noch die mittlere LED aufleuchtet. Während des Tests gelingt dies von Mal zu Mal immer flotter. In Konzert-Situationen ist diese Lösung sehr brauchbar, wenn mehrere Bands gemischt werden sollen. Bei Aufnahme-Sessions mit ständig wechselnden Besetzungen ist diese Art der manuellen Rekonstruktion ebenfalls noch brauchbar. Doch wer unbedingt Pultautomationen haben will, guckt konzeptions- und ausstattungsbedingt in die Röhre und muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. Das Arsenal an verfügbaren Ein- und Ausgängen ist sehr üppig ausgefallen und schielt in Richtung Profi-Lager. Die Channelstrips bieten separate XLR- und Klinkenbuchsen für Mikrofon- und Line-Signale, die allerdings pro Kanal nicht gleichzeitig belegt werden können. Ausnahmslos jeder Kanal verfügt über eine Insert-Buchse zum Einschleifen externer Effektgeräte noch vor der AD-Wandlung und über die beiden DB25-Buchsen lassen sich die Eingangssignale via Kabelpeitsche direkt nach dem Vorverstärker und noch vor den Inserts wieder aus dem Pult herausführen. Schade ist, dass es keine schaltbare Hi-Z-Funktion für die Line-Buchsen gibt, die einen direkten Anschluss elektrischer Instrumente möglich machen würde. Dafür bietet das Presonus-Pult separate Subgruppen-Ausgänge, einen zusätzlichen Control-Room-Ausgang, einen regelbaren Talkback-Anschluss sowie drei Optionen zum Herausführen des Summensignals, wahlweise in stereo über XLR und Klinke oder in mono über XLR. Besonderheit: Kleine Gain-Potis erlauben ein Feinjustieren der Summen-Lautstärke unabhängig von der Einstellung des Summen-Faders. Digital findet sich, außer zwei Firewire-Anschlüssen, lediglich ein koaxialer S/PDIF-Ausgang. Ein regelbarer Kopfhörer-Anschluss ist selbstverständlich auch vorhanden.
Um der Vielzahl an Einstellmöglichkeiten Herr zu werden, haben die Presonus-Entwickler ein raffiniertes Bedienkonzept entwickelt. Dort, wo sich erwartungsgemäß eine Vielzahl an Drehreglern für die Aux-Sends und Equalizer dicht gedrängt tummeln sollten, findet sich lediglich eine in blau abgesetzte und übersichtlich gestaltete Sektion, bestehend aus jeweils 16 LED-Meter-Ketten mit darunter angeordneten Endlos-Drehreglern sowie eine Reihe von hinterleuchteten Tastern. Diese Sektion, von Presonus augenzwinkernd „Fat Channel“ genannt, erlaubt das Einstellen und Anwenden der eingangs erwähnten Studio-Effekte für jeweils einen einzelnen Kanal. Nach Druck auf den Select-Taster eines Kanalzugs stehen die Effekte für diesen Kanal zwecks Bearbeitung im Fat Channel bereit. Die LED-Ketten geben dabei Auskunft über die Parameter-Werte, die mit den dazu korrespondierenden Drehreglern bequem editierbar sind. Mit diesem Konzept lassen sich en detail und übersichtlich für jeden Kanal die notwendigen Einstellungen vornehmen. Sämtliche Parameter stehen im direkten Zugriff und der Aufruf zusätzlicher Bedienebenen erübrigt sich. Ein Erlernen neuer Befehle oder das Scrollen durch unzählige Menüseiten ist nicht erforderlich. Mit dieser cleveren Lösung haben die Presonus-Entwickler erfolgreich eine Vielzahl an Einstellmöglichkeiten kompakt unter einen Hut gebracht und analoges Feeling in ein Digitalpult integriert. Das LC-Display innerhalb der Master-Sektion dient lediglich zum Editieren der zwei Effekt-Prozessoren, zum Verwalten von System-Einstellungen und Mixer-Scenes. In Sachen Bedienkomfort gibt’s jedenfalls dafür die Bestnote. Wichtig: Unabhängig vom gerade selektierten Kanal ist das gleichzeitige Editieren der übrigen Fader, Gain-Regler, Mute- und Solo-Taster selbstverständlich möglich. Doch ganz ohne Doppelfunktionen kommt auch das Presonus-Pult nicht aus: Über die Taster der Meter-Sektion schalten wir auf die LED-Ketten des Fat Channel blitzschnell verschiedene Anzeigen, die Auskunft über die anliegenden Pegel aller Kanalzüge geben. Zur Auswahl stehen Pre- und Postfader Pegel und wir können uns zusätzlich vorgenommene Dynamikreduktionen sowie die Summenpegel der Aux-Wege und Effekt-Busse anzeigen lassen. Somit hat der Anwender stets sowohl einen mikroskopischen Einblick in einen Kanalzug, als auch mit einem Tastendruck die Möglichkeit, sich ein Gesamtbild über die Mischvorgänge im StudioLive-Pult zu machen. Die Pegel von Subgruppen und Summen-Ausgang lassen sich in den Meter-Ketten der Master-Sektion ständig ablesen. Besonderheit: Zwei zusätzliche LED-Ketten zeigen den Eingangspegel und die Dynamikreduktion des gerade auf den Fat Channel gerouteten Kanals an. Im Test macht das Editieren im Fat Channel ohne Ausnahme einen Riesen-Spaß. Sämtliche Komponenten sind per Button aktivierbar, was auch die einzelnen Bänder des Vier-Band-Equalizers mit einschließt und innerhalb kurzer Zeit haben wir die gewünschten Einstellungen vorgenommen. Jedoch sollte man sich nicht von der eher groben Werte-Einteilung der LED-Ketten täuschen lassen. Denn die Drehregler bieten eine hohe Auflösung und Filter-Sweeps erfolgen ohne klangliche Sprünge sehr weich und organisch. Die Klangqualität sämtlicher Fat-Channel-Module ist dabei sehr gut. Sie überzeugen durch hohe Transparenz und können sowohl unauffällig, organisch als auch in Extremstellungen deutlich kraftvoll und färbend ans Werk gehen. Ein Highlight ist dabei der Kompressor, der sich im Test als besonders kreatives Sound-Design-Werkzeug entpuppt. Anliegende Schlagzeug-Sounds verbiegen wir mit entsprechend extremen Einstellungen nachhaltig, indem wir gezielt auf die Ein- und Ausschwingphasen Einfluss nehmen. So blenden wir das Nachschwingen einer Bass-Drum komplett aus und verwandeln den vormals voluminösen Sound in einen kurzen und knappen Impuls. In Verbindung mit dem Noise Gate, das auch als Expander fungieren kann, nehmen wir nochmals Einfluss auf den Sound und formen die Transienten weiter aus. Sehr schön: Für jeden Channelstrip lässt sich individuell einstellen, ob ein Noise Gate oder ein Expander im Fat Channel arbeiten soll, was kinderleicht über das System-Menü im LC-Display geschieht. Darüber hinaus verfügt der Kompressor über eine schaltbare Soft- und Hardknee-Charakteristik, per Limit-Taster wird die Ratio auf unendlich gestellt, was die Einsatzmöglichkeiten entsprechend erweitert. Anlass zur Kritik gibt jedoch der aktivierbare Auto-Modus für die Attack- und Releasephase. Anders als erwartet arbeitet dahinter kein intelligenter Algorithmus, der beide Phasen dynamisch den anliegenden Signalen anpasst. Vielmehr werden fest vorgegebene Zeiten aufgeschaltet, die sich anschließend nicht ändern lassen. Das hat nichts mit einer Automatik zu tun und bietet mehr Einschränkungen als eine Arbeitserleichterung. Da ist noch Spielraum für ein kommendes Firmware-Update vorhanden. In der momentanen Ausführung gibt’s dafür einen Minuspunkt.
Sehr opulent ist hingegen das Hochpassfilter ausgefallen. Die Centerfrequenz ist in einem Bereich zwischen 24 Hertz und einem Kilohertz justierbar. Versöhnt werden wir auch im Equalizer durch die Möglichkeit, die Außenbänder zwischen Bell- und Shelving-Charakteristik umzuschalten und in den Mittenbändern zwischen zwei unterschiedlichen Filtergüte-Einstellungen wählen zu können. Trotz fest vorgegebener Werte, die sich nicht nachträglich ändern lassen, vermissen wir einen eigenen Filtergüte-Regler nur sehr selten. Im Vergleich zum Kompressor arbeitet der Equalizer zwar nicht ganz so kraftvoll, er überzeugt vielmehr selbst in Extremstellungen durch Zurückhaltung und empfiehlt sich daher als unauffällig arbeitendes Frequenzkorrektur-Werkzeug. Damit ist der Funktions-Umfang im Fat Channel jedoch noch nicht erschöpft. Am Ende des Studio-Effekte-Reigens steht ein Panpot und über Taster routen wir das Signal additiv auf die einzelnen Subgruppen und den Summenkanal. Eine Link-Funktion erlaubt das Verknüpfen von zwei Kanälen zu einem Stereo-Channelstrip, was übrigens auch mit den Aux-Wegen und Subgruppen möglich ist. Sehr bequem ist auch die Möglichkeit, über die Load-, Save- und Copy-Taster die Einstellungen eines Fat Channels auf andere Kanalzüge anzuwenden. Im Lieferumfang finden sich 50 sehr gut brauchbare Fat Channel Presets, die hervorragend als Ausgangsbasis für eigene Bearbeitungen dienen. Sicherlich könnte man jetzt das eine oder andere fehlende Feature bemängeln, bei dem gerade die Vorteile eines Digital-Pults zur Geltung kommen würden, wie etwa eine Voll-Parametrik des Equalizers oder flexible Verknüpfungs-Möglichkeiten der einzelnen Fat Channel Module. Presonus setzt jedoch auf eine übersichtliche Ausstattung und bewahrt den Anwender vor allzu vielen Einstell-Optionen, die wiederum zu Lasten des Bedienkomforts gehen würden. Es hätte dem Mixer durchaus schon zur Ehre gereicht, wenn der Fat Channel ausschließlich in den Channelstrips verfügbar wäre. Doch damit haben sich die Presonus-Entwickler nicht zufrieden gegeben und das Modul auch in die Signalwege der Subgruppen, des Summen-Ausgangs, der Aux Wege, den Effekt-Sends und sogar in den Stereo-Returns integriert, das über einen jeweils eigenen Select-Taster erreichbar ist. Eine derart opulente Ausstattung, zumal in diesen Signalwegen, findet man nicht alle Tage, in dieser Preisklasse schon gar nicht, und adelt das StudioLive 16.4.2 zusätzlich. Mit dieser Auslegung ist der StudioLive-Mixer für alle denkbaren Recording- oder Live-Situationen bestens gerüstet und sticht locker jede Analog-Konsole aus. Vorteil: Der Anschluss und Gebrauch von Studio-Peripherie reduziert sich deutlich und Monitor-Mixe über die Aux-Wege können beispielsweise im Live-Betrieb gezielt auf die akustischen Gegebenheiten der Bühne eingestellt werden. Das Erstellen von Monitor-Mixen über die sechs Aux-Wege geschieht ebenfalls kinderleicht. Ein simpler Druck auf einen Mix-Taster in den Feldern der Aux-Sektion genügt. Daraufhin lassen sich die 16 Eingangskanäle mit Hilfe der Fat Channel Regler und LED-Ketten anteilig auf den gerade selektierten Aux-Send mischen. Einfacher geht’s nimmer. Sind zwei Aux-Wege via Stereo-Link-Funktion miteinander verknüpft, lässt sich durch Druck auf den Mix/Pan-Taster das Panorama der Kanalzugsignale im Aux-Weg einstellen. Wichtig: Die Bedienelemente in den sechs Feldern der Aux-Sektion dienen hierbei zur Einstellung des Aux-Ausgangs-Signals. Mit dem Poti stellen wir also die Gesamtlautstärke des Aux-Wegs ein, über den Select-Taster rufen wir den Fat Channel auf und per Taster schalten wir auf Solo und zwischen Pre- und Postfader-Abgriff um. Die zusätzlichen zwei Sends für die integrierten Effekte bieten im Unterschied zu den Aux-Wegen einen Mute-Taster und im Fat Channel können die Effekt-Signale auf die Subgruppen und die Summe geroutet werden. Letzteres ist auch für extern eingeschleifte Effekte über die beiden Stereo-Returns möglich. Auch in Sachen Aux-Wege bietet Presonus wiederum einen Bedienkomfort, der auf analoger wie digitaler Seite seines Gleichen sucht. Die Ausstattung der Master-Sektion zeigt sich ebenfalls gleichwohl übersichtlich und mächtig. Separate Regler zum Einstellen der Kopfhörer-Lautstärke, den Control-Room-Ausgang, Talkback, Solo-Bus, die beiden Effekt-Returns und die per Cinch-Buchsen eingespeisten Signale der 2-Track-Eingänge lassen keine Wünsche offen. Jedem Regler sind zusätzlich Taster beigeordnet zum Ausführen weiterer Funktionen und Routing-Optionen. So bietet der Presonus-Mischer unter anderem eine schaltbare Pre-/Afterfader-Listening- sowie eine aktivierbare Solo-in-place-Funktion im Solo-Bus. Das Talkback-Signal kann additiv auf die Hauptsumme und auf die Aux-Wege geroutet werden und die 2-Track-Signale lassen sich direkt auf den Haupt-Ausgang oder den Control-Room legen. Abgerundet wird die Master-Sektion jedoch erst durch die Funktionen und Bedienmöglichkeiten, die über das LC-Display erreichbar sind. Der Anwender wird dort zumeist die Reverb- und Delay-Presets der beiden Effekt-Prozessoren aufrufen – 50 Presets sind ab Werk vorprogrammiert –, die sich dort auch editieren lassen. Der Vorrat an zumeist zwei bis acht editierbaren Parametern ist überschaubar, aber ausreichend. Dank Tap-Taster lässt sich etwa im Live-Betrieb geschwind eine neue Delay-Zeit einstellen. Die Klangqualität der Effekte ist durchschnittlich und siedelt sich im Mittelklassebereich an. Auffällig im Grundsound ist eine leichte Dominanz im Höhenbereich, die je nach Effektstärke zuweilen bissig klingen kann. Doch unterschätzen darf man die Effekte in keiner Weise, liefern sie auf die Schnelle ein sehr breites Repertoire an Raum- und Echosimulationen, die komfortabel einsetzbar sind. Wer mehr Klangqualität haben will, kann dank des integrierten Audio-Interface sogar seine besten Effekt-Plug-ins via Klapprechner ins Pult einbinden. Doch dazu später mehr.
Über den Scene-Taster erreicht man die Seiten zur Verwaltung und zum Aufruf von Mixer-Scenes. Besonderheit: Beim Speichern einer Scene werden grundsätzlich sämtliche Einstellungen im Pult erfasst. Beim Laden hat der Anwender hingegen die Wahl, welche Teile einer Scene geladen werden sollen, etwa nur die Aux-Settings und -Mixe, Fat Channel-Einstellungen, oder die Fader- und Panpot-Einstellungen. Der Anwender erhält damit flexible Auswahlmöglichkeiten und kann sich je nach Situation das Passende auswählen, was sehr clever gelöst ist. Last but not Least finden sich eine Reihe von System-Einstellungen, die direkten Einfluss auf die Arbeitsweise des Pults nehmen. Wichtig zu erwähnen ist dabei die Einstellmöglichkeit, die Channelstrip-Signale in zwei verschiedenen Prefader-Einstellungen an die Aux-Wege zu schicken. In Stellung Pre1 wird das Signal ohne Kompressor und Equalizer und im Pre2-Modus mit sämtlichen Fat Channel-Modulen an die Aux-Wege geschickt. Die Option ist selbstverständlich für jeden der sechs Aux-Wege individuell einstellbar. Gleiches gilt auch für die beiden Effekt-Busse, die ebenfalls individuell auf die Aux-Wege schaltbar sind. Das bisher Vorgestellte bezieht sich ausschließlich auf die Mixer-Funktionen des Pults, doch die Presonus-Entwickler haben ja mit dem StudioLive 16.4.2 ein „richtiges“ Digitalmischpult kreiert und dazu gehört ein standesgemäßes Audio-Interface. Wie eingangs erwähnt, ist das Mischpult in der Lage über Firewire simultan 32 Kanäle zu senden und 18 Kanäle zu empfangen. Allerdings geschieht das mit einer maximalen Samplingfrequenz von 48 Kilohertz, dafür aber mit Wortbreiten bis 24 Bit. Presonus macht mit dieser Auslegung ein Zugeständnis an den Verkaufspreis und die Echtzeitfähigkeit des Pultes. Immerhin muss der verbaute DSP 30 Fat Channel und zwei Effekt-Prozessoren simultan berechnen. Sehr gut gelungen ist die Ein- und Anbindung des StudioLive-Mixers an den Rechner und die DAW, was kinderleicht und ohne viel Aufwand geschieht. Denn der Firewire-Port ist ständig aktiv und leitet eingespeiste Signale als permanenten Datenstrom nach draußen und nimmt sie umgekehrt vom Rechner entgegen. Wer Aufnahmen über die Capture-Software anfertigen will, braucht lediglich die gewünschten Kanäle in der GUI in Aufnahmebereitschaft zu versetzen, da die Channelstrips automatisch den 16 Kanälen der Software zugewiesen sind. Die Einbindung in andere Sequenzer ist ebenfalls ein Kinderspiel. In Cubase 5 braucht man im VST-Verbindungs-Dialog nur die gewünschte Zahl an Ein- und Ausgängen zu definieren und die erzeugten Verbindungen anschließend in den Tracks des Projektfensters einsetzen. Wichtig: Die Firewire-Kanäle eins bis 16 führen die Signale der Channelstrips. Sie gelangen prefader in den Rechner. Über den Dig-out-Taster lässt sich zusätzlich bestimmen, ob das Signal mit oder ohne Fat Channel Effekte in den Rechner geleitet werden soll. Die Firewire-Ausgänge 17 bis 32 erlauben die Aufnahme weiterer Signale in den Rechner. So lassen sich die Mastersumme, die Subgruppen, Aux- und Effekt-Sends, die Returns, der 2-Track-, Talkback- und Solo-Bus bei Bedarf ebenfalls mit aufnehmen. Anders als die Kanalzug-Signale gelangen sie jedoch postfader in den Rechner. Über den Auxiliary-Dialog des Control Panels, das zusammen mit dem Treiber installiert wird, haben wir die Möglichkeit, die oben erwähnten Signalwege paarweise nach eigenen Wünschen auf die weiteren Audio-Interface-Kanäle zu routen. Wichtig: Ein- und ausgangsseitig repräsentieren die Kanäle 17/18 die Mastersumme, was vor allem für die Capture-Software wichtig ist, da über diese Firewire-Leitungen das zusätzliche Stereosignal aufgenommen wird. Wer anstelle der Master-Summe etwa zwei Aux-Wege aufnehmen möchte, routet das entsprechende Pärchen auf dieses Kanalpaar. Die Firewire-Ausgänge 31/32 leiten die dort eingesetzten Kanäle zusätzlich an den S/PDIF-Ausgang weiter. Wer also beispielsweise bei einem Live-Konzert einen Stereo-Mitschnitt über die Aux-Wege fünf und sechs im Rechner aufzeichnen will, routet das Kanalpärchen im Panel auf diese Firewire-Ausgänge und kann über S/PDIF einen Stand-alone-Recorder als Back-up anschließen und über die Aux-Buchsen des Pults etwa einen separaten Kopfhörer-Verstärker zwecks Monitoring anschließen. Vom Prinzip erinnert das an die flexiblen Routing-Möglichkeiten der Focusrite-Saffire-Interfaces (Tests in Heft 2 und 9/2009).
Doch das Presonus-Pult kann noch mehr. Über die mit einem Firewire-Symbol gekennzeichneten Input-Tasten routen wir die im Sequenzer aufgenommenen Signale ohne Umschweife auf die Channelstrips des StudioLive 16.4.2. Dabei ist das Routing fest vorgegeben, also Firewire-Eingang eins geht auf den ersten Channelstrip, Firewire-Eingang zwei auf den zweiten Presonus-Kanalzug, und so weiter. Sinn und Zweck: Wer mag, kann auf diese Weise einen Mixdown der aufgezeichneten Spuren im Pult vornehmen inklusive Fat Channel und Effekt-Bus-Bearbeitung. Logischerweise muss im Sequenzer die erforderliche Anzahl an Ausgängen definiert sein, die einzeln auf die Sequenzerspuren verteilt werden müssen. Die Master-Summe des Sequenzers muss ebenfalls fest auf die Kanäle 17 und 18 geroutet werden, möchte man den im Sequenzer angefertigten Rohmix über das Pult abhören. Durch Druck auf die Firewire-Taster unterhalb des 2-Track- und Monitorreglers lässt sich die Sequenzer-Summe blitzschnell ins Pult leiten und von dort etwa an die Control-Room-Monitore schicken. Mit den gebotenen Möglichkeiten sind opulente Aufnahme-Szenarien möglich, bei der das StudioLive-Pult als mächtige Schalt-, Wandler- und Signalverteiler-Zentrale zu punkten und zu überzeugen weiß. Die einzigen Wünsche, die unerfüllt bleiben, sind eine MIDI-Schnittstelle sowie ins Pult integrierte Transporttasten zum Ansteuern von Sequenzern. Das Presonus StudioLive 16.4.2 weiß nicht nur in Sachen Ausstattung und Bedienkomfort zu punkten. Auch den Test-Marathon im Professional audio Meßlabor absolviert das Digitalpult mit Bravour. Die Mikrofonverstärker bieten mit knapp 70 Dezibel Verstärkung ausreichend Reserven, um auch leisen dynamischen Mikrofonen auf die Sprünge zu helfen. Bei den Messungen für den Geräusch- und Fremdspannungsabstand an den Mikrofon-Eingängen erhalten wir mit 86,6 und 84 dBu sehr gute Ergebnisse. Die gleichen Messungen an den Line-Eingängen liefern nur minimal schlechtere Werte. Der Klirrfaktor überschreitet von 20 Hertz bis 20 Kilohertz niemals die 0,018 Prozent-Marke. Der Noisefloor im FFT-Spektrum liegt unterhalb -90 Dezibel, was ebenfalls exzellent ist. Zwar zeigt sich ein Peak bei 100 Hertz, der bis circa -82 Dezibel reicht, aber nicht weiter ins Gewicht fällt. Die Streuung bei der Gleichtaktunterdrückung zwischen den 16 Kanälen beträgt bis zu 20 Dezibel. Allerdings beginnt die Dämpfung selbst des schlechtesten Kanals bei ordentlichen -45 Dezibel und steigt zu den höheren Frequenzen zu guten -55 Dezibel. Damit sind Kabellängen bis zu 30 Meter kein Problem, gute Kabel vorausgesetzt. In Sachen Übersprechdämpfung ist die Welt absolut in Ordnung. Der Kurvenverlauf beginnt im Bassbereich bei vorbildlichen -100 Dezibel um im weiteren Verlauf kontinuierlich bis auf immer noch sehr gute -60 Dezibel anzusteigen. In Sachen Wandlerlinearität nimmt es das Presonus-Pult sogar mit der Highend-Liga auf. Bis hinab auf circa -115 Dezibel verläuft die Messkurve wie mit dem Lineal gezogen.
Im Hörtest muss sich das StudioLive 16.4.2 mit unserer Referenz, bestehend aus dem Lynx Aurora-Wandler in Kombination mit dem Mikrofon-Verstärker Lake People Mic-Amp F355 messen, eine Kombination, die zusammen fast das Doppelte des Mischers kostet. Im direkten Vergleich beider Vorverstärker – wir gehen über den Direct out des Pults in den Lynx-Wandler – muss sich der eigens für das StudioLive-Pult entwickelte XMAX-Vorverstärker unserer Referenz erwartungsgemäß geschlagen geben. Die Signale sind nicht so fein nach oben hin aufgelöst wie beim Lake People Verstärker. Aufnahmen über den Presonus-Preamp gleich welcher Art klingen ein wenig zweidimensionaler und vordergründiger bei einer gleichzeitig leichten Anhebung im Mittenbereich, was die Knurrigkeit einer E-Bass-Aufnahme aber durchaus unterstreicht. In Sachen Feinzeichnung und Plastizität muss der XMAX-Preamp dem Lake People den Vortritt lassen, was jedoch durchaus in Ordnung geht angesichts des Verkaufspreises. Beim Vergleich zwischen Presonus- und Lynx-Wandler schälen sich ebenfalls Unterschiede heraus. Dazu speisen wir den Lake People-Verstärker über den Return ins Pult und erledigen dort die Digitalisierung des Signals. Das Ergebnis: Die im StudioLive verbauten Wandler erzeugen einen im Vergleich zu Lynx-Aurora schlankeren Klang, der eine Dominanz im oberen Mitten- und Höhenbereich besitzt und die Bässe und Mitten vergleichsweise unterrepräsentiert wirken lässt. Insgesamt klingen die Ergebnisse dadurch frischer und luftiger, was durchaus zu gefallen weiß und keinen Makel darstellt. Zudem erklingen die über das Presonus-Pult gewandelten Signale wiederum vordergründiger, direkter und kräftiger. Auffällig: Aufnahmen, die ausschließlich mit dem Presonus-Pult angefertigt sind, lassen nichts von den oben erwähnten Auffälligkeiten der Vorverstärker erkennen. Stattdessen macht sich die vorhin erwähnte Dominanz im Höhenbereich wiederum bemerkbar, die jedoch zu keiner Zeit unangenehm klingen. Die Aufnahmen wirken zudem vordergründiger und prominenter als über unsere Referenz, außerdem erhalten sie einen gewissen Schimmer, was im Test durchaus zu gefallen weiß. Wem die Aufnahmen dennoch zu crisp klingen sollten, hat Dank des Fat Channel jedoch ein probates Mittel an der Hand, um dem entgegenzuwirken. Alles in allem spielt der Mixer klanglich auf einem überraschend hohen Niveau.
Fazit
Presonus gelingt mit dem Digitalmischpult StudioLive 16.4.2 ein großer Wurf in Sachen Ausstattung, Bedienkomfort und Klang. Das amerikanische Unternehmen beweist eindrucksvoll, wie sich eine schier unglaubliche Anzahl von Features ergonomisch integrieren und bedienen lassen. Durch das implementierte Audio-Interface erweitern sich die Einsatzmöglichkeiten enorm und mit dem Fat Channel geben die Entwickler dem Pult überdies eine wirkungsvolle Geheimwaffe mit sehr guten klanglichen Eigenschaften an die Hand, die in jeder Situation die passende Antwort parat hält und das nicht nur in den Channelstrips. Der Grundsound des Pults besitzt charakteristische Eigenheiten, die von Vielen durchaus geschätzt werden. Ausprobieren heißt die Devise.
Erschienen in Ausgabe 08/2009
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 2495 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
Hinterlasse einen Kommentar