Der Kreis schließt sich
Euphonix setzt die Erfolgsgeschichte seiner Artist-Serie weiter fort und bringt endlich den mit Spannung erwarteten MC Control in den Handel. Der neue DAW-Controller bildet Herzstück und Nervenzentrum der Serie und trumpft mit atemberaubenden Features auf.
Von Georg Berger
Der amerikanische Highend-Konsolen und -Controller-Hersteller Euphonix sorgte mit der Ankündigung seiner Artist-Serie Anfang des Jahres für großes Aufsehen. Kein Wunder, warteten doch die beiden DAW-Controller MC Mix (Test in Heft 03/2008) und MC Control schon in der Papierform mit Features auf, die bislang nur in den ganz großen und teuren Produkten des amerikanischen Unternehmens zu finden sind – und das für Euphonix-Verhältnisse nahezu zum Schnäppchenpreis. Hauptmerkmal ist das proprietäre Eucon-Protokoll, das im Vergleich zum MIDI-Protokoll über herkömmliche Netzwerk-Schnittstellen eine bedeutend schnellere Datenübertragung sowie eine ungleich feinere Reglerauflösung realisiert. Per Adapter-Software lassen sich beispielsweise Sequenzer wie Merging Technologies Pyramix, Steinberg Cubase und Nuendo und demnächst auch Motu Digital Performer mit dem Eucon-Protokoll steuern. Mit Logic Pro 8 von Apple ist wieder einmal alles ganz anders, denn das Eucon-Protokoll ist schon von Hause aus tief in die Programmstruktur integriert. Alle anderen DAW-Anwender brauchen jedoch nicht in die Röhre zu schauen, denn die MC-Controller senden und empfangen auch das Mackie Control- und HUI-Protokoll, indem sie den Eucon-Datenstrom konvertieren. Übrigens: Die im Test des MC Mix vermerkte Latenz bei Nutzung dieser beiden Protokolle ist im Test des MC Control nicht mehr festzustellen. Im Gegenteil: Bei Nutzung der MC-Controller mit Pro Tools über das HUI-Protokoll gehen Parameteränderungen genauso flott und präzise über die Bühne wie über das Eucon-Protokoll. Die Eucon-Welt erschließt sich aber erst so richtig bei Nutzung des hauseigenen Protokolls, gerade wenn es um sehr umfangreiche Projekte geht.
Zwar hat Euphonix mit der Artist-Serie den DAW-Controller nicht neu erfunden, doch begeisterte der achtkanalige MC Mix im Test mit bemerkenswerten und teils einzigartigen Funktionen. Unter anderem ist es per Steuer-Software möglich, die DAW-Spuren individuell auf die Channelstrips der Hardware zu legen und einen zweiten Rechner per Knopfdruck direkt und ohne lästiges Neuverkabeln anzusteuern (siehe Kasten). Hinzu kommt die Möglichkeit, sein Controller-System durch Einbindung weiterer Artist-Geräte per Netzwerk-Router oder -Switch modular zu erweitern. Genau an dieser Stelle tritt mit dem MC Control endlich das lange und mit Spannung erwartete zweite Modell der Artist-Serie auf den Plan. Konzeptionell rundet der knapp 1.500 Euro teure MC Control die Serie ab und übernimmt, bezogen auf ein klassisches Mischpult, die Aufgaben einer Master-Sektion. Der MC Control verfügt lediglich über vier Fader. Haupt-Feature und zentrales Bedien-Werkzeug ist ein großes, berührungsempfindliches, farbiges Display. Über virtuelle Schaltflächen lassen sich dort mannigfaltige Befehle ausführen. Über die Programmiermöglichkeiten des sogenannten Soft Key Editors kann der MC Control seinen Befehls- und Funktionsumfang sogar dynamisch erweitern (siehe Kasten). Die MC-Modelle wandeln sich so zu wahren Controller-Chamäleons, die auch zur Steuerung von Videoschnitt-Programmen, Bildbearbeitungs-Software oder virtuellen DVD-Playern taugen. Damit nicht genug findet sich im Lieferumfang des MC Control die sogenannte Studio Monitor Express-Software. Sie emuliert einen ausgewachsenen Monitor-Controller, der in seinen wichtigsten Parametern ebenfalls von der Hardware steuerbar ist.
Ebenso wie der MC Mix kann der MC Control natürlich auch als Einzelgerät seine Arbeit verrichten. Doch erst durch die modularen Erweiterungsmöglichkeiten mit zusätzlichen MC Mix-Einheiten macht das Arbeiten erst richtig Spaß. Durch Einbindung von maximal vier MC Mix und einen MC Control ins Netzwerk entsteht eine opulente Mischkonsole mit 36 Channelstrips und markiert in diesem Marktsegment zurzeit die einsame Spitze in Sachen Anzahl der Kanalfader. Mackies MCU Pro-System (Test in Heft 5/2007) oder Digidesigns C24-Konsole können hier nicht mithalten. Es gibt allerdings auch ein paar Einschränkungen, die jedoch hoffentlich bald der Vergangenheit angehören: Die zur Kommunikation der Artist-Serie erforderliche Steuersoftware liegt immer noch lediglich für Apple-Rechner vor und das Editieren von virtuellen Instrumenten ist momentan nur in Apple Logic möglich, da das Eucon-Protokoll dort direkt in den Sequenzer integriert ist. Aussagen zur Windows-Adaption sind vom Hersteller bis dato noch nicht in Erfahrung zu bringen, wohl aber geplant. Das Editieren von virtuellen Instrumenten wird nur möglich sein, wenn die Sequenzer-Hersteller ihre Eucon-Adapter-Software updaten.
In Sachen Aussehen und Ausstattung führt der MC Control stringent die Linie weiter fort, die der MC Mix begonnen hat, mitsamt allen Vor- und Nachteilen. Beide Geräte heben sich durch ihre silberne Bedienoberfläche, eingerahmt durch schwarze Kunststoff-Seitenteile, individuell und wohltuend vom Standard-Look der Mitbewerber ab. Sehr schön: Durch Abnahme der Seitenteile können mehrere MC-Controller ineinander gesteckt und physisch fest miteinander verbunden werden. Das sorgt für Übersichtlichkeit und einen aufgeräumten Arbeitsplatz. Übrigens: Euphonix heimste kürzlich für seine Artist-Serie den international renommierten Red Dot-Preis für Produkt-Design in der Kategorie Computer ein. Die Artist-Controller dürfen sich mit der Auszeichnung „Best of the best“ schmücken und wurden für ihr ansprechendes Design und ihre Funktionalität ausgezeichnet, was wir jedoch nicht in allen Punkten teilen. Doch dazu später mehr. In beiden Units finden sich 100-Millimeter-Fader von ALPS mit einer Auflösung von 12 Bit, die ebenso wie die Drehregler mit integrierter Schaltfunktion auf Berührung reagieren. Sämtliche Drucktaster sind hintergrundbeleuchtet und geben auch in schummerigen Arbeitssituationen zuverlässig Auskunft über ihren Schaltzustand. In Sachen Anschlüsse gibt sich der MC Control recht spartanisch. Er verfügt lediglich über Buchsen zum Anschluss eines Cat.5-Netzwerkkabels, eines Netzgeräts und eines Fußschalters. Mehr ist auch nicht nötig. Im Unterschied zum MC Mix besitzt der MC Control anstelle der acht Mini-Displays den erwähnten Touch-Screen, der mit einer Auflösung von 800 x 480 Pixeln aufwartet. Ein Tastenfeld mit 12 Buttons zum Ausführen unterschiedlicher Befehle, ein Transporttastenfeld, ein Jog-/Shuttle-Rad und ein weiterer Drehregler, der Einfluss auf die Lautstärke der virtuellen Monitor-Kanäle nimmt, komplettieren die Ausstattung.
Die Ausstattung des MC Control und das Layout der Bedienoberfläche verhehlt dabei nicht, dass er die wichtigsten Gene seines großen Bruders, der MC Pro Workstation, geerbt hat. Euphonix hat sich in Sachen Bedienmöglichkeiten wahrlich nicht lumpen lassen, hält man sich vor Augen, dass die MC Pro Workstation locker das Zehnfache unseres Testkandidaten kostet. Doch es gibt auch Grund zur Kritik: Die integrierten Klappfüße und die aufsteckbaren Stützen lassen das Aufbocken des MC Control zu einer wackeligen Angelegenheit werden, was wir bereits beim Test des MC Mix bemängelten. Damit nicht genug, verhält sich im Test auch das Jog-/Shuttle-Rad recht zickig. Der aufgesetzte Drehknopf zeigt sich wackelig und besitzt ein leichtes, aber dennoch störendes Spiel. Überdies vermissen wir die sonst übliche Fingermulde am Rand des Rads, die beim Drehen für zusätzlich sicheren Halt sorgt. Die Lösung mit feinen Kerben am Rand ist zwar optisch ansprechend, aber ein kontinuierliches Drehen ist nur schwer möglich. Euphonix verschenkt mit diesem zwar hübsch anzuschauenden Bedienelement jedenfalls wertvolle Punkte und stellt den Wahlspruch aller guten Designer „Form follows Function“ auf den Kopf. Doch das war es auch schon mit Kritik. Ansonsten weiß der MC Control, wie auch schon der MC Mix, mit einer sehr guten Verarbeitung zu punkten, die auch im harten Test-Alltag überzeugt.
Analog zum MC Mix sind beim MC Control wichtige Funktionen über Drucktaster direkt ausführbar. Zwei Shift-Tasten bieten die Möglichkeit, in Kombination mit einer weiteren Taste oder durch Druck auf eine Schaltfläche am Touch-Screen, eine zweite Befehls- und Funktionsebene anzuwählen. Ein gleichzeitiger Druck auf beide Shift-Tasten aktiviert einen Caps-Lock-Modus bei dem die zweite Funktions-Ebene permanent aktiviert ist. So ist es dort unter anderem möglich, mit den physikalischen Drucktastern den virtuellen Mixer des Sequenzers zu öffnen und zu schließen und an den Anfang oder das Ende eines Arrangements zu springen. Ferner kann die Automation für Sequenzerspuren aktiviert und ein zweiter Rechner im Netzwerk angesteuert werden. Daneben sorgen im Normal-Modus die Nudge- und Bank-Taster für ein Versetzen der Sequenzerspuren auf den Channelstrips des Controllers um entweder einen oder acht beziehungsweise vier Kanäle. Der Application-Button ruft das Progamm-Dock des Mac auf, über den per Bank-Taster ein anderes bereits geladenes Programm in den Vordergrund gebracht wird. Die Page-Tasten erlauben ein Blättern durch Parameterseiten, etwa von Effekten. Ein gemeinsamer Druck aktiviert den Configuration-Modus, in dem es möglich ist, an der Hardware Insert-Effekte auszuwählen und in einen Slot zu laden. Die Select- und Record-Tasten an den Channelstrips wählen den entsprechenden Kanal zur Bearbeitung aus und schalten ihn für die Aufnahme scharf.
Bislang findet sich noch nichts, was es nicht auch schon im MC Mix gibt. Die Tasten des Transportfelds sind selbsterklärend, ebenso wie das Jog-/Shuttle-Rad, das zum Scrollen durchs Arrangement und auch zum Zoomen in und aus dem Projekt dient. Wer bereits Erfahrung im Umgang mit einem MC Mix hat, kann diese Funktionen nahtlos einsetzen, wie sich im Test zeigt.
Doch da ist ja noch der unübersehbare Touch-Screen, um den sich die acht Drehregler und ein Tastenfeld, bestehend aus zwei Reihen zu je sechs Buttons, gruppieren. Das Studium des zwar informativen, aber an einigen Stellen doch erweiterungsbedürftigen, Handbuchs führt uns recht schnell in den Umgang mit den neuen Bedienelementen ein. Das Display selbst ist in vier Funktions- und Aufgaben-Bereiche unterteilt. An den Rändern des Displays finden sich Flächen zur Anzeige von Befehlen und Werten, die zu den Reglern und Tastern in nächster Nähe korrespondieren und das eigentliche Bedienfeld einrahmen. Dort spielt sich das Hauptgeschehen ab. Nach Inbetriebnahme lassen sich dort über virtuelle Taster drei verschiedene Unterdialoge – Tracks, Soft Keys und Setup – mit speziellen Aufgabenbereichen aufrufen. Unschlagbarer Vorteil: Im Test mit Logic, Pro Tools und Nuendo zeigt sich, dass die drei Dialoge immer die gleichen Aufgaben ausführen. Extra-Würste werden zugunsten eines einheitlichen Bedienkonzepts nicht gebraten. Als erstes erscheint immer der Tracks-Dialog. Er zeigt übersichtlich sämtliche Spuren des geladenen Projekts an. Sollte es mehr als 32 Spuren enthalten, reicht ein leichter Druck auf das Pfeil-Symbol, um auf die nächste Seite zu blättern und die weiteren Spuren zu sehen. Über die virtuellen Schaltflächen für Select, Mute, Solo und Record erhält der Anwender eine zusätzliche Option zum Spurmanagement, die ein blitzschnelles Arbeiten gewährleistet. Ein Druck etwa auf den virtuellen Mute-Button mit anschließendem Antippen auf die gewünschten Spuren, schaltet sie stumm, was mit einem Verlöschen des farbig leuchtenden Spurenfelds am Display einhergeht. Das sukzessive Betätigen der einzelnen Mute-Taster an den Channelstrips entfällt und erhöht den Workflow ungemein. Das nächste Unter-Menü, der Soft Keys-Dialog, enthält pro Menü-Seite 24 virtuelle Schaltflächen, die verschiedene Programm-relevante Befehle, teils auch in Verbindung mit der Shift-Taste, ausführen und den Vorrat an Eingriffsmöglichkeiten erheblich erweitert. Der Umfang an vorprogrammierten Funktionen ist für jeden Sequenzer unterschiedlich groß. So finden sich bei Ansteuerung von Nuendo unter anderem Befehle zum Aufruf von Editoren, Audio- und MIDI-Bearbeitungsfunktionen und verschiedene Möglichkeiten zum Anpassen der Sequenzer-Oberfläche. Ebenso wie im Tracks-Dialog lassen sich über die Pfeil-Tasten blitzschnell weitere Seiten mit Schaltflächen/Befehlen aufrufen.
Das dritte Unter-Menü, der Setup-Dialog, ist ausschließlich der Ansteuerung der Studio Monitor Express Software (SME) vorbehalten. Sie emuliert einen Monitor-Controller, der jeweils acht virtuelle und physikalische Eingangssignale auf drei Haupt-Ausgänge routet und sie wahlweise in mono, stereo oder 5.1-Surround ausgibt (siehe Kasten). Die SME-Applikation arbeitet Stand-alone und muss separat installiert werden. Für Programme, wie Steinberg Cubase und Nuendo erübrigt sich der Einsatz der SME-Anwendung, zumal sie zusätzliche CPU-Ressourcen verbraucht. Sie empfiehlt sich primär für DAWs ohne integriertes Monitor-Controlling. Im Test mit Pro Tools beispielsweise leistet der virtuelle Monitor-Controller hervorragende Dienste und spart uns zwei wertvolle Channelstrips an den MC-Controllern ein. Doch zurück zu den Steuermöglichkeiten des Setup-Dialogs.
Das Feature erlaubt das unabhängige Signalrouting und Ansteuern von zwei Monitorwegen. Die Lautstärke jedes Kanals ist über den eigens dafür reservierten Regler und in Verbindung mit der Shift-Taste möglich. Im Display selbst geschieht das Routing der zuvor definierten Sequenzer-Ausgangskanäle auf die Monitorkanäle per simplen Druck auf eine der vier großen Flächen. Sind mehr als vier Sequenzer-Kanäle definiert, erreicht man die weiteren durch Betätigung der Pfeiltasten. Der Control Room Ausgang offeriert eine Mute- und eine Pad-Funktion, die den Pegel um einen zuvor definierten Wert absenkt. Dort findet sich auch eine Talkback-Taste, die einen zuvor definierten Eingang am Audio-Interface auf die Ausgänge routet. Der zweite, schlicht Monitor betitelte, Ausgang verfügt nur über eine Mute-Funktion.
Damit sind die Möglichkeiten des Touch-Screens noch längst nicht erschöpft. Wie erwähnt, findet sich an seinen Rändern ein Rahmen aus Anzeigefeldern, die in Verbindung mit den Endlos-Potis und dem Tastenfeld weitere Eingriffsmöglichkeiten offerieren. Direkt neben den Drehreglern findet sich je eine Spalte mit einer virtuellen Darstellung jedes Reglers, die über eine aussagekräftige Skala zum Ablesen von Werten und auch den momentan darauf gerouteten Parameter zeigt. Die Drehgeber dienen zum Editieren der üblichen Mischpultkomponenten, wie Panorama, Equalizer, Kompressoren, Aux- und Gruppenkanäle. Insert-Effekte sind selbstverständlich auch dort programmierbar. Überdies verfügen die Anzeigefelder auch über eine Schaltfunktion. Beim Editieren von Equalizern etwa können durch Druck auf die virtuellen Regler die einzelnen Equalizer-Bänder aktiviert werden. Um eine bestimmte Komponente eines Kanals editieren zu können, bemühen wir wahlweise die Schaltfunktionen der Endlos-Potis oder des Displays. Euphonix offeriert hier ein leicht zu erfassendes Menü-System, durch das sich gezielt auf das gewünschte Bedienelement navigieren lässt. Finden sich, etwa bei Effekten, mehr als acht Parameter zum Editieren, sind die übrigen über die Page-Tasten bequem erreichbar. Mit dem Back-Taster steppen wir uns wieder zurück auf die oberste Ebene. Dort lassen sich die oben erwähnten Mischpultkomponenten auswählen. Im Test steppen wir uns schon nach kurzer Zeit behände durch die einzelnen Seiten. Im Vergleich zum MC Mix geschehen Parameter-Änderungen deutlich flotter und übersichtlicher, da wir alles immer im Blick haben. Natürlich ist es auch möglich, Insert-Effekte auszuwählen und überdies auch noch in die Slots der Kanäle zu laden, was nach wie vor nicht alltäglich ist. Dies geschieht durch Auswahl der Insert-Funktion (erster Regler oben links) in Verbindung mit dem gleichzeitigen Drücken der beiden Page-/Configuration-Tasten. Das Display stellt zunächst die Insert-Slots der Spur dar. Durch Anwahl eines freien Platzes erscheint ein neues Menü und zeigt anschließend den Vorrat an verfügbaren Effekten und Effekt-Kategorien. Ein Beispiel: Im Test mit Steinberg Nuendo wählen wir zunächst die Dynamik-Kategorie aus, dann im nächsten Menü einen Limiter und kehren durch Deaktivieren des Configuration-Modes und mehrmaligen Druck auf den Back-Taster wieder auf die oberste Ebene zurück. Durch erneuten Aufruf der Insert-Kategorie zeigt sich, dass der Limiter geladen wurde. Durch nochmaligen Druck auf den Limiter-Eintrag verteilen sich anschließend die Parameter des Effekts auf die Regler. Einfacher geht’s nimmer. Das Beste daran: Ganz gleich, welchen Sequenzer wir über den MC Control ansteuern, das Navigations-Prinzip zur Anwahl und zum Ändern von Parametern bleibt immer das Gleiche. Wer für seine Arbeit verschiedene DAWs nutzen muss, braucht deshalb nicht umzulernen und kann ohne Unterbrechung weiterarbeiten. Euphonix gibt das Bedienkonzept seiner Controller zu keiner Sekunde aus der Hand, um es den Sequenzern zu überlassen und verdient damit ein großes Lob.
Am unteren Rand des Displays finden sich analog zum Tastenfeld zwei Reihen mit je sechs rechteckigen Flächen, die unterschiedliche Funktions-Bezeichnungen enthalten. Sie dienen nur zur Anzeige und verdeutlichen, welche Befehle auf den Tasten liegen. Ab Werk ist, ebenso wie im Soft Keys-Dialog, für jeden Sequenzer dort schon eine individuelle Reihe von Befehlen vorprogrammiert. Genial: Über die physikalischen Soft-Key-Tasten lassen sich wiederum weitere Menü-Seiten mit Befehlen aufrufen, die sich automatisch und blitzschnell auf das Tastenfeld routen und theoretisch das Repertoire bis ins Unendliche steigern. Im Befehls-Umfang beim Ansteuern von Nuendo finden sich dort neben redundanten Befehlen, wie denen des Transportfelds oder dem Aufruf des virtuellen Mixers, eine Vielzahl schaltbarer Funktionen. Dies fängt beispielsweise beim Aktivieren des Cycle-Modus an, setzt sich fort im Aufruf und Setzen von Markern bis hin zu eher exotischen Befehlen wie etwa dem Zurückspulen um fünf, zehn, oder 20 Sekunden. Euphonix will demnächst Listen mit den ab Werk vorprogrammierten Befehlen veröffentlichen. Die scheinbar doppelte und überflüssige Lösung aus virtuellen und physikalischen Funktions-Tasten birgt jedoch einen ganz großen Bedien-Vorteil: Denn durch die Möglichkeit für jede der beiden Tastengruppen Menü-Seiten unabhängig aufrufen zu können, sind mannigfaltige Kombinationen und Paarungen von Funktionsgruppen möglich, die gezielt für bestimmte Arbeitsschritte das Optimum an Bedienkomfort offerieren. Ein vermeintlich unüberschaubarer Wust an Befehlen ist überdies auch noch platzsparend und übersichtlich organisiert. Ein Beispiel: Im Test mit Nuendo legen wir eine Seite mit virtuellen Schaltflächen auf das Display, die unterschiedliche Ansichts-Optionen des virtuellen Mixers aufrufen. Das Hardware-Tastenfeld enthält hingegen verschiedene Transport-Funktionen. Während des Misch-Vorgangs haben wir damit alles im Blick und können blitzschnell relevante und überflüssige Teilansichten des Mixers aufrufen und verschwinden lassen.
Den Vogel schießt Euphonix jedoch mit dem in die Steuer-Software integrierten Soft Key Editor ab, der speziell für den MC Control ein Hinzufügen von neuen Menüseiten und Befehlen für beide Tastengruppen gestattet. Er setzt den Bedienmöglichkeiten das berühmte Sahnehäubchen auf. Zum Zeitpunkt des Tests arbeitete Euphonix jedoch noch mit Hochdruck am Release der neuen Eucontrol-Settings-Software, weshalb wir zum Test eine Beta-Version erhielten, die noch nicht in allen Punkten ausgereift war. Mit Erscheinen dieses Hefts dürfte sie aber zum Download erhältlich sein. Doch schon die Beta-Version weiß in allen Punkten zu überzeugen und zu begeistern. Das Handling ist kinderleicht und dank der Option, per simplem Tastendruck gleichzeitig mehrere Befehle auszuführen, ist schlichtweg genial (siehe Kasten). Alleine schon mit der Möglichkeit, theoretisch unendlich viele Menüseiten für beide Tastengruppen erstellen zu können, läuft Euphonix den Mitbewerbern den Rang ab, die ihre Schalt-Funktionen zumeist nur über physikalische Buttons bereitstellen. In Sachen Flexibilität und Bedienkomfort ist der MC Control etwa dem Mackie MCU Pro meilenweit voraus. Die einzige Grenze besteht im eigenen Organisationstalent beim Erstellen und Verknüpfen von Schaltflächen und Menüseiten. Sicherlich, das Hinzufügen von neuen Steuerbefehlen ist auch bei den übrigen DAW-Controllern problemlos möglich. Doch dazu ist erstens die Mithilfe des Sequenzers erforderlich und zweitens müssen ab einem bestimmten Umfang immer wieder Keyboard-Shortcuts eingesetzt werden. Beim MC Control geht das viel leichter über die Bühne, da man ausschließlich auf Controller-Ebene arbeitet. Einziger Kritikpunkt, der aber durch ein Update problemlos behebbar sein dürfte: Wir vermissen die üblichen Cut-, Copy- und Paste-Funktionen im Editor, mit der man existierende Befehle bequem auf einen anderen Platz versetzen kann.
Der Praxis-Test des MC Control macht richtig Spaß. Es braucht zwar eine gewisse Zeit, um das richtige Gefühl beim Antippen von Schaltflächen auf dem Display zu entwickeln. Doch schon nach kurzer Zeit geht das Editieren wieselflink von der Hand. Die Bedienmöglichkeiten über den Touch-Screen und den Soft Key Editor sind schlichtweg genial und machen süchtig. Das wahre Potenzial wird erkennbar, als wir den MC Control zusammen mit zwei MC Mix-Controllern betreiben. Der Aufruf von Funktionen, wie die Auswahl und das Editieren von Plug-ins, ist zwar innerhalb des Geräteverbunds zwar nach wie vor problemlos über jeden angeschlossenen MC Mix-Controller möglich. Über den Touch-Screen des MC Control geschieht das jedoch ab sofort deutlich komfortabler, übersichtlicher und schneller. Euphonix schafft mit dem MC Control sozusagen eine eigene Konkurrenz zum MC Mix. Durch die Einstellmöglichkeiten in der Steuer-Software können wir den Geräteverbund schließlich ohne lästiges Neuverkabeln für unterschiedliche Mix-Aufgaben einsetzen, bei dem der MC Control wie eine göttliche Instanz oder der berühmte „Big Brother“ über das Gelingen des Arrangements wacht. Ein Beispiel: In unserem Setup aus zwei MC Mix, die links und rechts vom MC Control aufgestellt sind, definieren wir Subgruppen auf die vier Fader des MC Control. Der linke MC Mix zeigt sukzessive die einzelnen Spuren des gesamten Projekts, die per Nudge- und Banktaster verschiebbar sind. Auf die Channelstrips des rechten MC Mix legen wir die Kanäle der Drum-Subgruppe und erhalten die Möglichkeit ohne Umschweife Einstellungen in der Subgruppe vorzunehmen. Über den Touch-Screen haben wir absolute Kontrolle über jede Spur, selbst über diejenigen, die nicht auf die Channelstrips geroutet sind. Sind die Arbeiten dort erledigt, drücken wir einfach einen virtuellen Taster, der die nächste Subgruppe auf den rechten MC Mix legt und bei Druck auf einen anderen Button das normale Spuren-Layout aufruft, bei dem sich sukzessiv sämtliche Spuren des Arrangements über alle Channelstrips verteilen.
Fazit
Mit dem MC Control rundet Euphonix seine Artist-Serie ab und übertrifft sich noch einmal selbst. Das aus der großen MC Pro Workstation entlehnte Haupt-Feature, der Touch-Screen inklusive des dazu gehörigen Soft Key Editors, erweist sich als Geheimwaffe des Controllers, wie sie bislang nur gut betuchten Anwendern vorbehalten war. Der MC Control erweitert ab sofort diesen erlauchten Nutzer-Kreis und stößt in diesem Markt- und Preissegment das Tor zu neuen Controller-Welten auf.
Erschienen in Ausgabe 08/2008
Preisklasse: Oberklasse
Preis: 1450 €
Bewertung: überragend
Preis/Leistung: sehr gut
Hinterlasse einen Kommentar