Ultimatives EQing

Ganz frisch serviert uns Fabfilter eine neue Version Ihres bereits erfolgreichen Equalizer-Plug-ins Pro-Q und kündigt einige spannende Neurungen an. Neben verbessertem Klang und brandneuem Natural Phase Processing Modus, kommt der Pro-Q 2 mit Realtime Spectrum Analyser im Full Screen Mode, Pianorolle, Gain-Q Interaktion, Match-Funktion, einstellbaren Flanken für alle Filter bis zu 96dB und noch einigen weiteren Schmankerln daher. Ob er auch in der Praxis hält, was er verspricht, verraten wir in folgendem Test.

Von Stefan Feuerhake

Der Equalizer ist zweifelsohne das wichtigste Tool in Ihrer DAW, wenn es um Mischen oder Mastern geht. Eine kaum zu überblickende Auswahl an Plug-Ins auf dem Markt bestätigt das Ganze. Da fällt es einem nicht leicht sich zu entscheiden, da ja auch jede DAW mittlerweile mit einem soliden Vertreter daher kommt. Was muss denn der „Ultimative“ EQ so alles mitbringen? Er sollte hervorragend klingen, dabei wenig CPU verbrauchen, so dass wir Ihn am besten auf jeder Spur einsetzen können. Er sollte leicht zu bedienen sein und auch graphisch ansprechend und am besten mit Analyser daher kommen. Alle diese Attribute hat der niederländische Software-Hersteller Fabfilter bereits berücksichtigt und im Jahre 2010 mit dem Release von Pro Q einen modernen Klassiker geschaffen, der mittlerweile seinen festen Platz in den Inserts vieler DAWs gefunden hat. Kein Wunder also, dass die Erwartungshaltung besonders groß ist, wenn ein Nachfolger angekündigt wird. Ob der Pro-Q 2 die hohe Bürde trägt und ein Upgrade oder die Neuanschaffung sinnvoll ist, haben wir einmal intensiv getestet.

Das Auge isst mit
Wer bereits mit weiteren Plug-ins aus dem Hause Fabfilter vertraut ist weiß, dass man dort ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung des GUI und die Bedienbarkeit legt. Schon der Vorgänger (Test in Heft 2/2010) und natürlich zuletzt auch das Multiband-Dynamik-Tool Pro-MB (Test in Heft 2/2014) konnten beide in dieser Disziplin schon Bestnoten mit nach Hause bringen. Zu unserer großen Freude haben es die Fabfilter-Entwickler geschafft, das Grafik-Konzept im Pro-Q 2 noch weiter auf die Spitze zu treiben. So stehen nun vier verschiedene Plug-in Größen zur Auswahl. Im Einsatz als VST3-Plug-in lässt sich die Größe zusätzlich auch per Hand skalieren. Hinzu gesellt sich der neue, sensationelle Full-Screen Mode, in dem der EQ sich auf Bildschirmgröße vergrößern lässt. Eine super Idee, die sehr viel Spass macht und eine sehr feine Bearbeitung zulässt. Wenn jetzt noch der eigene Monitor ein Touchscreen wäre, dann könnte man den EQ direkt mit den Fingern bedienen. Wenn nicht schon möglich, sollte man so etwas unbedingt in Zukunft mal umsetzen. Damit nicht genug, ist es nun auch möglich, den Analyser innerhalb des EQ auch noch horizontal zu vergrößern. In Kombination mit dem Full Screen Mode ist das im Test eine unschlagbare Waffe, wenn es um das Aufspüren noch so kleiner Ungereimtheiten im Signal geht. Das Einstellen der Filter geht nun noch flüssiger und feiner von der Hand und ist im Test eine helle Freude. Ein kleines Manko gibt es aber dennoch bei der Bedienung mit der Maus. Das Q, also die Filtergüte, liegt auf dem Maus-Rad, was soweit schon praktisch ist, da man in Verbindung mit Shift sogar die Güte extrem fein justieren kann. Wenn Sie dann aber das Gain absenken wollen, müssen Sie die Maus nach unten ziehen. Und wer kennt das nicht, dass einem dabei schnell die Position des Filters verrutscht. Ein Shortcut, etwa zusätzlich die alt-Taste drücken, würde da schnell Abhilfe leisten. Leider haben wir den nicht gefunden.
Hinsichtlich Arbeitsmodi wurde der Analyzer hingegen noch ordentlich aufgepeppt und bietet nun verschiedene Pre/Post und Side-Chain-Optionen. Der Knaller ist dabei die Realtime-Funktion. Bewegen Sie dazu einfach die Maus über das Spektrum, woraufhin die Frequenzanzeige eingefroren wird und zwar in Echtzeit. So können Sie wunderbar auf eine der Problemfrequenzen klicken und direkt einen Filter erzeugen und ihn anheben oder absenken. Obendrauf wurde dem Pro-Q 2 noch ein großes Outputmeter spendiert. Das überzeugt alles schon mal auf ganzer Linie. Schauen wir doch mal, was die inneren Werte so machen.

Processing-Modi
Der Pro-Q 2 kann in drei verschiedenen Processing-Modi betrieben werden. Bei Zero Latency entspricht die Amplitude des Pro-Q ziemlich genau der eines analogen EQs, allerdings ohne dabei Latenzen zu erzeugen. Es ist der effizienteste Modus und für die meisten Anwendungen völlig ausreichend. Ganz neu ist hingegen ist der Natural-Phase-Mode, der dem Vorbild eines analogen EQs noch ein kleines Stück näher kommt, indem er nicht nur die Amplitude perfekt nachbildet, sondern auch am ehesten dem Phasengang entspricht. (siehe Diagramm auf Seite 40). So liefert er den exaktesten Filterverlauf und optimale Klangqualität, auch bei den niedrigsten Frequenzen und höchsten Q-Einstellungen, ohne dabei mit Pre-Ringing-Artefakten oder langen Latenzen aufzuwarten. Inwieweit sich Zero Latency und Natural Phase klanglich unterscheiden, probieren Sie am besten von Fall zu Fall selbst aus. Nutzen Sie dazu doch einfach die A/B-Vergleichsfunktion, indem Sie die EQ Einstellungen kopieren und dann einfach den Modus wechseln. So können Sie beide Modi gut vergleichen. Als dritte Option steht noch der Linear-Phase-Mode zur Auswahl. Dieser wird aufgrund seiner Phasentreue besonders gern im Mastering eingesetzt und bietet seinerseits fünf verschiedene Betriebsarten von Low- bis Maximum-Latenz. Auch dieser Modus wurde in der zweiten Version klanglich noch einmal verbessert und zu unserer großen Freude lassen sich die Filter im Linear-Phase-Mode genauso flüssig einstellen wie in den anderen beiden Modi. Und das haben wir so bisher noch bei keinem EQ dieser Gattung gesehen, denn durch die Latenz, die linearphasigen Entzerrern prinzipbedingt innewohnen, ist das gar nicht möglich. Dennoch hat man das bei Fabfilter sehr gut hinbekommen. Allerdings sei hier auch gleich erwähnt, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen Modi, je nach Signal und Einsatzgebiet, bisweilen sehr gering ausfallen können. Es empfiehlt sich also, zweimal hinzuhören und zu vergleichen. Alles in allem haben es die Fabfilter-Entwickler trotzdem geschafft, den schon sehr gut klingenden Vorgänger noch zu überbieten und es dabei sogar geschafft, die CPU-Auslastung im Vergleich zum Vorgänger sogar zu halbieren. Da kann man wirklich nicht meckern. Ganz im Gegenteil. Dafür gibt’s sogar ein Sonderlob.

Filter
Der Pro-Q 2 kann bis zu 24 Filterbänder gleichzeitig erzeugen. Bei den Filtertypen steht mit Bell, Notch, High/Low Shelf, High/Low Cut und Band Pass alles zur Verfügung, was das Herz begehrt. Neuzugang in Version 2 ist der Tilt Shelf, ein als Klangwaage zu verstehendes Filter, mit dem man wunderbar das Gesamtverhältnis von Höhen und Bässen eines Signals ausbalancieren kann. Neu und sehr nützlich ist auch, dass nun die Flankensteilheit aller Filter, also nicht nur bei den Passfiltern bis zu satten 96dB/Oktave eingestellt werden kann, was nicht alltäglich ist. Damit sind besonders bei den Bell-Filtern Dinge möglich, die ein normaler EQ so nicht hinbekommt. Schön gelöst ist auch, dass man nun mit einem Rechtsklick auf das jeweilige Band, Filtertyp, Flankensteillheit, und Betriebsmodus (Links/rechts oder Mitte/Seite) schnell auswählen kann. Genauso praktisch ist, dass sich mehrere Bänder gleichzeitig auswählen und zusammen verstellen lassen. Auch nicht schlecht: In jedem Band kann nun auch zusätzlich eine Gain-Q Verbindung aktiviert werden. Ganz nach analogem Vorbild, wird die Filtergüte proportional schmaler, je mehr Gain Sie einstellen. Ebenso begeistert uns die Gain-Scale Funktion am Masterregler. Zu benutzen ist sie wie ein Dry/Wet-Regler, der aber auch negative Werte annehmen kann. Hinzu gesellt sich noch eine Auto-Gain-Funktion, die sich uns im Laufe des Tests jedoch nicht ganz erschlossen hat. Auto-Gain kennt man aus einem Kompressor und er sorgt dafür, dass das Signal vor und nach der Bearbeitung gleich laut ist. Bei einem EQ möchte man es meist aber, dass etwa die Höhen zwei Dezibel lauter werden, wenn man den Gain erhöht und nicht dass das ganze Signal leiser wird.

Eine unsere Lieblingsneuheiten ist die Pianorolle, die sich optional einblenden lässt. Dadurch können Sie nun die Filter direkt auf musikalische Noten setzen. Das haben wir uns schon immer gewünscht. Eine weitere nützliche Neuheit ist der Phasendreher-Schalter (Phase Invert). Auf analogen Pulten gehört dies zum Standard, aber in manchen DAWs ist dieses Feature ins Hintertreffen geraten und dann nur über ein extra Plug-in ausführbar. Das können Sie sich, sofern es Sie betrifft, dann in Zukunft sparen. Natürlich kann weiterhin, wie schon beim Vorgänger jeder Filter Stereo, Rechts, Links, Mitte oder Seite separat bearbeiten.

Match your Sound
Mit der Match Funktion hat man dem Pro-Q 2 eine zwar nicht neue, aber trotzdem sehr nützliche Anwendung spendiert. Über ein Side-Chain-Routing können Sie ein zweites Signal in den EQ schicken, dessen Frequenzgang mit bis zu 24 Filtern analysieren und anschließend auf das Haupt-Signal anwenden. Wie Sie das Routing dafür in den verschiedenen DAWs realisieren können, steht ausführlich im gut und ausführlich gestalteten Manual. Das ist beispielsweise sehr praktisch beim Mastering. Allerdings sollten Sie jetzt nicht denken, mit drei Klicks klingt dann jede Mischung mal eben wie das Vorbild, aber es hilft sehr dabei zu sehen, wo man mit seiner Mischung so steht. Ein weiteres Anwendungs-Szenario: Wenn ein ganz bestimmter Klang erzeugt werden soll, zum Beispiel der Drum-Sound einer 60er-Jahre Soulnummer. Matchen Sie dazu einfach den Frequenzgang der Platte/Vorlage auf Ihren aktuell erstellten Drum-Loop, fertig. Das funktioniert prima und ist eine sehr schöne Neuheit, die viel kreatives Potenzial bietet.

Fazit
Mit dem Pro-Q 2 kommt Fabfilter dem ultimativen EQ schon ganz schön nahe. Man wird zwar auch weiterhin in Zukunft, gerade wenn es darum geht einen ganz bestimmten Vintage-Klang zu erzielen, auf Emulationen à la SSL, Neve, Pultec, Manley oder wie sie alle heißen, zurückgreifen. Aber für alles andere ist der Pro-Q 2 für uns in Zukunft die erste Wahl. Für alle die den Vorgänger bereits besitzen, sind die hinzugefügten Neuheiten bei einem Upgrade-Preis um die 60 Euro ein absolutes Muss. Aber auch als Neuanschaffung für rund 150 Euro ist der Pro-Q 2 mit dieser Ausstattung und dem Klang, eine unbedingte Empfehlung wert.

Erschienen in Ausgabe 01/2015

Preisklasse: Oberklasse
Preis:
Bewertung: sehr gut – überragend
Preis/Leistung: sehr gut