Klangliche Zaubertrix
Akustix stammt weder aus einem uns allen bekannten gallischen Dorf, das dem römischen Eindringling Widerstand leistet, noch handelt es sich um einen Verwandten des Barden Troubadix. Akustix kommt vielmehr aus Bayern und will mit einer Vielzahl an Teil-Effekten den Klang von Aufnahmen nachhaltig verbessern. Wie das geschieht, steht im Test.
Von Georg Berger
Wer seine Aufnahmen im Klang verbessern will, greift als erstes zu den Standard-Werkzeugen Equalizer und Kompressor. Doch das ist noch längst nicht der Weisheit letzter Schluss, vor allem dann, wenn das Aufnahmematerial in einer entsprechend schlechten Tonqualität vorliegt, die es nachhaltig zu kompensieren gilt. Spätestens an dieser Stelle schlägt die Stunde für spezielle Enhancer-Effekte, die mit Mitteln der Psychoakustik – die Speerspitze bildet dabei der Exciter-Effekt – den Grauschleier von den Aufnahmen entfernen. Mit dem Akustix-Plug-in des bayerischen Software-Herstellers Tone2 findet sich seit kurzem ein neues Psycho-Akustik-Tool am Markt, das für alle Eventualitäten hinsichtlich Klangverbesserung gerüstet sein will. Das Plug-in wartet dabei gleich mit sechs Teil-Effekten auf, die sich gezielt auf verschiedene Aspekte der Klangverbesserung konzentrieren. So stehen Prozessoren zum Optimieren der räumlichen Abbildung und Tiefenschärfe bereit, Eingriffe in die Stereobasis sind möglich sowie Tools zum Verbessern der Transparenz und zum Betonen von Bässen und Höhen. Laut Hersteller sind dafür die neuesten Erkenntnisse der Psychoakustik in die Produktion des Plug-ins eingeflossen. Das hört sich insgesamt sehr aufwändig und teuer an. Doch das Gegenteil ist der Fall, denn mit knapp 60 Euro fällt der Verkaufspreis erfreulich niedrig aus.
Ob es sich jedoch um ein wirkliches Schnäppchen handelt, muss Akustix im Hör- und Praxistest erst noch beweisen. Zuvor werfen wir aber einen kurzen Blick auf die Ausstattung. Akustix lässt sich ausschließlich als VST2- oder AU-Plug-in installieren und arbeitet mit Sampleraten bis hinauf 192 Kilohertz. Die Bedienoberfläche ist in verschiedene Sektionen unterteilt, die ihrerseits mit einer unterschiedlichen Zahl an Drehreglern bestückt sind. Hingucker ist, außer dem Browser-Display zum Auswählen von Presets, das Analyzer-Display, das in Echtzeit das Frequenzspektrum des anliegenden Signals anzeigt. Durch Druck auf den Phase-Button lässt sich die Anzeige gegen ein Phase-Meter zum Überprüfen der Mono-Kompatiblität austauschen. Besonderheit: Das in Echtzeit arbeitende Instrument stellt die Phasenlage und räumliche Verteilung der einzelnen Frequenzen in Form kreisförmig angeordneter Linien dar, wobei die Linienfarbe Auskunft über die angezeigte Frequenz gibt. Vorteil: Diese eigenwillige und pfiffige Entwicklung offeriert eine ungleich detailliertere Darstellung als der Standard. Nachteil: Das Phase-Meter erfordert ein gewisses Maß an Eingewöhnung. Wir hätten uns daher zusätzlich eine herkömmliche Anzeige als Alternative gewünscht. Auffällig im Praxistest ist ein teils sehr hoher CPU-Verbrauch. Kommen nur ein oder zwei Teil-Effekte zum Einsatz ist die Welt noch in Ordnung. Doch je mehr Teil-Effekte wir einsetzen, desto mehr CPU-Ressourcen werden benötigt und das, obwohl das Plug-in von Haus aus schon im Multicore-Betrieb arbeitet. Um sicher vor Knacksern und Aussetzern zu sein, sind Sample Buffer Einstellungen ab 256 dringend zu empfehlen. Sicherlich, in der Praxis wird man nicht alle Akustix-Funktionen einsetzen, dennoch würde das Optimieren der Rechenleistung dem Plug-in gut zu Gesicht stehen. Nächster Kritikpunkt: Beim Drehen der Regler werden keine Werte angezeigt, was zwar bei den Mix-Reglern noch in Ordnung geht, jedoch bei den Gain- und Frequenz-Parametern schmerzlich von uns vermisst wird. Abseits dessen ist der Umgang mit den Teil-Effekten schnell verinnerlicht und geht flott von der Hand. Schauen wir uns einmal an, was Akustix für Möglichkeiten zur Klang-Optimierung bietet und wie sie klingen. Den Anfang macht der Psycho EQ, der laut Hersteller auf Basis der Nichtlinearität des menschlichen Gehörs – Stichwort: Fletcher-Munson-Kurve – die Dynamik und Lautstärke von Frequenzen beeinflusst und zu einer Verbesserung der Lautheit führt. Highlight ist hierbei der Dynamic Fatbass-Parameter, der Aufnahmen, ähnlich wie ein dynamischer Equalizer, im Bass und unteren Mittenbereich betont ohne die Höhen in Mitleidenschaft zu ziehen. Anliegende Signale erklingen voluminöser, plastischer, aber auch vordergründiger und werden auf musikalische Art nachhaltig geschönt. Beim Schalten auf Bypass klingt die Aufnahme jedenfalls plötzlich irgendwie dünn und falsch. Auf ähnliche Art wirken auch der Loudness-Mix und -Bassboost-Parameter. Der Loudness-Mix-Parameter hebt dabei vornehmlich den Subbass- und Höhen-Bereich an, wobei sich die Bässe via Boost-Parameter in der Stärke einstellen lassen.
Die dahinter werkelnden Funktionen gehen nicht so feingliedrig ans Werk wie die Fatbass-Funktion, wobei der Boost-Regler in Extremstellung sogar brachiale Ergebnisse liefern kann. Dosiert eingesetzt, erhalten dünn klingende Signale ein gehöriges Pfund im Bass. Allerdings klingt das via Mix-Parameter gleichzeitig angehobene Höhenspektrum mitunter recht nervig und dünn. Abhilfe schafft der Tone-Parameter, der wie eine Höhenblende arbeitet und allzu scharf hervortretende Höhenanteile effizient in die Schranken weist. Auf anderem Terrain arbeiten die beiden Parameter der Ultra Stereo Sektion. Sie konzentrieren sich auf das Verbessern der Räumlichkeit des Mixes, indem in die Phasenlage zwischen linkem und rechtem Kanal eingegriffen wird, wobei Bass-Frequenzen ausgeklammert werden. Im Test führt das Drehen am Virtual Surround-Regler zu einer subtilen, aber hörbaren Verstärkung des Raumanteils im Mix, einhergehend mit einer besseren Wahrnehmung im Höhenbereich. Gleichzeitig vergrößert sich die Tiefe der imaginären Bühne, was den anliegenden Klang plastischer erklingen lässt. Allerdings greift der Parameter auch in die Panorama-Verteilung der Signale ein. Im Test mit einem fertigen Mix wandert die in die Mitte gemixte Gesangsstimme bei voll aufgedrehtem Surround-Regler plötzlich nach rechts, wo sie nichts zu suchen hat. Wohldosiert eingesetzt kann er Signalen behutsam mehr Tiefe verleihen. Mit dem Silky Surround-Parameter ist das Gleiche realisierbar. Unterschied zum Virtual Surround-Parameter: Die Höhen klingen feiner, sanfter und seidiger, weshalb sich dieser Parameter für ohnehin schon transparente Aufnahmen empfiehlt, denen es lediglich ein wenig an Räumlichkeit fehlt. Ein anderes Ziel verfolgen die Funktionen der Phase Enhance Sektion: Die dahinter arbeitenden Algorithmen greifen in die Phasenlage des Mono-Anteils ein, was zum Kaschieren nicht-linearer Verzerrungen führen und gleichzeitig die Streuung des Schalls auf natürlichere Art realisieren soll. Der Lazer Punch-Parameter sorgt dabei für ein Betonen des Bass-Bereichs. Der Diffuse Cream-Parameter wirkt hingegen im Höhenbereich. Befreit von diesen Verzerrungen sollen Signale transparenter erklingen und einen gewissen Analog-Sound-Anstrich erhalten. Im Test können beide Parameter jedoch nicht in dem Maße überzeugen wie erhofft. Der Lazer Punch-Parameter führt zwar zu einer Betonung des Bass-Bereichs. Allerdings geht dies recht schnell mit einer Klangfärbung einher. So klingt im Test eine akustische Bassdrum alsbald wie eine elektronische Sinuston-Bassdrum. Der Diffuse Cream-Parameter steht dem in nichts nach. Im Test lässt er anliegende Signale topfiger erklingen. Es entsteht der Eindruck, als ob dem Signal ein schlechter Small Reverb-Effekt hinzugefügt wird, der den Sound unangenehm färbt. Hinter den Reglern der Multi Exciter Sektion werkelt schließlich – Nomen est Omen – ein Exciter-Effekt, der durch Hinzufügen künstlich generierter Obertöne, den Signalen mehr Frische, Präsenz und Durchsetzungsvermögen verleiht. Die Akustix-Variante geht dabei äußerst feinfühlig und subtil zur Sache. Deutlich hörbare Verbesserungen der Transparenz sind bei Stellungen im ersten Drittel des Frequency-Reglerwegs auszumachen. Einstellungen darüber konzentrieren sich auf das Höhen- und Air-Band, die subtil und fast schon unhörbar je nach Mix-Regler-Stellung den Aufnahmen zu mehr Luftigkeit verhelfen.
Erst beim Schalten auf Bypass bemerken wir, dass dem Signal auf eigentümliche Weise etwas fehlt. In Extremstellungen kann jedoch auch der Akustix-Exciter leicht zu nervig klingenden Ergebnissen führen, die das Signal mit knisternden und klingelnden Artefakten durchsetzt. Das nächste Optimierungs-Tool markiert der sogenannte Smart Filter. Via Clarity Enhance-Parameter ist dabei ein Algorithmus in der Wirkung einstellbar, der Frequenzbereiche auf intelligente Art herausfiltert, die ursächlich für den berüchtigten Maskierungseffekt verantwortlich sind. Dadurch soll sich die Transparenz und Tiefenschärfe des Signals verbessern. Im Test treten diese Verbesserungen auch zu Tage. Jedoch sind in Abhängigkeit zum eingespeisten Signal recht schnell klangliche Artefakte hörbar, die wie knisternde digitale Verzerrungen klingen und das Signal insgesamt hohl klingen lassen. Ähnliche Eindrücke erhalten wir auch bei Einsatz des Noise Reduction-Reglers, der zwar oberflächlich wie ein Tiefpass-Filter wirkt, aber bei allzu extremen Einstellungen das Signal mit modulierenden digitalen Störsignalen durchsetzt, die an zu stark komprimierte MP3-Dateien erinnern. Eigentlich müsste der Smart Filter mit diesen Qualitäten durchfallen. Zumindest für ohnehin schon gut klingende Mixe ist er tatsächlich nicht geeignet. Zur Hochform läuft er aber bei alten Bandaufnahmen auf, die mit Rauschen, Knistern und beschnittenem Frequenzgang aufwarten. Plötzlich gehen beide Parameter effizient ans Werk und sorgen für mehr Transparenz und ein aufgeräumtes Klangbild ohne auftretende Artefakte. Last but not Least findet sich mit der Stereo Width Sektion ein Tool zum Eingriff in die Stereobasis, das mit flexiblen und bemerkenswerten Features ausgestattet ist. Ähnlich einem Multiband-Kompressor ist es damit möglich, die Stereobasis frequenzbasiert in drei Bändern zu verändern. Der Mid Frequency-Parameter beeinflusst dabei die Center-Frequenz aller drei Bänder auf einmal. Via Widener-Regler lässt sich die Stereobasis entsprechend verbreitern und in Linksanschlag auch auf mono einstellen. Eine Besonderheit stellen die Delay-Parameter dar, die eine minimale Verzögerung zwischen linkem und rechtem Kanal realisieren, was vom Prinzip her ein wenig an die Crossfeed-Technik im SPL Phonitor erinnert (Test in Heft 7/2008). Im Test ist bei Einsatz des Delays eine Verbreiterung des Panoramas hörbar. Instrumente, die minimal im Panorama verteilt sind, rücken dadurch noch weiter nach rechts, respektive links. Insgesamt überzeugt die Stereo Width Sektion durch ein kräftiges Zupacken und eine exzellente musikalische Qualität. Änderungen im Gain klingen stets angenehm, ein Schalten auf Bypass lässt das Original-Signal im Vergleich dazu immer wieder dünn, hohl und irgendwie falsch klingen. Zusammen mit dem Psycho EQ markiert die Stereo Width Sektion für uns das Highlight in Akustix. Allerdings sei nicht verschwiegen, dass Eingriffe mit diesem Tool erheblichen Einfluss auf die Phasenlage, respektive Monokompatibilität des Mixes nehmen. Eingriffe in die Stereobasis sollten also wohldurchdacht und feindosiert erfolgen.
Fazit
Das Akustix-Plug-in von Tone2 ist ein Werkzeug-Kasten mit speziellen Tools, die zwar nicht immer universell einsetzbar sind, aber für viele Spezialfälle eine passende und gut klingende Lösung in Sachen Klang-Optimierung liefert, sei es beim Restaurieren alter Bandaufnahmen oder im Mastering. Zwar können nicht alle Teil-Effekte rundum überzeugen und es zeigen sich auch einige Kritikpunkte. Doch insgesamt macht Akustix einen sehr guten Eindruck bei einem gleichzeitig überragenden Preis-Leistungsverhältnis.
Erschienen in Ausgabe 12/2011
Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 59 €
Bewertung: überragend
Preis/Leistung: überragend
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