Duales Modulationsmonster
Mit dem Release von Filter Shaper 3 spendieren die Cableguys ihrem dualen Multimode-Filter das bereits dritte Major-Update und können mit einigen spannenden Neuerungen aufwarten: Eigens entwickelte Sallen-Key-Type-Filter mit Filter-Drive, LFO und Envelope Follower für fast jeden Parameter, einzigartige Audiowellenformanzeige für exakte Modulationen und eine stark vereinfachte, aber flexiblere Bedienung, lassen schon einmal aufhorchen. Was das Filter in der Praxis leistet, zeigt dieser Test.
Von Stefan Feuerhake
Filter im klassischen Sinne verändern den Frequenzgang eines Signals und mit Waveshaping ist bei elektronischer Musik eine Art von Verzerrung gemeint, die durch Verändern der Gestalt der Wellenformen erzeugt wird. Besonders häufig werden solche stark gefilterten und verzerrten Sounds in Genres wie EDM und Dubstep genutzt. Und genau in diesen Bereichen hat sich die deutsche Firma Cableguys bereits einen Namen gemacht. So wurde ihr Plug-in Volume Shaper von David Guetta sehr positiv erwähnt. Einigen unter Ihnen ist vielleicht das Side-Chain Plug-in Kickstart geläufig, das die Jungs zusammen mit Nicky Romero, einem der zurzeit angesagtesten DJ‘s im EDM Bereich, zusammen entwickelt haben. Das noch junge Unternehmen, mit Sitz in Hamburg und Berlin, hat sich auf die Fahne geschrieben mit ihrer Software, Wege zu beschreiten, die andere Hersteller so noch nicht gegangen sind.
Look und Feel
Das Plug-in wird als VST und AU ausgeliefert. Eine AAX-Version soll laut Cableguys vielleicht noch in diesem Jahr folgen. Das GUI wurde im Vergleich zum Vorgänger neu gestaltet und sieht in Grau- und Schwarztönen modern und edel aus. Einziges kleines Manko: Sie ist ein klein wenig zu dunkel ausgefallen, denn bei längerer Arbeit mit dem Plug-in ertappt man sich immer wieder dabei, den Monitor etwas heller stellen zu wollen. Zurzeit sind grau-schwarze Designs ja weit verbreitet und selbst auf dem DAW-Sektor wird es immer „dunkler“, schaut man sich beispielsweise Logic X oder Cubase 7.5 an. Am Ende ist das sicherlich Geschmackssache und tut dem Filter Shaper in Sachen Bedienung und Spaß keinen Abbruch. Alle Bedienelemente sind sehr übersichtlich angeordnet, so dass man alle Parameter sofort im Blick hat und sich schnell zurechtfindet. In der oberen Hälfte des Plug-ins befinden sich die beiden Filter. Für jedes sind Potis für Cutoff, Resonance, Pan und Volume vorhanden. Die Sallen-Filter besitzen zusätzlich einen Poti für Resonance Distortion und Drive. Die Filter können seriell oder parallel betrieben werden. Zusätzlich lassen sich noch die beiden Cutoffs verlinken. In der Mitte befindet sich dann die kleine Mastersektion mit Pan, Mix und Volume. Die untere Hälfte widmet sich den Modulatoren. Es stehen zwei LFOs und ein Envelope Follower für fast alle Parameter zur Verfügung. Sehr schön gelöst ist, dass man die Signalwellenformanzeige in den beiden LFOs zweimal vergrößern kann. In der größten Auflösung sogar zur vollen Größe des Plug-ins. Aber dazu später mehr. Auch gut finden wir, dass man, sobald eine Modulation aktiv ist, direkt im Poti des Parameters darauf hingewiesen wird. Die modulierende Welle wird in Echtzeit angezeigt. Klasse, so verliert man nie den Überblick, auch wenn noch so viele Modulationen aktiv sind. Aber da eine gute Bedienbarkeit ja bekanntlich nur die halbe Miete ist, haben wir den Filter Shaper natürlich auch klanglich auf Herz und Nieren geprüft.
Zwei sind besser als Einer
Für den Hauptanteil des Sounds im Filter Shaper 3 sorgen – natürlich – die beiden Filter. Beide sind mit 18 verschiedenen Typen, unterteilt in die Kategorien Clean und Sallen Key, ausgestattet. Im Clean-Bereich finden sich je ein 6 dB HP & LP Filter, die sich, wenn beide Filter parallel betrieben werden, sehr gut für Multiband-Anwendungen anbieten, also wenn der Effekt nur auf einen bestimmten Frequenzbereich angewendet werden soll. Des Weiteren stehen 12 dB Filter als LP, HP, BP, Notch & Peak zu Verfügung. Ergänzt werden sie durch drei 24 dB Filter (LP, HP, BP). Die Filter klingen so, wie der Name es verspricht: schön sauber. Das gefällt uns gut. Einziges Manko: der Regelbereich des Cutoffs reicht bei allen Filtern von 50 Hz – 18,1 kHz. Das heißt in der Praxis: wenn Sie den Cutoff eines LP-Filter komplett zudrehen, bleibt bei sehr tieffrequenten Signalen alles unter 50 Hz stehen. Gleiches gilt für die Höhen. Bei komplett geöffnetem Filter werden alle Frequenzen oberhalb von 18,1 kHz herausgefiltert. Allerdings ist es in den Höhen nicht wirklich feststellbar, ob das Signal dadurch beeinträchtigt wird. In den Bässen kann es schon eher mal stören, besonders wenn man Filter Shaper auf der Summe einsetzt. Bei Einzelsignalen fällt das aber sehr selten ins Gewicht. Wer es etwas derber und harscher mag, dem seien die Sallen Key Typ Filter ans Herz gelegt. Es gibt sie in 12 dB oder 24 dB Flankensteilheit und jeweils als LP, HP, BP & Notch. Bei aktiviertem Sallen Filter stehen zusätzlich die beiden Potis Drive und Res.Dist zur Verfügung, womit der Verzerrungsanteil des Filters, sowie eine spezielle Verzerrung, die nur im Bereich der Resonanz wirkt, gesteuert werden können. Ebenso gibt es einen Soft und Hard Modus, wobei die Resonance Distortion nur im Soft Modus zu Verfügung steht. Die Filter können auch wunderbar zur Selbstresonanz gebracht werden. Es ist also Vorsicht geboten für Ohr und Equipment, denn besonders in Verbindung mit Drive und Distortion kann es hier bis zur totalen Selbstzerstörung gehen, was ja gerade in Genres wie Dubstep oder EDM durchaus mal erwünscht ist. Insgesamt klingen die Sallen Filter schön analog und sind eine tolle Ergänzung zu den Clean-Filtern. Die Bezeichnung Sallen Key leitet sich übrigens aus den Namen der beiden Entwickler R. P. Sallen und E. L. Key ab, welche dieses Filter 1955 entwickelten. Das ist schon einmal eine gute Basis. Schauen wir mal, was die Modulationssektion zu bieten hat.
Modulations-Spass
Ohne Modulationen wäre ein Filter etwas zu langweilig und auf keinen Fall mehr zeitgemäß. Filter Shaper geht hier einen eigenen Weg. Die zwei LFOs und der Envelope Follower stehen für alle Parameter, außer Master Mix, Drive und Reso.Dist, zur Verfügung. Wir würden uns wünschen, dass man das in einem späteren Update mal ändert, denn besonders der Mix-Regler schreit geradezu nach Modulationen. Im Vorgängermodell wurden die Zuweisungen noch über eine Matrix eingestellt. Das hat man nun, zu unserer Freude, noch etwas vereinfacht. Jedes Poti hat jetzt seinen eigenen Modulations-Button. Ist dieser aktiviert, werden die LFOs und der Envelope Follower für diesen Parameter angezeigt und können eingestellt werden. Die beiden LFO-Anzeigen lassen sich zweimal vergrößern. Die zweite Stufe zeigt dann die LFO Wellenform in Plug-in Größe. Das Beste daran ist dann aber noch, dass man immer eine Echtzeit-Anzeige des Signals im Hintergrund sieht. Diese Funktion bietet extremen Spaßfaktor. Noch nie hatten wir das Gefühl, Modulationen so punktgenau einstellen zu können. Es werden zwar ein paar Standardwellen mitgeliefert, allerdings lädt Filter Shaper eindeutig zum selber Einzeichnen der Wellen ein. Dabei wird einfach wie bei einer Automation auf eine Linie geklickt und die Software erzeugt Punkte. Geschieht das mit der linken Maustaste, entsteht ein Punkt für weiche Kurven, mit einem Rechtsklick werden harte Linien erzeugt. Das Raster kann dabei auf Beat und frei eingestellt und die LFOs können sogar extern via MIDI getriggert werden. Es sind Modulationen für langsame, morphende Sounds bis zu 32 Takten möglich. Zusätzlich gibt es ein paar sehr nützliche Buttons mit denen man etwa die Wellen invertieren, verschieben oder kopieren und einfügen kann. Der Envelope Follower besitzt eine AHD-Hüllkurve, es gibt also Parameter für Attack, Hold und Decay. Die Bandbreite der Sounds, die von Filter Shaper 3 erzeugt werden können, reicht von Sweeps, über komplexe Wobbles, Gating und Side Chain Effekte bis hin zu krassen Flangings und Phasings. Seine Stärke sind ebenso Distortion- und Bitcrusher-Sounds, garniert mit allerlei Panning- und Stereo-Effekten, die es in sich haben. Damit sei er gleichsam Musikproduzenten wie auch Sounddesignern empfohlen.
music is sharing
Eine schöne Idee verfolgen die Cableguys mit ihrem Browser-Konzept und besonders mit der darin integrierten Preset Sharing Funktion. Selbige ist übrigens auch im hauseigenen Synthesizer Curve 2 enthalten. Der Browser ist sehr übersichtlich gestaltet und bietet eine umfangreiche Such- und Sortier-Funktion. Presets können mit bis zu sechs Sternen bewertet werden. Der Clou ist, dass man ein eigens erstelltes Preset auf den Cableguys-Server hochladen und anderen Usern zu Verfügung stellen kann. Das hat uns anfänglich etwas skeptisch gemacht, denn wenn jeder User mal eben jedes erstellte Preset hochladen würde, hätte man später tausende Presets und würde die Übersicht verlieren. Es ist aber so geregelt, dass, wenn man im Browser auf Sync klickt, sich das Plug-in mit dem Cableguys-Server verbindet und alle neuen Presets herunterlädt. Vorher lässt sich nämlich nicht auswählen, welche Presets man herunterladen möchte. Mal kurz nachgefragt, versichert man uns bei Cableguys, dass die Community sehr viel Respekt vor dieser Möglichkeit hat und keiner mal eben ein halbfertiges oder langweiliges Preset hochlädt. Man erstellt sich in der Regel ein kleines Profil, kann ein Foto hochladen und will sich natürlich vor den Anderen nicht blamieren. Ebenso schauen die hauseigenen Sounddesigner die Library regelmäßig durch und verbessern sogar einige Presets, die dann auch extra als solche bezeichnet sind. Eine sehr schöne Sache, die es auch in anderen Plug-ins geben sollte.
Fazit
Filter Shaper 3 hinterlässt einen sehr guten Eindruck. Die verschieden Filter Typen klingen super und mit den flexiblen Modulations-Möglichkeiten bietet das Plug-in endlos viele Wege zur Soundgestaltung. Das Arbeiten mit der großen Wellenformanzeige macht so viel Spaß, dass selbst Modulationsmuffel davon infiziert werden. Die einfache Bedienung mit dem aufgeräumten GUI trägt ein Übriges dazu bei. Obendrein gibt es das Preset-Share-Konzept. Hier werden wirklich eigene Wege beschritten. Also eine klare Empfehlung und das nicht nur für Anwender aus dem Dubstep- und EDM-Bereich, sondern für alle, die Ihrem Sound mehr Leben einhauchen wollen.
Erschienen in Ausgabe 08/2014
Preisklasse: Spitzenklasse
Preis: 69 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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