Gib Acht!

Mit Taschenspielertricks und Mogeleien hat das 8pre von Motu nichts am Hut. Vielmehr verspricht es solides Handwerk zu einem fairen Preis.

Von Michael Nötges

Als die amerikanische Firma Mark of the Unicorn (Motu) 1985 mit dem Performer das erste Musikprogramm für den Mac auf den Markt brachte, ahnte wohl noch keiner, dass sich die Entwickler aus der renommierten Universitätsstadt Cambridge auch sehr erfolgreich dem Bereich der Audio-Hardware widmen sollten. Heute bietet Motu sowohl Produkte im Bereich der Audio-Software als auch MIDI- und Audio-Interfaces in unterschiedlichen Ausführungen an. Die Produktpalette reicht, um sowohl ambitionierten Homerecordlern, als auch Profis Interessantes für ihr Studio zu bieten, wobei hohe klangliche Qualität zu humanen Preisen versprochen wird. Neben den PCI-Lösungen für feste Audio-Interface-Installationen, bietet Motu unterschiedliche USB- und Firewire-Alternativen an, die sich auch für  mobiles Re-cording mit dem Labtop  eignen. Nach dem von uns bereits in Ausgabe 07/2006 getesteten Ultralite, schauen wir uns diesmal das umfang-reichere und anders konzipierte 8pre genauer an. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich hier um ein Firewire Audio-Interface, das für jeden der acht Kanäle mit einem Instrumenten- und Mikrofoneingang bestückt ist. Dabei kann es Samplingraten bis zu 96 Kilohertz bei 24 Bit Wortbreite verarbeiten. Neben dieser Funktion ist das 8pre aber auch als Erweiterung bereits bestehender Setups einsetzbar. Nicht über Firewire mit dem Computer verbunden, entpuppt sich das 8pre als A/D-Wandler und Vorverstärker, der sich über die optischen ADAT-Ausgänge in passenden Audio-Umgebungen expandierend nützlich macht. Wie bereits erwähnt wird der Geldbeutel nicht arg in Mitleidenschaft gezogen, da das 8pre für rund 690 Euro zu haben ist. Außerdem hat Motu mit der Software Cue Mix Console auch noch ein Ass im Ärmel, um softwareseitig aufzutrumpfen.

Das schwarze 19-Zoll-Gerät nimmt eine Höheneinheit im Rack in Anspruch und ist ohne die abschraubbaren Rackohren ebenfalls ein dankbarer und robuster Reisebegleiter. Durch seine abgerundeten Ecken und Kanten findet er  sich  in einer Equipment-Tasche oder einem Rucksack für den Transport mit dem restlichen mobilen Equipment gut zurecht. Auf der Rückseite befinden sich die acht analogen Eingänge in Form von XLR-Klinke-Kombi-Buchsen.

Die symmetrischen Haupt-Ausgänge im 6,35-mm-Klinken-Format, sind mit vergoldeten Kontakten zur besseren Signalübertragung veredelt, was gerade im Live-Einsatz aber lei-der nicht zu sicheren Verbindungen führt, wie sie von arretierten XLR-Steckern gewährleistet werden. Zwei Firewire-Schnittstellen  bilden den Knotenpunkt  für die Anbindung an die DAW und zusätzlich stehen je zwei optische ADAT-Ein- und ADAT-Ausgänge für die  digitale Datenübertragung zur Verfügung. Über den MIDI-Ein- und MIDI-Ausgang kann das 8pre 16 Kanäle empfangen und dieselbe Anzahl an externe Geräte weitergeben und damit auch in größere MIDI-Umgebungen eingebunden werden. Insgesamt stehen damit 16 Eingänge – je acht analoge und digitale –, sowie 12 Ausgänge – zwei Stereoausgänge (Main/Kopfhörer) und acht  digitale ADAT-Ausgänge für Recording-Sessions bereit.

Die Frontplatte präsentiert sich im übersichtlichen Schwarzweiß, das durch die bunten LEDs der Kontrollanzeigen-Sektion aufgelockert wird. Insgesamt nicht viel größer als ein Handy-Display, zeigen sich pro Kanal fünf übereinander angeordnete Leuchtdioden, die eine Matrix mit acht mal fünf Punkten bilden und je nach Modus unterschiedliches anzeigen. Zunächst  erscheinen  die acht Eingangspegel in vertikaler Richtung, sobald ein Signal an einem  der Eingänge anliegt. Die etwas kniffelig zu handhabenden Gain-Regler dienen den optimalen Justagen. Da diese lediglich einen halben Zentimeter aus dem Gehäuse heraus ragen und sich in direkter Nähe zu den beiden Kipp-Schaltern für die PAD-Funktion – Dämpfung des Pegels um 20 Dezibel – und die Aktivierung der Phantomspannung befinden, sind sie in ihrer Bedienbarkeit leicht eingeschränkt. Etwas höher angebrachte oder weiter herausragende Dreh-Knöpfe würden das Problem beseitigen. Durch Drehen des Endlos-Volumen-Potis, der – vom gleichen Schlag, wie die Gain-Regler – eben so viel Fingerspitzengefühl erfordert, wird zunächst der Ausgangspegel des Kopfhörerausgangs geregelt. In diesem Fall erscheint in der zweiten Reihe von oben eine orange, horizontale LED-Kette im Anzeigenfeld. Die Reduktion des Pegels wird durch die Verringerung der leuchtenden LEDs angezeigt.  Da der Volumen-Regler auch über eine Druck-Funktion verfügt, schaltet sich dessen Wirkungsbereich durch Doppelklicken um. Jetzt erscheint eine grüne LED-Kette in der mittleren der fünf Reihen, und gibt Auskunft über den Pegel der Main-Ausgänge.  Aber der Multifunktions-Knopf hat noch mehr zu bieten. Das Drücken und Verharren von drei Sekunden auf  dieser Position ermöglicht die Auswahl der Samplingfrequenzen. Diese sind von 44,1 über 48 und 88,2 bis hin zu 96 Kilohertz wählbar. Eine grüne LED gibt Auskunft über den jeweiligen Status der Samplingrate,  die durch erneutes Drücken des Dreh-Reglers bestätigt wird. Des Weiteren kann hier zwischen dem so genannten einfachen und dem zweifachen Modus gewählt werden.

Der erste gibt dieselben Signale auf beide ADAT-Ausgänge, bis 48 Kilohertz alle acht Ka-näle, darüber hinaus nur die ersten vier. Um auch im SMUX-Modus alle Kanäle nutzen zu können muss der Zweifach-Modus aktiviert sein, der dann die Kanäle eins bis vier auf den oberen und Kanäle fünf bis acht auf den untere ADAT-Ausgang verteilt.  Die Betriebsart, die zwischen Audio-Interface und Konverter wech-selt – je nach dem ob das 8pre mit dem Computer verbunden ist – wird durch zwei weitere LEDs angezeigt. Da Motu ein eigenes Protokoll für die Übertragung  von doppelten Samplingraten entwickelt hat (SMUX Typ2) ist diese zu wählen, wenn über ADAT andere Mo-tu-Geräte angeschlossen  sind, ansonsten empfiehlt sich das standardisierte SMUX-Protokoll (Typ1). Für diese Einstelllungen muss der Volumen-Regler fünf Sekunden gedrückt gehalten werden. Die unterste LED der Anzeige für  Kanal eins oder zwei blinkt grün, um die aktuelle Auswahl anzuzeigen.

Ein Blick auf die Messwerte offenbart einen linearen Frequenzgang, der sich lediglich un-terhalb  von 60 Hertz um zirka  ein Dezibel bei 20 Hertz absenkt. Der Klirrfaktor ist mit 0,01 Prozent ein solider Wert, aber keine Meister-leistung und erinnert an den Digimax FS von Presonus (siehe Heft, 11/2006), der insgesamt sehr ähnliche Werte aufweist, allerdings über keine direkte Firewire-Schnittstelle zur DAW verfügt. Bei der Gleichtaktunterdrückung steigen die Werte bis zirka -47 Dezibel bei 20 Hertz an. Das wird Einstreuungen vagabundie-render Störsignale begünstigen, wenn auch in diesem Bereich kaum hörbar werden lassen. Das Übersprechen  von Kanal eins auf Kanal zwei zeigt sich dafür wieder in guter Form: die Werte liegen über den gemessenen Frequenz-bereich (20 Hertz bis 20 Kilohertz) weit unter -80 Dezibel. Die Fremdspannungen sind ähnlich wie der Klirrfaktor in Ordnung aber nicht herausragend. Mit -80,9 Dezibel für den Geräuschspannungsabstand und -78,3 für die Fremdspannungsabstand haben wir gute Wer-te, die aber mit denen des Fireface 400  von RME (-90,6 und -89,2) nicht mithalten können. Allerdings hat das 8re auch acht Mikrofon-Vorverstärker zu bieten und liegt preislich gut 200 Euro unter dem Fireface 400 oder dem Digimax FS.

Soweit die Theorie, aber wie schlägt sich das 8pre in der Praxis? Die Installation ist über-haupt kein Problem und unter Samplitude 9 ist der ASIO-Treiber sofort einsatzbereit und konfigurierbar. Die Software Cue Mix Console wird automatisch mit installiert und bietet eine unabhängig vom Sequenzer laufende Applikation, die es ermöglicht vier unterschiedliche Mixe zu erstellen, und sogar eine Talkback- und Listenback-Funktion  einzurichten. Analoge und digitale Eingänge können damit zu unabhängigen Mischungen bei Aufnahmen zusammengefasst werden, so dass neben dem Haupt-Mix für den Produzenten beispielsweise drei unter-schiedliche Mischungen für den Sänger, Schlagzeuger und Gitarristen existieren. Jeweils ein Ein- und Ausgang können für die Kommunikation mit den Musikern verwendet werden, indem ein Talkbackmikrofon angeschlossen wird. Durch drücken des Talk-Buttons wird das Audiosignal abgesenkt und der Produzent für den Musiker hörbar. Aber nicht nur, dass diese Software-Lösung durch-dacht und benutzerfreundlich konzipiert ist, das 8pre verfügt über einen eigenen DSP,  so dass keine zusätzlichen Ressourcen des Computers in Anspruch genommen werden.

Für den ausführlichen Hörtest von Professional audio Magazin nehmen wir unter Samplitude 9 mit 96 Kilohertz über die Instrumenteneingän-ge des 8pre und des Fireface 400 von RME einen E-Bass auf. Zusätzlich fertigen wir eine Stereoaufnahme einer Steelstring Akustikgitar-re an. Dabei verwenden wir bewusst die beiden Bändchenmikrofone m130 und m160 von Beyerdynamic (siehe Test, Heft 02/2007), um die Qualität der Mikrofonvorverstärker bei sehr geringen Eingangspegeln zu testen. Und zu guter letzt dient uns eine Monoaufnahme der Gitarre mit dem neutralen Shoeps MK 2 H/CMC 6Ug als Vergleichsaufnahme.

Der Bass klingt satt und druckvoll, allerdings fehlt es ihm etwas an Präzision. Zwar ist das Signal sauber aufgezeichnet, aber die tiefen Frequenzen wirken etwas schwammig und undifferenziert. Das liegt wohl daran, dass die Anschlagsgeräusche im Gegensatz zum Fire-face 400 nicht so deutlich wiedergegeben werden und der Sound dadurch an Präsenz einbüßt und sein knorriger Charakter abschwächt  wird. Dadurch klingt das Signal insgesamt auch etwas dumpfer und weicher. Bei geslappten Passagen wird dies noch deut-licher.

Die dynamischen Impulse erscheinen etwas indirekter und das Geräusch beim Berühren der rechten Hand mit den Saiten kann mit der brillanten Auflösung des Fireface 400 nicht ganz mithalten. Bei den Aufnahmen mit den beiden Bändchenmikrofonen geraten beide Testkandidaten ziemlich ins Schwitzen. Das 8pre liefert klanglich  ein zufrieden stellendes Ergebnis, das durch einen erhöhten Rauschanteil überschattet wird. Hier machen sich die nicht  so exzellenten Messwerte der Fremdspannungen bemerkbar und lassen uns zu der Erkenntnis kommen, dass Aufnahmen mit dynamischen Mikrofonen und sehr geringen Ausgangspegeln für den 8pre nicht geeignet sind. Anders sieht es bei der Aufnahme mit dem Shoeps aus. Der Klang ist klar und brillant und vom vergangenen Rauschen ist nichts mehr zu hören. Die Auflösung ist gut, das Klangbild in den Höhen etwas zurückhaltend und minimal betont in den unteren Mitten. Das führt dazu, dass das 8pre etwas kräftiger und dicker klingt ansonsten aber die Klangcharakteristik des Shoeps adäquat wiedergibt und damit gutes Ausgangsmaterial liefert.

Fazit

Für rund 690 Euro stellt Motu mit dem 8pre ein Firewire Audio-Interface mit acht Mikrofonver-stärkern und ADAT-Ein- und ADAT-Ausgängen vor, das in jeglicher Hinsicht einen soliden Eindruck hinterlässt. Das zurückhaltende Arbeitstier eignet  sich sowohl für kleinere Prokjekt-Studio-Besitzer und Homerecordler, die auch im mobilen Einsatz ein gut klingendes Interface zur Hand haben wollen. Bei der Kö-nigsdisziplin der Vorverstärker – Aufnahmen mit Bändchenmikrofonen,  die aufgrund ihres geringen Ausgangspegels kräftig verstärkt wer-den müssen – stößt es an seine Grenzen, ansonsten liefert das 8pre aber solide Aufnahmen, die sich in dieser Preisklasse hören lassen können.

Erschienen in Ausgabe 04/2007

Preisklasse: Mittelklasse
Preis: 687 €
Bewertung: gut
Preis/Leistung: gut – sehr gut