Italienisches Klassiker-Treffen
IK Multimedia lädt zu einer „Classic Processor Show“ ein und präsentiert drei neue virtuelle Effekte für seine T-Racks CS-Plattform, die allesamt auf historischen Pfaden wandeln und markanten Vintage-Sound in die DAW bringen wollen.
Von Georg Berger
Zugegeben, das italienische Unternehmen IK Multimedia konzentriert sich schon länger auf das Herstellen von Produkten rund um Smartphones und Tablet-PCs. Doch das heißt nicht, dass IK Multimedia seine ursprüngliche Geschäftssparte – Pro-Audio Software – links liegen lässt. Vor kurzem präsentierte das in Modena ansässige Unternehmen drei neue Effekt-Prozessoren für seine ebenfalls noch recht junge Custom Shop-Version seiner Mix- und Mastering-Suite T-Racks (Test in Heft 2/2013). Der im Rahmen der T-Racks CS Veröffentlichung neu hinzugefügte British Channel, der den Kanalzug einer 80er Jahre SSL-Konsole emuliert, bekommt jetzt einen Bruder in Form des White Channel an die Seite gestellt. Pate für diese Channelstrip-Emulation stand eine SSL-Konsole, die firmenhistorisch erst nach dem Modell des British Channel kam. Nächste Neuheit ist der Bus Compressor, der den Reigen an SSL-Emulationen (vorläufig?) beschließt und den Summen-Kompressor der SSL-Großkonsolen emuliert, der von vielen Ingenieuren als Geheimwaffe eingesetzt wird, um Mixe in eine kompakt klingende Form zu bringen. Mit der dritten Neuheit, dem Tape Echo, präsentiert IK Multimedia schließlich die virtuelle Nachahmung des nicht minder klassischen EP-3 Bandechos des Herstellers Echoplex. Zu beziehen sind sämtliche Neuheiten über IK Multimedias Online-Store, den – Nomen est Omen – Custom Shop, der über das T-Racks CS-Programm aufrufbar ist. Bezahlt wird wird dort mit sogenannten Credits, die zuvor in unterschiedlich gestaffelten Paketen erworben werden müssen. Los geht’s mit 20 Credits für rund 16 Euro. Größere Credit-Pakete sind gestaffelt für etwas weniger Geld zu erhältlich. So kosten 120 Credits knapp 80 Euro. Dies ist auch der Preis der für den White Channel und den Bus Compressor aufgerufen wird. Das Tape Echo kostet hingegen 60 Credits, also umgerechnet 48 Euro. Besonderheit: Nach dem Erwerb der Prozessoren, können sie sowohl innerhalb der T-Racks CS Suite, als auch als einzelne Plug-ins in der DAW eingesetzt werden. Zweite Besonderheit: Gleichzeitig mit der Präsentation der drei neuen Effekte, hat auch der British Channel ein Update erfahren. Außer kleineren Detail-Verbesserungen am Programm-Code hat der Channelstrip jetzt ein komplett neues GUI erhalten, das sich, ebenso wie der White Channel, jetzt mehr ans Original anlehnt und mit seiner schwarzen virtuellen Frontplatte das farbliche Gegenstück zum White Channel markiert. Ansonsten bleibt jedoch alles beim Alten. Dritte Besonderheit: White Channel und Bus Compressor verfügen über eine MS-Matrix und setzen sich damit über die Ausstattung der Mitbewerber hinweg. Damit schielen beide Plug-ins eindeutig in Richtung Mastering. Gleiches gilt auch für das aktivierbare Oversampling. Das Tape Echo werkelt ohne diese Features ausschließlich im Stereo- oder (Dual-)Mono-Modus und empfiehlt sich eher für Mix-Aufgaben.
Ein erster oberflächlicher Vergleich des White Channel mit dem British Channel bringt bis auf die unterschiedliche Farbgebung der virtuellen Frontplatten zunächst keine großartigen Unterschiede ans Tageslicht. Hier wie dort findet sich ein vierbandiger Equalizer mit schaltbarer Peak-/Shelf-Charakteristik an den Außenbändern, sowie zwei einstellbaren Passfiltern. Die Dynamik-Sektion wartet ebenfalls mit separaten Einstellmöglichkeiten für ein Noise Gate (per Button auf Expander umschaltbar) und einen Kompressor auf. Per Buttons stehen ebenfalls die gleichen Möglichkeiten zum Routen und Aktivieren der Sektionen zur Verfügung. Unterschiede finden sich aber trotzdem und zwar zum Einen im Hold-Regler innerhalb des Noise Gates, den der British Channel nicht besitzt und zum Anderen in der emulierten Filter-Schaltung, die zudem per Button zwei Varianten offeriert. So erlaubt der British Channel das Aufrufen der sogenannten Brown- und Black-Knob-Entzerrer, der White Channel wartet mit E- und G-Serien-EQs auf. In erster Linie betrifft dies die Flankensteilheit der Passfilter (British Channel) sowie der Peak-Filter (White Channel). Der Hold-Regler bestimmt hingegen die Stärke des Gate-/Expansion-Effekts.
Im Hör- und Praxistest haben wir den White Channel ebenso rasch im Griff wie seinen etwas älteren, schwarzen Bruder. Dank der vielen Routing-Optionen und Features, eröffnen sich auch im White Channel vielfältige Möglichkeiten zur Ausformung des Klangs. Im Hörtest setzt sich der White Channel kanglich dabei recht schnell vom British Channel ab. In Bezug auf den Grundsound ist er feiner und subtiler, wohingegen sich der Britsh Channel im Vergleich dazu eher rau und körnig gibt. Dennoch verfügt der White Channel über größere Kraftreserven als sein schwarzes Gegenüber. Bei identischer Stellung der Parameter ist zwar der Klang der Equalizer fast identisch, doch der White Channel geht stets kraftvoller ans Werk mit voluminöser klingenden Ergebnissen. Dies wird besonders deutlich, als wir von der E- auf die G-Serien-Charakteristik umschalten. Die Filter klingen breitbandiger, einhergehend mit einem deutlichen Lautstärkesprung. Letzteres ist jedoch zu viel des Guten und je nach Routing sind die Einstellungen im Kompressor damit hinfällig. Das darf so nicht sein, ist völlig unpraktikabel und sollte in einem kommenden Update in jedem Fall beseitigt werden. Nichts zu meckern gibt es in der Dynamik-Sektion. Im Vergleich zum British Channel erzeugt der White Channel bei identischer Stellung der Parameter ebenfalls kraftvollere Pegelreduktionen, bei ähnlichem Regel- und Klangverhalten. Somit besitzt er auch dort mehr Reserven. Auffällig: Beim Aktivieren des Fast Attack-Modus bügelt der White Channel das eingespeiste Signal jedoch ordentlich platt, wohingegen der British Channel sich durch ein behutsameres Verhalten bemerkbar macht und deutlich mehr Raumanteile einer Drum-Subgruppe durchlässt als der White Channel. Durch Anpassen von Ratio und Threshold kommen wir dem gleich, was uns einmal mehr zeigt, dass der White Channel ein wahres Kraftpaket ist. Gleiches gilt übrigens auch für die Gate-/Expander-Sektion, die ungleich rascher zupackt und Signale, nicht zuletzt dank integriertem Hold-Regler, präziser von unerwünschten Anteilen befreit. Im Vergleich zu Mitbewerbern wie der Solid-Mix Serie von Native Instruments, dem SSL Duende Channelstrip sowie dem 4K Channelstrip von Universal Audio kann sich der White Channel sehr gut behaupten. Klanglich und vom Regelverhalten ist der White Channel fast gleichauf zu den Solid-Mix Pendants von Native Instruments. Allerdings klingen diese stets eine Spur feiner, luftiger und plastischer. Seinen Meister findet der White Channel jedoch, als er gegen das SSL- und Universal Audio Plug-in antritt. Beide Mitbewerber warten mit einem deutlich feineren und plastischen Sound auf, der ohne Wenn und Aber merkbar edler klingt. Der White Channel klingt dazu eher schlank und nicht ganz so angenehm und weich. Insgesamt hinterlässt er aber eine ordentliche Visitenkarte im Test. Beide IK Multimedia SSL-Emulationen liefern den typischen Großkonsolen-Sound, wenngleich mit unterschiedlich starker Wirkmächtigkeit, ganz so als ob man zwei Hammer in unterschiedlicher Größe besitzt. Gerade kritisches Material, bei dem es auf ein nachhaltiges Eingreifen mit Studio-Effekten ankommt, dürfte vom White Channel souverän gebändigt werden.
Mit dem Bus Compressor hat IK Multimedia einen weiteren SSL-Klassiker in VCA-Technik emuliert, der bei Ton-Ingenieuren hoch geschätzt und seit Jahrzehnten ein Garant ist, wenn es um das organische Verdichten von Mixen oder Subgruppen geht. Der in Fach-Kreisen übrigens auch Glue-Compressor genannte Prozessor schafft es auf eigentümliche Art Signale kompakter zu gestalten, so als ob sie wie von Zauberhand enger aneinander rücken. Die Ausstattung der IK Multimedia Version fällt standesgemäß aus und wartet sogar mit einigen Extras auf, die bei den Mitbewerbern nicht enthalten sind. Wie im Original stehen lediglich Drehschalter mit einer Reihe von Festeinstellungen in den Ratio-, Attack- und Release-Parametern zur Auswahl. Threshold und Makeup-Gain sind kontinuierlich regelbar. Das große VU-Meter zeigt ausschließlich den Grad der Pegel-Reduktion an. Der hinterleuchtete quadratische Bypass-Button fehlt ebenso wenig. Anders als im Original und den Plug-ins von Native Instruments, SSL und Universal Audio besitzt die italienische Ausgabe des Bus Compressors jedoch eine schaltbare Grit-Funktion. Sie soll laut Handbuch ein leichtes Anzerren der zweiten Harmonischen realisieren, was zu einem subtilen Anfetten des Sounds führen soll. Im Hörtest bleibt diese Funktion jedoch wirkungslos. Da ist also noch Spielraum für ein kommendes Update vorhanden. Zweiter großer Unterschied zum Original ist ein integriertes Hochpass-Filter mit vier Fest-Einstellungen im Sidechain, das Bassfrequenzen zwar wirksam und ausreichend aus der Dynamik-Bearbeitung herausnimmt. Wir hätten uns stattdessen ein kontinuierliches Einstellen des Frequenzbereichs gewünscht. Die Pendants von SSL und Universal Audio können damit nicht aufwarten. Der Solid Buscomp von Native Instruments bietet hingegen einen aktivierbaren Sidechain-Eingang, in den sich externe Signale routen lassen und realisiert auch Parallel-Kompression.
Im Hörtest tritt der IK Multimedia Bus Compressor folglich gegen die virtuellen Emulationen der bereits mehrfach genannten Hersteller an. In Sachen Regelverhalten schenken sich sämtliche Plug-ins nichts und sorgen erwartungsgemäß für ein organisches Verdichten des eingespeisten Materials. Auffällig sind trotz identischer Parameter-Einstellung unterschiedlich lange Attack-Zeiten. So müssen wir das SSL-Plug-in auf 30 Millisekunden einstellen, um das gleiche Kompressions-Ergebnis wie im IK Multimedia Plug-in zu erhalten, das mit lediglich 10 Millisekunden Attack am Start ist und auch die italienische Emulation als wahres Kraftpaket ausweist. In Sachen Grundsound liegen IK Multimedia und Native Instruments fast gleichauf, wenngleich die NI-Ausgabe eine Spur feiner und plastischer klingt. Sieger ist wiederum das SSL-Plug-in, das mit dem feinsten, edelsten Grundsound aufwartet und die musikalischsten Ergebnisse liefert. Im Vergleich dazu klingt der IK Multimedia Bus Compressor etwas zweidimensionaler, vordergründiger und bissiger. Dafür besitzt er aber auch deutlich mehr Punch und kann merkbar kräftiger zugreifen. Mit Hilfe des Sidechain-Filters legt es zudem noch ein ordentliches Schippchen in Sachen Volumen oben drauf. Alles in allem überzeugt der IK Multimedia Bus Compressor durch seine kraftvollen Reserven und sorgt auf eine leicht rauere Art dafür, dass Mixe und Subgruppen in SSL-typischer Art homogen verdichtet werden. Im Verbund mit dem White Channel ist er das perfekte Gegenstück, um in allen härteren Rock-Genres, aber auch allen Dancefloor-Spielarten Signalen souverän zu Leibe zu rücken.
Mit dem Tape Echo Plug-in fügt IK Multimedia der T-Racks-Plattform erstmals auch einen Delay-Effekt hinzu, der das legendäre Echoplex EP-3 Band-Echo-Gerät emuliert. Der Clou beim Echoplex bestand dabei in einem per Greifer verschiebbaren Wiedergabekopf, mit dem sich die Verzögerungszeit dynamisch einstellen lässt. Dieser Greifer findet sich selbstverständlich auch im GUI des Tape Echos in Form des sogenannten „Time Bar“-Sliders. Zeiten zwischen 80 bis 939 Millisekunden sind einstellbar. Genial: Über den Mode-Schalter lassen sich für beide Stereokanäle separate Verzögerungszeiten einstellen oder für beide Kanäle gemeinsam. Das hats im Original natürlich nicht gegeben. Die Echoplex-Emulation von Universal Audio, das EP-34 Plug-in, kann damit übrigens auch nicht aufwarten. Dafür aber kann in beiden Plug-ins die Echozeit zum DAW-Tempo synchronisiert werden. Damit das Echo überhaupt hörbar ist, muss an den beiden Volume-Reglern gedreht werden. Das Feedback wird auf der gegenüber liegenden Seite mit den Sustain-Reglern eingestellt. So lässt sich detailliert für jeden Kanal der Echo-Sound feinjustieren, was gerade im Dual-Mono-Modus von großem Vorteil ist. Allerdings ist die Arbeit mit diesen doppelten Lottchen im Stereo-Betrieb teils mehr als nervig. Was dringend nachgereicht werden sollte, ist eine aktivierbare Link-Funktion, um die Regler-Paare mit einem Bedienelement gemeinsam einstellen zu können, was ungleich komfortabler wäre. Auffällig: Je höher wir die Volume-Regler drehen, desto stärker wird ein Rauschen hörbar. Das Ganze verstärkt sich sogar noch, wenn wir die Eingangs-Verstärkung via Input-Parameter anheben, was recht bald mit hörbaren Verzerrungen einhergeht. Doch so muss das sein. Dafür ist das Echoplex bekannt, wenngleich die Verzerrung in Extremposition einen eher dünnen Rasier-Apparat-Sound erzeugt, der selbstverständlich mit in den Echo-Sound einfließt. Durch Klick auf das Echoflex-Logo öffnet sich eine Klappe, die Zugang zu vier weiteren Parametern gewährt. So kann via Record Level eine Boost-Funktion im Eingang eingestellt werden, der Tape Wear Regler sorgt für ein Absenken des Höhen-Spektrums, was den Effekt abgenutzter Bänder simuliert und über den Noise-Regler lässt sich sowohl das zuvor bemerkte Rauschen, als auch das Netzbrummen – wahlweise in 50 oder 60 Hertz – in der Lautstärke regulieren. Der Wow-/Flutter-Regler simuliert hingegen eine Art Gleichlauf-Schwankung, die in Extremposition zu leichten Tonhöhen-Modulationen in den Echos führt. Im Hörtest werden wir auch sogleich vom besonderen klanglichen Charme der Emulation eingefangen. Die eigentümliche Art mit der sich die Echos aufschaukeln und einen dichten Klangteppich weben, einhergehend mit dem schrecklich schönen Klangbild, das je nach Einstellung mal angezerrt und spitz, das andere Mal muffig wabernd daherkommt weiß sich gerade heutzutage eindrucksvoll in Szene zu setzen. Die typischen Tonhöhen-Modulationen beim Versetzen des Time-Bar-Sliders im laufenden Betrieb, was von einer entsprechenden Latenz beim Angleichen der neu eingestellten Verzögerung begleitet wird, ist eine Schau für sich und wirkt sehr inspirierend. Vorsicht ist allerdings beim Einstellen des Feedback geboten. Denn Rückkopplungen finden permanent statt, selbst wenn kein Signal anliegt. Das Plug-in fängt stattdessen das Rauschen ein und wiederholt es. Im Test erzeugen wir noch ohne großartiges Zutun alleine nur durch Anheben und Absenken des Feedback ein akustisches Chaos, das breitbandig und voluminös wie eine Dampfwalze daherkommt. Moderat eingesetzt ist das Tape Echo in der Lage, souverän die typischen 50er Jahre Rock’n Roll Slapback-Echos zu realisieren, die markanten Reggae Dub-Effekte sind ebenfalls kein Problem. Insgesamt schafft das Tape Echo, Signale mit einem wohlig klingenden Sound-Schleier zu umhüllen. Verglichen mit Universal Audios Echoplex-Emulation ist das Klangbild des Tape Echo jedoch vordergründiger, ein wenig spitzer und nicht ganz so fein und edel. Doch das ist kein Nachteil, denn dadurch wird das klangliche Beiwerk, das zum Vintage-Sound beiträgt gehörig in Szene gesetzt. IK Multimedia liefert jedenfalls ein überaus günstiges Delay-Plug-in mit markantem Sound ab, das mit Sicherheit eine Menge Freunde finden wird.
Fazit
IK Multimedia beweist mit seinen drei neuen Plug-ins für die T-Racks CS Plattform einmal mehr großes Know-how in Sachen Hardware-Emulation und offeriert markant klingende Studio-Werkzeuge. Mit dem White Channel steht jetzt eine deutlich kraftvoller ans Werk gehende SSL-Channelstrip-Emulation als Alternative zum British Channel zur Auswahl. Die Umsetzung des SSL Bus Compressors steht dem in nichts nach. Redaktions-Highlight ist jedoch das Tape Echo Plug-in, das auf den Pfaden des Echoplex EP-3 wandelt, äußerst inspirierend wirkt und mit einem speziellen Vintage-Sound auftrumpft.
Erschienen in Ausgabe 07/2013
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 48 €
Bewertung: sehr gut
Preis/Leistung: sehr gut
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