Drahtlos glücklich

Als Teil der Digital Wireless-Serie hat Sony jüngst das flexible Vocal Set DWZ-M50 vorgestellt. Wie flexibel und zuverlässig das neuartige System ist und wie es um seine Klangqualität steht, zeigt der Test.

Von Sylvie Frei 

Flexibilität und ein reibungsfreier Ablauf sind besonders wichtig, wenn es um eine gelungene musikalische Bühnen-Performance oder um Live-Aufnahmen geht. Zur Überbrückung größerer Distanzen zwischen Musiker und Tonregie sowie für maximale Bewegungsfreiheit sind drahtlose Systeme das Mittel der Wahl, doch können diese mit unter sehr störanfällig sein. Die Sony-Entwickler haben sich dieser Problematik angenommen und mit ihrer Digital Wireless-Serie ein komplett neuartiges System entwickelt, das mit besonders hoher Übertragungssicherheit, guter Audioqualität und einer einfachen Handhabung punkten soll.
Das DWZ-M50 Vocal Set kostet rund 550 Euro und eignet sich laut Hersteller am Besten für kleinere und mittlere Musikveranstaltungen und Live-Events, bei denen Distanzen von maximal 100 Metern zu überbrücken sind. Bestehend aus dem nur etwa 300 Gramm leichten ZTX-M01 Mikrofon-Handsender ZTX-M01 und dem kleinen Half-Rack-Empfänger ZRX-HR50 bietet das Set zudem einige interessante Features: Der Handsender ist standardmäßig mit einer dynamischen Kapsel mit Nierencharakteristik ausgestattet. Diese ist je nach Bedarf durch eine Kapsel mit baugleichen Anschlüssen, auch von Drittherstellern wie beispielsweise Shure, Schoeps, Heil Sound oder Neumann austauschbar. Damit ist das System nicht an eine einzige Kapsel gebunden, sondern kann als flexibles Träger-Set für unterschiedlichste Mikrofone dienen.
Der Handsender wird mit zwei AA-Alkali-Trockenzellenbatterien respektive wieder aufladbaren Nickel-Metallhydrid-Batterien oder Lithium-Batterien betrieben. Bei optimalen Bedingungen und Batterien kann das Vocal Set für ganze zehn Stunden am Stück eingesetzt werden.

Der Empfänger arbeitet über True Diversity, ein System, das bei Drahtlossystemen von men hoher Qualität bevorzugt zum Einsatz kommt. True Diversity-Systeme zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl mit zwei Antennen als auch mit zwei Empfängerteilen ausgestattet sind. Bei Betrieb wird im Gerät ständig gemessen, wie hoch die Feldstärke des jeweiligen Funksignals ist. Der Empfänger verbindet sich dann wechselweise über das momentan stabilere Signal, wodurch das Risiko möglicher Signal-Ausfälle minimiert wird.
Das DWZ-M50 überträgt mit 2,4 Gigahertz in einem Frequenzbereich, über den auch WLAN- und Bluetooth-Systeme arbeiten. Damit das Vocal Set möglichst störungsfrei mit derartigen Systemen koexistieren kann, haben sich Sony etwas Schlaues einfallen lassen und ein spezielles Frequenzhopping- und Frequenzmanagementverfahren entwickelt, über das nahtlos und automatisch während der Performance stets zum Kanal mit der derzeit besten Sendequalität gewechselt wird. Zudem kann das Set sowohl über das etwas schnellere Schmalband als auch über das weniger störanfällige Breitband kommunizieren, wobei selbst beim Breitband laut Herstellerangabe eine Latenz von etwa 4 Millisekunden nicht überschritten wird. Bis zu sechs Kanäle können gleichzeitig benutzt werden, wobei es auch möglich ist, gleichzeitig mehrere Sender- und Empfängergeräte zu benutzen.
Das DWZ-M50 Vocal Set überträgt unkomprimiert mit einer Wortbreite von 24 Bit und einer Sampling-Rate von 48 Kilohertz. Anders als bei analogen Funksystemen üblich, kommt es zudem ohne einen Compander aus, wodurch das Signal in seinem vollen dynamischen Umfang von zehn bis 22 Kilohertz erhalten bleibt. Darüber hinaus lässt sich das Signal praktischerweise durch einen im Empfänger integrierten Fünfband-Equalizer bearbeiten und von eventuellen Hintergrundgeräuschen befreien.
Über den großen Druckgeber/Drehregler sind sämtliche Settings mit Hilfe des kleinen Farbdisplays einzustellen.
Der Empfänger verfügt über einen symmetrischen, je nach Erfordernissen zwischen Mic und Line umschaltbaren XLR-Ausgang und zwei unsymmetrische Klinkenausgänge. Zudem besitzt er einen USB-Port, der zum Aufspielen von Firmwareupdates dient.
Die Stromversorgung für den Empfänger erfolgt über das mitgelieferte Netzteil. Im Lieferumfang befinden sich die zwei Antennen für das Empfängergerät, ein Mikrofonhalter, das englischsprachige Handbuch in gedruckter Form sowie in weiteren Sprachen, darunter Deutsch, in digitaler Form auf CD. Das anmelde- und gebührenfrei betreibbare Drahtlos-Set lässt sich direkt out of the Box auf der Bühne oder im Studio einsetzen.

Das hört sich doch ziemlich vielversprechend an. Höchste Zeit sich das Vocal Set einmal genauer anzusehen und es in Betrieb zu nehmen. Sobald die Antennen mit dem handlichen Empfängergerät verschraubt und aufgerichtet sind, kann es über das Netzteil ans Stromnetz angeschlossen und eingeschaltet werden. Jetzt gilt es nur noch den Handsender mit zwei AA-Batterien auszustatten, einzuschalten und los geht’s.
Der Empfänger-Display zeigt sofort alle relevanten Daten auf einen Blick: Kanalnummer, Sendesignalstärke und über welche Antenne derzeit gesendet wird, die verbleibende Batterien-Lebensdauer, der Signalpegel sowie den Aktivitätsstatus des Equalizers. Das Vocal Set ist dabei derart eingestellt, dass es nach kurzem Einpegeln mittels Drehregler sofort einsatzbereit ist. Damit hat es den Plug-and-Play-Fähigkeitstest bereits mit Bravour bestanden.
Auch die übrigen Einstellungen lassen sich im Test schnell und intuitiv vornehmen. Über den Druckgeber/Drehregler und den praktische Escape-Knopf ist das Navigieren im Menü kinderleicht. Dieses besteht aus den drei Hauptkategorien Channel Setup, Audio Setup und Advanced Settings. Im Channel Setup können sämtliche für die Kanalauswahl relevanten Einstellungen vorgenommen werden. Für die Kanalauswahl gibt es drei unterschiedliche Optionen: Unter Channel Selection ist der Kanal mit der geringsten Störung automatisch konfigurierbar. Clear Channel Scan zeigt hingegen sämtliche Kanäle samt Stabilitätsstatus an, sodass der Nutzer selbst wählen kann, über welchen er senden möchte. Der Status des jeweiligen Kanals wird dabei über die Formatierung der Kanalbezeichnung angezeigt: Weiß und unterstrichen ist die Anzeige für die Kanäle mit der geringsten Störung, weiß die mit geringer Störung und bereits verwendete oder mit starker Störung behafteten Kanäle werden grau dargestellt. Sind keine freien Kanäle verfügbar, wird die Meldung „No Clear Channel“ angezeigt. Über Manual Setup ist der Kanal letztlich ohne vorherige Statusanzeige manuell konfigurier- und auswählbar.
Unter der Rubrik Audio Setups nimmt der Anwender bei Bedarf sämtliche Equalizer-Einstellungen vor und aktiviert oder deaktiviert die TX Muting-Funktion. Ist diese aktiv, wird beim Stummschalten des Handsenders auch kein Ton mehr an der Ausgangsbuchse ausgegeben. Wird sie deaktiviert wird unabhängig von der Stummschaltung des Senders, weiterhin Ton ausgegeben.
Unter Advanced Settings lässt sich zwischen Breit- und Schmalbandkommunikation wählen. Die sechs Breitbandkanäle sind mit Zahlen von eins bis sechs benannt, die Schmalbandkanäle mit Kleinbuchstaben von a bis f. Beim gleichzeitigen Nutzen mehrerer Handsender ist das Senden allerdings nur über eine gemeinsame Bandbreite möglich. Zudem kann unter Advanced Settings die Art des verwendeten Batterietyps ausgewählt werden – wichtig für die Kalkulation der verbleibenden Betriebsdauer.
Der Handsender ist mit einem Schaltknopf ausgestattet, über den er ein, aus und stumm schalten lässt. Eine kleine Status-LED gibt Auskunft über Aktivität (grün), Mute-Funktion (orange blinkend) oder zur Neige gehende Batterien (rot). Bei abgeschraubter Mikrofonkapsel ist außerdem eine Pad-Dämpfung um wahlweise minus sechs oder minus zwölf Dezibel möglich. Ist der Griff abgeschraubt sind neben dem Batteriefach auch die Kanalanzeige sowie die für Kanalauswahl und Bandbreitenauswahl notwendige Kanalauswahltaste sichtbar. Zudem verfügt das Griffinnere über eine Tastensperrfunktion für die Power- und Muting-Taste, damit sich der Sänger in Aktion nicht versehentlich selbst den Saft abdrehen kann.

Die Bedienung am Empfänger gestaltet sich im Test äußerst einfach und intuitiv.
Das Display ist zwar vergleichsweise klein, dafür ist die Darstellung scharf und übersichtlich. Einzig die Meteranzeige dürfte etwas größer sein. Am Sender gestaltet sich die Bedienung etwas umständlicher. So muss zum Einstellen der Pad-Dämpfung die Mikrofonkapsel abgeschraubt werden und mit dem Fingernagel ein winziges Zünglein auf den gewünschten Dämpfungsgrad geschoben werden, was zu einer ziemlichen Fummelei ausarten kann. Auch die Auswahl des Sendekanals oder Bandbreite-Typs kann erst durch das Abschrauben des Mikrofongriffs im Griffinneren erfolgen. Damit ist aber auch gewahrt, dass sich bei der Performance nichts unabsichtlich verstellt.
Die Standartkapsel des Handsenders macht im Test, zumindest anhand meiner Mezzosopranstimme, einen etwas mitten-lastigen, aber durchaus passablen Klangeindruck. Dank des im Empfänger integrierten Fünfband-EQs kann ich meiner Stimme schnell das nötige Gleichgewicht zurückgeben. Der EQ greift dabei ziemlich schnell und kraftvoll zu. Schon kleine Anhebungen oder Absenkungen um wenige Dezibel machen sich deutlich bemerkbar. So genügt es, wenn ich die beiden hohen Bänder auf vier und zwölf Kilohertz um +4 dB anhebe, um den Stimmklang auszugleichen und noch etwas zusätzliche Brillanz hinzuzufügen. Eine Anhebung von +6 dB ist schon zu viel des Guten. Damit bekommt das Stimmvibrato dann doch zu viele unangenehm schwirrende Höhen. Beim EQ gilt daher: Weniger ist mehr. Doch zurück zum Mikrofon: Der Klang lässt sich insgesamt als geschmeidig-warm und relativ direkt beschreiben. Bei Plosivlauten reagiert es mit unter etwas Popp-anfällig, während Atemgeräusche, Zischlaute oder andere problematische Mundgeräusche dankbarerweise fast überhaupt nicht hörbar werden. Griffgeräusche bereiten dem Bühnenmikrofon keine übermäßigen Kopfschmerzen. Wird es ruhig in der Hand gehalten, ist keinerlei störendes Bewegungsgeräusch zu vernehmen. Erst wenn das Mikrofon von der einen in die andere Hand gereicht wird, bewusst in der Hand gedreht oder sich die Finger am Griff überdeutlich bewegen, treten die Griffgeräusche akustisch in Erscheinung. Sie sind dabei nicht übermäßig laut, sodass sie während des Singens nicht in den Vordergrund treten. Da sich die Mute-Funktion mit dem Daumen praktisch geräuschlos aktivieren lässt, sind unliebsame Geräusche während längerer Singpausen problemlos vermeidbar.
Auffällig: Über das Sony Vocal Set lassen sich sämtliche dynamische Nuancen problemlos abbilden. Das Signal bleibt direkt und prägnant und verliert dennoch nichts von seiner ursprünglichen Dynamik.
In Sachen Klangestaltung steht dem Nutzer aufgrund der wechselbaren Mikrofonkapseln eine ganze Palette von Möglichkeiten offen. Sämtliche Kapseln, die einen Durchmesser von 31,1 Millimeter und eine Steigung von einem Millimeter besitzen sind, gleich von welchem Hersteller, aufschraubbar.
Der Kapseltausch erweitert die Einsatzmöglichkeiten, sodass sich das Mikrofon auch für die Mikrofonierung von Instrumenten auf der Bühne oder im Studio maßschneidern lässt. Ein klassischer Fall der Symbiose: Das Vocal Set profitiert von der Klangqualität der Drittanbieterkapseln, die Mikrofonkapseln wiederum von der ausgetüftelten Technik des Wireless-Systems.
Zusätzliche klangestalterische Möglichkeiten bietet der umschaltbare XLR-Ausgang des Empfängers. Wird der Signaltyp von Line auf Mic umgestellt, können je nach Wunsch und Erfordernissen klanglich färbende Vorverstärker zwischen Empfänger und Mischpult geschaltet werden.
Die Qualität der Funkübertragung weiß zu überzeugen: Im Test trat beim Senden und Empfangen über einen weiß dargestellten Breitband-Kanal keinerlei Ausfall oder funktechnisches Störgeräusch auf. Auch durch zwei Wände hindurch war die Qualität uneingeschränkt gewährleistet. True Diversity gepaart mit dem intelligenten Sony-Frequenzmanagement entpuppen sich als wirkungsvolles Team. Im Test fällt überhaupt nicht auf, dass es sich beim Vocal Set um eine Drahtlos-Lösung handelt. Die Qualität unterscheidet sich auch bei größerem Abstand und durch mehrere Wände hindurch nicht hörbar von einer XLR-Kabelübertragung. Mit einer Sampling Rate von 48 Kilohertz, einer Auflösung von 24 Bit und unkomprimierter Dynamik ist durchaus Studio-tauglich. Dadurch könnte auch so manches Verkabelungsproblem endlich gelöst werden. Durch die Wechselbarkeit der Kapseln lässt sich das Set auch im Studio für unterschiedlichste Erfordernisse anpassen. Am mitgelieferten Mikrofonhalter befestigt und mit einem Poppschutz versehen macht das Vocal Set im Test auf jeden Fall eine gute Figur. Da nun auch Hand- und Poppgeräusche komplett verhindert werden, ist die Klangqualität durch keinerlei Störung getrübt.

Fazit

Alle Achtung: Das Sony Vocal Set lässt kaum Wüsche offen. Es ist flexibel, dynamisch, störungsfrei, zuverlässig, verfügt über hohe Tonqualität und ist kinderleicht zu bedienen. Durch die die Austauschbarkeit der Mikrofonkapseln qualifiziert das System für unterschiedlichste Einsatzzwecke, sowohl auf der Bühne als auch im Aufnahmestudio.

Erschienen in Ausgabe 02/2013

Preisklasse: Oberklasse
Preis: 555 €
Bewertung: gut – sehr gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut